Benutzer:Andreas P 15/Entwurf

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Altmark-Zwischenfall
Teil von: Zweiter Weltkrieg

Das im Jøssingfjord vor Anker liegende Versorgungsschiff Altmark
(Luftbild eines britischen Aufklärungsflugzeuges)
Datum 16. Februar 1940
Ort Jøssingfjord, Norwegen
Ausgang 299 Gefangene befreit
Konfliktparteien

Großbritannien

Deutschland

Norwegen

Befehlshaber

Philip Vian

Heinrich Dau

Finn Halvorsen

Truppenstärke

3 Zerstörer

1 Tanker

2 Torpedoboote
1 Wachschiff

Verluste

1 Schwerverletzter
(vermutlich durch Eigenbeschuß)

8 Tote
5 Schwerverletzte
6 Leichtverletzte

1 Schwerverletzter (durch eine britische Kugel)

Beim Altmark-Zwischenfall handelt es sich um die Attacke auf das deutsche Versorgungsschiff Altmark durch britische Kriegsschiffe in norwegischen Hoheitsgewässern am 16-17. Februar 1940. An Bord der Altmark befanden sich 303 alliierte Seeleute, die von dem am 17. Dezember 1939 selbstversenkten Panzerschiff Admiral Graf Spee bei dessen Kaperfahrt im Südatlantik gefangen genommen worden waren. Die Altmark beabsichtigte, diese Kriegsgefangenen nach Deutschland zu bringen, doch wurde in norwegischen Gewässern von britischen Seekräften in die Enge getrieben und schließlich von dem Zerstörer Cossack geentert. Die Gefangene wurden von dem britischen Zerstörer befreit, wobei acht Mitglieder der unbewaffneten deutschen Seeleute ums Leben kamen. Nach der Attacke protestierten die Norweger bei den Briten wegen der gravierenden Verletzung ihrer Neutralität.[1]

Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Altmark war ein Versorgungsschiff der deutschen Kriegsmarine und hatte eine zivile Besatzung inklusive des Kapitäns. Unter der Mannschaft gab es auch einige Norweger. Kapitän Heinrich Dau erhielt einen versiegelten Geheimbefehl der Seekriegsleitung für den Fall eines Krieges noch vor dem Auslauf am 5. August aus Wilhelmshaven. Das Schiff hatte Port Arthur in Texas am 19. August 1939 nach Übernahme von Gasöl und Wasser Richtung Rotterdam verlassen. Am 26. August hatte der Kapitän den Befehl erhalten, die Geheimdokumente zu öffnen. In der Folgezeit sollte die Altmark den Kreuzerkrieg des Panzerschiffes Admiral Graf Spee im Südatlantik unterstützen. Aus Tarnungsgründen wurde die Altmark umbemalt und in Sogne umbenannt, die bisher geführte Reichsdienstflagge wurde reingezogen und wurde die norwegische Flagge gehisst.

Bei dem ersten Zusammentreffen am 1. September 1939 wurden zwei 20 mm Flak-Geschütze auf die Altmark gebracht und montiert. Diese sollten nach künftiger Übernahme von Gefangenen für die Aufrechterhaltung der Ordnung an Bord sorgen (???).[2] Zwanzig Seeleute als Wachpersonal, zwei Männer als Funk- und Signalpersonal kamen auch mit an Bord sowie ein Proviantmeister und ein Prisenoffizier. Damit war die Besatzung des Schiffes auf insgesamt 133 Männer erhöht. Später wurden von den Mannschaften geenterter und versenkter britischer Schiffe 303 Leute an Bord genommen, die in den vier Lagerräumen und teils auf dem Oberdeck untergebracht wurden. Am 6. Dezember 1939 trennte sich die Graf Spee von Altmark und nahm Kurs auf den Río de la Plata. Am 2. Januar hätten sich die Schiffe wieder treffen und gemeinsam nach Deutschland zurückkehren sollen, aber nach der Selbstversenkung der Graf Spee vor Montevideo musste die Altmark die Reise alleine antreten.

Nach längerer Aufenthalt in der Südatlantik - wegen Reparatur der Maschinen und um die verstärkte britische Patrouillen in der Gegend zu vermeiden - trat die Altmark die Reise nach Deutschland an und südlich von Island konnte sie die britische Blockade unbemerkt durchbrechen. Während der ganzen Fahrt gewährte der Kapitän den Gefangenen mit kleineren Beschränkungen dieselbe Verpflegung, die auch die deutsche Mannschaft erhielt. Sie konnten täglich zweimal eine halbe Stunde auf dem Oberdeck in kleinen Gruppen verbringen, später nur 45 Minuten pro Tag, bis sie die norwegische Gewässer erreicht haben.

Ankunft in Norwegen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz bevor die Altmark die norwegischen Gewässer am 14. Februar bei dem Leuchtturm Halten erreicht hatte, wechselte sie wieder zu ihrem richtigen Namen. Die Reichsdienstflagge wurde wieder gehisst und die beiden Flak eingepackt und im Schiffsinneren eingelagert. Der Kapitän hatte vor, die norwegischen Gewässer einfach durchzufahren, denn so war sie nicht verpflichtet, ihre Ladung zu zeigen oder darüber Auskunft zu geben. Das Skagerrak wollte er binnen 36 Stunden erreichen und so schon die übernächste, mondlose Nacht überqueren, noch bevor die Briten auf ihr Auftauchen reagieren konnten.

Dabei nahm er nicht in Betracht, dass in Norwegen kurz nach dem Anfang des Krieges eine Neutralitätsregulierung in Kraft trat, wonach die Schiffe entweder als Kriegsschiffe oder als Handelsschiffe galten. Staatsschiffe wurden darin als Kriegsschiffe betrachtet und durften die Militärzonen bei Kriegshäfen (krigshavn) nicht durchfahren und auch Handelsschiffen konnten nur nach einer ausführlichen Inspektion diese Strecken befahren. Kurz vor dem Erreichen der norwegischen Gewässer teilte er die Ankunft und die Anwesenheit der Gefangenen der Seekriegsleitung in einer längeren FT-Nachricht mit. Um 11:30 erhielt die deutsche Botschaft in Oslo die Anordnung aus Berlin, daß sie bei den norwegischen Behörden für die freie und ungestörte Fahrt der Altmark versichern solle.

Die Norweger wußten bescheid über die Gefangenen an Bord des deutschen Schiffes. In seinem Tagesbefehl von 11. Januar erwähnte Admiral Carsten Tank-Nielsen, Chef des 2. Seeverteidungsabschnitts mit Sitz in Bergen, die zu erwartende Ankunft der Altmark mit 400 Gefangenen an Bord, und hat den Einheiten der Marine die Anweisung gegeben, das Auftauchen des Schiffes sofort zu melden. Dieser Befehl wurde aber aus unbekannten Gründen nicht nach dem Stützpunkt in Trøndelag weitergeleitet.[3]

Am 14. Februar wurde das Schiff dreimal von unterschiedlicher norwegischen Kriegsschiffen aufgehalten. Zuerst stoppte und kontrollierte ab 14:45 der erste Offizier des Torpedoboots Trygg die Papiere des Schiffes bei Linesøya und gab dem Schiff die Genehmigung für die Durchfahrt der norwegischen Gewässer. Obwohl der Kapitän es bekanntgab, dass sein Schiff im Dienste der Kriegsmarine sei und zwei Flak-Kannonen verlagert habe, wurde die Altmark nicht untersucht, da sie über keine Bordwaffen verfügte und offenbar harmlos war. In diesem Fall sah die Neutralitätsregulierung keine Inspektion vor. Bei der Kontrolle überreichte der Norwege dem Kapitän auch den deutschen Text der Neutralitätsregulierung.[4] Während der Kontrolle haben die Gefangenen mit Schreien und Rummeln die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versucht. Als die Deutschen das bemerkten, haben sie die Winden in Gang gesetzt, um so das Geräusch zu übertönen. Der Kapitän beschränkte ihre Nahrung als Strafe auf Brot und Wasser für einen Tag. Nachdem Admiral Tank-Nielsen vom Kapitän des Torpedobootes über die Altmark per Funk erfuhr, ordnete er an, daß das deutsche Schiff während ihrer Fahrt stets begleitet werden muss.

Am 15. Februar um 21:30 wurde die Altmark bei Aalesund von dem Torpedoboot Snøgg auf Anordnung Admiral Tank-Nielsens aufgehalten. Ihre Offiziere sollten das Schiff besichtigen auch und nach ihrer Bewaffnung fragen, worauf sie die gleiche Auskunft wie vorher über die leichte Flak-Geschütze bekamen. Bei diesem Besuch fragte Dau die Norweger, wie er Bergen passieren kann. Er erhielt die unkorrekte Antwort, daß er den Kriegshafen zu Tage ohne Inspektion durchfahren könnte. Kurz vor Mitternacht konnte die Altmark ihre Reise wieder antreten und bald nahm der Zerstörer Draug ihre Begleitung an.

Auf Tank-Nielsens Befehl wurde die Altmark von der Snøgg um 11:15 nochmal angehalten und ihr erster Offizier wiederholte ungefähr die vorherigen Fragen, worauf der Kapitän die gleiche Antworten mit mehr Einzelheiten gab. Die Anwesenheit Leute von einem anderen Land wurde dabei geleugnet.

Admiral Tank-Nielsen, war mit den Antworten nicht zufrieden und bestieg den Zerstörer Garm samt seiner Stabschef Kapitän Stamsø, um die Altmark bei Hjeltefjord wieder aufzuhalten. Der Kapitän empfangte den Norweger irritiert, denn sein Schiff wurde schon zum vierten Mal aufgehlaten. Stamsø teilte Dau mit, daß sich die Altmark acht Meilen tief in der Militärzone befindet, die sie eigentlich hätte nicht betreten dürfen ohne sich einer ausführliche Inspektion unterziehen zu lassen. Dau hielt eine Inspektion nicht für möglich, da sein Schiff im Dienste der Kriegsmarine stehe und ihr Ausrichtung nicht gezeigt werden könne. Der Norweger antwortete, daß in diesem Fall die Altmark die Militärzone Richtung Norden verlassen müsse und die außerhalb der Hoheitsgewässer umsegeln müsse. Während der Gespräche ließ Dau nach der Botschaft in Oslo ein FT-Signal – der Neutralitätsregulierung verletzend – zu senden um um Hilfe zu bieten, die aber von der Garm abgefangen wurde. Der Fall blieb ohne Konsequenzen, aber das wiederholte Lärmen der Gefangenen haben diesmal die Norweger gehört und haben dem Admiral nach ihrem Rückkehr gemeldet. Dau wurde mitgeteilt, dass mit Gefangenen an Bord die Altmark auf keinen Fall die Militärzone durchfahren dürfte.

Auf Anordnung des befehlshabenden Admirals der norwegischen Marine, Henry Diesens wurde aber um 17:30 die Durchfahrt bei Bergen erlaubt. Tank-Nielsen und Stamsø sahen in dem Entscheid die Verletzung der Neutralität und protestierten dagegen. Tank-Nielsen gab dabei seinem Vorsitzenden auch bekannt, dass es wahrscheinlich Gefangenen an Bord des deutschen Schiffes geben sollte, aber Diesen nahm alle Verantwortung auf sich. Er fürchtete eine britische Attacke auf das Schiff und wollte Norwegen nicht in eine heikle Situation verwickeln. Die Bitte des deutschen Marineattachés, die Altmark freie Fahrt zu gewehrleisten, erreichte Admiral Diesen nur später. Kurz vor 19:00 konnte die Altmark ihre Reise – die Neutralitätsregulierung verletzend – fortsetzen mit Begleitung des Wachschiffes Fireren. Bei Egersund nahm die Begleitung das Torpedoboot Skarv über.

Britische Maßnahmen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die britische Admiralität erfuhr erst nach dem freilassen der Gefangenen der Graf Spee in Montevideo über die Altmark. Der britische Botschafter berichtete nach London, daß auf dem Hilfsschiff die Verhältnisse für die Gefangenen weit schlechter wären als waren auf der Graf Spee. Winston Churchill, der Erste Lord der Admiralität entschied sich die Informationen über das ’prison ship’ nicht zu veröffentlichen. Er zeichnete sich auf: „Besser halten wir es geheim bis wir die 300 Männer befreit haben.” („Better keep it quiet until we have rescued the 300 men.”) Es wurde nach der Altmark mit großer Aufwand gesucht, aber nachdem sie längere Zeit in der Südatlantik verbracht hatte konnte sie nach Norden fahrend das Nordmeer erreichen und die britische Blockade.

Am 14. Februar wurde das deutsche Schiff wahrscheinlich durch seinen abgegebenen langen Funksignal von den Briten geortet kurz bevor sie die norwegischen Hoheitsgewässer betrat. Einheiten der 4. Zerstörer-Flottille (4th destroyer flotilla) erhielten den Auftrag, die Eislage im Skagerrak festzulegen. Diese Flottille bestand aus dem leichten Kreuzer Arethusa und fünf Zerstörer der Tribal-Klasse (Cossack, Intrepid, Ivanhoe, Sikh und Nubian) unter der Führung von Kapitän Philip Vian. Die Schiffe erhielten je einen Stoßtrupp von 21 Männer von anderen Schiffen, vor allem von der Aurora. Gleich verbreitete sich das Gerücht, dass die Aktion (Codename: Operation DT) nicht eine ’ice reconnaisance’ wird, sondern ihr Ziel das Abfangen der Altmark wird. Das Unterseeboot Seal speziell mit Netzen ausgerüstet wurde auch zu diesem Zweck eingesetzt. Es sollte das Netz im Fahrtweg der Altmark ausspannen, um ihre Propeller zu lähmen.

Churchill bezeichnete das deutsche Schiff als eine ’unschätzbare Trophäe’ und nachdem er über die Entdeckung informiert wurde, gab er den Befehl: „Findet sie, treibt sie in die Ecke, entert sie und befreit die Gefangenen.” („Find her, edge her, board her and free the prisoners.”) Am 15. Februar trafen weitere Meldungen über den Aufenthaltsort der Altmark ein. Die Zerstörer-Flottille wurde nach Norden beordert und sollte entlang der norwegischen Küste hochsegelnd die Altmark ausfindig machen. Zu den Meldungen wurde auch hingefügt, dass sie nicht hesitieren sollten, die Altmark auch in den Hoheitsgewässer abzufangen.[5] Vian teilte seine Kräfte in Anmarsch: die Arethusa mit den Zerstörer Intrepid und Ivanhoe gingen weiter nach Norden bis Egersund, er mit Cossack, Nubian und Sikh segelte zur Insel Lista.

Erste Attacken auf die Altmark[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Früh Nachmittag am 16. Februar in der Nähe von Egersund flogen drei britische Aufklärungsflugzeuge – unter Verletzung der norwegischen Neutralität – über der Altmark hinweg und identifizierten das deutsche Schiff mit Ablesen des Namenschildes eindeutig. Da die Fireren über keine Flak verfügte, protestierte nur mit Fahnensignalen. Die schon in der Nähe befindliche britische Flottille wurde um 13:55 (MEZ) alarmiert und die Arethusa sichtete die Altmark bereits um 14:50. Um 16:00 nahm vor Egersund die Begleitung das Torpedoboot Skarv über. Die sich annähernde Arethusa forderte die Altmark auf, die norwegischen Gewässer zu verlassen. Das wurde aber ignoriert und die Altmark fuhr begleitet vom norwegischen Torpedoboot Skarv weiter, welches gegen das Vorgehen der Briten mit Signalen protestierte. Die Briten gaben bekannt, dass sie Befehl haben, dass deutsche Schiff zu entern, denn es hat britische Gefangenen an Bord. Darauf antworteten die Norweger, dass das Schiff bei Bergen untersucht war und keine Gefangenen an Bord entdeckt wurden.[6] Das Torpedoboot Kjell schloß sich danach den beiden Schiffen an und später um 20:40 kam Fireren auch in den Fjord ein.

Die beiden britischen Zerstörer Intrepid und Ivanhoe versuchten die Altmark aufzubringen. Es wurden auch mehrere Warnschüße abgegeben, einer landete am Festland. Bei dem zweiten Versuch wollte die Intrepid – als die Norweger gerade die Ivanhoe vertrieben – zwischen die Küste und der Altmark manövrierend das deutsche Schiff Richtung hoher See zu drängen, doch die Altmark konnte in den Jøssingfjord hineinfahren um dort Schutz zu finden, denn an Bord des englischen Zerstörers haben die Deutschen einen mit Karabinern und Stahlhelmen bewaffneten Stoßtrupp gesichtet und fürchteten, dass dieser ihr Schiff entern wolle. Intrepid ignorierte dabei den Befehl, die Brücke des deutschen Schiffes mit MG unter Feuer zu nehmen mit der Begründung, sie fürchte um die Sicherheit der norwegischen Lotsen.[7] Auch im Fjord lichtete die Altmark ihre Anker nicht, um ihre Immunität bewahren zu können.

Die norwegische Torpedoboote nahmen eine Verteidigungsposition am Eingang des Fjordes ein und richteten ihre Torpedorohre auf die Briten. De Kapitän der Kjell drohte Vian, dass ihr Schiff torpediert werde, wenn sie die Szene nicht verlassen. Später erschien das Wachboot Fireren wieder und steuerte in den Fjord ein. Die Norweger teilten den Briten mit, dass das deutsche Schiff unbewaffnet sei und daß es unter ihrem Schutz stehe. Voriges bestätigten die beiden an Bord der Altmark befindlichen norwegischen Lotsen auch. Daraufhin zogen sich die britischen Schiffe vorerst zurück. Dau meldete den Vorfall per Funk und schon um 20:45 am Abend berichtete der Deutschlandsender über den Zwischenfall.[8] Die beiden Lotsen verliessen die Altmark und da sie den freien Fahrtweg verlassen hatte, kamen zwei Zollbeamten an ihr Bord.

Die Seekriegsleitung bezweifelte, dass die Briten die Neutralität Norwegens respektieren würden und überlegte das Entsenden des schweren Kreuzers Hipper samt einer Zerstörerflottille, womöglich eines der beiden Schlachtschiffe (Gneisenau oder Scharnhorst), aber ihre Bereitschaftsgrad hätte nur den Einsatz am nächsten Morgen erlaubt.[9]

Nach der Abredung mit dem britischen Außenminister Lord Halifax, ließ um 17:25 Churchill mit dem folgenden FT-Spruch an Kapitän Vian den Angriff auf die Altmark befohlen:

Sofern norwegisches Torpedoboot verweigert, Altmark mit gemeinsamer britisch-norwegischer Wache an Bord und einer gemeinsamer Eskorte nach Bergen zu geleiten, entern Sie Altmark, befreien die Gefangenen und nehmen Besitz vom Schiff, vorbehaltlich weiterer Befehle. Falls norwegisches Torpedoboot interveniert, fordern Sie es auf, sich herauszuhalten. Falls das Torpedoboot auf Sie schießt, erwidern Sie Feuer nur wenn Angriff ernst, in welchem Fall Sie nicht mehr Gewalt anwenden als zur Selbstverteidigung notwendig. Sofort Feuer einstellen, wenn Norweger abläßt. Erklären Sie norwegischem Kommandanten, daß seine Ehre gewehrt ist, wenn er sich überlegener Streitmacht fügt.[10]

Der deutsche Marineattaché in Oslo, Richard Schreiber wurde am Abend von dem norwegischen Admiralstab versichert, dass die Marine die Situation im Griff habe und man ihn sofort informieren würde, sobald etwas geschehe.[11] Der britische Marineattaché Boyes war aber von dem Admiralstab eingeladen und von dem Anleiter des Marinenachrichtendienstes über die Lage unterrichtet.

Das Unterseeboot Seal spannte ihr 3-Meilen langen Netz westlich der in der Nähe befindlichen Fogsteinane-Inseln noch während der Nacht aus, um die Altmark damit zu fangen oder zum Verlassen der Hoheitsgewässer zu zwingen. Statt der Altmark fuhr die deutsche Frachter Baldur darin und gelähmt driftete sie Richtung offener See. Als Intrepid und Ivanhoe sich zu ihr näherten versenkte sich das Schiff selbst und die 28 Seeleute wurden Gefangengenommen.

Die Enterung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Churchills Befehl entschied sich Vian alleine mit Cossack in den Fjord zu gehen. Sein erster Offizier, Bradwell Talbot Turner sollte die 45-köpfige Entermannschaft anführen, die meistens Seeleute des Kreuzers Aurora waren. Die Truppe wurde in vier Gruppen aufgeteilt und sie sollten verschiedene Teile des Schiffs besetzen. Nach einer verfehlten Anfahrt steuerte der Zerstörer um 22:12 (MEZ) in den Fjord ein. Leutnant Halvorsen, der Kapitän der Kjell forderte sie auf, bei zu steuern. Vian befolgte den Befehl und erklärte, dass er auf Anordnung der britischen Regierung die 400 Gefangenen an Bord der Altmark befreien müsse. Er schlug vor gemeinsam die Altmark zu untersuchen, was aber der Norweger verweigerte. Nach der Diskussion begab sich um 23:30 Halvorsen an Bord der Cossack, wo ihm mitgeteilt wurde, dass eine Inspektion des deutschen Schiffes ausgeführt wird – mit oder ohne einer norwegischen Zustimmung. Halvorsen später dementierte, dass Vian dabei die gemeinsame Begleitung der Altmark zurück nach Bergen – wie es in der Nachricht der Admiralität angeblich stand - vorgeschlagen hätte. im Gegenteil soll er nachgefragt haben, was dann geschehe, wenn es an Bord der Altmark keine Gefangenen befänden, worauf er die Antwort von Vian bekam: „Nun, dann hat sich unsere Regierung geirrt.”

Kapitän Lura, der Kommandant der Fireren – eigentlich dienstälteste Norweger an Ort, der aber die Kontakthaltung mit den Briten bei Leutnant Halvorsen ließ – informierte den Hauprtquartier der 2. Militärzone bei Kristiansand über das erneute britische Eindringen in die Hoheitsgewässer. Konteradmiral Smith-Johanssen, wer in seiner Antwort befohlen haben soll, dass sie sich nur auf Proteste beschränken und keine Gewalt anwenden sollten.

Vom Bord der Altmark wurde der Neukömmling auch gesichtet. Auf ihre Anfrage, um was für ein Schiff es wäre hat sie keine Antwort bekommen. Kapitän Dau liess sein Schiff tiefer im Fjord in eine Position hineinsteuern, von wo aus er die Siluette des unbekannten Schiffes besser ausmachen konnte. Um 23:46 wurden Lichtsignale von dem unbekannten Schiff in internationaler Code abgegeben: „Brauchen Sie Schlepperhilfe? Bringen Sie an Backbord eine Jakobsleiter aus.“ Diese Signale wurden mehrmals wiederholt, die Altmark ignorierte sie und fragte nach ihrer Identität.

Um 24:58 fuhr Cossack auf die Altmark los und wurde sie aufgefordert beiseite zu drehen sonst würde sie das Feuer eröffnen. („Drehen Sie bei oder ich eröffne das Feuer.“) Danach soll Dau mit den Scheinwerfern die Brücke der Cossack beleuchtet haben, um ihre Offiziere zu blenden und fuhr auf die Cossack mit dem Heck los. Sie traf den Zerstörer in einem Winkel von etwa 30° auf der Höhe seiner Brücke und drückte ihn gegen die Fjordwand. Zur gleicher Zeit ordnete er jeden entbehrlichen Mann im Motorraum an Bord zu kommen um die Rettungsboote ausschwingen zu lassen. Die Vorbereitungen zur Selbstversenkung des Schiffes zu treffen wurden auch befohlen.

33 Personen, darunter 3 Offiziere der vorgesehenen 45 Köpfigen Entermannschaft konnten die wenigen Sekunden ausnutzen, als der Zerstörer der Altmark entlangschlierte und sprangen an Bord des deutschen Schiffes. Die Briten trafen auf keinerlei Widerstand und trieben mit ihren Gewehren und Bajonetten einige Matrosen die sich auf dem Oberdeck befanden vor sich. Dann aber brach eine Feuergetöse aus, worin sechs Deutsche durch Geschosse getötet wurden, ein anderer verstarb später im Krankenhaus.

Die erste Schüße trafen die Männer, die das achtere Backbordboot ausschwingen versuchten. Steward Stender, Heizer Path und Steward Bremer wurden dabei getötet, andere wurden verletzt. Dann kamen auch Schüße von Bord der Cossack. Da die unbewaffnete deutsche Seeleute sich nicht wehren konnten, haben nun versucht vor den Angreifenden zu flüchten. Ein Mann wurde getroffen, der beim Runterlassen eines bemannten Rettungsbootes half. Das Boot stürzte ins Wasser und die einige Leute, die schwimmend das Ufer erreichen wollten wurden angeschossen.

Der norwegische Zollbeamte, der zur Zeit der Attacke an Bord der Altmark war und der Heizer Rothe verliessen das Schiff an einem Tauende, letzterer wurde tödlich getroffen, als er sich am Eisrand hochziehen wollte, der Norweger aber konnte sich retten. Heizer Schüler erreichte gerade die Straße an Land, als ihn ein Schuß traf. Heilgehilfe Steffen fiel ins Wasser und hielt sich am Eisrand fest, als er von mehreren Schüßen getroffen wurde. Heizer Richards erlitt schwere Verletzungen, als er schon am Festland war.[12]

Troßschiff Altmark im Jøssingfjord

Kapitän Dau ließ nun das Schiff auf Strand setzen, da er eine Beschlagnahme vereiteln wollte. Das konnten sie durchführen, obwohl die Briten schon auf der Brücke waren und die Leute dort gefangen nahmen. Diese haben den Maschinentelegraphen auf Stopp gesetzt, aber als ihre Aufmerksamkeit nachließ, stellte die Besatzung ihn wieder auf Volle Kraft zurück. Danach wurde der Kapitän aufgefordert, das Versteck der Gefangenen zu zeigen, was er in Begleitung seines Gefangenenoffiziers tat. Sie erwarteten, dass die nun freie Gefangenen sie mißhandeln werden. Doch manche von denen haben sich bei ihm für die gute Behandlung bedankt, einige haben sogar mit ihm die Hand geschüttelt. Danach wurde der Kapitän aufgefordert, seine Privatsachen einzupacken und dann mit seiner Mannschaft am Achterschiff zu versammeln. In seiner Kabine traf er auf britische Matrosen, die dort, wie in anderen Kabinen der Mannschaft auf Souvenire Jagd machten.[13] Der Zerstörer kam inzwischen an Backbord längsseits der Altmark. Die Briten hatten ursprünglich vor, die Deutschen mit sich zu nehmen, denn von der Brücke lautete der folgende Befehl: „Zuerst die Gefangenen, dann die Deutschen!“

Der Schiffsarzt wurde im Unterdeck gefangen genommen. Zu ihm wurde ein schwerverwundeter Brite namens Smith gebracht. Ein Schlagader an seinem Arm war verletzt. Er wurde in der Kabine des Arztes niedergelegt, wer diesen die Schußwunde versorgte und verband und gerade mit einem Kompressionsverband versehen wollte, als der aufwachende Verletzte auf Befehl eines Offiziers auf die Cossack übergebracht wurde. Von der Art der Wunde konnte der Arzt feststellen, dass es ohne Zweifel aus einer britischen 11 mm Marinepistole stammen mußte. Wegen dieser Verzögerung konnte der Arzt nur verspätet auf den Oberdeck zum Sammelpunkt kommen. Auf die zu spät kommende Person eröffneten die Briten das Feuer. Nur das Schreien der befreiten Gefangenen setzte der Schießerei ein Ende, denn sie erkannten den Schiffsarzt.[14] Die britische Aktion endete um 01:30, als die Cossack den Fjord verließ. Sie haben die Deutschen schließlich nicht mitgenommen.

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Verluste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Überfall wurden sechs deutsche Seeleute tot aufgefunden (die Stewards Otto Stender und Fritz Bremer, die Heizer Waldemar Path, Walther Rothe, der Matrose Fritz Schürmann, der Heilgehilfe Hans Steffen). Sechs Leute wurden schwer verwundet (Maschinist Clausen, Elektriker Augustin, Steward Meier, Heizer Richards, Horst und Schüler) wurden schwer und andere sechs leicht verletzt, eine Person galt als vermißt. Noch im Fjord wurde ein ertrunkener Seemann auf den Bord der Cossack gebracht, er war der Heizer Berndsen. Der schwerverwundeter Ernst Meier erlag kurze Zeit später seiner Verletzungen, mit ihm stieg die Opferzahl auf acht. Die Briten hatten einen Schwerverwundeten, den Gunner Smith.

Nach dem Überfall[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutsche Gefallene werden nach dem Zwischenfall an Land gebracht, 17. Februar 1940

Am nächsten Tag kamen die Kommandanten der beiden norwegischen Torpedboote an Bord der Altmark. Der Kapitän zeigte denen die Verwundeten im Krankenzimmer. Die erklärten ihm, sie hätten die Anweisung erhalten, nicht gegen die britische Schiffe ohne einen ausdrücklichen Befehl der Admiralität vorzugehen. An diesem Tag überflogen nochmals britische Aufklärungsflugzeuge den Fjord. Kapitän Dau erhielt die Vorladung, in Egersund vor einem norwegischen Gericht zu erscheinen und über die Ereignisse zu berichten. Beim Verhör wollten auch die Briten dabei sein, wogegen der Kapitän protestierte. Als am nächsten Tag, nach Vertagung der Sitzung der norwegische Gerichtsvorsitzende die beiden Briten aufforderte, den Saal zu verlassen, verließen sie den Raum und erklärten, dass auch an der Vernehmung der norwegischer Zeugen und an der ganzen weiteren Verhandlung nicht mehr teilnehmen würden. Die Aussagen Daus und des ersten Offiziers wurden von den Norwegern zu Protokoll genommen. Die Behörden wollten vor allem feststellen, ob die Deutschen von Schusswaffen Gebrauch gemacht hätten. Kapitän Dau verneinte das entschlossen. Auch sämtliche norwegische Augenzeugen haben die Aussage bestätigt, dass es von deutscher Seite zu keinem Waffengebrauch kam.[15]

Am 19. Februar 1940 wurden sechs der verstorbenen deutscher Seeleute im Friedhof des kleinen Dorfes Sokndal beigesetzt. Kapitän Dau nahm mit folgenden Worten Abschied:

"Meine Bordkameraden! Es war euch nicht vergönnt, mit der Waffe in der Hand dem Feind entgegentreten zu dürfen. Der Charakter unseres Schiffes verbot uns den Kampf, es hatte seinen Schutz zu sehen in den auch von England feierlich anerkannten Bestimmungen des Völkerrechts. Doch wenn wir geglaubt hatten, in neutralem Hafen vor einem britischen Überfall sicher zu sein, so sind wir nur allzu gründlich eines anderen belehrt worden. Aber das deutsche Volk wird jetzt erst recht dafür kämpfen, daß britische Seeräubermethoden, wie sie sich hier wieder offenbart haben, ein für allemal aus der Welt verschwinden. Dann aber ist auch Euer Tod nicht vergebens gewesen. Ruhet in Frieden!"[16]

Nach dem Zwischenfall protestierten die Deutschen bei den Norwegern, weil sie ihre Verpflichtungen nicht nachgekommen waren und die Altmark vor dem Überfall nicht beschützt haben. Der norwegische Botschafter in London, Erik Colban ersuchte am 17. Februar Lord Halifax, den britischen Außenminister und protestierte gegen die grobe Verletzung der norwegischen Gewässer und forderte den Rücktransport der Gefangenen nach Norwegen.[17] Norwegen drohte, den Fall vor dem internationalen Gerichtshof zu bringen. Lord Halifax wollte hingegen die Altmark internieren lassen, am Ende vertrat er aber die Ansicht, der Fall sei ein Konflikt zweier Rechte, denn nach britischer Auffassung hätte die Altmark, nach ihrer Sicht ein Kriegsschiff, nicht in neutralen Gewässern segeln dürfen, wenn ihr Weg auch durch die hohe See führen konnte.

Der Zwischenfall in der Propaganda[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutsche Propaganda

Kapitän Dau äußerte sich schon am 17. Februar in norwegischen Medien über den Vorfall und betonte, dass sein Schiff den internationalen Regeln entsprechend vorging und seine Mannschaft keine Waffen benutzt hatte. Er erklärte, dass seine Leute bei den meisten Fällen durch Schüße im Unterleib verletzt wurden, was die Feuereröffnung aus kurzer Entfernung hindeutete. Am 18. Februar kam eine deutsche Propagandaabteilung nach Norwegen und überreichte Dau eine Liste, die enthielt, wie er bestimmte Fragen beantworten sollte. Dies ignorierte er aber und hielt zu seinen vorherigen Aussagen fest. Nur die Fragen bezüglich der Militäroperationen im Südatlantik verweigerte er sich zu beantworten.

Ein erfolgreicher Transport der Gefangenen nach Deutschland hätte der deutschen Propaganda ein hervorragendes Thema gewährleisten können, aber die Vorgehensweise der Briten im Jøssingfjord konnten sie auch gut benutzen, indem sie ihn als einen Piratenangriff bezeichneten. Schon am 19. Februar verordnete Joseph Goebbels, dass alle Propagandatätigkeiten auf dieses eine Ereignis fokusieren müssen, was auch so in den folgenden vier bis fünf Tagen geschah. In den deutschen Medien hat man den Vorfall auf die Ereignisse des Baralong-Zwischenfalls, der Beschießung der Dresden und der Bombardierung von Kopenhagen im Jahre 1807 gleichgesetzt.[18] Die Bezeichnung der Briten als Seepiraten in Deutschland soll dazu geführt haben, dass später die Mitglieder der Entermannschaft mit Schwerten und Dolchen bewaffnet in den britischen Medien dargestellt wurden.[19]

Britische Propaganda

Noch bevor die Cossack in Leith ankam und die Gefangenen an Land gebracht werden konnten, wurden durch die deutsche Radiosendungen die Einzelheiten der Ereignisse im Jøssingfjord den Briten bekannt. Kapitän Vian wurde dementsprechend auf heikle Fragen hingewiesen, die er nach dem Einlaufen beantworten sollte.[20] In seinem offiziellen Bericht bestätigte Kapitän Vian, dass beim Entern die Deutschen keinen Widerstand geleistet haben. Turner berichtete, dass zwar der deutsche Kapitän keinen bewaffneten Widerstand leisten wollte, aber einige Mitglieder der Wachmannschaft der Graf Spee das Feuer auf seine Männer eröffnet hätten.[21]

In den britischen Medien wurden die Geschehnisse als ein kühner Handstreich gegen das schwerbewaffnete deutsche Schiff inszeniert, das neben vier Maschinengewehre über zwei Maschinenkanonen hätte verfügen sollen. Dieser Version widerspricht sogar die Tatsache, dass die Cossack keine Beschädigung von Schußwaffen aufzeigte. Einige Mitglieder der Entermannschaft sollen dieser Darstellung nach mit Entermesser in der Hand und mit aufgepflanzten Bajonetten an Bord der Altmark gekommen und so die Deutsche Mannschaft im Handgemenge besiegt haben. Dies haben die Aussagen der Teilnehmenden nicht bestätigt, auch die Cossack Association, die mit der Geschichte der gleichnamigen Schiffe der Royal Navy beschäftigt, dementierte dies. Diese Darstellungen sollen von den deutschen Anschuldigungen stammen, wonach die Briten sich wie Piraten verhalten haben sollen.

Ein Mitglied der Besatzung der Cossack behauptete im Jahre 2002, dass er im Dunklen ein Aufblitzen gesehen hat, was seiner Meinung nach eine Schwertklinge hätte sein können. Da er selbst an der Enterung nicht teilnahm und sein Posten beim Kanonendeck B, also weit entfernt von den Geschehnisses war, hält man diese Angabe nicht für glaubwürdig.[22]

Die Strandung der Altmark rechneten sie der Ungeschicklichkeit des deutschen Kapitäns zu. Ihm wurde vorgeworfen, mit den Gefangenen grausam vorgegangen zu sein und sie im leergewordenen Öltank gefangen gehalten hatte, wo sie nahezu den Hungertod erlitten hätten. Einiger britischen Darstellungen nach hat Bradwell Talbot Turner, der Führer der Entermannschaft selbst die Gefangenen befreit. Als er die Tür des Raumes öffnete, wo er die Gefangenen vermutete, soll er gerufen haben: Sind Engländer darunter? Nach einer fröhlichen Bejahung soll er gesagt haben: Well, the navy’s here! Diesen Ablauf der Ereignisse bestätigten einige Aussagen, dementierten andere, entsprachen aber nicht der deutschen Darstellung. Es kann auch auf Anweisung von Winston Churchill in den Berichten der Zeitungen erscheinen, wodurch er Genugtuung für die Vorwürfe der ihm im ersten Weltkrieg unterstellten Marine bekam, als man sie für die Bombardierung der Küstenstädte verantwortlich machte und man sich fragte, wo die Marine sei. In den Schlagzeilen der Zeitungen stand damals die klagende Frage: Where is the Navy?

Churchill wollte auch die positive Darstellung der Kriegsmarine widerlegen, die in Montevideo durch die Freilassung der Gefangenen der Graf Spee in der internationalen Presse errangen. Kapitän Langsdorffs Ritterlichkeit entsprach nicht dem Bild, das die englische Propaganda von den Deutschen zu zeichnen versuchte. Das Heimführen der gesunden Gefangenen nach Deutschland hätte auch ein Vorteil für die Deutschen sein können, was Churchill, wer sich viel um die Propaganda gekümmert hatte, unbedingt vereiteln wollte.

Die Cossack lief in den Hafen von Leith in Ostschottland schon am nächsten Tag, den 18. Februar 1940 ein. Winston Churchill erinnerte sich daran in seinem nach dem Krieg geschriebenen Buch folgenderweise:

"In der Annahme, die Gefangenen seien in einem erbärmlichen Zustand, halb verhungert und schon aufgrund der langen Einschließung vollkommen erschöpft, ließen wir Sanitätswagen, Ärzte, die Presse und Fotografen im Hafen von Leith zusammenkommen, um die Befreiten dort zu empfangen. Als sich dann jedoch erwies, daß die Gefangenen in gutem Gesundheitszustand waren, auf den Zerstörern schon gut versorgt worden waren und in fröhlicher Stimmung an Land gingen, wurde diesem Aspekt der Angelegenheit natürlich keine Publizität verliehen. Die Rettung der Gefangenen und das schneidige Vorgehen von Captain Vian führten zu einer Welle der Begeisterung in Britannien, fast der nach der Versenkung des Admiral Graf Spee gleich. Beide Ereignisse stärkten mir die Hand und das Ansehen der Admiralität. Der Ausdruck The Navy is here ging von Mund zu Mund."[23]
HMS Cossack läuft mit den Befreiten in Leith ein, 17. Februar 1940

Der große Aufschlag im Hafen wurde auf Anordnung von Churchill inszeniert, obwohl Kapitän Vian gleich nach der Befreiungsaktion der Admiralität mitteilte, dass sich die Leute in gutem Gesundheitszustand befänden.[24] Die britische Regierung aber erhob keinen Einwand wegen der Beförderung der Gefangenen in neutralen Gewässern. Eigentlich bemerkten die offiziellen Dokumente bezüglich des Zwischenfalls, dass die britische Marine in gleicher Weise vorging zum Beispiel im Dezember 1939, als der Zerstörer Despatch durch das Panamakanal mit der innerhalb der chilenischen Hoheitsgewässer gefangengenommenen Mannschaft des Transportschiffes Düsseldorf fuhr. Zum Rammversuch bestätigte man bei der britischen Admiralität, dass von einem britischen Schiff bei einer umgekehrten Situation, das gleiche Gegenaktion erwartet wäre.[25]

Wegen der Vorwürfe in der britischen Presse schrieb Heinrich Dau noch in diesem Jahr ein Buch unter dem Titel Unentdeckt über die Meere - Die Fahrt der Altmark, worin er die Anschuldigungen der britischen Medien zurückwies. Gegen Ende des Krieges äußerte er sich bei einem Freund so, dass er die Konsequenzen des Zwischenfalls fürchte. Er nahm an, nach dem Krieg vor Gericht zu Tode verurteilt zu werden und da er diese Freude den Engländern nicht bereiten lassen wollte, nahm der nun 71-Jährige sich das Leben am 10. Mai 1945, zwei Tage nach dem Kriegsende in Europa.[26][27]

Über 60 Prozent der von der Zensur geprüften Briefe aus Norwegen nach Großbritannien sprachen feindlich über das Verhalten der Briten aus. Ein Norweger schrieb in seinem Brief:

"Wenn jemals eine seemännische Sache ohne Heldentum vollgebracht wurde, dann ist es diese …. Die britische Seeleute haben auf die über den Eis laufenden Deutschen geschossen, die gar keine Waffe gehabt haben. Solche Dinge kommen mal im Krieg vor, aber das sollte man nicht als Heldentat feiern. Wir haben uns wie verrückt unbeholfene Narren verhalten, die Deutschen waren Lügner und Schwindler, aber auf der anderen Seite kann man nichts besseres über die britische Aktion sagen. Und das sage ich, über wen du weißt, dass er wohl an Seite der Engländer steht.[28]

Die Übertreibung des Erfolgs hat auch in höheren Ebenen der britischen Marine Sorgen bereitet. Es wurde entschieden, dass nur der Kapitän des Schiffes (DSO) und die Mitglieder der Entermannschaft Auszeichnungen für ihre „Heldentat“ erhalten dürfen.

Nach gründlichem Verhör der befreiten Gefangenen kam die britische Admiralität zu dem Ergebnis, dass die Altmark zwar den Ansprüche der Unterbringung der Gefangenen nicht genügte und manchmal strenge Maßnahmen getroffen wurden, es aber keinen Grund gab für die verbreiteten Schreckensnachrichten. W. V. S. Sinclair (Head of the Admiralty’s Military Branch) vertrat sogar die Meinung, die Admiralität sollte die Vorwürfe gegen Kapitän Dau und seiner Mannschaft dementieren. Hochrangige Offiziere unterstützten diese Idee, doch die Propagandisten waren strikt dagegen.[29]

In C. A. H. Brookings Auffassung, Leiter der Pressedivison, hätte so ein Schritt die britische Presse diskreditieren und ihre Glaubwürdigkeit in den neutralen Ländern in Frage stellen. Geoffrey Shakespeare, der Parlamentssekratär deutete hin, daß die Welt der dargestellten deutschen Bestialitäten in anderen Fällen mehr glauben würde, wenn man Dau nicht von den Vorwürfen enthoben würde. Am Ende entschied Churchill persönlich und er schrieb dazu nur soviel: "Lassen wir es so" ("Let us leave it here").[30] So konnte noch in diesem Jahr ein Buch unter den Titel "Ich war ein Gefangener der Altmark" ("I was an Altmark Prisoner") von Thomas Foley erschienen, worin der Author über seine vermeintlich sadistische Behandlung eine hysterische und übertriebene Geschichte erzählt.

Der Zwischenfall hatte einen länger andauernden Propagandaeffekt im später deutsch besetzten Norwegen, als die norwegische Kollaborationsregierung versuchte, ihren Spitznamen Quislinge durch den abfälligen Begriff Jøssing für Proalliierte und Antinazis zu neutralisieren. Dieser Terminus bezog sich auf den Ort des Ereignisses, den Jøssingfjord. Die Bemühungen schlugen fehl, da die Öffentlichkeit diesen Begriff sofort als positiven Terminus akzeptierte, sodass er schließlich 1943 aus dem offiziellen Sprachgebrauch verbannt wurde.

Wirkung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zwischenfall stärkte die innenpolitische Position von Winston Churchill, der einige Monate später Ministerpräsident wurde. Der Fall förderte seine Pläne, denn er hatte schon 1939 vor, Norwegen zu besetzen, weil so der Erzzufuhr nach Deutschland aus Skandinavien stark reduziert werden konnte. Viele waren gegen solche Pläne, aber durch die Befreiung der Gefangenen in norwegischen Gewässern hoffte er weitere Unterstützer dieser Politik gewinnen zu können. Nach der Besetzung Norwegens hätten die britisch-französischen Kräfte via Narvik auch die schwedische Erzgebiete besetzen und Finnland in seinem Kampf gegen die Sowietunion unterstützen können. (Siehe: Operation Catherine)

Die deutsche Führung hielt die Neutralität Norwegens für vorteilhafter, aber die britisch-französischen Pläne waren schon 1939 bekannt. Das Thema wurde auch im britischen Unterhaus diskutiert. Die Besetzung des Landes wollten die Deutschen unbedingt vereiteln und trafen Maßnahmen für eine deutsche Besetzung. Am 14. Dezember 1939 wurde der Beschluß über das Unternehmen gegen Norwegen auf Drängen von Großadmiral Erich Raeder getroffen. Am 24. Januar 1940 wurde der „Sonderstab Nord“, später „Sonderstab Weserübung“ eingerichtet.[31]

Dieser Zwischenfall veranlasste Adolf Hitler, die Planungen zur Besetzung Norwegens zu beschleunigen. Den Deutschen wurde bewusst, wie schnell das neutrale Norwegen durch die Alliierten besetzt werden konnte. Hitler entschied sich am 19. Februar 1940 zur Intensivierung der Planung des „Unternehmens Weserübung“, der Besetzung von Dänemark und Norwegen. Am 21. Februar wurde General Nikolaus von Falkenhorst zum Leiter des Sonderstabes ernannt.[32]

Nachdem im März 1940 die britisch-französischen Vorbereitungen durch die Anhäufigung militärischer Delegationen in Bergen, der Fertigkeitsgrad der Invasionsflotte und der steigernden Aktivität der britischen Marine offenbar wurden, wurde deutscherseits das Datum für die Operation festgelegt. Am 9. April 1940 wurde die Besetzung Norwegens in Gang gesetzt.

Erinnerung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gedenktafel im Jøssingfjord
  • Nach der Besetzung Norwegens errichteten die Deutschen ein Gedenktafel im Jøssingfjord mit der Aufschrift: "Hier wurde am 16. Februar 1940 die Altmark von britischen Seepiraten überfallen." Das zweiteilige Denkmal haben britische Soldaten in 1944 mitgebracht und den anderen Teil haben sie Admiral Vian geschenkt. Den anderen Teil haben sie für sich behalten und ist noch im Museum der Fallschirmtruppen in Aldershot zu sehen.[33]
  • Am Ende der 1950-er Jahre errichtete im Fjord die norwegische Regierung ein Denkmal mit der Aufschrift: "Her fant kampen sted mellom den britiske destroyer Cossack og det tyske hjelpeskip Altmark den 16. febr. 1940" ("Hier fand der Kampf zwischen den britischen Zerstörer Cossack und dem deutschen Hilfsschiff Altmark am 16. Februar 1940 statt".)
  • Fotos der beiden Denkmäler sind auf der Seite der Cossack Association zu sehen.[34]
  • Ross Parker und Hughie Charles schrieben ein Lied mit dem Titel The Navy's here nach dem Zwischenfall, das in den Kriegsjahren in Großbritannien beliebt war.[35][36]
  • Die neuseeländische Band Wild Geese schrieb ein Lied bezüglich der Ereignisse mit dem Titel Altmark.[37]

Verfilmungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Wochenschau der British Pathé berichtete in zwie Teilen über den Zwischenfall (1, 2).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Altmark – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Journal of Contemporary History Vol 38 No 2, S. 197.
  2. Journal of Contemporary History Vol 38 No 2, S. 192.
  3. Haar S. 49.
  4. Haar 357.
  5. Haarr S. 362.
  6. Haar 363-364.
  7. Public Record Office (PRO) ADM, Report of Proceedings – Operation DT, 17 February 1940
  8. PRO ADM 1/25843, Report from BBC Overseas Intelligence, 16 February 1940.
  9. Haarr 368.
  10. Churchill S. 506.
  11. Haarr 368.
  12. Dau S. 129., 144.
  13. Dau S. 139.
  14. Dau S. 156-157.
  15. Lochner S. 74.
  16. Lochner S. 74-75.
  17. PRO ADM 1/25843, Colban to Halifax, 17 February 1940 in: Journal of Contemporary History Vol 38 No 2
  18. Journal of Contemporary History S. 193.
  19. Mark Barton, John McGrath, British Naval Swords and Swordmanship, S. 21, Seaforth Publishers, 2013 ISBN 184832135X.
  20. Journal of Contemporary History S. 192.
  21. Journal of Contemporary History S. 191.
  22. Barton, McGrath S. 21.
  23. Churchill S. 507.
  24. Journal of Contemporary History S. 197.
  25. PRO ADM 1/18500, Minute by J. C. Mossop, 30. September 1945
  26. PRO ADM 1/18500, Censorship Intercept, Dau to Broedermann, 22 April 1945
  27. Willi Frischauer and Robert Jackson: The Navy’s Here!: The Altmark Affair. London 1955, S. 247.
  28. If ever a naval job was done without heroism it was this one .... The British sailors shot at Germans running across the ice without any weapons at all. Such things happen in war but ought not later to be acclaimed as heroism. We have behaved like damned blundering fools, the Germans have been liars and cheaters, but on the other hand not much good can be said for the British action. And this is said by me who you know is entirely too much on the English side." (Journal of Contemporary History S. 196.)
  29. Journal of Contemporary History S. 198.
  30. PRO ADM 199/281, Proposed Statement re Treatment of Altmark Prisoners, 29 February 1940.
  31. Philippe Masson: Die Deutsche Armee. Geschichte der Wehrmacht 1935–45 München 2000, ISBN 3-7766-1933-3, S. 107.
  32. Klaus A. Maier, Bernd Stegemann: Die Sicherung der europäischen Nordflanke. In: Klaus A. Maier, Horst Rohde, Bernd Stegemann, Hans Umbreit: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Band 2: Die Errichtung der Hegemonie auf dem europäischen Kontinent. Hrsg.: Militärgeschichtliches Forschungsamt, DVA, Stuttgart 1979, ISBN 3-421-01935-5, S. 197.
  33. The Altmark Incident - BBC History
  34. Cossack Association
  35. Ross and Hugh Charles Parker: The Navy's Here. National Library of Australia, 1940, abgerufen am 8. November 2016 (englisch).
  36. "Ave Atque Vale" The Times, London, 11. November 1941. S. 5.
  37. Altmark youtube.

Koordinaten: 58° 19′ 1,3″ N, 6° 20′ 11,1″ O

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