„Multiphotonenmikroskop“ – Versionsunterschied

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== Geschichte und Anwendungen ==
== Geschichte und Anwendungen ==
=== 1931 - 1990 ===
Das physikalische Prinzip der Fluoreszenz-Anregung eines Moleküls durch mehrere Photonen wurde zuerst von [[Maria Goeppert-Mayer]] vorhergesagt<ref>{{cite journal | author=Göppert-Mayer M | title= Über Elementarakte mit zwei Quantensprüngen | journal= Ann Phys | year= 1931 | volume= 9| pages= 273–95 |doi= 10.1002/andp.19314010303|url=http://www3.interscience.wiley.com/journal/112481991/abstract }}</ref>.
Das physikalische Prinzip der Fluoreszenz-Anregung eines Moleküls durch mehrere Photonen wurde zuerst 1931 von [[Maria Goeppert-Mayer]] vorhergesagt<ref>{{cite journal | author=Göppert-Mayer M | title= Über Elementarakte mit zwei Quantensprüngen | journal= Ann Phys | year= 1931 | volume= 9| pages= 273–95 |doi= 10.1002/andp.19314010303|url=http://www3.interscience.wiley.com/journal/112481991/abstract }}</ref>.
Die erste experimentelle Beobachtung von Zwei-Photonen-Fluoreszenzanregung erfolgte 1961, bald nach Entwicklung der ersten Laser.<ref name=Handbook28/>
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Mikroskopie mit Zwei-Photonen-Fluoreszenz-Anregung gelang 1990 das erste Mal<ref name="pmid2321027">{{cite journal |author=Denk W, Strickler JH, Webb WW |title=Two-photon laser scanning fluorescence microscopy |journal=Science (journal) |volume=248 |issue=4951 |pages=73–6 |year=1990 |month=April |pmid=2321027 |doi= |url=http://www.sciencemag.org/cgi/pmidlookup?view=long&pmid=2321027}}</ref>.
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=== Seit 1990 ===
Die Vorteile eines Multiphotonenmikroskops, speziell die hohe Eindringtiefe, kommen besonders in Geweben zu tragen, bei denen strukturelle Unterschiede zwischen den oberen und den tieferen Gewebeschichten vorliegen: die tieferen Gewebeschichten sind für andere Arten der Mikroskopie nicht bzw. nur in fixierten, geschnittenen Präparaten zugänglich. Dortige Vorgänge können daher in lebenden Organen nicht anders beobachtet werden. Beispiele sind die Zwei-Photonen-Fluoreszenz in verschiedenen [[Gehirn|Hirnschichten]] in Mäusen<ref name="pmid16772166">{{cite journal |author=Svoboda K, Yasuda R |title=Principles of two-photon excitation microscopy and its applications to neuroscience |journal=Neuron |volume=50 |issue=6 |pages=823–39 |year=2006 |month=June |pmid=16772166 |doi=10.1016/j.neuron.2006.05.019 |url=}}</ref>
Die Vorteile eines Multiphotonenmikroskops, speziell die hohe Eindringtiefe, kommen besonders in Geweben zu tragen, bei denen strukturelle Unterschiede zwischen den oberen und den tieferen Gewebeschichten vorliegen: die tieferen Gewebeschichten sind für andere Arten der Mikroskopie nicht bzw. nur in fixierten, geschnittenen Präparaten zugänglich. Dortige Vorgänge können daher in lebenden Organen nicht anders beobachtet werden. Beispiele sind Lebenduntersuchungen in verschiedenen [[Gehirn|Hirnschichten]] <ref name="pmid16772166">
und die Beobachtung von verschiedenen Zellen des [[Immunsystem]]s in [[Lymphknoten]]<ref name="pmid15357943">{{cite journal |author=Sumen C, Mempel TR, Mazo IB, von Andrian UH |title=Intravital microscopy: visualizing immunity in context |journal=Immunity |volume=21 |issue=3 |pages=315–29 |year=2004 |month=September |pmid=15357943 |doi=10.1016/j.immuni.2004.08.006 |url=}}</ref><ref name="pmid15999094">
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In den genannten Beispielen wurde jeweils Zwei-Photonen-Fluoreszenz und teilweise zusätzlich SHG eingesetzt.

Während die Beobachtung von Fluoreszenz in flachen Präparaten (einzelne Zellen, Gewebeschnitte) auch gut in normalen Fluoreszenzmikroskopen oder in konfokalen Laserscanningmikroskopen stattfinden kann, ist HHG ausschließlich mit einem Multiphotonenmikroskop möglich. Neben den bereits erwähnten Kollagenfasern und Muskelmyosin führen auch [[Stärke]] und in schwächerem Maße [[Cellulose]] zu SHG<ref name="pmid18228516"/>. Daneben ist es möglich, spezifische Farbstoffe einzusetzen, die SHG hervorrufen und beispielsweise Biomembranen anfärben<ref name="pmid18228516"/>. Kommen zwei derartig markierte Membranen zusammen, so geht das SHG-Signal verloren, da plötzlich eine Centrosymmetrie auftritt. Dieser Vorgang kann daher sehr empfindlich festgestellt werden. <ref>{{cite journal |author=Moreaux L, Sandre O, Mertz J |title=Membrane imaging by second-harmonic generation microscopy |journal=J. Opt. Soc. Am. B |volume=17 |issue= |pages=1685-1694 |year=2000 |month=|pmid=|doi=10.1364/JOSAB.17.001685 |url=http://www.opticsinfobase.org/abstract.cfm?URI=JOSAB-17-10-1685}}</ref>


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 7. März 2009, 19:45 Uhr

Zweiphotonen-Fluoreszenzaufnahme an einem Schnitt durch einen Mausdarm. Zellkerne in grün, Schleim der Becherzellen in blau, Aktin (Phalloidin-Färbung) in rot. Anregung erfolgte bei 780 nm durch einen Titan:Saphir-Laser.
Zweiphotonenaufnahme eines gefärbten Rhizom-Querschnitts des Maiglöckchens. Die Anregung erfolgte mit 840 nm, drei Farbkanäle wurden aufgezeichnet und übereinander gelegt.

Ein Multiphotonenmikroskop (englisch Multi-Photon Laser Scanning Microscope – MPLSM) ist ein spezielles Lichtmikroskop aus der Gruppe der Laserscanningmikroskope.

Bilder werden erzeugt, indem eines von zwei unterschiedlichen physikalischen Phänomenen ausgenutzt wird:

  • Multiphotonen-Fluoreszenz (meist Zwei-Photonen-Fluoreszenz) oder
  • Higher Harmonic Generation (Verdopplung (SHG) oder Verdreifachung (THG) der Schwingungsfrequenz des eingestrahlten Lichtes).

Mit Hilfe eines starken, fokussierten Laserstrahls werden dabei nichtlineare optische Effekte erzeugt, die auf dem Zusammenspiel mehrerer gleichzeitig in einem Molekül eintreffenden Photonen (Lichtteilchen) beruhen. Die Stärke des erzeugten Signals steigt daher nicht linear mit der Zahl der eingestrahlten Photonen sondern mit dem Quadrat (bei Zwei-Photonen-Effekten) oder hoch 3 (bei Drei-Photonen-Effekten).

Die Arbeitsweise eines Multiphotonenmikroskops ähnelt der eines konfokalen Laserscanningmikroskops. Während jedoch konfokale Laserscanning-Mikroskopie eine Eindringtiefe je nach Präparat von 50–80 µm hat, können mit Multi-Photonen-Mikroskopie tiefere Bereiche, z. B. von 200 µm, in sehr günstigen Fällen sogar bis zu 1000 µm (=1 mm) erreicht werden[1]. Dadurch sind Aufnahmen von lebenden Geweben möglich, die anderweitig für die Bildgebung unerreichbar sind.

Multi-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie

Spektrum des sichtbaren Lichts. Kurzwelliges Licht (links) ist energiereicher als langwelliges (rechts).

Die am weitesten verbreitete Multiphotonen-Technik ist die Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie, manchmal auch nur Zweiphotonenmikroskopie genannt. Bei der herkömmlichen Fluoreszenzmikroskopie wird in einem fluoreszierenden Molekül ein Elektron durch die Absorption jeweils eines Photons „angeregt“, also in einen höheren Energiezustand versetzt. Bei der Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie wird die Anregung des Elektrons dagegen durch die gleichzeitige Absorption zweier Photonen hervorgerufen (Zwei-Photonen-Absorption). Auch eine Anregung mit drei oder mehr gleichzeitig eintreffenden Photonen ist möglich.

Prinzip

Schematische Darstellung der Energieniveaus (Jablonski-Schema) bei Fluoreszenzanregung am Beispiel eines mit 460 nm leuchtenden Fluoreszenz-Farbstoffes. Ein (lila), zwei (hellrot) oder drei Photonen (dunkelrot) werden absorbiert um ein Fluoreszenz-Photon (türkis) auszusenden. Aus [2].
Theoretische Verteilung des Fluoreszenzlichts einer punktförmigen Struktur (Punktspreizfunktion) bei normaler (Weitfeld-) Fluoreszenzmikroskopie, Zwei-Photonen-Mikroskopie und confocaler Mikroskopie, oben in der Fokusebene, unten entlang der optischen Achse. Aus [2],

Fluoreszenz entsteht, wenn Farbstoffe ankommende Photonen absorbieren und in der Folge ein anderes Photon wieder abgeben. Durch das ankommende, „anregende“ Photon wird ein Elektron auf ein höheres Energieniveau gehoben, die Energie also derart zwischengespeichert. Bei normaler Fluoreszenzmikroskopie geschieht diese Anregung durch genau ein Photon. Das Elektron bleibt für einige Nanosekunden auf dem höheren Energieniveau, bevor es wieder zurück fällt und dabei ein neues, längerwelliges, energieärmeres Photon aussendet. Wenn etwa mit blauem Licht angeregt wird, entsteht meist grüne Fluoreszenz, beispielsweise bei Fluorescein.

Das eine Anregungsphoton kann durch zwei oder mehr Photonen ersetzt werden, wenn diese in der Summe die gleiche Energie haben wie sonst ein Anregungsphoton. So kann dunkelrotes oder infrarotes Licht eingesetzt werden, um grüne Fluoreszenz zu erzeugen. Außerdem müssen beide Photonen gleichzeitig (innerhalb einer Attosekunde = 10−18 s) eintreffen, da kein stabiles Zwischenenergieniveau existiert.

Bei normaler Fluoreszenzmikroskopie hat das anregende Photon eine kürzere Wellenlänge, höhere Frequenz und damit mehr Energie als das abgestrahlte Photon. Der Wellenlängen-Abstand der beiden Photonen wird als Stokes-Shift bezeichnet. Im Gegensatz hierzu wird bei der Multi-Photonen-Anregung mit Photonen angeregt, die eine deutlich größerer Wellenlänge, niedrigere Frequenz und somit pro Photon weniger Energie haben, als die ausgesandten Photonen. Dies ist nur möglich, weil hier zwei oder mehr anregende Photonen zur Erzeugung nur eines ausgesandten Photons führen. Bei der Zwei-Photonen-Anregung beträgt die Anregungswellenlänge in etwa das Doppelte der normalerweise verwendeten Anregungswellenlänge, bei Drei-Photonen-Anregung ein Dreifaches. [2][3]

Technische Umsetzung

Schema eines Zweiphotonenmikroskops mit Detektoren für grüne und rote Fluoreszenz

Um ein gleichzeitiges Eintreffen zweier oder mehr Photonen bei den anregbaren Elektronen im Fokuspunkt zu erreichen, sind sehr hohe Photonendichten erforderlich. Diese werden nur erzielt, wenn ein gepulster Laser mit Modenkopplung eingesetzt wird. Das Besondere an diesem Lasertyp ist, dass sehr kurze (z.B. 0,14 ps = 0,14-12 s), intensive Laserpulse ausgesandt werden, die z.B. 80 Millionen mal pro Sekunde wiederholt werden. Die Pausen zwischen zwei Pulsen sind im gegebenen Beispiel also 12,5 ns (= 12500 ps) lang, so dass die gesamte im Laser erzeugte Energie in einem Bruchteil der Zeit abgegeben werden kann.[4]

Die für die Anregung in der Regel eingesetzten Titan:Saphir-Laser sind kostspielig (~150.000 Euro) und stellen daher eine große Hürde für einen verbreiteten Einsatz dar. Ti:Sa-Laser können auf Wellenlängen von etwa 700 nm bis etwa 1050 nm eingestellt werden. Größere Wellenlängen können durch den Einsatz eines „Optisch parametrischen Oszillators“ (OPO) erzeugt werden. Dieser wird mit dem Ti:Sa-Laser „gepumpt“ und kann dann Wellenlängen bis über 1300 nm erzeugen. Damit können auch rote und dunkelrote Fluoreszenzfarbstoffe im Zwei-Photonen-Modus angeregt werden.

Wie bei einem konfokalen Laserscanningmikroskop wird der Laserstrahl durch das Objektiv des Mikroskops auf einen Punkt des Präparats fokussiert. Durch im Strahlengang befindliche bewegliche Spiegel (Scanspiegel; englisch to scan = abrastern) wird der Laserstrahl in seiner Lage so verändert, dass der Fokuspunkt sich durch das Präparat bewegt, dieses also abrastert. Die dadurch entstehende Fluoreszenz wird vom Objektiv aufgefangen, über dichroitische Strahlteiler spektral aufgetrennt und schließlich von Detektoren aufgefangen. Diese Detektoren, Photomultiplier, messen die Helligkeit jedes Bildpunktes also nacheinander. Zu keinem Zeitpunkt entsteht im Mikroskop ein vollständiges Bild des Präparats. Dies wird erst im Steuerungscomputer zusammengesetzt[2][3].

Auf Grund der Komplexität der Geräte werden diese nur von wenigen Herstellern angeboten. In Europa sind dies derzeit (Stand 2008) nur vier, Carl Zeiss, LaVision BioTec, Leica Microsystems und Olympus. Da die Scanning- und Detektortechnik eines Multiphotonenmikroskops der eines konfokalen Laserscanningmikroskops sehr ähnlich ist, gibt es auch Arbeitsgruppen, die solch ein Mikroskop in Eigenregie mit einem geeigneten Anregungslaser und den entsprechenden Filtern zum Multiphotonenmikroskop aufrüsten.

Vorteile

Schema der Fluoreszenzanregung. Links: Im konventionellen Modus verursacht das Anregungslicht (blau) im Präparat (grau) nicht nur im Fokus Fluoreszenz (grün) sondern auch darüber und darunter. Rechts: Bei Multiphotonen-Fluoreszenanregung ist die Entstehung von Fluoreszenz dagegen auf den Fokus beschränkt.[2]

Wie oben dargestellt, erfordert die Erzeugung des Zweiphotonen-Effekts eine sehr hohe Photonendichte, die nur ein gepulster Laser erzielt. Selbst dann kommt es nur im Fokuspunkt zu einer genügend hohen Photonendichte, um eine Fluoreszenzanregung zu erzeugen, nicht aber darüber und darunter (siehe Abbildung): Außerhalb der Fokusebene verteilt sich die gleiche Menge Anregungsphotonen auf einen stark zunehmenden Durchmesser des Strahlkegels. Zwei-Photonen-Anregung hängt aber vom Quadrat der Lichtintensität ab, so dass die Lichtintensitäten außerhalb der Fokusebene, im Gegensatz zu anderen Fluoreszenzmikroskopen, für die Erzeugung von Fluoreszenz nicht mehr ausreicht.[3][5]

Daraus ergeben sich praktische Vorteile:

  1. Ein Ausbleichen von Fluoreszenzfarbstoffen und die Erzeugung von Phototoxizität ist auf eine extrem kleine Umgebung des Fokuspunktes beschränkt. Ebenen darüber und darunter sind nicht betroffen.
  2. Die gesamte vom Objektiv aufgefangene Fluoreszenz kann für das zu erstellende Bild verwendet werden. Im Gegensatz zum konfokalen Laserscanningmikroskop ist also keine Lochblende (Pinhole) nötig, um Licht aus anderen Ebenen auszufiltern. Daher ist es, wiederum im Vergleich zum konfokalen Laserscanningmikroskop, auch nicht nötig, die Fluoreszenz über die Scanspiegel aufzufangen, stattdessen kann eine „non-descanned detection“ durchgeführt werden. Die Detektion kann dadurch räumlich dichter am Präparat erfolgen, was wiederum das Auffangen eines Teils der im Präparat gestreuten Fluoreszenz erlaubt.
  3. Ein davon unabhängiger Vorteil ist die höhere Eindringtiefe durch die geringere Streuung von längerwelligem Licht. Der Streuquerschnitt σ hängt sehr stark von der Frequenz ν ab und steigt proportional zu ν4. Kurzwelliges violettes Licht (400 nm) hat eine doppelt so hohe Frequenz wie langwelliges rotes Licht (800 nm) und wird daher 16-mal stärker gestreut (siehe Das Blau des Himmels). Wellenlängenabhängige Streuung geschieht auch in biologischen Geweben: Wenn mit einer starken Taschenlampe durch eine Hand geleuchtet wird, dringt fast nur der rote Lichtanteil durch. Da bei der 2-Photonen-Mikroskopie infrarotes oder dunkelrotes Licht für die Fluoreszenzanregung eingesetzt wird, können entsprechend tiefere Regionen erreicht werden.[2]

Higher Harmonic Generation

Neben Fluoreszenz spielen in der Multiphotonenmikroskopie Second und Third Harmonic Generation (SHG bzw. THG; wörtlich: Erzeugung der zweiten (bzw. dritten) Harmonischen; im Deutschen auch: Frequenzverdopplung bzw. Frequenzverdreifachung) eine Rolle. Sie werden als Higher Harmonic Generation (HHG) zusammengefasst.

Diese Erzeugung von Licht mit niedrigerer Wellenlänge ist physikalisch nicht verwandt mit Multiphotonen-Fluoreszenzanregung. HHG tritt aber unter gleichartigen Beleuchtungsbedingungen auf wie Multiphotonenfluoreszenz, nämlich (nur) bei sehr starkem Anregungslicht. Auch HHG-Signale entstehen daher nur im Fokuspunkt eines gepulsten Lasers, aber nicht darüber oder darunter. Die oben dargestellten Abschnitte ‚Technische Umsetzung‘ und ‚Vorteile‘ gelten entsprechend. Die erforderliche technische Ausstattung ist weitgehend gleich, so dass beispielsweise ein Gerät, dass für Zwei-Photonen-Fluoreszenzmikroskopie gebaut wurde meistens auch Second Harmonic Generation ermöglicht.

Grundlagen

Hauptartikel: Frequenzverdopplung

Licht ist eine elektromagnetische Strahlung, entsprechend hat es ein elektrisches Feld. Dieses Feld tritt in Wechselwirkungen mit der durchstrahlten Materie. Wenn im Multiphotonenmikroskop der gepulste Lasers auf ein Präparat fokussiert wird, führen diese Wechselwirkungen zur Entstehung von „Harmonischen“. Die Wellenlänge der „Second Harmonic“ ist exakt die Hälfte des eingestrahlten Lichtes, die der „Third Harmonic“ bei THG exakt ein Drittel. [6][7]

Im Gegensatz zur Fluoreszenz bleibt bei HHG keine Energie im Präparat zurück, auch ein Ausbleichen des Signals kommt nicht vor. Phototoxische Effekte können jedoch unabhängig vom HHG-Effekt durch die gleichzeitige Anregung von Autofluoreszenz oder durch Absorption entstehen. Auch kann eine zu hohe Intensität des Anregungslichts direkt zur Zerstörung von Präparaten führen. [6][7]

Second Harmonic Generation

SHG Signale von der Oberfläche eines Muskels. Das Signal der Vorwärts-Richtung (linkes Bild und rot) zeigt deutlich die Querstreifung der Muskelfasern. In der Rückwärtsrichtung (grün) ist dagegen hauptsächlich Kollagen zu erkennen.

Die Erzeugung eines SHG-Signals, also Frequenzverdopplung, ist nur möglich, wenn sich die elektrischen Eigenschaften des bestrahlten Moleküls in allen Raumrichtungen unterscheiden, wenn es also asymmetrisch, genauer nicht-centrosymmetrisch, ist.

Das SHG-Signal breitet sich hauptsächlich in der „Vorwärts“-Richtung aus, wie der eintreffende Lichtstrahl auch: Die Einzelphasen der nach vorn gerichteten Photonen (das SHG-Signal) sind meist phasengleich (kohärent), so dass sich die Wellen, die von verschiedenen Molekülen erzeugt werden, verstärken. In anderen Richtungen löschen sich die Wellen teilweise gegenseitig aus (destruktive Interferenz). Die Anteile des nach Vorwärts und des nach Rückwärts gerichteten Signals hängen auch von der Struktur der bestrahlten Moleküle ab. Die Stärke des entstehenden Signals ist ferner abhängig von der Polarisationsrichtung des eintreffenden Laserlichts. Bei Objekten mit Längsstruktur (z. B. Muskelfasern) ergibt sich dadurch eine Abhängigkeit der Signalstärke von der Orientierung der Polarisationsebene des Lasers zum Präparat. [6][7]

Aus dem Entstehungsmechanismus ergibt sich, dass SHG an manchen periodischen Strukturen besonders effizient erzeugt wird, z. B. an Harnstoffkristallen. In biologischen Geweben entsteht es etwa an Kollagenfasern und am Myosin in glatter Muskulatur. SHG erleichtert dadurch die Orientierung im Präparat, auch wenn hauptsächlich Fluoreszenz beobachtet werden soll. [6][7]

Da das kurzwelligste Licht, das an einem Mikroskop aufgezeichnet werden kann, in der Regel im blauen Bereich liegt, wird für die Erzeugung von SHG-Signalen eine Wellenänge von über 800 nm eingesetzt.

Third Harmonic Generation

Wenn die Anregungswellenlänge über 1200 nm liegt, lässt sich auch Third Harmonic Generation (THG; Frequenzverdreifachung) beobachten beziehungsweise mit Filtern für sichtbares Licht auffangen. Kontrastreiche THG-Bilder entstehen, wenn optisch unterschiedlich dichte Strukturen nebeneinander liegen, beispielsweise Zellen und Blutplasma. [5][6]

Geschichte und Anwendungen

1931 - 1990

Das physikalische Prinzip der Fluoreszenz-Anregung eines Moleküls durch mehrere Photonen wurde zuerst 1931 von Maria Goeppert-Mayer vorhergesagt[8]. Die erste experimentelle Beobachtung von Zwei-Photonen-Fluoreszenzanregung erfolgte 1961, bald nach Entwicklung der ersten Laser.[3] Mikroskopie mit Zwei-Photonen-Fluoreszenz-Anregung gelang 1990 das erste Mal[9].

Der SHG-Effekt wurde direkt nach der Entwicklung des Lasers 1960 beobachtet. Mikroskopisch wurde er 1974 erstmals eingesetzt, zunächst in einem konventionellen Lichtmikroskop ohne Scanning-Technik: Robert Hellwarth und Paul Christensen (University of Southern California, Los Angeles) um die Struktur von Zinkselenid-Polykristallen zu untersuchen[10]. 1978 wurde SHG von J. N. Gannaway und C. J. R. Sheppard erstmals mit einem Scanning-Mikroskop erzeugt. Sie waren somit die ersten, die das erzeugte Signal auf die Fokusebene beschränken konnten. Auch sie untersuchten Kristalle.[11] Die dabei eingesetzten kontinuierlich strahlenden Laser setzen aber im Präparat so viel Energie frei, dass biologische Präparate zerstört werden. Erst mit der Einführung gepulster Laser wurde dieses Problem gelöst, weil nur damit der mittlere Energieeintrag ausreichend gering ist. Ernsthafte biologische Anwendungen gibt es etwa seit 2000, beispielsweise die Untersuchung von Kollagen. [6]

Seit 1990

Die Vorteile eines Multiphotonenmikroskops, speziell die hohe Eindringtiefe, kommen besonders in Geweben zu tragen, bei denen strukturelle Unterschiede zwischen den oberen und den tieferen Gewebeschichten vorliegen: die tieferen Gewebeschichten sind für andere Arten der Mikroskopie nicht bzw. nur in fixierten, geschnittenen Präparaten zugänglich. Dortige Vorgänge können daher in lebenden Organen nicht anders beobachtet werden. Beispiele sind Lebenduntersuchungen in verschiedenen Hirnschichten [12], die Beobachtung von verschiedenen Zellen des Immunsystems in Lymphknoten[13][14], Untersuchungen, wie Tumorzellen in benachbarte Gewebe eindringen können[15], und Untersuchungen an Muskelzellen im intakten Herzen[16]. In den genannten Beispielen wurde jeweils Zwei-Photonen-Fluoreszenz und teilweise zusätzlich SHG eingesetzt.

Während die Beobachtung von Fluoreszenz in flachen Präparaten (einzelne Zellen, Gewebeschnitte) auch gut in normalen Fluoreszenzmikroskopen oder in konfokalen Laserscanningmikroskopen stattfinden kann, ist HHG ausschließlich mit einem Multiphotonenmikroskop möglich. Neben den bereits erwähnten Kollagenfasern und Muskelmyosin führen auch Stärke und in schwächerem Maße Cellulose zu SHG[5]. Daneben ist es möglich, spezifische Farbstoffe einzusetzen, die SHG hervorrufen und beispielsweise Biomembranen anfärben[5]. Kommen zwei derartig markierte Membranen zusammen, so geht das SHG-Signal verloren, da plötzlich eine Centrosymmetrie auftritt. Dieser Vorgang kann daher sehr empfindlich festgestellt werden. [17]

Weblinks

Englische Weblinks:

Einzelnachweise

  1. Theer P, Hasan MT, Denk W: Two-photon imaging to a depth of 1000 microm in living brains by use of a Ti:Al2O3 regenerative amplifier. In: Opt Lett. 28. Jahrgang, Nr. 12, Juni 2003, S. 1022–4, PMID 12836766 (opticsinfobase.org).
  2. a b c d e f Diaspro A, Bianchini P, Vicidomini G, Faretta M, Ramoino P, Usai C: Multi-photon excitation microscopy. In: Biomed Eng Online. 5. Jahrgang, 2006, S. 36, doi:10.1186/1475-925X-5-36, PMID 16756664, PMC 1550243 (freier Volltext).
  3. a b c d Denk W, Piston DW, Webb WW: Multi-Photon Molecular Excitation in Laser-Scanning Microscopy. In: Handbook of biological Confocal Microscopy. 3rd edition. Editor: Pawley JB. Springer Science+Business Media, LLC, New York, NY. ISBN 987-0387-25921-5
  4. Datenblatt des Chameleon Ultra II der Firma Coherent.
  5. a b c d Friedl P, Wolf K, von Andrian UH, Harms G: Biological second and third harmonic generation microscopy. In: Curr Protoc Cell Biol. Chapter 4. Jahrgang, März 2007, S. Unit 4.15, doi:10.1002/0471143030.cb0415s34, PMID 18228516. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „pmid18228516“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  6. a b c d e f Cox G, Kable E: Second-harmonic imaging of collagen. In: Methods Mol. Biol. 319. Jahrgang, 2006, S. 15–35, PMID 16719349. ISBN 978-1-58829-157-8. Als kostenloses Sample hier
  7. a b c d Guy Cox: Optical Imaging Techniques in Cell Biologiy. CRC Press, Taylor & Francis Group, Boca Raton, FL 2007, ISBN 978-0-8493-3919-6, Chapter 8: Nonlinear Microscopy, S. 101–114.
  8. Göppert-Mayer M: Über Elementarakte mit zwei Quantensprüngen. In: Ann Phys. 9. Jahrgang, 1931, S. 273–95, doi:10.1002/andp.19314010303 (wiley.com).
  9. Denk W, Strickler JH, Webb WW: Two-photon laser scanning fluorescence microscopy. In: Science (journal). 248. Jahrgang, Nr. 4951, April 1990, S. 73–6, PMID 2321027 (sciencemag.org).
  10. Hellwarth R, Christensen P: Nonlinear optical microscopic examination of structure in polycrystalline ZnSe. In: Optics Communications. 12. Jahrgang, Nr. 3, November 1974, S. 318–322, doi:10.1016/0030-4018(74)90024-8 (sciencedirect.com).
  11. Gannaway JN, Sheppard CJR: Second-harmonic imaging in the scanning optical microscope. In: Optical and Quantum Electronics. 10. Jahrgang, Nr. 5, September 1978, S. 318–322, doi:10.1007/BF00620308 (springerlink.com).
  12. Svoboda K, Yasuda R: Principles of two-photon excitation microscopy and its applications to neuroscience. In: Neuron. 50. Jahrgang, Nr. 6, Juni 2006, S. 823–39, doi:10.1016/j.neuron.2006.05.019, PMID 16772166.
  13. Sumen C, Mempel TR, Mazo IB, von Andrian UH: Intravital microscopy: visualizing immunity in context. In: Immunity. 21. Jahrgang, Nr. 3, September 2004, S. 315–29, doi:10.1016/j.immuni.2004.08.006, PMID 15357943.
  14. Friedl P, den Boer AT, Gunzer M: Tuning immune responses: diversity and adaptation of the immunological synapse. In: Nat. Rev. Immunol. 5. Jahrgang, Nr. 7, Juli 2005, S. 532–45, doi:10.1038/nri1647, PMID 15999094.
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