Clanmutter

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Innenansicht eines Langhauses (Mokotakan-Freilichtmuseum, kanadische Provinz Québec, 2007)

Clanmutter oder Klanmutter bezeichnet die Leiterin eines nach der Mütterlinie (matrilinear) geordneten Clans, normalerweise eine der ältesten und erfahrensten Frauen. Viele nordamerikanische Indianer-Stämme organisierten sich in Clans (Familienverbänden), die ihre gemeinsame Verwandtschaft und Abstammung von einer ursprünglichen Stammmutter ableiteten.

Beispiele

Die Irokesen wohnten in mit 5 bis 20 Familien besetzten Langhäusern. Ein oder mehrere Langhäuser bildeten zusammen einen Clan, dessen Oberhaupt die Clanmutter war. Ihr zur Seite stand ein von Frauen gewählter Clanhäuptling, alle Clanmütter und -häuptlinge gemeinsam bildeten den Stammesrat. Hier hatten die Frauen mit den meisten Kindern das größte Stimmgewicht. Die politische Willensbildung vollzog sich in getrennten Versammlungen von Frauen und Männern. Im Anschluss daran wurde eine Übereinstimmung (Konsens) zwischen beiden Gruppen gesucht. Alle wichtigen Personen wurden von Frauen gewählt – waren sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen, konnten sie wieder abgesetzt werden.[1]

Die matrilineare Großfamilie (Matri-Lineage) sicherte den Frauen der Irokesen weitreichende Rechte.[2] Ohne ihre Zustimmung konnte kein Krieg geführt werden, eine Mutter konnte ihrem Sohn die Teilnahme an einem Kriegszug verwehren. Außerdem konnte sie darüber entscheiden, ob ein Gefangener adoptiert und in den Clan aufgenommen, oder ob er getötet wurde. Die Frauen besaßen auch das Ackerland außerhalb der Dörfer, das sie gemeinsam bewirtschafteten. Die Kinder gehörten zur mütterlichen Linie. Das Erbrecht ging von der Mutter auf die Tochter oder das verwandtschaftlich nächste weibliche Mitglied der Familie über. Söhne und Töchter blieben zeitlebens im Langhaus ihres mütterseitigen Clans wohnen. Nach der Heirat besuchte der Mann seine Frau zeitweilig in deren Langhaus, besaß dort aber keine Rechte (siehe Besuchsehe). Gemeinsame Kinder gehörten zur Mutter und ihren Clan. Die biologische Vaterschaft wurde als weniger wichtig betrachtet, Erziehungsaufgaben übernahm häufig ein Bruder (Avunkulat) oder ein anderer naher Verwandter der Mutter.[2] In den Clanhäusern gab es keinerlei sexuelle Gewalt, Mädchen war vorehelicher Geschlechtsverkehr nicht verboten, von ihnen wurde weder Jungfräulichkeit noch Keuschheit erwartet.[1]

Nach der Unterwerfung der Irokesen durch die weißen Amerikaner wurde 1847 die Kleinfamilie gesetzlich unter männliche Führung gestellt und zur wirtschaftlichen Grundeinheit erklärt. Ein 1869 in Kanada erlassenes Gesetz verpflichtete die dort lebenden Irokesen zur väterseitigen Erbfolge (Patrilinearität).[3]

In den 1970er Jahren bestand der Stammesrat des Irokesen-Stammes der Seneca aus 16 Häuptlingen, die traditionell von der Clanmutter in Absprache mit anderen Frauen des Clans ausgewählt wurden.[4]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Hans Läng: Kulturgeschichte der Indianer Nordamerikas. Gondrom, Bindlach 1993, ISBN 3-8112-1056-4, S. 112–117.
  2. a b Dieter Steiner: Die matrilineare Grossfamilie. In: Soziales i.e.S. Eigene Homepage, Zürich, , abgerufen am 15. November 2013 (zur ohwachira der Irokesen, nach Lewis Henry Morgan; die Clanmutter wird hier „Matrone“ genannt).
  3. Dorette Wesemann: Frauenrechte – Beispiel für ein nicht-patriarchales Gesellschaftssystem: Die Irokesen. In: D@dalos: Menschenrechte. Pharos e.V., , abgerufen am 15. November 2013.
  4. Bruce G. Trigger (Hrsg.): Handbook of North American Indians. Band 15: Northeast. Smithsonian Institution Press, Washington 1978, ISBN 0-16004-575-4, S. 511–512 (englisch).