Amerikanischer Löwe

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Amerikanischer Löwe

Lebendrekonstruktion eines Amerikanischen Löwen

Zeitliches Auftreten
Oberes Pleistozän
ca. 200.000 bis 12.000 Jahre
Fundorte
Systematik
Raubtiere (Carnivora)
Katzenartige (Feloidea)
Katzen (Felidae)
Großkatzen (Pantherinae)
Eigentliche Großkatzen (Panthera)
Amerikanischer Löwe
Wissenschaftlicher Name
Panthera atrox
Leidy, 1853

Der Amerikanische Löwe (Panthera atrox, häufig auch als Unterart Panthera leo atrox des Löwen) ist eine ausgestorbene Großkatzenart aus dem Oberen Pleistozän Amerikas.

Aussehen und Merkmale

Der Amerikanische Löwe zählte gemeinsam mit dem Mosbacher Löwen (Panthera leo fossilis) zu den größten Verwandten des Löwen (Panthera leo) und übertraf heutige Vertreter der Art um etwa 25 % in der Körperlänge.[1] Damit erreichten die schätzungsweise bis zu 2,5 m (ohne Schwanz) langen Tiere[2] die Ausmaße eines Sibirischen Tigers.

Wahrscheinlich hatte der Amerikanische Löwe, ähnlich wie heutige Löwen, ein einfarbiges Fell. Es ist nicht bekannt, ob die Männchen dieser Art eine ebenso stattliche Mähne wie die meisten heutigen Löwen besaßen, denn auf Höhlenmalereien, die den nahe verwandten eurasischen Höhlenlöwen zeigen, sind stets Löwen ohne Mähne zu sehen. Es ist möglich, dass es sich hierbei um Weibchen handelt, es ist jedoch wahrscheinlicher, dass männliche Höhlenlöwen keine oder nur eine schwach ausgeprägte Mähne besaßen. Unklar ist, ob dies auch für den Amerikanischen Löwen anzunehmen ist.

Geographische und zeitliche Verbreitung

Panthera atrox war nicht nur in Nordamerika verbreitet, sondern auch in den nördlichen Teilen Südamerikas. Man fand seine Überreste von Kanada im Norden bis nach Peru im Süden. In Alaska war stattdessen der eurasische Höhlenlöwe verbreitet. Eine große Anzahl von Fossilien des Amerikanischen Löwen wurden in den berühmten Teer-Gruben bei Los Angeles (Rancho La Brea) gefunden.

Am Ende des Pleistozäns starb der Amerikanische Löwe im Zuge einer quartären Aussterbewelle zusammen mit etlichen anderen Großtierarten Amerikas aus, wobei die jüngsten gesicherten Nachweise aus Edmonton (11.400 14C-Jahre B.P.) und Idaho (11.900 14C-Jahre B.P.) stammen.[3]

Nahrung und Feinde

Zur Zeit des Amerikanischen Löwen lebten viele Tierarten, die heute ausgestorben sind. So fand er zu seiner Zeit ein weit größeres Beutespektrum vor, als es heute in Amerika der Fall wäre. Ausgewachsene Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius), Amerikanische Mastodons und Präriemammuts (Mammuthus colombi) waren sicher als potentielle Beutetiere zu groß. Ihre Kälber könnten ihm aber sehr wohl gelegentlich zum Opfer gefallen sein. Zu den Arten, die als potentielle Hauptbeutetiere in Frage kommen, zählen neben Bisons und Hirschen, die noch heute in Nordamerika leben, vor allem die ausgestorbenen Pferde (Equus), Westkamele (Camelops hesternus) und Buschochsen (Euceratherium). Für seine Fähigkeit, große Wildrinder zu erlegen, gibt es deutliche Hinweise: In Blue Babe, der 35.000 Jahre alten Mumie eines Steppenbisons (Bos priscus), die 1979 in Alaska, nördlich von Fairbanks gefunden wurde, steckte ein Stück vom Zahn eines Löwen. Darüber hinaus befanden sich Kratzer auf der Haut des Tieres, die nur von einer großen Katze stammen können. Am Maul entdeckte man die Abdrücke des typischen Tötungsbisses, wie Großkatzen ihn oft bei großen Beutetieren anwenden.

Im Eiszeitalter gab es neben dem Amerikanischen Löwen noch weitere große, inzwischen ausgestorbene Raubtiere in Amerika. Diese Tiere waren teilweise selbst für den großen Amerikanischen Löwen eine Konkurrenz. Er musste seine Beute gegen Säbelzahnkatzen, riesige Kurzschnauzenbären (Arctodos simus) und kaltzeitliche Wildhunde (Canis dirus), nahe Verwandte des heutigen Wolfes, verteidigen. Darum wird angenommen, dass der Amerikanische Löwe, genau wie heutige Löwen, im Rudel lebte. Gegen diese Auffassung sprechen jedoch die Funde, die bei La Brea in Los Angeles gemacht wurden. Anhand der Fossilien lässt sich ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis nachweisen, wie es bei den rezenten Rudellöwen nicht vorkommt.[1]

Systematik

Der Amerikanische Löwe entwickelte sich wahrscheinlich aus dem eurasischen Höhlenlöwen, nachdem dieser während des Eiszeitalters die Beringbrücke von Asien her kommend überquert hatte. Beide stellen vermutlich eng verwandte Arten des rezent lebenden Löwen und des Leoparden (P. pardus) dar. Diese enge Verwandtschaft, aber auch die eigenständige systematische Stellung innerhalb der Löwen-Systematik wurden durch genetische Analysen fossiler DNA bestätigt. Amerikanische Löwen und Eurasische Löwen bilden demnach zwei relativ nah verwandte Formen innerhalb einer deutlich unterscheidbaren Gruppe, die allen heutigen Löwen gegenübersteht. Die Löwen Beringias, die in dem untergegangenen Land zwischen dem Nordwesten Nordamerikas und Ostsibiriens lebten, entsprechen genetisch den Eurasischen Höhlenlöwen und unterscheiden sich von Amerikanischen Löwen. Diese Trennung erfolgte offenbar während der vorletzten Kaltzeit vor etwa 200.000 Jahren, als ein gewaltiger Eisschild die Steppen Beringias von den Lebensräumen des südlicheren Nordamerika trennte. Der genetische Austausch zwischen den Höhlenlöwen Alaskas und den weiter südlich lebenden Amerikanischen Löwen war auch während der letzten Warmzeit, als dieser Eisschild verschwunden war, gering.[3]

Systematik der Großkatzen nach Tseng et al. 2013[4]

Vorlage:Clade

Bestätigt wurde die eigenständige Art sowie die nahe Verwandtschaft zum Löwen und Leoparden auch durch phylogenetische Untersuchungen im Rahmen der Erstbeschreibung des Panthera zdanskyi 2011[5] und des Panthera blytheae 2013,[4] Beide Systematiken unterscheiden sich vor allem bezüglich der Position des Tigers sowie der fossilen Art Panthera palaeosinensis an der Basis des Stammbaums, stimmen jedoch bezüglich der Eigenständigkeit des Amerikanischen Löwen und des Höhlenlöwen überein.

Literatur

  • Alan Turner: The big cats and their fossil relatives. Columbia University Press, New York NY 1997, ISBN 0-231-10229-1.
  • Barry Cox: Dinosaurier und andere Tiere der Vorzeit. Die grosse Enzyklopädie der prähistorischen Tierwelt. Gondrom, Bindlach 1989, ISBN 3-8112-1138-2.
  • Miles Barton: Wildes Amerika. Zeugen der Eiszeit. Vgs, Köln 2003, ISBN 3-8025-1558-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b „Panthera leo“ (On-line) In: Digital Morphology, 12. Mai 2006
  2. Paul S. Martin: Quaternary Extinctions. The University of Arizona Press, 1984. ISBN 0-8165-1100-4
  3. a b R. Barnett, B. Shapiro, I. Barnes, S. Y. Ho, J. Burger, N. Yamaguchi, T. F. Higham, H. T. Wheeler, W. Rosendahl, A. V. Sher, M. Sotnikova, T. Kuznetsova, G. F. Baryshnikov, L. D. Martin, C. R. Harington, J. A. Burns, A. Cooper: Phylogeography of lions (Panthera leo ssp.) reveals three distinct taxa and a late Pleistocene reduction in genetic diversity. In: Molecular ecology. Band 18, Nummer 8, April 2009, ISSN 1365-294X, S. 1668–1677, doi:10.1111/j.1365-294X.2009.04134.x, PMID 19302360.
  4. a b Z. Jack Tseng, Xiaoming Wang, Graham J. Slater, Gary T. Takeuchi, Qiang Li, Juan Liu, Guangpu Xie: Himalayan fossils of the oldest known pantherine establish ancient origin of big cats. Proceedings of the Royal Society B - Biological Sciencesvol. 281 no. 1774 20132686, November 2013. doi:10.1098/rspb.2013.2686
  5. Ji H. Mazák, Per Christiansen and Andrew C. Kitchener: Oldest Known Pantherine Skull and Evolution of the Tiger. In: PLoS ONE. 6. Jahrgang, Nr. 10, 2011, S. e25483, doi:10.1371/journal.pone.0025483 (plosone.org).