„Elektromagnetische Verträglichkeit“ – Versionsunterschied

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Die '''Elektromagnetische Verträglichkeit''' (EMV), engl. ''electromagnetic compatibility'' (EMC), behandelt die technischen und rechtlichen Grundlagen der wechselseitigen Beeinflussung [[Elektrogerät|elektrischer Geräte]] durch die von ihnen hervorgerufenen [[Elektrodynamik|elektromagnetischen Felder]] in der [[Elektrotechnik]].
Die '''Elektromagnetische Verträglichkeit''' (EMV), engl. ''electromagnetic compatibility'' (EMC), behandelt die technischen und rechtlichen Grundlagen der wechselseitigen Beeinflussung [[Elektrogerät|elektrischer Geräte]] durch die von ihnen hervorgerufenen [[Elektrodynamik|elektromagnetischen Felder]] in der [[Elektrotechnik]].


==Grundlage==
== Grundlage ==
Die Nutzung elektrischer Energie bedeutet immer, dass die Energie elektromagnetischer Felder umgewandelt wird, z. B. in Strahlungsenergie (Glühlampe) oder mechanische Energie (Motor). Dabei bleiben die Felder nicht zwingend nur innerhalb der elektrischen Betriebsmittel, sondern können sich auch außerhalb des Betriebsmittels ausbreiten. Felder, die sich frei ausbreiten, können in elektrische Betriebsmittel eindringen und die Funktion des Betriebsmittels beeinflussen. Besonders Betriebsmittel, die der Funkkommunikation dienen, wie z.B. Mobiltelefone oder Radioempfangsgeräte, zeichnen sich durch gewollte Aussendung (Mobiltelefon) oder gewolltes Eindringenlassen (Radioempfangsgeräte, Mobiltelefon) von Feldern aus.
Die Nutzung elektrischer Energie bedeutet immer, dass die Energie elektromagnetischer Felder umgewandelt wird, z. B. in Strahlungsenergie (Glühlampe) oder mechanische Energie (Motor). Dabei bleiben die Felder nicht zwingend nur innerhalb der elektrischen Betriebsmittel, sondern können sich auch außerhalb des Betriebsmittels ausbreiten. Felder, die sich frei ausbreiten, können in elektrische Betriebsmittel eindringen und die Funktion des Betriebsmittels beeinflussen. Besonders Betriebsmittel, die der Funkkommunikation dienen, wie z. B. Mobiltelefone oder Radioempfangsgeräte, zeichnen sich durch gewollte Aussendung (Mobiltelefon) oder gewolltes Eindringenlassen (Radioempfangsgeräte, Mobiltelefon) von Feldern aus.


Das Thema Elektromagnetische Verträglichkeit umfasst alles, was mit ungewollten als auch gewollten Funktionsstörungen von elektrischen Betriebsmitteln durch z. B. elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder und Vorgänge zusammenhängt.
Das Thema Elektromagnetische Verträglichkeit umfasst alles, was sowohl mit ungewollten als auch gewollten Funktionsstörungen von elektrischen Betriebsmitteln durch z. B. elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder und Vorgänge zusammenhängt.


Wesentliche Instrumente zur Sicherstellung der Funktion der elektrischen Betriebsmittel im täglichen Leben trotz der prinzipiellen Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussungen sind die EMV-Richtlinien und EMV-Normen.
Wesentliche Instrumente zur Sicherstellung der Funktion der elektrischen Betriebsmittel im täglichen Leben trotz der prinzipiellen Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussungen sind die EMV-Richtlinien und EMV-Normen.
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== Theorie ==
== Theorie ==
Klassischerweise werden die Beeinflussungsmechanismen wie folgt modelliert: Das potenzielle Störungen aussendende Betriebsmittel wird als ''Störquelle'' (engl. ''source''), das potenziell beeinflusste Betriebsmittel wird als ''Störsenke'' (engl. ''sink'') bezeichnet.
Klassischerweise werden die Beeinflussungsmechanismen wie folgt modelliert: Das potenziell Störungen aussendende Betriebsmittel wird als ''Störquelle'' (engl. ''source''), das potenziell beeinflusste Betriebsmittel wird als ''Störsenke'' (engl. ''sink'') bezeichnet.


Man unterscheidet zwischen natürlichen und technischen Störquellen und Störsenken. Als Beispiel für eine natürliche Störquelle ist ein Blitz zu nennen, natürliche Senken können alle biologischen Systeme sein, z.B. der Mensch. Typische technische Störquellen sind z.B. umrichtergespeiste Antriebe, typische technische Störsenken sind beispielsweise Funkempfangsgeräte.
Man unterscheidet zwischen natürlichen und technischen Störquellen und Störsenken. Als Beispiel für eine natürliche Störquelle ist ein Blitz zu nennen, natürliche Senken können alle biologischen Systeme sein, z. B. der Mensch. Typische technische Störquellen sind z. B. umrichtergespeiste Antriebe, typische technische Störsenken sind beispielsweise Funkempfangsgeräte.


Damit es zu einer Beeinflussung der Senke durch die Quelle kommen kann, muss die ausgesendete Störung zur Senke gelangen, um dort als sogenannte ''Störgröße'' aufzutreten. Den Weg von Quelle zu Senke nennt man ''Kopplung''.
Damit es zu einer Beeinflussung der Senke durch die Quelle kommen kann, muss die ausgesendete Störung zur Senke gelangen, um dort als sogenannte ''Störgröße'' aufzutreten. Den Weg von Quelle zu Senke nennt man ''Kopplung''.


Es wird zwischen verschiedenen Koppelmechanismen unterschieden:
Es wird zwischen verschiedenen Koppelmechanismen unterschieden:
* [[Galvanische Kopplung]] (durch gemeinsame Leiter verschiedener Stromkreise, z. B. Ausgleichsströme über Schutzleiter oder Schirm, bei Leiterplatten auch über nicht ausreichend dimensionierte Massebahnen und Stützkondensatoren. Auch Einkopplung über das Versorgungsnetz durch Störquellen in Nachbargebäuden)
* [[Galvanische Kopplung]] (durch gemeinsame Leiter verschiedener Stromkreise, z. B. Ausgleichsströme über Schutzleiter oder Schirm, bei Leiterplatten auch über nicht ausreichend dimensionierte Massebahnen und Stützkondensatoren. Auch Einkopplung über das Versorgungsnetz durch Störquellen in Nachbargebäuden)
* [[Kapazitive Kopplung]] (Beeinflussung durch ein elektrisches (E-) Feld, z. B. Überkopplung auf parallel geführte Leiter in einem Kabel oder Kabelkanal oder parallel geführte Leiterbahnen auf einer Leiterplatte. Dieser Effekt tritt hauptsächlich bei Hochfrequenz auf.)
* [[Kapazitive Kopplung]] (Beeinflussung durch ein elektrisches (E-)Feld, z. B. Überkopplung auf parallel geführte Leiter in einem Kabel oder Kabelkanal oder parallel geführte Leiterbahnen auf einer Leiterplatte. Dieser Effekt tritt hauptsächlich bei Hochfrequenz auf.)
* [[Induktive Kopplung]] (Beeinflussung durch ein magnetisches (H-) Feld. Wie oben, jedoch im Niederfrequenzbereich)
* [[Induktive Kopplung]] (Beeinflussung durch ein magnetisches (H-)Feld. Wie oben, jedoch im Niederfrequenzbereich)
* [[Elektromagnetische Welle|Strahlungsbeeinflussung]] (E/H-Komponenten im Fernfeld. Leiter in einem nicht ausreichend abgeschirmten Kabel oder Gerät wirken als [[Antenne (Technik)|Antenne]] und empfangen z. B. Radio- oder Funksignale.)
* [[Elektromagnetische Welle|Strahlungsbeeinflussung]] (E/H-Komponenten im Fernfeld. Leiter in einem nicht ausreichend abgeschirmten Kabel oder Gerät wirken als [[Antenne (Technik)|Antenne]] und empfangen z. B. Radio- oder Funksignale)
* [[Wellenbeeinflussung]] (Wanderwellen auf elektrisch langen Leitungen.)
* [[Wellenbeeinflussung]] (Wanderwellen auf elektrisch langen Leitungen)


===Arten von Störungen===
=== Arten von Störungen ===
In der EMV-Technik wird generell zwischen „leitungsgebundenen“ und „nicht leitungsgebundenen“ Störungen unterschieden.
In der EMV-Technik wird generell zwischen „leitungsgebundenen“ und „nicht leitungsgebundenen“ Störungen unterschieden.
*Die '''leitungsgebundenen Störungen''' werden von der Störquelle direkt über Versorgungs- oder Signalleitungen zur Störsenke übertragen.
*Die '''leitungsgebundenen Störungen''' werden von der Störquelle direkt über Versorgungs- oder Signalleitungen zur Störsenke übertragen.
:Wenn das Radio immer dann knackt, wenn der Kühlschrank abschaltet, dann handelt es sich um eine leitungsgebundene Störung. Der mechanische Schaltkontakt im Thermostat des Kühlschrankes ist nicht ausreichend (z.B. über einen [[Varistor|VDR]] oder ein [[Tiefpass|RC-Glied]]) entstört. Beim Abschalten der induktiven Last des Kompressormotors entsteht am Kontakt ein intermittierender Lichtbogen, der sich als hochfrequente Störung über die Netzleitung ausbreitet. Das nicht ausreichend gegen diese Störung dimensionierte Netzteil des Radios lässt diese nur mäßig abgeschwächt durch.
:Wenn das Radio immer dann knackt, wenn der Kühlschrank abschaltet, dann handelt es sich um eine leitungsgebundene Störung. Der mechanische Schaltkontakt im Thermostat des Kühlschrankes ist nicht ausreichend (z. B. über einen [[Varistor|VDR]] oder ein [[Tiefpass|RC-Glied]]) entstört. Beim Abschalten der induktiven Last des Kompressormotors entsteht am Kontakt ein intermittierender Lichtbogen, der sich als hochfrequente Störung über die Netzleitung ausbreitet. Das nicht ausreichend gegen diese Störung dimensionierte Netzteil des Radios lässt diese nur mäßig abgeschwächt durch.


*Die '''nicht leitungsgebundenen Störungen''' werden als E/H-Feld, also als elektromagnetische Strahlung auf die Störsenke gekoppelt und dort von einem als Antenne fungierenden Leiter empfangen.
*Die '''nicht leitungsgebundenen Störungen''' werden als E/H-Feld, also als elektromagnetische Strahlung auf die Störsenke gekoppelt und dort von einem als Antenne fungierenden Leiter empfangen.
:Wenn es im Telefon immer dann knackt, wenn das daneben liegende [[GSM]]-[[Mobiltelefon]] klingelt, dann handelt es sich um eine nicht leitungsgebundene Störung. Das Handy sendet in diesem Moment Informationen zurück zur Mobilfunk-Basisstation. Diese Strahlung wird zu einem Teil vom Telefon aufgefangen und erzeugt das Knacken. Grund dafür ist ein nicht ausreichend geschirmter [[Lautsprecher]] im Telefonhörer in Kombination mit einem nicht ausreichend geschirmten Gehäuse des Telefons, auf die die Störstrahlung eingekoppelt wird und sich von dort aus als leitungsgebundene Störung weiter fortpflanzt. Diese typischen Störgeräusche werden vor allem durch GSM-Mobiltelefone verursacht, da diese niederfrequent, im hörbaren Frequenzbereich, den HF-Träger aufgrund des [[Zeitmultiplex]]verfahrens im Funkkanal ein- bzw. ausschalten. In elektrodynamischen Lautsprechern kommt es durch [[Induktion (Elektrotechnik)|Induktion]] zu einer Spannung und in Folge dessen zu Störgeräuschen. Bei Mobiltelefonen, welche nach dem neueren Standard [[UMTS]] arbeiten, treten diese Störgeräusche in der Nähe von ungeschirmten Lautsprechern nicht auf. Dieses Beispiel zeigt, dass Störungen nicht nur durch Schirmung zu verhindern sind, sondern auch durch entsprechende angepasste Verfahren bei der Störquelle minimiert werden können.
:Wenn es im Telefon immer dann knackt, wenn das daneben liegende [[GSM]]-[[Mobiltelefon]] klingelt, dann handelt es sich um eine nicht leitungsgebundene Störung. Das Handy sendet in diesem Moment Informationen zurück zur Mobilfunk-Basisstation. Diese Strahlung wird zu einem Teil vom Telefon aufgefangen und erzeugt das Knacken. Grund dafür ist ein nicht ausreichend geschirmter [[Lautsprecher]] im Telefonhörer in Kombination mit einem nicht ausreichend geschirmten Gehäuse des Telefons, auf die die Störstrahlung eingekoppelt wird und sich von dort aus als leitungsgebundene Störung weiter fortpflanzt. Diese typischen Störgeräusche werden vor allem durch GSM-Mobiltelefone verursacht, da diese niederfrequent, im hörbaren Frequenzbereich, den HF-Träger aufgrund des [[Zeitmultiplex]]verfahrens im Funkkanal ein- bzw. ausschalten. In elektrodynamischen Lautsprechern kommt es durch [[Induktion (Elektrotechnik)|Induktion]] zu einer Spannung und in Folge dessen zu Störgeräuschen. Bei Mobiltelefonen, welche nach dem neueren Standard [[UMTS]] arbeiten, treten diese Störgeräusche in der Nähe von ungeschirmten Lautsprechern nicht auf. Dieses Beispiel zeigt, dass Störungen nicht nur durch Schirmung zu verhindern sind, sondern auch durch entsprechende angepasste Verfahren bei der Störquelle minimiert werden können.


===Entstehung der Störungen===
=== Entstehung der Störungen ===
Eine Störung wird dadurch erzeugt, dass in der Störquelle eine Spannung oder ein Strom variiert (moduliert oder geschaltet) wird. Daraus resultieren dann im Zeitbereich transiente oder periodische Spannungs- bzw. Stromänderungen u(t) bzw. i(t).
Eine Störung wird dadurch erzeugt, dass in der Störquelle eine Spannung oder ein Strom variiert (moduliert oder geschaltet) wird. Daraus resultieren dann im Zeitbereich transiente oder periodische Spannungs- bzw. Stromänderungen u(t) bzw. i(t).


Physikalisch bedingt ergeben diese Signale u(t) bzw. i(t) des Zeitbereiches ein [[elektromagnetisches Spektrum]] im Frequenzbereich U(ω) bzw. I(ω). Diese wirken sich dann ggf. als messbare Störungen in einem unerwünschten Frequenzbereich aus und werden über die oben geschilderten Koppelmechanismen ausgebreitet. Mathematisch beschrieben wird dieses Verhalten mit Hilfe der [[Fouriertransformation]], welche eine Zeitfunktion f(t) in eine Spektralfunktion F(ω) transformiert (mit: ω = 2 π f).
Physikalisch bedingt ergeben diese Signale u(t) bzw. i(t) des Zeitbereiches ein [[elektromagnetisches Spektrum]] im Frequenzbereich U(ω) bzw. I(ω). Diese wirken sich dann ggf. als messbare Störungen in einem unerwünschten Frequenzbereich aus und werden über die oben geschilderten Koppelmechanismen ausgebreitet. Mathematisch beschrieben wird dieses Verhalten mit Hilfe der [[Fouriertransformation]], welche eine Zeitfunktion f(t) in eine Spektralfunktion F(ω) transformiert (mit: ω = 2πf).


Bei einer [[Rechteckschwingung]] z.B. enthalten die jeweiligen Flankenwechsel die gesamte spektrale Energie. Und die Störungen die davon ausgehen, können reduziert werden, indem der Flankenwechsel je Zeitintervall (Steilheit) ΔU/Δt bzw. ΔI/Δt verlangsamt wird.
Bei einer [[Rechteckschwingung]] z. B. enthalten die jeweiligen Flankenwechsel die gesamte spektrale Energie. Und die Störungen die davon ausgehen, können reduziert werden, indem der Flankenwechsel je Zeitintervall (Steilheit) ΔU/Δt bzw. ΔI/Δt verlangsamt wird.


Die EMV-Störquellen können künstlichen oder natürlichen Ursprungs sein. Beispiele sind:
Die EMV-Störquellen können künstlichen oder natürlichen Ursprungs sein. Beispiele sind:
* Elektrisches Feld, absichtlich erzeugt durch Sendeanlagen im Frequenzbereich kHz ([[Langwellen| Langwellen]]) bis größer 30 GHz ([[Mikrowellen| Mikrowellen]])
* Elektrisches Feld, absichtlich erzeugt durch Sendeanlagen im Frequenzbereich kHz ([[Langwellen| Langwellen]]) bis größer 30 GHz ([[Mikrowellen| Mikrowellen]]).
* [[Blitz|Blitzeinschläge]] erzeugen den [[LEMP]] (lightning electromagnetic pulse)
* [[Blitz|Blitzeinschläge]] erzeugen den [[LEMP]] (lightning electromagnetic pulse).
* Schaltvorgänge in Niederspannungsnetzen erzeugen energiereiche [[SURGE]] Impulse
* Schaltvorgänge in Niederspannungsnetzen erzeugen energiereiche [[SURGE]] Impulse.
* Beim Schalten von Leistungselektronik ([[Schaltnetzteil|Schaltnetzteile]]) entstehen hochfrequente, energiearme [[BURST]]Impulse.
* Beim Schalten von Leistungselektronik ([[Schaltnetzteil|Schaltnetzteile]]) entstehen hochfrequente, energiearme [[BURST]]Impulse.
* Ein [[Nuklearer Elektromagnetischer Puls]] (NEMP) durch eine [[Atomexplosion]].
* Ein [[Nuklearer Elektromagnetischer Puls]] (NEMP) durch eine [[Atomexplosion]]
* [[Elektrostatische_Entladung|Elektrostatische Entladungen]] - ESD (electrostatic discharge)
* [[Elektrostatische_Entladung|Elektrostatische Entladungen]] - ESD (electrostatic discharge)
* Hochfrequente Signale, die bspw. bei [[Mikroprozessor]]en oder Frequenzumrichtern entstehen.
* Hochfrequente Signale, die bspw. bei [[Mikroprozessor]]en oder Frequenzumrichtern entstehen.


===Begrenzung der Störungen===
=== Begrenzung der Störungen ===


durch [[Funkentstörung]] an der Störquelle und ausreichende [[Störfestigkeit (EMV)|Störfestigkeit]] der Störsenke
Durch [[Funkentstörung]] an der Störquelle und ausreichende [[Störfestigkeit (EMV)|Störfestigkeit]] der Störsenke ist eine Begrenzung der Störung möglich.


====lokal====
==== Lokal ====
Bei der EMV-gerechten Schaltungsauslegung (lokal, Intrasystem-EMV) wird angestrebt
Bei der EMV-gerechten Schaltungsauslegung (lokal, Intrasystem-EMV) wird angestrebt
* unnötige Schaltvorgänge zu vermeiden
* unnötige Schaltvorgänge zu vermeiden
* nicht vermeidbare Schaltvorgänge so langsam wie technisch vertretbar auszuführen
* nicht vermeidbare Schaltvorgänge so langsam wie technisch vertretbar auszuführen
* die nicht vermeidbaren Störungen durch entsprechendes Design lokal so eng wie möglich zu begrenzen, also z.B. mechanische Schaltkontakte durch parallel geschaltete RC-Glieder entstören, Gehäuse und Leitungen abschirmen, Kabelabgänge verdrosseln.
* die nicht vermeidbaren Störungen durch entsprechendes Design lokal so eng wie möglich zu begrenzen, also z. B. mechanische Schaltkontakte durch parallel geschaltete RC-Glieder zu entstören, Gehäuse und Leitungen abzu schirmen, Kabelabgänge zu verdrosseln.
* Bei Elektronik ein EMV-gerechtes Platinenlayout (z.B. Leiterbahnlängen an die Frequenzen anpassen, Masseleiterplatten etc.)
* Bei Elektronik ein EMV-gerechtes Platinenlayout (z. B. Leiterbahnlängen an die Frequenzen anzu passen, Masseleiterplatten etc.)
* eine ausreichende Störfestigkeit zu gewährleisten, z. B. durch Filter, Abblockkondensatoren, fehlertolerante Software mit Mehrfach-Abfragen und Plausibilitätskontrollen
* eine ausreichende Störfestigkeit zu gewährleisten, z. B. durch Filter, Abblockkondensatoren, fehlertolerante Software mit Mehrfach-Abfragen und Plausibilitätskontrollen.


===global===
==== Global ====
Beim gewerkeübergreifenden EMV-Schutz (global, Intersystem-EMV) kommt es darauf an
Beim gewerkeübergreifenden EMV-Schutz (global, Intersystem-EMV) kommt es darauf an
* durch Systemanalyse Störquellen und Störsenken zu ermitteln
* durch Systemanalyse Störquellen und Störsenken zu ermitteln
* durch geeignete Maßnahmen das Schutzziel erreichen z.B.
* durch geeignete Maßnahmen das Schutzziel erreichen z. B. [[Funkentstörung]] der Störquelle
* [[Funkentstörung]] der Störquelle
* Abstand
* Abstand
* Schirmung
* Schirmung
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Durch die Einführung eines Störschutzzonenkonzeptes mit definierten Umgebungsbedingungen für die jeweils zu betreibenden Geräte lässt sich die EMV in Anlagen und Systemen gewährleisten.
Durch die Einführung eines Störschutzzonenkonzeptes mit definierten Umgebungsbedingungen für die jeweils zu betreibenden Geräte lässt sich die EMV in Anlagen und Systemen gewährleisten.


====Sendeanlagen====
==== Sendeanlagen ====
Bei [[Sendeanlage]]n ist das naturgemäß nicht möglich. Ein Fernsehsender oder ein Mobiltelefon sollen ja gerade mit maximalem Wirkungsgrad senden, also Strahlung produzieren.
Bei [[Sendeanlage]]n ist das naturgemäß nicht möglich. Ein Fernsehsender oder ein Mobiltelefon sollen ja gerade mit maximalem Wirkungsgrad senden, also Strahlung produzieren.


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* Intelligente Auslegung der Funkanlagen in Frequenz, Leistung, Strahlungsrichtung und Modulationsart, sodass sie nicht mehr als nötig abstrahlen und andere Funkanlagen und Geräte stören.
* Intelligente Auslegung der Funkanlagen in Frequenz, Leistung, Strahlungsrichtung und Modulationsart, sodass sie nicht mehr als nötig abstrahlen und andere Funkanlagen und Geräte stören.


==Technische Konsequenzen==
== Technische Konsequenzen ==
Die elektromagnetischen Wellen können zum Beispiel in Schaltungen [[elektrische Spannung|Spannungen]] bzw. [[elektrischer Strom|Ströme]] erzeugen. Diese können im einfachsten Fall zu einem Rauschen im [[Fernseher]], im schlimmsten Fall zum Ausfall der Elektronik (Beispiele: [[Herzschrittmacher]], Steuerelektronik von Kraftfahrzeugen oder [[Flugzeug]]en) führen. So verbieten z.B. Krankenhäuser [[Mobiltelefon]]e in bestimmten Bereichen; auch in [[Flugzeug]]en ist der Betrieb von [[Mobiltelefon]]en unter Androhung hoher Strafen untersagt. Selbst in Kraftfahrzeugen (ab Baujahr 1995) ist die Inbetriebnahme eines Mobiltelefons nur gestattet, wenn eine nach den Herstellerrichtlinien montierte Außenantenne vorhanden ist, ansonsten kann die allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erlöschen.
Die elektromagnetischen Wellen können zum Beispiel in Schaltungen [[elektrische Spannung|Spannungen]] bzw. [[elektrischer Strom|Ströme]] erzeugen. Diese können im einfachsten Fall zu einem Rauschen im [[Fernseher]], im schlimmsten Fall zum Ausfall der Elektronik (Beispiele: [[Herzschrittmacher]], Steuerelektronik von Kraftfahrzeugen oder [[Flugzeug]]en) führen. So verbieten z. B. Krankenhäuser [[Mobiltelefon]]e in bestimmten Bereichen; auch in [[Flugzeug]]en ist der Betrieb von [[Mobiltelefon]]en unter Androhung hoher Strafen untersagt. Selbst in Kraftfahrzeugen (ab Baujahr 1995) ist die Inbetriebnahme eines Mobiltelefons nur gestattet, wenn eine nach den Herstellerrichtlinien montierte Außenantenne vorhanden ist, ansonsten kann die allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erlöschen.


== Auswirkungen auf die Umwelt ==
== Auswirkungen auf die Umwelt ==
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Mehr zu diesem Thema unter [http://www.ce-zeichen.de/emv.htm CE-Zeichen.de] mit Informationen zur EMV-Richtlinie, die oft zusammen mit der Niederspannungsrichtlinie angewendet werden muss.
Mehr zu diesem Thema unter [http://www.ce-zeichen.de/emv.htm CE-Zeichen.de] mit Informationen zur EMV-Richtlinie, die oft zusammen mit der Niederspannungsrichtlinie angewendet werden muss.


Was im Regelfall vermutet wird, wenn die auf das Gerät anwendbaren harmonisierten europäischen Normen eingehalten werden um allen Kunden und Bürgern einen störungsfreien Betrieb von Elektrogeräten zu gewährleisten und den so genannten ''[[Elektrosmog]]'' zu verringern. Dies bedeutet meist, EMV-Tests durchzuführen. Während der letzten Jahre wurden außerdem auf europäischer Ebene Versuche unternommen, die Grenzwerte und Rahmenbedingungen anzugleichen, z. B. im Rahmen der EMV-Richtlinie.
Was im Regelfall vermutet wird, wenn die auf das Gerät anwendbaren harmonisierten europäischen Normen eingehalten werden um allen Kunden und Bürgern einen störungsfreien Betrieb von Elektrogeräten zu gewährleisten und den so genannten ''[[Elektrosmog]]'' zu verringern. Dies bedeutet meist, EMV-Tests durchzuführen. Während der letzten Jahre wurden außerdem auf europäischer Ebene Versuche unternommen, die Grenzwerte und Rahmenbedingungen anzugleichen, z. B. im Rahmen der EMV-Richtlinie.
In Deutschland kümmern sich die [[Bundesnetzagentur]] (ehemals [[Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post]]), das [[Bundesamt für Strahlenschutz]] und die [[Bundeswehr]] im Rahmen der [[BEMFV]] (Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder) um die Einhaltung der Schutzanforderungen bzw. der Grenzwerte.
In Deutschland kümmern sich die [[Bundesnetzagentur]] (ehemals [[Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post]]), das [[Bundesamt für Strahlenschutz]] und die [[Bundeswehr]] im Rahmen der [[BEMFV]] (Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder) um die Einhaltung der Schutzanforderungen bzw. der Grenzwerte.


== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Literatur
* Hasse / E. U. Landers / J. Wiesinger / P. Zahlmann: ''VDE-Schriftenreihe Band 185
| Autor = Hasse, E. U. Landers, J. Wiesinger, P. Zahlmann
EMV – Blitzschutz von elektrischen und elektronischen Systemen in baulichen Anlagen - Risiko-Management, Planen und Ausführen nach den neuen Normen der Reihe VDE 0185-305'', 2. vollst. überarb. und erw. Auflage 2007, Berlin: VDE VERLAG GMBH, ISBN 978-3-8007-3001-8
| Titel = VDE-Schriftenreihe Band 185. EMV – Blitzschutz von elektrischen und elektronischen Systemen in baulichen Anlagen Risiko-Management, Planen und Ausführen nach den neuen Normen der Reihe VDE 0185-305
* Adolf J. Schwab, Wolfgang Kürner: ''Elektromagnetische Verträglichkeit'', Berlin: Springer-Verlag 2007. ISBN 978-3-540-42004-0
| Auflage = 2. vollst. überarb. und erw.
| Ort = Berlin
| Verlag = VDE Verlag GmbH
| Jahr = 2007
| ISBN = 978-3-8007-3001-8
}}
* {{Literatur
| Autor = Adolf J. Schwab, Wolfgang Kürner
| Titel = Elektromagnetische Verträglichkeit
| Ort = Berlin
| Verlag = Springer
| Jahr = 2007
| ISBN = 978-3-540-42004-0
}}
*[http://www.nkl-emv.de/downloads/seminar_05_2006.pdf Weitergehende Informationen zur Funkentstörung und EMV, speziell Entstördrosseln]
*[http://www.nkl-emv.de/downloads/seminar_05_2006.pdf Weitergehende Informationen zur Funkentstörung und EMV, speziell Entstördrosseln]
*[http://www.nkl-emv.de/downloads/seminar2.pdf Weitergehende Informationen zur Störfestigkeit, speziell schnelle Transienten und HF-Einkopplung]
*[http://www.nkl-emv.de/downloads/seminar2.pdf Weitergehende Informationen zur Störfestigkeit, speziell schnelle Transienten und HF-Einkopplung]


==Siehe auch==
== Siehe auch ==
*[[Netznachbildung]]
*[[Netznachbildung]]
*[[EMV-Messung]]en
*[[EMV-Messung]]en

Version vom 6. Oktober 2007, 12:50 Uhr

Die Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV), engl. electromagnetic compatibility (EMC), behandelt die technischen und rechtlichen Grundlagen der wechselseitigen Beeinflussung elektrischer Geräte durch die von ihnen hervorgerufenen elektromagnetischen Felder in der Elektrotechnik.

Grundlage

Die Nutzung elektrischer Energie bedeutet immer, dass die Energie elektromagnetischer Felder umgewandelt wird, z. B. in Strahlungsenergie (Glühlampe) oder mechanische Energie (Motor). Dabei bleiben die Felder nicht zwingend nur innerhalb der elektrischen Betriebsmittel, sondern können sich auch außerhalb des Betriebsmittels ausbreiten. Felder, die sich frei ausbreiten, können in elektrische Betriebsmittel eindringen und die Funktion des Betriebsmittels beeinflussen. Besonders Betriebsmittel, die der Funkkommunikation dienen, wie z. B. Mobiltelefone oder Radioempfangsgeräte, zeichnen sich durch gewollte Aussendung (Mobiltelefon) oder gewolltes Eindringenlassen (Radioempfangsgeräte, Mobiltelefon) von Feldern aus.

Das Thema Elektromagnetische Verträglichkeit umfasst alles, was sowohl mit ungewollten als auch gewollten Funktionsstörungen von elektrischen Betriebsmitteln durch z. B. elektrische, magnetische oder elektromagnetische Felder und Vorgänge zusammenhängt.

Wesentliche Instrumente zur Sicherstellung der Funktion der elektrischen Betriebsmittel im täglichen Leben trotz der prinzipiellen Möglichkeit gegenseitiger Beeinflussungen sind die EMV-Richtlinien und EMV-Normen.

In der Europäischen EMV-Richtlinie wird Elektromagnetische Verträglichkeit wie folgt definiert:

die Fähigkeit eines Apparates, einer Anlage oder eines Systems, in der elektromagnetischen Umwelt zufriedenstellend zu arbeiten, ohne dabei selbst elektromagnetische Störungen zu verursachen, die für alle in dieser Umwelt vorhandenen Apparate, Anlagen oder Systeme unannehmbar wären.

Daraus abgeleitet werden die grundlegenden Schutzanforderungen, die jedes elektrische Betriebsmittel, das in Verkehr gebracht wird, einhalten muss. Die Schutzanforderungen laufen darauf hinaus, dass einerseits die Aussendungen des Betriebsmittels so gering sein müssen, dass Rundfunkempfänger und andere Betriebsmittel in der Umgebung nicht unzulässig beeinflusst werden, und dass andererseits die zu erwartenden auf das Betriebsmittel einwirkenden Felder seine Funktion nicht beeinträchtigen.

Für Betriebsmittel, die die einschlägigen EMV-Normen einhalten, darf vermutet werden, dass die Schutzanforderungen eingehalten sind. Der VDE bzw. die DKE ist in Deutschland zuständig für die Erstellung und Bearbeitung der Normen. In letzter Zeit werden die Normen zunehmend auf internationaler Ebene angeglichen. Daher spielen auch für Deutschland internationale Normungsorganisationen wie IEC, CENELEC und CISPR eine immer stärkere Rolle.

Bei elektrischen Schaltungen steht die elektromagnetische Verträglicheit im direkten Zusammenhang mit der Signalintegrität und Powerintegrität. Sind beide Werte optimiert, lässt sich einfach ein EMV-optimiertes Verhalten eindesignen.

Theorie

Klassischerweise werden die Beeinflussungsmechanismen wie folgt modelliert: Das potenziell Störungen aussendende Betriebsmittel wird als Störquelle (engl. source), das potenziell beeinflusste Betriebsmittel wird als Störsenke (engl. sink) bezeichnet.

Man unterscheidet zwischen natürlichen und technischen Störquellen und Störsenken. Als Beispiel für eine natürliche Störquelle ist ein Blitz zu nennen, natürliche Senken können alle biologischen Systeme sein, z. B. der Mensch. Typische technische Störquellen sind z. B. umrichtergespeiste Antriebe, typische technische Störsenken sind beispielsweise Funkempfangsgeräte.

Damit es zu einer Beeinflussung der Senke durch die Quelle kommen kann, muss die ausgesendete Störung zur Senke gelangen, um dort als sogenannte Störgröße aufzutreten. Den Weg von Quelle zu Senke nennt man Kopplung.

Es wird zwischen verschiedenen Koppelmechanismen unterschieden:

  • Galvanische Kopplung (durch gemeinsame Leiter verschiedener Stromkreise, z. B. Ausgleichsströme über Schutzleiter oder Schirm, bei Leiterplatten auch über nicht ausreichend dimensionierte Massebahnen und Stützkondensatoren. Auch Einkopplung über das Versorgungsnetz durch Störquellen in Nachbargebäuden)
  • Kapazitive Kopplung (Beeinflussung durch ein elektrisches (E-)Feld, z. B. Überkopplung auf parallel geführte Leiter in einem Kabel oder Kabelkanal oder parallel geführte Leiterbahnen auf einer Leiterplatte. Dieser Effekt tritt hauptsächlich bei Hochfrequenz auf.)
  • Induktive Kopplung (Beeinflussung durch ein magnetisches (H-)Feld. Wie oben, jedoch im Niederfrequenzbereich)
  • Strahlungsbeeinflussung (E/H-Komponenten im Fernfeld. Leiter in einem nicht ausreichend abgeschirmten Kabel oder Gerät wirken als Antenne und empfangen z. B. Radio- oder Funksignale)
  • Wellenbeeinflussung (Wanderwellen auf elektrisch langen Leitungen)

Arten von Störungen

In der EMV-Technik wird generell zwischen „leitungsgebundenen“ und „nicht leitungsgebundenen“ Störungen unterschieden.

  • Die leitungsgebundenen Störungen werden von der Störquelle direkt über Versorgungs- oder Signalleitungen zur Störsenke übertragen.
Wenn das Radio immer dann knackt, wenn der Kühlschrank abschaltet, dann handelt es sich um eine leitungsgebundene Störung. Der mechanische Schaltkontakt im Thermostat des Kühlschrankes ist nicht ausreichend (z. B. über einen VDR oder ein RC-Glied) entstört. Beim Abschalten der induktiven Last des Kompressormotors entsteht am Kontakt ein intermittierender Lichtbogen, der sich als hochfrequente Störung über die Netzleitung ausbreitet. Das nicht ausreichend gegen diese Störung dimensionierte Netzteil des Radios lässt diese nur mäßig abgeschwächt durch.
  • Die nicht leitungsgebundenen Störungen werden als E/H-Feld, also als elektromagnetische Strahlung auf die Störsenke gekoppelt und dort von einem als Antenne fungierenden Leiter empfangen.
Wenn es im Telefon immer dann knackt, wenn das daneben liegende GSM-Mobiltelefon klingelt, dann handelt es sich um eine nicht leitungsgebundene Störung. Das Handy sendet in diesem Moment Informationen zurück zur Mobilfunk-Basisstation. Diese Strahlung wird zu einem Teil vom Telefon aufgefangen und erzeugt das Knacken. Grund dafür ist ein nicht ausreichend geschirmter Lautsprecher im Telefonhörer in Kombination mit einem nicht ausreichend geschirmten Gehäuse des Telefons, auf die die Störstrahlung eingekoppelt wird und sich von dort aus als leitungsgebundene Störung weiter fortpflanzt. Diese typischen Störgeräusche werden vor allem durch GSM-Mobiltelefone verursacht, da diese niederfrequent, im hörbaren Frequenzbereich, den HF-Träger aufgrund des Zeitmultiplexverfahrens im Funkkanal ein- bzw. ausschalten. In elektrodynamischen Lautsprechern kommt es durch Induktion zu einer Spannung und in Folge dessen zu Störgeräuschen. Bei Mobiltelefonen, welche nach dem neueren Standard UMTS arbeiten, treten diese Störgeräusche in der Nähe von ungeschirmten Lautsprechern nicht auf. Dieses Beispiel zeigt, dass Störungen nicht nur durch Schirmung zu verhindern sind, sondern auch durch entsprechende angepasste Verfahren bei der Störquelle minimiert werden können.

Entstehung der Störungen

Eine Störung wird dadurch erzeugt, dass in der Störquelle eine Spannung oder ein Strom variiert (moduliert oder geschaltet) wird. Daraus resultieren dann im Zeitbereich transiente oder periodische Spannungs- bzw. Stromänderungen u(t) bzw. i(t).

Physikalisch bedingt ergeben diese Signale u(t) bzw. i(t) des Zeitbereiches ein elektromagnetisches Spektrum im Frequenzbereich U(ω) bzw. I(ω). Diese wirken sich dann ggf. als messbare Störungen in einem unerwünschten Frequenzbereich aus und werden über die oben geschilderten Koppelmechanismen ausgebreitet. Mathematisch beschrieben wird dieses Verhalten mit Hilfe der Fouriertransformation, welche eine Zeitfunktion f(t) in eine Spektralfunktion F(ω) transformiert (mit: ω = 2πf).

Bei einer Rechteckschwingung z. B. enthalten die jeweiligen Flankenwechsel die gesamte spektrale Energie. Und die Störungen die davon ausgehen, können reduziert werden, indem der Flankenwechsel je Zeitintervall (Steilheit) ΔU/Δt bzw. ΔI/Δt verlangsamt wird.

Die EMV-Störquellen können künstlichen oder natürlichen Ursprungs sein. Beispiele sind:

Begrenzung der Störungen

Durch Funkentstörung an der Störquelle und ausreichende Störfestigkeit der Störsenke ist eine Begrenzung der Störung möglich.

Lokal

Bei der EMV-gerechten Schaltungsauslegung (lokal, Intrasystem-EMV) wird angestrebt

  • unnötige Schaltvorgänge zu vermeiden
  • nicht vermeidbare Schaltvorgänge so langsam wie technisch vertretbar auszuführen
  • die nicht vermeidbaren Störungen durch entsprechendes Design lokal so eng wie möglich zu begrenzen, also z. B. mechanische Schaltkontakte durch parallel geschaltete RC-Glieder zu entstören, Gehäuse und Leitungen abzu schirmen, Kabelabgänge zu verdrosseln.
  • Bei Elektronik ein EMV-gerechtes Platinenlayout (z. B. Leiterbahnlängen an die Frequenzen anzu passen, Masseleiterplatten etc.)
  • eine ausreichende Störfestigkeit zu gewährleisten, z. B. durch Filter, Abblockkondensatoren, fehlertolerante Software mit Mehrfach-Abfragen und Plausibilitätskontrollen.

Global

Beim gewerkeübergreifenden EMV-Schutz (global, Intersystem-EMV) kommt es darauf an

  • durch Systemanalyse Störquellen und Störsenken zu ermitteln
  • durch geeignete Maßnahmen das Schutzziel erreichen z. B. Funkentstörung der Störquelle
  • Abstand
  • Schirmung
  • Erhöhung der Störfestigkeit der Störsenke
  • etc.

Durch die Einführung eines Störschutzzonenkonzeptes mit definierten Umgebungsbedingungen für die jeweils zu betreibenden Geräte lässt sich die EMV in Anlagen und Systemen gewährleisten.

Sendeanlagen

Bei Sendeanlagen ist das naturgemäß nicht möglich. Ein Fernsehsender oder ein Mobiltelefon sollen ja gerade mit maximalem Wirkungsgrad senden, also Strahlung produzieren.

Damit diese Strahlung andere Geräte nicht stört, ist das passive EMV-Design genauso wichtig. Das bedeutet:

  • Einbau von Oberwellen-Filter (Entstörgliedern)
  • Zuleitungen abschirmen
  • Kabeleinführungen entstören (Netzfilter, Signalleitungsfilter)
  • Gehäuse abschirmen
  • Leiterplatten so auslegen, dass keine unbeabsichtigten Antennen entstehen
  • Veränderung der Anordnung der betreffenden Elektronikbauteile bzw. des Aufbaus und/oder des Layouts der Leiterplatten, die diese Komponenten tragen. Dies ist oft die beste Maßnahme, da sie die „Wurzel“ des Übels, also die elektromagnetischen Kopplungen reduziert, und nicht wie bei einer Schirmung/Filterung nur die Symptome lindern soll. Zu diesem Zweck, also zur Optimierung des Leiterplattenentwurfs, gibt es zahlreiche Softwarelösungen.
  • Intelligente Auslegung der Funkanlagen in Frequenz, Leistung, Strahlungsrichtung und Modulationsart, sodass sie nicht mehr als nötig abstrahlen und andere Funkanlagen und Geräte stören.

Technische Konsequenzen

Die elektromagnetischen Wellen können zum Beispiel in Schaltungen Spannungen bzw. Ströme erzeugen. Diese können im einfachsten Fall zu einem Rauschen im Fernseher, im schlimmsten Fall zum Ausfall der Elektronik (Beispiele: Herzschrittmacher, Steuerelektronik von Kraftfahrzeugen oder Flugzeugen) führen. So verbieten z. B. Krankenhäuser Mobiltelefone in bestimmten Bereichen; auch in Flugzeugen ist der Betrieb von Mobiltelefonen unter Androhung hoher Strafen untersagt. Selbst in Kraftfahrzeugen (ab Baujahr 1995) ist die Inbetriebnahme eines Mobiltelefons nur gestattet, wenn eine nach den Herstellerrichtlinien montierte Außenantenne vorhanden ist, ansonsten kann die allgemeine Betriebserlaubnis (ABE) erlöschen.

Auswirkungen auf die Umwelt

Elektromagnetischen Wellen haben auch Einfluss auf Menschen und die natürliche Umwelt; daher muss auch auf die Elektromagnetische Umweltverträglichkeit (EMVU) geachtet werden.

Gesetzliche Bestimmungen

Die Energieversorgungsunternehmen und der Gesetzgeber schreiben in der EU den Herstellern von Elektrogeräten vor, in Deutschland durch das Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit, entsprechende „Schutzanforderungen“ einzuhalten. Mehr zu diesem Thema unter CE-Zeichen.de mit Informationen zur EMV-Richtlinie, die oft zusammen mit der Niederspannungsrichtlinie angewendet werden muss.

Was im Regelfall vermutet wird, wenn die auf das Gerät anwendbaren harmonisierten europäischen Normen eingehalten werden um allen Kunden und Bürgern einen störungsfreien Betrieb von Elektrogeräten zu gewährleisten und den so genannten Elektrosmog zu verringern. Dies bedeutet meist, EMV-Tests durchzuführen. Während der letzten Jahre wurden außerdem auf europäischer Ebene Versuche unternommen, die Grenzwerte und Rahmenbedingungen anzugleichen, z. B. im Rahmen der EMV-Richtlinie. In Deutschland kümmern sich die Bundesnetzagentur (ehemals Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post), das Bundesamt für Strahlenschutz und die Bundeswehr im Rahmen der BEMFV (Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer Felder) um die Einhaltung der Schutzanforderungen bzw. der Grenzwerte.

Literatur

Siehe auch