Benutzer:Andras Corvi/Bonsai

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Chinesischer Penjin, Form: Sekijōju

Bonsai/? (jap. 盆栽) ist die japanische Ausprägung einer alten fernöstlichen Art der Gartenkunst, bei der Sträucher und Bäume in kleinen Gefäßen oder auch im Freiland zur Wuchsbegrenzung gezogen und ästhetisch durchgeformt werden. Ursprünglich entstanden ist diese Kunstform wahrscheinlich in China, wo sie als Penjing weiterlebt. Eine weitere Variante sind die Miniatur-Wohnlandschaften der vietnamesischen Hòn Non Bộ. Eigenständige Traditionen, die meist auch als Bonsai bezeichnet werden, gibt es im indonesischen Raum, zum Beispiel auf Bali. Im Westen entwickeln sich Spielarten, die vor allem auf dem Einbezug einheimischer Arten (Olivenbäume in Italien und Spanien, Ponderosa-Kiefern in den USA) beruhen.

Begriffsbestimmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das japanische Wort bonsai (盆栽, dt. „Anpflanzung in der Schale“) geht zurück auf den chinesischen Begriff 盆栽 penzai. So wurde ein Aspekt innerhalb der Kunstform der penjin genannt (chinesisch 盆景, Pinyin pénjĭng – „Landschaft in der Schale“ (, pén – „Schale“, , jĭng – „Landschaft, Szene“)). Das Wort bonsai besteht aus den beiden Wörtern bon „Schale“ und sai „Pflanze“.

Nach altem chinesischen Verständnis ist Penjin die Kunst, eine Harmonie zwischen den Naturelementen, der belebten Natur und dem Menschen in miniaturisierter Form darzustellen: Die belebte Natur wird hierbei meist durch einen Baum dargestellt. Die Naturkräfte vertritt – nach einem anderen Ausdruck für Landschaft 山水, shānshuĭ – „(wörtlich) Berg und Wasser“ – ein Stein und feiner Kies (der traditionell in Gärten Wasser symbolisiert). Der Mensch wird in Form seines Werks, einer Pflanzschale, dargestellt. Nur der Einklang dieser drei Elemente macht einen gelungenen Penjin aus. Unterschieden werden:

  • shumu penjing, Baum-Penjin. Hier steht ein einzelner Baum oder eine kleine Gruppe ohne weitere Elemente in einer Schale.
  • shanshui penjing, Landschafts-Penjin. Der Baum kann hier eine Nebenrolle spielen, wichtig ist die Darstellung einer Miniaturlandschaft, meist aus natürlich geformten Steinen, die zusätzlich mit Krautpflanzen oder Moos ausgestaltet wird.
  • shuihan penjing, Wasser und Land-Penjin. Mit Sand wird hier zusätzlich ein Wasserlauf, eine Teich- oder Seeoberfläche dargestellt. Häufig sind auch Felslandschaften, die auf flachen Tabletts stehen, welche mit Wasser gefüllt werden.

Penzai entsprechen nur teilweise shumu penjing, wie ohnehin die Grenzen dieser Begriffe fließend sind. So kann die Abbildung ganz oben im Artikel durchaus als penzai, aber auch als shanshui penjin bezeichnet werden, da der Stein als Felskuppe interpretiert werden kann.

In Japan verlegte sich der Schwerpunkt von Landschaftsgestaltungen ganz auf die Baumgestaltung; es existiert zwar der Begriff saikei, der Miniaturlandschaften mit kleinen Holzpflanzen bezeichnet, diese haben aber keineswegs den Stellenwert der chinesischen Penjin. Es werden auch Gartenbäume nach den formalen Kriterien von Bonsai gestaltet.

Der Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Bonsai-Baum ist ein in einem Pflanzgefäß gezogenes Bäumchen, das durch Kulturmaßnahmen (Formschnitt, Wurzelschnitt, Blattschnitt, Drahtung) klein gehalten wird und in künstlerischer Gestaltung in eine gewünschte Wuchsform gebracht wird. Diese folgt den Prinzipien des Wabi und Sabi der Zen-Kultur und den – teils konfuzianisch, teils taoistisch beeinflussten – Baumdarstellungen der klassischen chinesischen Malerei. In Japan werden Bonsai im Garten oder in der Tokonoma, einer gestalterisch hervorgehobenen Nische im Zimmer aufgestellt. Bonsaibäume können bei guter Pflege viele hundert Jahre alt und sehr wertvoll werden. Im Westen wird unter Bonsai im Allgemeinen nur der Bonsai-Baum verstanden. Bonsai, in Japan eingebettet in eine Natur- und Weltanschauung wird damit auf Formales und Ästhetisches reduziert. Der kulturelle Hintergrund der japanischen Vorbilder wird zwar wahrgenommen und unterschiedlich stark reflektiert, spielt aber insgesamt eine untergeordnete Rolle.

Gehölzarten für Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roter Fächerahorn

Für Bonsai eignen sich alle verholzenden, kleinblättrigen beziehungsweise kleinnadligen Baum- und Straucharten gut.

Traditionell werden in Japan Kiefern (beispielsweise Mädchen-Kiefer), Wacholder, Ahorne (Dreispitz-Ahorn, Acer buergerianum, und Fächer-Ahorn, Acer palmatum), asiatische Ulmenarten (besonders die Chinesische Ulme, Ulmus parviflora), Azaleen, Fruchtbäume wie Kulturapfel oder Japanische Aprikose (Prunus mume) verwendet.

In unseren Breiten verwendet man vorwiegend einheimische Gehölze, die an unser Klima angepasst sind, aber auch winterharte Pflanzen aus Japan und anderen Ländern. Beliebt sind kleinblättrige Ahornarten – unter ihnen die rotblättrigen japanischen Ahornsorten – sowie Kiefern, Fichten, Buchen und Wacholder. Allerdings werden einheimische Bonsai, besonders kleinere, vor starken Frösten geschützt, indem sie beispielsweise im Boden eingesenkt oder mit einer Mulchschicht bedeckt werden. Das liegt daran, dass der Schaleninhalt durchfrieren kann, während Bäume in der Natur nur sehr selten in wirklich gefrorenem Boden stehen.

Im Zuge der Verbreitung der Bonsaikultur im westlichen Kulturkreis wurden die Bonsaitechniken auch auf verholzende Zimmerpflanzen (englisch indoor plants) übertragen, sodass heute zwischen Indoor und Outdoor unterschieden wird. Die Kultur von Indoors ist problematisch, da man ihnen die dringend benötigten Lebensbedingungen (durchgehend 2000–3000 Lux 12 Stunden am Tag, Luftfeuchte bei 70–90 Prozent bei einer Temperatur von etwa 15–30 °C) in normalen Haushalten kaum bieten kann und die Pflanzen folglich kränkeln oder eingehen. Schwierig ist erfahrungsgemäß die Zimmerkultur des Fukientees (Ehretia, im Handel oft als Carmona-Bonsai bezeichnet) und des Junischnees (Serissa foetida). Einzig kleinblättrige Arten der Gattung Ficus haben sich als so robust und anpassungsfähig erwiesen, dass sie problemlos als Indoor-Bonsai gehalten werden können. Sie gelten heute als die typischen Anfängerpflanzen.

Bonsai können aus Sämlingen, aus Jungpflanzen und aus in der Natur gesammelten Pflanzen (Yamadori) geformt werden. Oft eignen sich auch Baumschulpflanzen oder Containerpflanzen aus dem Gartencenter. Genetisch unterscheiden sich Bonsai-Bäume nicht von gewöhnlichen Pflanzen (weshalb es auch keine Bonsaisamen gibt) – allein durch die Kulturmaßnahmen behält der Bonsai-Baum seine charakteristische Größe.

Findlinge bzw. Yamadori[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben der Vermehrung aus Samen, Stecklingen oder dem Weiterentwickeln von Baumschulpflanzen bietet sich auch das Ausgraben von Bäumen, so genannten Findlingen, an. Besonders wild aussehende Bäume (zum Beispiel aus dem Hochgebirge) werden Yamadori genannt. Ein Übersiedeln eines alten Gewächses kann sich aber aufwändig gestalten und erfordert Erfahrung, jedoch kann diese Art der Rohpflanzengewinnung zu besonders schönen und interessanten Bonsai führen.

Bevor man sich einen Findling aneignet, muss unbedingt die Erlaubnis des Grundeigentümers oder des jeweiligen Besitzers eingeholt werden und allenfalls umweltschutzrechtliche Aspekte geklärt werden. Einen Baum ohne Erlaubnis des Eigentümers oder Besitzers auszugraben ist illegal (Waldfrevel) und kann strafrechtlich und auch zivilrechtlich verfolgt werden. Im Westen sind ökologische Folgen der Yamadori-Suche heute noch vernachlässigbar, in Japan dagegen wurden auf diese Weise über lange Zeit ganze Gebiete geplündert (etwa von Wacholdern).


Stilkunde des Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

(Link jap. Stilrichtungen einbauen) Die asiatischen Stile der Bonsaigestaltung leiten sich aus fast zweitausendjähriger Tradition ab, die heute noch Anwendung finden. Im Laufe des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die heutigen Gestaltungsformen für den Bonsai. Dies gilt jedoch hauptsächlich für japanische Bonsai.

In der europäischen Bonsaigestaltung haben sich nach einer anfänglichen Phase der reinen Adaption japanischer Formsprache allmählich Schwerpunkte gebildet: Neben den Verfechtern einer traditionellen Gestaltungsauffassung hat sich beispielsweise eine „naturalistische Bonsaigestaltung“ entwickelt, in der die Bonsai Bäumen in der freien Natur möglichst ähnlich sehen sollen.[1] Daneben gibt es Gestaltungen, die von chinesischen Penjin beeinflusst sind,[2] vereinzelt auch experimentelle, künstlerisch freie Gestaltungen.[3] In allen Fällen wird der Baum intensiv gestaltet, jedoch mit unterschiedlicher Zielsetzung: Während der japanische Stil hauptsächlich auf die Einhaltung bestimmter formaler Vorgaben abzielt (s.u.), konzentriert sich der naturalistische Stil auf die Gestaltung interessanter naturnaher Formen, künstlerisch freie Arbeiten benutzen den Bonsai dagegen als Gestaltungselement in einem weiteren Zusammenhang.

Miniatur-Bonsai/Mame[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mame-Bonsai sind nur wenige (höchstens 20) Zentimeter groß. Diese Art von Bonsai erfordert langjährige Erfahrung, da es wesentlich schwerer ist, solche Bonsai zu pflegen (Gefahr der Austrocknung, Schwierigkeiten der Gestaltung). Meistens kann man diese Form von Bonsai nicht sehr lange in dieser Größe halten, oft werden sie dann zu grösseren Bonsai weiterentwickelt.

Zu den Gestaltungsrichtlinien für Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für die Bonsaigestaltung existieren unterschiedliche und teils widersprüchliche Ansichten über die einzelnen Stilelemente, welche sich insbesondere auf die Stammform, die Astanordnung, Feinverzweigung und die passende Schale bezieht. Verschiedene Perspektiven in unterschiedlichen Regionen und Epochen sowie zahlreiche Verbände und Vereine führten zu den einzelnen Gestaltungsrichtlinien für Bonsai. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass der überschneidende Punkt der ist, dass ein Bonsai als lebende, dreidimensionale Skulptur entweder wie ein miniaturisierter freiwachsender Baum oder aber eine stilisierte Interpretation eines solchen Baums auf den Betrachter wirkt.

Die einzelnen Gestaltungsrichtlinien für Bonsai spielen häufig bei Wettbewerben und zur finanziellen Wertbestimmung eine große Rolle, wobei hier aber auch die Gesamterscheinung und Individualität des Baumes im Rahmen der Gestaltungsregeln eine große Rolle spielen. Viele exzellente und teure Bonsai weisen nur eine begrenzte Treue zu den strengen Gestaltungsrichtlinien auf und imponieren durch ihre Einzigartigkeit und Komplexität, welche häufig nur auf Kosten der Grundregeln möglich ist. Die Gestaltungsregeln für Bonsai sind in der Fachliteratur sowie bei einigen Verbänden häufig unterschiedlich und werden oft diskutiert.

„Kaufhaus“-Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Kaufhaus“-Bonsai (Chinesischer Liguster (Ligustrum sinense))

Seit einigen Jahren werden auch in Blumengeschäften, Kaufhäusern und Baumärkten Indoor-Bonsai angeboten. Dem niedrigen Preis entsprechend weisen diese Bäume in der Regel starke ästhetische Kompromisse auf, z. B.:

  • Um einen starken Stamm zu erreichen, wurde ein Baumschulbaum gekappt und der oberste Ast als Stamm weitergeführt. Bei billigen Exemplaren ist dies unharmonisch ausgeführt; das Astwerk verbirgt kaum die Schnittstelle.
  • Durch zu seltene Nachführung der Drahtung weisen die Äste Einbuchtungen oder gar Narben auf.
  • Es kommt vor, dass Drähte eingewachsen sind.
  • Häufig fehlen stilistische Aspekte, welche für die ästhetisch-natürliche Gesamterscheinung des Bonsai wichtig sind, wie z. B. eine gut überlegte dreidimensionale Astanordnung sowie das Einhalten von Grundproportionen der einzelnen Äste zur Gesamterscheinung des Baumes. Die verwendeten Schalengrößen weichen häufig von den klassischen Vorgaben, wie z. B. „Schalentiefe ungefähr gleich Stammdurchmesser“ ab, hierdurch kann es passieren, dass der Bonsai bei einer überdimensionierten Schale eher wie eine normale Zimmerpflanze wirkt.
  • Gelegentlich handelt es sich gar nicht um „echte“ Pflanzen, sondern um Nachbildungen.

Schnitt und weitere Gestaltungsmaßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bonsai

Der regelmäßige Schnitt sorgt für einen kompakten Wuchs. Das Entfernen der Pfahlwurzel fördert die Verzweigung des Wurzelballens, sodass sich ein gleichmäßiger Wurzelansatz bildet. Außer durch die traditionelle Methode des „Zurückschneidens und Wachsenlassens“ kann man die Äste auch durch Spanndrähte formen (traditionell wurden Palmfaserschnüre verwendet), neueren Datums ist die Methode der Drahtung. Dazu werden der Stamm, die Äste oder die Zweige (je nachdem, welchen Teil des Baumes man korrigieren möchte) spiralig mit speziellem (eloxierten) Aluminium- oder weichgeglühtem Kupferdraht umwickelt und vorsichtig in Form gebogen.

  • Grundschnitt oder Erhaltungsschnitt, dabei spricht man lediglich vom Zurücknehmen einzelner aus der Gestaltungsform hinauswachsender Triebe.
  • Blattschnitt: Wird besonders in starkwüchsigen Zonen des Baumes angewandt, um die Wachstumsbalance auszugleichen – ein künstlicher Herbst wird vorgetäuscht, die danach hervorsprießenden Triebe weisen meist kleinere Blätter auf; außerdem wird durch die neuen Triebe die Feinverzweigung gefördert. Zum Schutz der Knospe wird dabei in der Blattachse der Stiel stehen gelassen. Beim Austrieb der Knospe fällt der Stiel von alleine ab.
  • Entrinden (auch künstliches Altern genannt) von Stamm- oder Astpartien (in der Fachsprache Shari (für Stammpartien) beziehungsweise Jin (für Aststümpfe) genannt).
  • Anplatten von Ästen oder Zweigen. Vorzugsweise am Stamm der Ausgangspflanze.

Um eine filigrane Verzweigung beziehungsweise eine ausreichende Dichte der Astpolster zu gewährleisten, muss der Baum regelmäßig beschnitten werden. Auch der Standort spielt eine wesentliche Rolle; ein Baum, der an einem zu dunklen Standort aufgestellt wird, wird Langtriebe, die sogenannten Strecktriebe hervorbringen. In den meisten Fällen gibt es kaum Kompromisse in Bezug auf die Lichtbedürfnisse der einzelnen Arten. Wird häufiger wenig geschnitten, wird entsprechend weniger Wachstum angeregt, als wenn seltener, aber dafür mehr geschnitten wird. Der jeweilige Neuaustrieb hängt auch wesentlich von der Jahreszeit ab (Frühjahrestrieb und Junitrieb bei einheimischen Arten). Werden alte Zweige entfernt (man spricht dann vom mehrjährigen Holz), werden besonders sogenannte schlafende Knospen zum Austrieb angeregt, was wiederum eine Erneuerung aus dem Inneren der Baumkrone bewirkt.

Die Schale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kaukasische Zelkoven (Zelkova carpinifolia), auch Japanische Ulmen genannt, in Waldform

Was für das Bild der Rahmen, ist für den Bonsai die Schale. Sie stellt also einen weiteren wesentlichen Bestandteil des Gesamtkunstwerks Bonsai dar, und muss entsprechend zu jedem Baum individuell und sorgfältig ausgesucht werden. In manchen Fällen wird eine Schale auch extra für einen Baum in Handarbeit hergestellt. Für würdevolle alte Kiefern im aufrechten Stil bieten sich beispielsweise rechteckige Schalen in unglasierten Erdtönen an, für blühende oder zart gebaute Bäume würde man eher runde oder ovale Formen in hellen Tönen wählen. Kaskaden und Halbkaskaden wachsen in tieferen Schalen, da sonst das optische Gleichgewicht nicht stimmt und der Baum zu kippen scheint. Für Literatenformen werden oft runde Schalen (sogenannte Trommelschalen) benutzt. Bei der Auswahl der Schale ist zu beachten, dass diese nicht im Mittelpunkt stehen soll, sondern der Bonsai. Eine "zu schöne" oder zu auffällige Schale lenkt von dem Bonsai ab und erfüllt somit nicht ihren Zweck. Ausnahmen bilden die kleinsten Bonsai, Mame: Hier werden mit Vorliebe sehr bunte und auffällige Schalen verwendet.

Pflege[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Vergleich zu anderen Zierpflanzen liegen bei der Bonsaipflege einige Unterschiede vor, welche zur sachgerechten Haltung des Bonsai beachtet werden müssen:

Begrenzter Wurzelraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Da das Wurzelwachstum durch die Bonsaischale begrenzt wird, steht dem Baum nur wenig Raum zur Bildung zusätzlicher Wurzeln zur Verfügung. Um dennoch ausreichend Wachstum zu erhalten, ist wesentlich intensivierte Düngung erforderlich. Falls hierfür anstatt moderner mineralischer Substrate klassische Erdmischungen eingesetzt werden, ist eine der Baumart entsprechende, genau gesteuerte Wasserzufuhr notwendig, da das begrenzte Erdvolumen nur wenig Wasser speichert bzw. übermäßiges Gießen nur begrenzt abgefangen wird, so dass die Gefahr von Wurzelfäule oder düngerbedingter Versalzung der Erdmischung besteht.[4] Daher ist der Einsatz mineralischer Substrate auf dem Vormarsch.

Schädlinge und Krankheiten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Folgen eines Befalls, wie z. B. Blatt- oder Astverluste, fallen aufgrund der Baumgröße und der detaillierten Gestaltung stärker ins Gewicht als bei größeren Pflanzen. Die frühzeitige und fachgerechte Bekämpfung des Befalls ist hier besonders wichtig, wobei Ausfälle z.T. jedoch auch als Gestaltungsmerkmal genutzt werden können.

Aufstellung des Bonsai[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Tokonoma[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zur traditionellen Ausstellungssituation in der Tokonoma gehören: Ein Rollbild im Hintergrund, das den Baum um eine weitere Dimension ergänzt (zu Kiefern passen ruhige Bergmotive, zu Ahornen auch Tierszenen), ein Tischchen oder eine lackierte Baumscheibe sowie eine „Akzentpflanze“, die als Kontrapunkt fungiert und das Thema der Szene vertieft und unterstützt (meist Gras, Bambus, kleinwüchsige Stauden in einem flachen Schälchen). Aus dieser Form der Aufstellung ergibt sich auch die im japanischen Gestaltungsstil erforderliche Wahl einer Vorderseite (Betrachtungsseite) des Bonsais.

Auf der jährlich in Tokio stattfindenden Kokufu-ten, der größten Bonsai-Schau Japans, werden seit 1933 die besten Bäume des Landes prämiert. Schon die Einladung zur Ausstellung gilt als große Ehre.

Europäische Ausstellungssituation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In Europa hingegen werden Bonsai in der Regel nicht in Tokonoma aufgestellt. Eine ausgewählte Vorderseite ist darum oft weniger wichtig, ebenso die in Japan häufigen Begleitdekorationen (sogenannte Beisteller, kleine Figuren und Rollbilder). Ähnlich wie in chinesischen und japanischen Gärten werden auch Bäume gestaltet, die von allen Seiten betrachtet werden können. In vielen Ausstellungen dominiert aber nach wie vor ein traditionelles Schema, die Bäume werden auf längs aneinandergereihten Tischen vor Stellwänden präsentiert.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die heute bekannten Bonsai sind häufig im japanischen Stil gestaltet, der sich Anfang des 20. Jahrhunderts herausbildete. Doch die Bonsaikunst ist viel älter und entstammt der Gartenkunst des Kaiserreiches China.

China[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Höfische Gesellschaft der Ming-Zeit, mit Penjing im Vordergrund

In der frühen Han-Dynastie (206–220 n. Chr.) wurden bereits künstliche Landschaften mit Seen, Inseln und bizarren Felsformationen in Palastgärten der Kaiser nachgestaltet, auch die Topfpflanzen-Kultur war bereits bekannt. Der Mythologie nach lebte in dieser Zeit der Zauberer Jiang-Feng, der die Fähigkeit besaß, ganze Landschaften mit Felsen, Wasser, Bäumen, Tieren und Menschen verkleinert auf ein Tablett zaubern zu können. In dieser Zeit entstand offenbar die Kunst des Penjing – auch wenn einige der Bäume zwei und mehr Meter hoch waren und in großen Schalen im Garten gepflegt wurden.

In der Tang-Dynastie (618–907) findet sich die älteste bekannte Darstellung eines Penjing, einer Miniaturlandschaft mit grazilen Bäumchen und Felsen, in den Grabkammern des Prinzen Zhang Huai. Diese Epoche galt als sehr kunstsinnig, Poeten und Maler wandten sich insbesondere der Natur zu.

Die Song-Dynastie (960–1279) brachte die Penjing-Kultur zu einer ersten Blüte. Als besonders beliebt galten nun knorrige Bäume, vor allem Kiefern, die aus Baumwurzeln gezogen wurden. Parallel dazu bildete sich die Kunst des Suiseki heraus, das ohne Bäume auskommt und schön geformte Steine auf wassergefüllten Tabletts platziert. So werden Eindrücke von Küstenlinien oder dramatischen Felslandschaften im Hochgebirge hervorgerufen. Das zeitgenössische Buch Yunlin Shipu zählt 116 Steinarten auf, die zur Gestaltung verwendet werden können.

In der Yuan-Dynastie (1280–1368) waren Miniatur-Penjing besonders beliebt. Der Grundsatz, „im Kleinen zugleich das Große“ zu erblicken (He-Nian, ein Dichter, verfasste eine Reihe Gedichte über die „winzigen“ Penjing des Mönches Yun Shangren, daraus das Zitat), wurde in den darauffolgenden Jahrhunderten zu einem wichtigen Leitsatz.

Seit Ende der Ming-Dynastie (1368–1644) werden Einzelbäume und Schalenlandschaften vermutlich erstmals als penjing bezeichnet. In dieser Zeit wurde eine Reihe von Büchern verfasst. Die damals sehr populäre chinesische Landschaftsmalerei gab der Penjing-Kunst neue Impulse. Man bezeichnete sie als „dreidimensionale Gemälde“, „stumme Gedichte“ oder „lebende Skulpturen“, meist waren sie etwa einen halben Meter groß, so dass sie noch auf einem Teetischchen platziert werden konnten – dann galten sie als besonders kostbar.

In der Qing-Dynastie (1644–1911) drangen Bonsai allmählich in die vornehmen Familien des Landes vor, die nicht selten einen eigenen Penjing-Gärtner anstellten. In Suzhou fand alljährlich ein Wettbewerb um die schönsten Bäume des Landes statt. Dabei zeigte sich, dass die unterschiedlichen Regionen verschiedene Stilrichtungen entwickelt hatten:

Japan[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Roter Fächerahorn

Im 10./11. Jahrhundert brachten buddhistische Mönche die Bonsaikunst nach Japan. Dort entwickelte sich der Bonsai-Stil lange Zeit parallel zu China.

In der Edo-Zeit erfuhr die Mode der Topfkultivierung von Pflanzen und Bäumen einen starken Aufschwung, nicht zuletzt durch das Vorbild des damaligen Shogun Tokugawa Iemitsu. Damals sammelte man vor allem Pflanzen, deren Blüten und Blätter auffällige Mutationen hervorgebracht hatten und so in der Natur nicht vorkamen. Viele dieser Bäume wiesen Krümmungen und Biegungen auf, die heute unnatürlich erscheinen („Oktopus-Stil“, einige Exemplare aus Iemitsus Sammlung sind bis heute erhalten). Diese seltenen Pflanzen wurden bald zu Spekulationsobjekten, ganz ähnlich wie beim holländischen Tulpenfieber.

Gegen Ende der Edo-Periode kam das Shogunat ins Wanken. Vor allem die Bunjin (jap. 文人, chin. wenren „Mann des Wortes“, wird aber meist mit „Literat“ übersetzt) taten sich von Kyōto und Ōsaka aus als Organisatoren von Demonstrationen und anderen anti-monarchistischen Aktionen hervor. Sie wandten sich auch gegen die sehr artifizielle Bonsai-Kultur dieser Zeit, und aufgrund ihrer Beschäftigung mit chinesischer Malerei und Literatur fanden sie zu einem neuen Stil, den Bunjingi (Der Name ist in Anlehnung an den „Literaten-Stil“ der chinesischen Kunst entstanden). Sie bevorzugten heimische Arten wie Kiefern und Ahorne und nahmen die Natur zum Vorbild für ihre Gestaltungen. In der damaligen kunsttheoretischen Literatur (beispielsweise im chinesischen Senfkorngarten, im Yuo Hikusai-gafu und im Kaishi-en-kaden) wurden die heute bekannten Stilformen wie Kengai und Chokkan bereits formuliert. Besonders in der Kaiserstadt Kyōto und in Ōsaka war der Stil bei Gelehrten sehr beliebt, und galt als antinational und avantgardistisch.

Während die Herrschenden eine Politik der Isolierung betrieben und eine Reise nach China bei Todesstrafe verboten war, formten sich die japanischen Gelehrten ihr eigenes kleines China aus Felssteinen und Pflanzen nach. Dabei wurden die Bäume immer stärker zum Ausdruck ihrer Vorstellung von einem Leben, in dem man seine Ideale kompromisslos verwirklichen kann.

Anfang der Meiji-Zeit entdeckte auch die Tokioter Oberschicht ihre Liebe zum Bonsai. Das Gestaltungsideal war jedoch nicht länger die Form natürlich wachsender Bäume, sondern ihre Nähe zur chinesischen Malerei. Bonsai wurden in Teehäusern ausgestellt und erreichten allmählich auch die unteren Schichten der Bevölkerung. Nach dem Sieg im Krieg gegen China und Russland verkörperten sie wieder den Geist des Revolutionären in einem Klima des von oben verordneten Nationalismus und avancierte endgültig zur Kunstform, die auch auf Ausstellungen gezeigt wurde. Man wollte „ein Kunstwerk schaffen, das natürlicher als die Natur selbst ist, wobei stets die Schönheit der Natur als Vorbild dient“. Gegen Ende der Meiji-Zeit formte sich das noch heute gültige Gestaltungsideal aus, wonach Bunjingi einen hohen, geschwungenen Stamm und wenig Äste aufweisen sollen.

1867 stellte Japan auf der Weltausstellung in Paris erstmals Bonsai einer westlichen Öffentlichkeit vor.

Nach dem Zweiten Weltkrieg verbreitete sich Bonsai als Hobby in der ganzen Welt.

Die Werkzeuge[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bonsai-Werkzeugkoffer

Zur Gestaltung und Formerhaltung bei Bonsai sind im Laufe der Zeit eine Vielzahl an spezialisierten Werkzeugen entstanden. Die gebräuchlichsten sind:

  • Abmoosscheiben: werden z. B. mit feuchtem Sphagnum-Moos gefüllt und zum Abmoosen verwendet
  • Astsäge: zum Entfernen größerer Äste, etwa bei frisch ausgegrabenen Yamadori
  • Blattschneider: für Schnittarbeiten an feinen Zweigen sowie Triebspitzen (Pinzieren) sowie für den Blattschnitt
  • Bonsai-Besen: für die Bearbeitung der Erdoberfläche (z. B. nach dem Umtopfen)
  • Breite Schere: für Formschnitt (Silhouette) und kleinere Äste
  • Drahtschneider: zum stückweisen Entfernen des Drahtes an eingedrahteten Astpartien
  • Drahtzange: zum besseren Fügen besonders starker Drähte
  • Erdschaufel: in verschiedenen Größen und teils mit eingebautem Sieb (wodurch zu feine Bestandteile, die die Durchlüftung des Substrates behindern könnten, ausgesiebt werden); dient dem punktuellen Befüllen der Bonsaischale beim Umtopfen
  • Holz- bzw. Bambusstab: zum Einbringen und Verfestigen der Erde beim Eintopfen. Damit wird sichergestellt, dass keine Hohlräume beim Eintopfen des Baumes entstehen
  • Jinzange: zum Abziehen der Rinde bei Jin-/Shari-Gestaltung (künstliches Altern) oder auch zum Abwickeln von Draht
  • Jinmesser: zum Einritzen der Rinde, welche dann mit der Jinzange abgezogen werden kann.
  • Konkavzange: zum Schneiden stärkerer Äste. Durch die Wölbung der Schneiden hinterlässt sie einen konkaven Schnitt, der Kallus (Wundgewebe) kann die Schnittstelle besser überwallen.
  • Knospenzange: auch runde Konkavzange genannt, hat dieselbe Funktion wie eine Konkavzange, eignet sich jedoch besser, wenn nur unter einem ungünstigen Schnittwinkel geschnitten werden kann.
  • Schmale Schere: wegen des langen schmalen Halses für feine Schneidarbeiten, z. B. junge Triebe im Inneren der Krone
  • Sichelmesser: kann zum Lösen des Erdballens vom Schalenrand bei Umtopfarbeiten benutzt werden
  • Spaltzange: zum Ausbrechen von Ast- und Stammpartien
  • Wurzelhaken bzw. -kralle: dient zum Lösen bzw. Zerlegen des Wurzelballens beim Umtopfen. Durch das Lösen des Ballens können die Wurzeln besser in die Länge gezogen und danach eingekürzt werden. Auch kann damit der Wurzelbereich direkt unter dem Stamm gelöst und später die frische Erde besser eingebracht werden
  • Wurzelzange: zum Schneiden von (dickeren) Wurzeln.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Benz/Lesniewicz: Chinesische Bonsai, Penjing, Blv Verlagsgesellschaft, 1994, ISBN 3-405-14447-7
  • Werner M. Busch: Bonsai aus heimischen Bäumen und Sträuchern, BLV Verlagsgesellschaft mbH, ISBN 3-405-14455-8
  • Werner M. Busch/Achim R. Strecker: Bonsai – Gestalten mit heimischen Gehölzen. Ein Praxishandbuch für Einsteiger und Fortgeschrittene, Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2014, ISBN 978-3-494-01560-6
  • Red Canzian: Bonsai, Unipart Verlag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8122-3394-0
  • Horst Daute: Bonsai, Blv Verlagsges. mbH, München 1999, ISBN 3-405-15338-7
  • Bernd-Michael Klagemann: Bonsai – Harmonie zwischen Mensch und Natur, bioverlag gesundleben, Hopferau 1983, ISBN 3-922434-89-4
  • Lesniewicz/Zhimin: Penjing, Miniaturbäume aus China, Heidelberg 1986
  • John Yoshio Naka: Bonsai Technik Band 1, Verlag Bonsai Centrum Heidelberg, 1985, ISBN 3-924982-00-7
  • John Yoshio Naka: Bonsai Technik Band 2, Verlag Bonsai Centrum Gessner, 2007 (neu aufgelegt), ISBN 3-924982-09-0
  • Pius Notter: Bonsai Kunst und Technik, Basilus Verlag AG, Basel/Schweiz, 2. Auflage 1989, ISBN 3-85560-092-9
  • Pius Notter: Ein Leben für den Baum, Die Kunst Bäume zu gestalten, ISBN 3-85681-309-8, Fischer Media Verlag, Münsingen-Bern/Schweiz
  • Pius Notter/Georg Reinhard: Bonsai für Einsteiger, Pflege und Gestaltung, Fischer Media Verlag, Münsingen-Bern/Schweiz, ISBN 3-85681-338-1
  • Manfred Roth: Bonsai Meisterschule, Naturbuch-Verlag, Augsburg, ISBN 3-89440-290-3
  • Manfred Roth: Wo die Stille wohnt - Lebesquell Natur, Edition Vernissage, Heidelberg, ISBN 978-3-941812-02-4
  • Wolf-D. Schudde: Dem Baum eine Stimme geben – Die Kunst der Bonsai-Gestaltung., Medien Verlag Wolf-D. Schudde, Düsseldorf 1995
  • Wolf-D. Schudde: European Bonsai – Auf dem Weg ins nächste Jahrtausend, Medien Verlag Wolf-D. Schudde, Düsseldorf 1998
  • Horst Stahl: Bonsai – Vom Grundkurs zum Meister, Doppelband Kosmos Verlag, 1992, ISBN 3-440-08875-8
  • Yamada, Tomio: Bunjin-Bonsai aus heutiger Sicht in: Bonsai-Art Nr. 18
  • Harry Tomlinson: Das BLV Bonsai Handbuch, BLV Verlagsges.mbH, München 2004, ISBN 3-405-14850-2
  • Einheit von Felsen und Pflanze in: Bonsai-Art Nr. 16
  • Lesniewicz: Bonsai Miniaturbäume, BLV Verlagsges. mbH, München 1998, ISBN 3-405-13693-8

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wiktionary: Andras Corvi/Bonsai – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Andras Corvi/Bonsai – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Linkkatalog zum Thema Bonsai bei curlie.org (ehemals DMOZ)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Bonsaigestaltung durch Walter Pall. Abgerufen am 4. Juni 2013.
  2. Penjin Fachartikel im Forum artofbonsai. Abgerufen am 11. Juni 2014.
  3. A Gallery of Bonsai by Nick Lenz Fachartikel im Forum artofbonsai. Abgerufen am 11. Juni 2014.
  4. Walter Pall: Substrat, Wasser, Düngen. Abgerufen am 3. Juni 2013.