„Differenzenquotient“ – Versionsunterschied

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Neben der Approximation der Ableitung erster Ordnung, existieren auch Differenzenquotienten zur numerischen Berechnung höherer Ableitungen. Die Grundlage zur Herleitung solcher Differenzenquotienten ist die [[Taylor-Reihe]]. Weiterhin existieren auch Differenzenquotienten mit einer höheren Fehlerordnung.
Neben der Approximation der Ableitung erster Ordnung, existieren auch Differenzenquotienten zur numerischen Berechnung höherer Ableitungen. Dazu werden in diesem Abschnitt ausschließlich zentrale Differenzenquotienten betrachtet. Analoge Überlegungen existierne auch für den Vorwärts- und der Rückwärtsdifferenzenquotienten.<ref name="Schwarz103104">{{Literatur |Autor=Hans Rudolf Schwarz & Norbert Köckler |Titel=Numerische Mathematik |Auflage=6 |Verlag= Vieweg+Teubner Verlag |Ort= |Datum=2006 |ISBN=978-3-8351-9064-1 |Seiten=103–104}}</ref> Die Grundlage zur Herleitung solcher Differenzenquotienten ist die [[Taylor-Reihe]]. Weiterhin existieren auch Differenzenquotienten mit einer höheren Fehlerordnung.


Für die zweite Ableitung kann zum Beispiel der Zusammenhang
Für die zweite Ableitung kann zum Beispiel der Zusammenhang

Version vom 24. Juli 2021, 13:07 Uhr

Der Differenzenquotient ist ein Begriff aus der Mathematik. Er beschreibt das Verhältnis der Veränderung einer Größe zu der Veränderung einer anderen, wobei die erste Größe von der zweiten abhängt. In der Analysis verwendet man Differenzenquotienten, um die Ableitung einer Funktion zu definieren. In der numerischen Mathematik werden sie zum Lösen von Differentialgleichungen und für die näherungsweise Bestimmung der Ableitung einer Funktion (Numerische Differentiation) benutzt.

Definition

Die rote Kurve stellt die Funktion f(x) dar. Die blaue Linie verbindet die beiden Funktionswerte bei x=x0 und x=x1. Der Differenzenquotient entspricht dann der Steigung der blauen Geraden.

Ist eine reellwertige Funktion, die im Bereich definiert ist, und ist , so nennt man den Quotienten

Differenzenquotient von im Intervall .

Schreibt man und , dann ergibt sich die alternative Schreibweise

.

Setzt man , also , so erhält man die Schreibweise

.

Geometrisch entspricht der Differenzenquotient der Steigung der Sekante des Graphen von durch die Punkte und . Für bzw. wird aus der Sekante eine Tangente an der Stelle .

Differentialquotient

Differenzenquotienten bilden zusammen mit dem Grenzwertbegriff eine Grundlage der Differentialrechnung. Den Grenzwert des Differenzenquotienten für bezeichnet man als Differentialquotienten oder Ableitung der Funktion an der Stelle , sofern dieser Grenzwert existiert.

Die Tabelle zeigt die Ableitungen einiger Funktionen. Dabei stimmt der Differenzenquotient jeweils nur für .

Funktion Differenzenquotient Differentialquotient
Konstante Funktion
Lineare Funktion
Quadratfunktion
Kubikfunktion
Allgemeine Potenz
Exponentialfunktion

Varianten des gewöhnlichen Differenzenquotienten erster Ableitungsordnung

Der Differenzenquotient wird in der numerischen Mathematik genutzt als Näherung für die lokale Ableitung. Dazu gibt es in diesem mathematischen Teilgebiet drei unterschiedliche Varianten des Differenzenquotienten. In der Finite-Differenzen-Methode zum Beispiel wird der Differenzenquotient zur Lösung von Differentialgleichungen benutzt. Ebenso ist er zentral für die numerische Differentiation von Funktionen.

Es werden verschiedene Varianten des Differenzenquotienten verwendet, die sich in der Definition von unterscheiden, etwa um die Genauigkeit bei der Bestimmung des lokalen Wachstums, zum Beispiel der Sekantensteigung eines Graphen, zu verbessern oder um an den Randstellen einer Funktion deren Sekantensteigung „rückwärts“ in Richtung des Inneren ihres Definitionsbereichs zu ermitteln.[1][2][3]

Vorwärtsdifferenzenquotient

Der oben definierte Ausdruck

wird auch Vorwärtsdifferenzenquotient genannt, weil zur Bestimmung des ersten Funktionswertes, der zur Bildung von notwendig ist, von aus nach rechts, also „vorwärts“ gegangen wird.

Als Beispiele wird die Normalparabel betrachtet. Will man die Ableitung zum Beispiel in der Nähe der Stelle ungefähr berechnen, so wählt man für einen kleinen Wert, zum Beispiel . Das ergibt als Differenzenquotienten im Intervall den Wert

.

Dieser ist die Sekantensteigung des Funktionsgraphen im Intervall und eine Näherung der Steigung der Tangente an der Stelle .

Rückwärtsdifferenzenquotient

Analog bezeichnet man den Ausdruck

als Rückwärtsdifferenzenquotienten, da zur Differenzbildung von aus nach links, also „rückwärts“ gegangen wird, um den zweiten Funktionswert zu erhalten.

Zentraler Differenzenquotient

Gebräuchlich ist auch der zentrale Differenzenquotient, den man z. B. durch Mittelwertbildung des Vorwärtsdifferenzen- und Rückwärtsdifferenzenquotienten erhält. Er ist durch

gegeben. Bei ihm liegen die zur Differenzbildung verwendeten Stellen symmetrisch um den -Wert, für den die Ableitung angenähert werden soll.

Im Gegensatz zu den beiden vorherigen Differenzenquotienten, deren Fehlerterme beim Annähern der ersten Ableitung an der Stelle nur von der Klasse sind, falls die Funktion zweimal differenzierbar ist, liegt der Fehler des zentralen Differenzenquotienten in , falls die Funktion zusätzlich dreifach differenzierbar in ist. Zur -Notation siehe Landau-Symbole.

Gewöhnliche Differenzenquotienten höherer Ableitungs- und Fehlerordnung

Neben der Approximation der Ableitung erster Ordnung, existieren auch Differenzenquotienten zur numerischen Berechnung höherer Ableitungen. Dazu werden in diesem Abschnitt ausschließlich zentrale Differenzenquotienten betrachtet. Analoge Überlegungen existierne auch für den Vorwärts- und der Rückwärtsdifferenzenquotienten.[4] Die Grundlage zur Herleitung solcher Differenzenquotienten ist die Taylor-Reihe. Weiterhin existieren auch Differenzenquotienten mit einer höheren Fehlerordnung.

Für die zweite Ableitung kann zum Beispiel der Zusammenhang

verwendet werden. Die hinter der -Notation stehende Wert kann dabei von abhängig sein. In der nachfolgenden Tabelle sind einige gewöhnliche, zentrale Differenzenquotienten höherer Ableitungsordnung angegeben. Die Tatsache, dass bei ungerader Ableitungsordnung der Funktionswert nicht vorhanden ist, geht auf das Prinzip der zentralen Differenzenquotienten zurück, bei welchem durch Mittelwertbildung die Fehlerordnung erhöht ist. Die Differenzenquotienten mit gerader Ableitungsordnung sind hier mit der minimalen Fehlerordnung angegeben. Diese lässt sich durch hinzunahme weiterer Funktionswerte erhöhen.

Gewöhnliche Zentrale Differenzenquotienten höherer Ableitungsordnung
Ableitungsordnung Formel des Differenzenquotienten

Rekursionsgleichung

Die Berechnung der höheren gewöhnlichen, zentralen Differenzenquotienten kann mit Hilfe der nachfolgenden Rekursionsgleichung durchgeführt werden. Dabei repräsentiert den Index der Ortskoordinate und den Index der aktuellen Ableitungsordnung. Gestartet wird mit und folglich mit der Rekursionsgleichung für ungerade .

Summendarstellung

Die gewöhnlichen, zentralen Differenzenquotienten können weiterhin mit einer endlichen Summe dargestellt werden. Die Struktur dieser Formel besitzt eine direkte Verbindung zum pascalschen Dreieck beziehungsweise den Binomialkoeffizienten. Die Summendarstellung lässt sich mittels der obigen Rekursionsgleichung herleiten. Der Index repräsentiert die Ortskoordinate, zu welcher der Differenzenquotient ausgewertet wird. Die Summendarstellung von Ableitungen ungerader Ordnung beinhaltet die Methode des zentralen Differenzenquozentien, daher der Vorfaktor .

mit und .

Produktdarstellung

Ausgehend von der obigen Rekursionsgleichung zur Berechnung von gewöhnlichen, zentralen Differenzenquotienten lässt sich eine Matrix-Produkt-Darstellung herleiten. Im ersten Schritt ist dazu eine Produktgleichung für die geradzahligen Ableitungen zu bestimmen, da in diesem Fall die zugehörige Rekursionsgleichung im Gegensatz zu den ungeraden Ableitungen eine geschlossene Kette bildet. Die Elemente der Matrizen sind wie folgt definiert und von der Dimension . Die Matrizen entsprechen genau der Signatur der obigen Rekursionsgleichung für gerade .

Der nachfolgende Vektor beinhaltet die Funktionswerte .

Damit lässt sich die Näherung der -ten Ableitung im Punkt wie folgt darstellen.

Mit Hilfe der Matrizen , mit der Dimension , findet sich ebenfalls eine Produktdarstelleung für ungerade Ableitungsordnungen. Die Matrizen entsprechen genau der Signatur der obigen Rekursionsgleichung für ungerade .

Gewöhnliche Differenzenquotienten höherer Ableitungs- und Fehlerordnung

Zentrale Differenzenquotienten

Durch geschickte Anwendung der Taylor-Reihe (bzw. Taylor-Polynome) findet sich eine Matrizen-Gleichung zur Berechnung von Differenzenquotienten. Als Ansatz dient dazu die folgende Taylor-Approximation einer -fach differenzierbaren Funktion . Die Verwendung der oberen Grenze der Summe bietet sich aufgrund der größeren Symmetrie an.

Ausgehend von dieser Näherung von sind die Substitutionen durchzuführen. Dies hat, wie in der nachfolgenden Gleichung zu sehen, zur Folge, dass die gesuchten Ableitungen der Funktion am Ort vorhanden sind. Weiterhin ist hier zur Verkürzung die Index-Notation verwendet.

Durch Verschiebung des Index findet sich schlussendlich das nachfolgende lineare Gleichungssystem zur Berechnung der Differenzenquotienten bis zur Ableitungsordnung . Interessant ist dabei die enge Verwandtschaft der System-Matrix zur Vandermonde-Matrix, welche z. B. von der Polynominterpolation bekannt ist.

In der nachfolgenden Tabelle sind einige Lösungen dieses Gleichungssystems angegeben. Zu beachten ist, dass für große die Matrix singulär wird und folglich die Matrix-Inversion am Rechner nicht mehr durchführbar ist. Neben den hier angegebenen Differenzenquotienten, welche in die Klasse der zentralen DZQ's einzuordnen sind, existieren auch andere Varianten.[5][6]

Gewöhnliche zentrale Differenzenquotienten höherer Ableitungs- und Fehlerordnung

Differenzenquotienten zu beliebigen Stützstellen

Weiterhin besteht die Möglichkeit Differenzenquotienten mit beliebige Stützstellen zu berechnen. Generell lässt sich ein Differenzenquotient mit der nachfolgenden Summe darstellen. Die Konstanten entsprechen dabei den Stützstellen mit Verschiebung um . Der Index entspricht der Ableitungs-Ordnung. Die kleinste Genauigkeit ergibt sich bei . Durch Hinzunahme weiterer Stützstellen kann die Genauigkeit erhöht werden. Die weiter oben angegeben zentralen Differenzenquotienten sind ein Spezialfall der hiesigen Betrachtung.[6]

Die Koeffizienten berechnen sich durch Lösung des folgenden linearen Gleichungssystems, wobei das Kronecker-Delta repräsentiert.

Werden äquidistante Stützstellen gewählt, so stellt sich das lineare Gleichungssystem wie folgt dar.

Literatur

  • Richardson, C. H. (1954): An Introduction to the Calculus of Finite Differences (Van Nostrand, 1954)
  • Mickens, R. E. (1991): Difference Equations: Theory and Applications (Chapman and Hall/CRC)
  • PLATO, Robert. Numerische Mathematik kompakt. Vieweg+ Teubner Verlag, 2000.

Einzelnachweise

  1. Wilmott, Paul.: The mathematics of financial derivatives : a student introduction. Cambridge University Press, 1995, ISBN 0-521-49699-3, S. 137.
  2. Peter J. Olver: What Are Partial Differential Equations? In: Introduction to Partial Differential Equations. Springer International Publishing, Cham 2013, ISBN 978-3-319-02098-3, S. 182, doi:10.1007/978-3-319-02099-0_1.
  3. M. Hanif Chaudhry: Open-Channel Flow. 2008, S. 369, doi:10.1007/978-0-387-68648-6.
  4. Hans Rudolf Schwarz & Norbert Köckler: Numerische Mathematik. 6. Auflage. Vieweg+Teubner Verlag, 2006, ISBN 978-3-8351-9064-1, S. 103–104.
  5. H. B. Keller, V. Pereyra: Symbolic generation of finite difference formulas. In: Mathematics of Computation. Band 32, Nr. 144, 1978, ISSN 0025-5718, S. 955–955, doi:10.1090/s0025-5718-1978-0494848-1.
  6. a b Bengt Fornberg: Generation of finite difference formulas on arbitrarily spaced grids. In: Mathematics of Computation. Band 51, Nr. 184, 1988, ISSN 0025-5718, S. 699–699, doi:10.1090/s0025-5718-1988-0935077-0.