Bewusstseinsveränderung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Juli 2016 um 10:37 Uhr durch Pentachlorphenol (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von Openspace76 (Diskussion) auf die letzte Version von Rmcharb zurückgesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Bewusstseinsveränderung ist ein neutraler Begriff, der sowohl die Sichtweise Bewusstseinserweiterung als auch die Sichtweise Bewusstseinseinschränkung umfasst.

Arten der Bewusstseinsveränderung

  • Religiöse Bewusstseinsveränderung: Hiermit wird die Empfindung einer Einswerdung mit Gott (mit dem sogenannten höheren Selbst, der Natur, dem Universum) bezeichnet, wie sie aus allen Weltreligionen berichtet wird (vgl. Mystik). Ein wichtiges Merkmal kann die Ekstase sein, d. h. starke, blitzartige bis lang anhaltende Gefühlswallungen, gefolgt von einer Phase der Glückseligkeit, der Friedfertigkeit und der Anteilnahme am Leben anderer (vgl. Erleuchtung). Zu dieser Kategorie können auch Nahtoderfahrungen gezählt werden.
  • Sensorische Bewusstseinsveränderung: Hierunter fallen die scheinbare oder reale Verstärkung von Sinneswahrnehmungen oder deren Vermischung (Synästhesien: „Farben schmecken, Töne riechen“), häufig hervorgerufen durch die Einnahme von bewusstseinsverändernden Drogen.
  • Motorische Bewusstseinsveränderungen: Dies umfasst den Eindruck, physikalisch nicht erklärbare Handlungen vornehmen zu können (Flugerfahrungen, körperliche Höchstleistungen), die in einem Zustand der Stasis, aber von der betroffenen Person bewusst erlebt werden (vgl. auch Schlafparalyse, Hypnagoges Erleben, Traumyoga).
  • Gezielte Bewusstseinsveränderungen: Von einer Person – z. T. mit fremder Hilfe – herbeigeführter Zustand der Konzentration auf eine Fragestellung, eine Person oder ein Ziel. Ein verbreitetes Verfahren in vielen spirituellen Traditionen, sowohl des Westens (Kontemplation, bestimmte Formen des Gebets und der Askese) als auch des Ostens (Meditation).
  • Paranormale Bewusstseinsveränderungen: Spekulative Form der Bewusstseinsveränderungen, in der zum Beispiel sogenannte präkognitive Erfahrungen, d. h. die Wahrnehmung zukünftiger oder entfernter Ereignisse möglich sein sollen (vgl. auch Seher), auch Rückführungen in angeblich bereits gelebte Leben unter Hypnose.

Methoden zur Bewusstseinsveränderung

Denken

Denken, das gewohnte Bahnen verlässt – das heißt, sich auf ungewohnte Weise in ungewohnte Gebiete hineindenken, – soll eine nachhaltige und gesunde bewusstseinsverändernde Wirkung haben. Es gibt eine ganze Reihe methodischer (z. B. Laterales Denken, Bildung) und einige wenige unmethodische Verfahren (Serendipity) des bewusstseinsverändernden Denkens. Hierüber schreibt R. Kapellner, dass es, subjektiv gesehen, zu dem Gefühl kommen kann, schneller und klarer zu denken. Es kann aber auch zu Gefühlen der Selbstentfremdung kommen, zu einem Verlust der Selbstkontrolle, jeweils mit negativen und positiven Emotionen einhergehend.[1]

Meditation

Meditation und andere spirituelle Übungen können zu einer Veränderung des Bewusstseins führen. Bei manchen der Übungen ist das letztendliche Ziel die Erfahrung der Erleuchtung, beschrieben unter Anderem als die Erfahrung der Auflösung der Getrenntheit des Einzelnen von Allem.

Dabei kann man unterscheiden zwischen zwei entgegengesetzten, sich ergänzenden (d. h. komplementären) Grundmethoden. Nach der einen wird eine Bewusstseinsveränderung durch äußerste Konzentration und extreme Fokussierung auf einen Punkt (z. B. Samatha) erreicht. Nach der anderen geschieht dies im völligen Gegensatz dazu durch äußerste Öffnung und Erweiterung auf das Ganze um den Übenden herum durch Achtsamkeit (z. B. Vipassana). „Gewissheit der Nähe zum Überirdischen stellt sich insbesondere dann ein, wenn das Heilige sich dem Suchenden selbst offenbart, sei es nun im Traum oder in sonstigen Bildern, welche Zustände veränderten Bewusstseins dem Gläubigen darbieten. Die Geschichte jeder Religion, so auch die der christlich-judaischen, ist immer auch eine Geschichte von Visionen“[2]. Beispiele für Ausprägungen dieser Methoden lassen sich in allen Kulturen und Religionen finden.

Psychoaktive Substanzen

Einige Pilzarten, Kräuter, LSD und Meskalin zeigen eine bewusstseinsverändernde Wirkung und wurden traditionell in schamanischen Ritualen eingesetzt. Derartige Substanzen finden auch in der psycholytischen Psychotherapie Verwendung.

Körpereigene Botenstoffe

Das Gefühl der Bewusstseinsveränderung ist auch möglich im Rahmen der Über- oder Unterproduktion von körpereigenen Botenstoffen, die bei körperlicher Anstrengung, monotonen Rhythmen, extremer Freude, Dehydrierung, Unterzuckerung u. Ä. produziert bzw. gehemmt werden. Darunter fallen zum Beispiel Flow-Gefühle beim Sport, Discobesuch und Techniken im islamischen Sufismus.

Reizdeprivation

Eine weitere Möglichkeit der Herbeiführung von Zuständen veränderten Bewusstseins ist die Verringerung äußerer Reize (Reizdeprivation). Dies wurde unter anderem von Mönchen in Tibet angewandt (z. B. von Praktizierenden des Dzogchen), gehörte aber auch in vielen anderen spirituellen Strömungen zur Übung. Die Dunkelheit und Abgeschiedenheit unterirdischer Kammern und Höhlen reduziert die Stimulation des sensorischen Systems. In absoluter Dunkelheit und Stille soll es unter anderem zu einer ungewohnten Weite des visuellen Gedankenflusses kommen. Der sogenannte Isolationstank verhindert zusätzlich die sensorische Stimulation durch das eigene Körpergewicht und unterstützt den Eindruck der Bewusstseinsveränderung.

Bewusstes Träumen

Als ungewöhnliche Art der Bewusstseinsveränderung gilt der Klartraum, der seine systematischen Ursprünge im tibetischen Buddhismus hat, aber als physiologisches Phänomen seit einigen Jahrzehnten auch im Westen bekannt ist. Die Effekte während eines solchen luziden Traums ähneln zum Teil denen der Reizdeprivation. Fortgeschrittenen Übenden soll die komplette Steuerung der Traumumgebung möglich sein. Damit könnten sie die Grenzen unseres Wachbewusstseins im Schlaf überwinden.

Einschränkende Effekte

Manche Methoden zur Bewusstseinsveränderung, wie die Einnahme psychoaktiver Substanzen, oder die starke Veränderung des Spiegels körpereigener Botenstoffe durch extreme Anstrengung, Nahrungsentzug, Schlafentzug u. Ä. haben – als Nebeneffekt – auch bewusstseinsverändernde Folgen, die generell als Einschränkungen gelten. Dies gilt insbesondere bezüglich der Fahrtüchtigkeit bei jeder Art von Verkehrsmittel und bei fast allen beruflichen Tätigkeiten.

Siehe auch

Weiterführende Literatur

  • Rudolf Kapellner, Gerd Gerken (Hrsg.): Wie der Geist überlegen wird. Mit einem Beitrag von R. Kapellner: Bewusstsein und Floaten. Verlag Junfermann, Paderborn 1993. ISBN 3-87387-118-1
  • Barbara Schachenhofer: Gesundheitsbewusstsein versus Selbstbeteiligung: über die Notwendigkeit einer Bewußtseinserweiterung hinsichtlich unserer Gesundheit, Hochschulschrift Universität Linz, Universitätsverlag Trauner, Linz 1997. ISBN 3-85320-854-1

Weblinks

Wikibooks: Bewusstseinserweiterung – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Vgl. hierzu: Rudolf Kapellner, Gerd Gerken (Hrsg.): Wie der Geist überlegen wird: Mind Management, Junfermann Paderborn 1993, 391 S. ISBN 3873871181
  2. Zitat nach: Walther Bühler: Meditation als Erkenntnisweg, [Studien und Versuche 2 – 2. erweiterte Auflage]. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 1972, 55 S. ISBN 9783772500329