Benutzer:Meister und Margarita/NS-Justiz

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Kurz als NS-Justiz wird die Justiz während der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet. Es gelang dem NS-Regime binnen Kürze, den gesamten Justizapparat unter seine Kontrolle zu bringen und für politische Zwecke zu instrumentalisieren. Menschen wurden nicht mehr nur wegen konkreter Straftaten, sondern wegen ihrer Gesinnung, ihrer Herkunft, ihres Glaubens, ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Behinderung bestraft, eingesperrt, verurteilt und ermordet.

Gleichschaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ausschaltung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Perversion des Rechts[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Euphemismen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufarbeitung in Deutschland[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die juristische und publizistische Aufarbeitung der Unrechtsurteile während des NS-Regimes unterblieb in den drei Jahrzehnten nach dessen Untergang vollständig. Kein einziger Richter der NS-Zeit wurde zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gestellt, obwohl während der NS-Herrschaft rund 50.000 Todesurteile aus politisch-propagandistischen Gründen gefällt wurden. Im Nürnberger Juristenprozess (1947) waren nicht die Urteilssprüche im Dritten Reich angeklagt, sondern die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, welche in Verbindung mit dem verbrecherischen Angriffskrieg standen bzw. welche die Ermordung aller ideologisch missliebigen Personen ermöglichten.[1] Die Hauptverantwortlichen dafür (Bumke, Frank, Freisler, Gürtner, Thierack und Westphal) waren bereits verstorben. Von den 15 Angeklagten wurden vier freigesprochen und das Verfahren gegen Karl Engert wurde wegen Krankheit ausgeschieden. Die anderen Angeklagten wurden zwar zu Freiheitsstrafen, vier davon lebenslang, verurteilt. Jedoch erfolgte eine Reihe von Begnadigungen, im Februar 1957 wurde der letzte der Verurteilten auf freien Fuß gesetzt.

Plakat 1960

Sämtliche Richter des NS-Regimes konnten in BRD und DDR ihre Richtertätigkeit fortsetzen. „Was damals Recht war, kann doch heute kein Unrecht sein“, lautete eine gängige Verteidigungsstrategie. „Von einer Aufarbeitung der Unrechtsjustiz des NS-Staates in der Bundesrepublik Deutschland kann keine Rede sein. Am Ende steht die biologische Amnestie.“ Dieses harsche Urteil stammt vom Bundesministerium für Justiz selbst, allerdings erst aus dem Jahr 1989, als die Kontinuität der Rechtsprechung nach der Ära des National­sozialismus in einer Wander­aus­stellung aufgearbeitet wurde.[2] Dort hieß es auch: „Der Ausgang vieler Ver­fahren gegen NS-Juristen widerspricht unserem Gerechtigkeits­empfinden. Kein einziger Richter der Sondergerichte oder des Volksgerichtshofes wurde wegen eines der zahlreichen Unrechtsurteile von bundesdeutschen Gerichten rechtskräftig verurteilt.“ Für Aufsehen erregte 1953 die Unverschämtheit von Hermann Weinkauff, der – ab 1934 Mitglied des Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Juristen und in der Nach-NS-Ära Präsident des Bundesgerichtshofs von 1950 bis 1960 – ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes,[3] welches Gesetzeskraft hatte, scharf kritisierte und sich weigerte, der Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtes zu folgen.

Hans Globke, der Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze, fungierte von 1953 bis 1963 als Chef des Bundeskanzleramts unter Konrad Adenauer und wurde danach mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Die beiden deutschen Staaten bezichtigten sich zwar wechselseitig in Braunbüchern der Weiter­beschäftigung von NS-Richtern und Staatsanwälten, diese jedoch konnten ungestört weiter Recht sprechen. Die von Studenten erstellte, 1959 in Karlsruhe erstmals gezeigte Ausstellung Ungesühnte Nazijustiz führte zwar zu Aufregung, zeitigte aber nur zwei Folgen: Die Initiatoren der Ausstellung wurden aus der SPD ausgeschlossen und im Richtergesetz von 1961 wurde es belasteten Richtern ermöglicht, auf eigenen Wunsch bei vollen Bezügen in den Vorruhestand zu treten. Generalbundesanwalt Max Güde lud den Initiator Reinhard Strecker zum Gespräch ein und erklärte anschließend, er zweifele nicht an der Echtheit der vorgelegten Dokumente und er sei erschrocken über einige Urteilsbegründungen. Ihm sei kein Fall bekannt, in dem ein Richter wegen eines zu milden Urteils bedroht oder bestraft worden wäre. Güde betonte:

„Viele der Todesurteile von damals hätten nicht zu ergehen brauchen. Sie hätten nicht gefällt werden dürfen; selbst auf Grundlage der Gesetze, nach denen sie gefällt wurden.“

Generalbundesanwalt Max Güde: Gespräch mit Reinhard Strecker[4]

Vorzeitiger Ruhestand bei vollen Bezügen war auch die einzige Sanktion für den Generalbundesanwalt Wolfgang Fränkel, als sich nach dessen Bestellung im Jahr 1962 herausstellte, dass er während seiner Tätigkeit in der Reichsanwaltschaft während der NS-Zeit fünfzig Todesurteile wegen nichtiger Anlässe befürwortet hatte.

Buchumschlag 1987

Erst 1978 Filbinger-Affäre 1987 Furchtbare Juristen, , 1989 Ausstellung Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen

Der rechtspolitisch und historisch interessanteste Teil zeigt, dass es der deutschen Justiz nach dem Zusammenbruch des "Dritten Reiches" in weiten Teilen nicht um späte Gerechtigkeit, sondern um Rechtfertigung ging:

Diesen Rechtfertigungsbemühungen blieb der Erfolg nicht versagt. Der Ausgang vieler Verfahren gegen NS-Juristen widerspricht unserem Gerechtigkeitsempfinden. Kein einziger Richter der Sondergerichte oder des Volksgerichtshofes wurde wegen eines der zahlreichen Unrechtsurteile von bundesdeutschen Gerichten rechtskräftig verurteilt. Als Beispiele sind in der Ausstellung u.a. die Fälle Rehse und Reimers dargestellt.

Ebenso werden im dritten Teil Fälle hochbelasteter Juristen dargestellt, die in der bundesdeutschen Justiz Wiederverwendung fanden - etwa der ehemalige Generalbundesanwalt Fränkel. Von einer Aufarbeitung der Unrechtsjustiz des NS-Staates in der Bundesrepublik Deutschland kann keine Rede sein. Am Ende steht die biologische Amnestie.

Die Ausstellung ist vom 17. Juni 2008 an, nachdem sie als Wanderausstellung an insgesamt 43 Orten in allen Ländern der Bundesrepublik Deutschland gezeigt worden ist, dauerhaft im Gebäude des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg (Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin) untergebracht.

Der Präsident des Bundesgerichtshofs Günter Hirsch sagte 2002 anlässlich eines Festaktes zum 100. Geburtstag von Hans von Dohnanyi: „Für dieses Urteil“ (aus dem Jahr 1956) „des Bundesgerichtshofs, an dem im übrigen ein Richter mitgewirkt hat, der im Dritten Reich Beisitzer eines Sondergerichts und später Oberkriegsgerichtsrat war, muß man sich schämen“.. und „Die Täter wurden letztendlich durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs 1956 von diesem Justizmord freigesprochen mit einer Begründung, die zur Folge hatte, daß kein einziger der Richter, die während der Nazi-Herrschaft 50.000 Todesurteile gefällt hatten, zur Rechenschaft gezogen wurde.“[5]

Reaktion der Völkergemeinschaft[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Rudolf Wassermann: Fall 3: Der Nürnberger Juristenprozess. in: Gerd R. Ueberschär (Hrsg.): Der Nationalsozialismus vor Gericht. Die alliierten Prozesse gegen Kriegsverbrecher und Soldaten 1943–1952 (Fischer-Taschenbücher. Die Zeit des Nationalsozialismus 13589). Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-13589-3, S. 103/104
  2. BMJ: Ausstellung Justiz und Nationalsozialismus, abgerufen am 5. September 2015
  3. BVerfGE 3, 58
  4. Marc von Miquel: „Juristen: Richter in eigener Sache“. In: Norbert Frei: Karrieren im Zwielicht. Hitlers Eliten nach 1945. Frankfurt/M 2001, ISBN 3-593-36790-4, S. 211
  5. Siehe Rede des BGH-Präsidenten vom 8. März 2002 anlässlich einer Feier zum 100. Geburtstag Dohnanyis, einsehbar in der Rubrik Weblinks