Antonomasie

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Die Antonomasie (griech. andere Benennung) ist ein Tropus − genauer eine Art der Metonymie −, bei der man an die Stelle eines Eigennamens eine bezeichnende Eigenschaft oder eine Apposition setzt.

Beschreibung

Antonomasien sind heute vor allem im Journalismus gebräuchlich, um Abwechslung in einen Text zu bringen, wenn der Name einer Person sonst zu häufig vorkommen müsste. Diese Art der Periphrase ist eine Alternative zur (wiederholten) Verwendung von Personalpronomen.[1] In verschiedenen Ressorts wie Feuilleton und Sportjournalismus[1] haben sich spezifische Antonomasie-Vorlieben herausgebildet. Dabei wird oft zu wenig beachtet, dass der Informationsgehalt einer Antonomasie die Aussage eines Satzes erheblich stören kann.

Antonomasien können nicht nur als Synonyme für Personen, sondern auch für Städte, Länder oder Gegenstände verwendet werden.

Beispiele

Klassische Beispiele für Antonomasien sind „der Sohn der Aphrodite“ statt Eros, „der Beherrscher des Meeres“ statt Neptun und „der Schöpfer der Welt“ statt Gott. Beispiele aus dem modernen Journalismus sind „der frühere Bundeskanzler“ statt Helmut Kohl und „der Kerpener“ statt Michael Schumacher.

An einem fiktiven Pressebericht über Gerhard Schröder versuchte Bastian Sick zu demonstrieren, dass die Häufung von Antonomasien, wie sie im Sportjournalismus zu beobachten ist, im Politikteil einer Zeitung eher unpassend wäre:

„Zum Auftakt der Konferenz stellte sich der 60-jährige SPD-Star den Fragen der Presse. ‚Ich bin sehr zuversichtlich‘, so der Hannoveraner, ‚dass das, was wir uns vorgenommen haben, in seiner Machbarkeit auch umsetzbar ist.‘ Der Profi-Politiker, der zurzeit mit einer Reform-Verstauchung zu kämpfen hat, wird auch 2006 wieder an den Start gehen. ‚Joschka und ich sind uns einig, und Doris ist auch dafür‘, verriet der zweimalige Wahlgewinner von 1998 und 2002.“[1]

Varianten

Die klassische Antonomasie, wie sie etwa bereits bei Homer vielfach vorkommt, verwendet schmückende Beiworte (epitheta ornantia), die sonst als Ergänzung zu einem Namen vorkommen könnten, als Ersatz dieses Namens.[2] Statt Zeus, der olympische Herr der Blitze, kann es etwa heißen:

„Auch der olympische Herr der Blitze begab sich zum Lager, wo er schon immer ruhte, ergriff ihn köstlicher Schlummer.“

Homer: Ilias, I[2]

Eine Vossianische Antonomasie[3] ist dagegen eine erst in der Neuzeit als Spezialform der Antonomasie betrachtete Trope, bei der umgekehrt ein Eigenname eine Gattungsbezeichnung ersetzt,[4] etwa Shakespeare für Dichter (oder großer Dichter). Dieser mit der Synekdoche verwandte Gebrauch reduziert eine eigentlich gemeinte charakteristische Eigenschaft, Funktion oder Sache auf deren allgemein bekannten Repräsentanten.[4] Dabei muss klar sein, dass jemand beispielsweise als Verräter bezeichnet werden soll, wenn er „Judas“ genannt wird.

Teilweise kam die Figur der Vossianischen Antonomasie schon in der Antike vor. So nannte der Stoiker Panaitios von Rhodos Platon den „Homer der Philosophie“, der römische Kaiser Severus Alexander bezeichnete Vergil als den „Platon der Dichter“.

Siehe auch

Literatur

  • Frank Fischer, Joseph Wälzholz: Jeder kann Napoleon sein. Wovon reden wir, wenn wir vom Justin Bieber der CDU reden? Von einer Vossianischen Antonomasie. Eine Stilkunde. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 21. Dezember 2014, Seite 34

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Bastian Sick: Die Sucht nach Synonymen. In: Kolumnen.de, 25. Juli 2006.
  2. a b Beispiel Metonymie. In: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe online, abgerufen am 14. Dezember 2010.
  3. Verzeichnis der grammatikalischen Fachbegriffe. Ein Glossar zu Grammatik, Stilistik und Linguistik. In: Menge.net, abgerufen am 14. Dezember 2010.
  4. a b Metonymie (mit Antonomasie). In: Literaturwissenschaftliche Grundbegriffe online, abgerufen am 14. Dezember 2010.