Die Nächte der Cabiria

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Film
Titel Die Nächte der Cabiria
Originaltitel Le notti di Cabiria
Produktionsland Italien, Frankreich
Originalsprache Italienisch
Erscheinungsjahr 1957
Länge 111 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Federico Fellini
Drehbuch Federico Fellini
Ennio Flaiano
Tullio Pinelli
Pier Paolo Pasolini
Produktion Dino De Laurentiis
Musik Nino Rota
Kamera Aldo Tonti
Schnitt Leo Cattozzo
Besetzung

Die Nächte der Cabiria (Originaltitel: Le notti di Cabiria) ist ein Spielfilm des italienischen Regisseurs Federico Fellini aus dem Jahr 1957. In dem Drama steht eine römische Prostituierte (gespielt von Fellinis Ehefrau Giulietta Masina) im Mittelpunkt, die trotz Enttäuschungen und Demütigungen von Männern ihre naive Hoffnung auf Liebe und Glück nicht aufgeben will. Thematisch ist Cabiria eine optimistische Variation der Gelsomina aus Fellinis La Strada – Das Lied der Straße (1954), die ebenfalls von Masina verkörpert worden war.

Handlung

Maria Ceccarelli, „Cabiria“ genannt, ist ein unscheinbares, naives Straßenmädchen aus Rom, das von ihrem Zuhälter verlassen wurde. Dieser hatte sie über Monate ausgenutzt und dann in einen Fluss gestoßen, um an ihre letzten Ersparnisse zu gelangen. Sie verbrennt daraufhin die Erinnerungsstücke an ihn. Trotz ihres Lebens als Prostituierte, der erlebten Enttäuschungen und des Mordversuchs glaubt sie fest an das Glück und die Liebe. Cabiria trifft auf Alberto, der Streit mit seiner Freundin hat. Der berühmte Schauspieler nimmt daraufhin amüsiert und als Lückenbüßer das Mädchen zu sich nach Hause. Als sich Cabiria Hoffnungen macht, kehrt jedoch Albertos Freundin zurück und sie muss die Nacht im Bad verbringen. Sie unternimmt mit ihren Berufskolleginnen eine Wallfahrt zu einer Madonna und erwähnt gegenüber einem Franziskanerbruder voller Trauer, dass sie sich nicht der Gnade Gottes teilhaftig fühle.

In einem Vorstadt-Varieté wird Cabiria von einem Hypnotiseur vor dem johlenden Publikum in Trance versetzt und teilt in diesem Zustand ihre Sehnsucht nach Liebe, Geborgenheit und Vertrauen mit. Dadurch macht sie die Bekanntschaft mit Oscar D’Onofrio. Der Mann gibt vor, ein braver Angestellter zu sein und Cabiria heiraten zu wollen. Sie ist überzeugt davon, dass Oscar der Mann ihrer Träume ist, und verkauft ihr schäbiges Haus, um mit ihm verreisen zu können. Als Cabiria an einem Abhang am Meer erkennt, dass sie wieder ausgenutzt wird, wirft sie Oscar enttäuscht und voller Angst ihre Tasche mit Geld vor die Füße und wälzt sich verzweifelt und schreiend im Laub und bittet ihn, sie umzubringen. Der nimmt das Geld und verschwindet. Nach diesem Ereignis kehrt Cabiria nach Rom zurück. Des Nachts macht sie dort die Begegnung mit einer fröhlichen Gesellschaft. Neue Hoffnung schöpfend schließt sie sich mit einem Lächeln den Menschen an. Wie Karl Löwith (Von Hegel zu Nietzsche) es formuliert hat: "Das wahre „Pathos“ der Weltgeschichte liegt nicht nur in den klangvollen und imponierenden „Größen“, mit denen sie es zu tun hat, sondern auch in dem lautlosen Leiden, welches sie über die Menschen bringt. Und wenn man etwas an der Weltgeschichte bewundern kann, dann ist es die Kraft, die Ausdauer und Zähigkeit, mit der sich die Menschheit aus allen Einbußen, Zerstörungen und Verwundungen immer neu wieder herstellt."

Kritiken

Der film-dienst bemerkte, dass in Cabiria „unwandelbar die fast schmerzend-heftige Sehnsucht nach Reinheit, nach Menschlichkeit gegenwärtig“ sei. Der Dialog mit dem Franziskanerbruder sei der „Angelpunkt des Films“. Fellini würde damit aufzeigen wollen, dass „die Gnade Gottes auch in den Unerleuchteten ist“. Trotz des intensiven Spiels von Giulietta Masina sei Die Nächte der Cabiria „nicht ganz so geschlossen, so unangreifbar geraten […] wie 'La Strada"'“. Es wurde auf die Wallfahrtssequenz hingewiesen, die bei deutschen Kinozuschauern einen „unangenehmen, fast hysterischen Eindruck“ hinterlassen würde. Dennoch hätte die Jury des Internationalen Katholischen Filmbüros (OCIC) Fellinis Regiearbeit mit einer besonderen Empfehlung ausgezeichnet.[1]

„Die Leere meiner Gestalten füllte sich früher mit Hoffnungen und mit menschlichen Wirklichkeiten. Cabiria gelingt es, ihre Leere mit einer viel tiefer reichenden Wirklichkeit auszufüllen.“, so Federico Fellini. „Die Serenade am Ende ist menschliche und lebenspendende Gnade. Der Film und Cabiria schließen nicht aus, daß diese Gnade voller Menschlichkeit das Vorspiel von Gottes Gnade ist. Aber das bleibt im Film mit Recht ein Geheimnis Cabirias.“[2]

Nach Reclams Filmführer ist die Titelfigur eine Verwandte der Gelsomina aus La Strada. Gemeinsamkeiten wären die Naivität, aber Cabiria sei „aktiver“ und kämpfe – wenn auch mit geringem Erfolg – um ihr Glück. Der Film sei als „Hommage an eine Arme im Geiste“ zu verstehen und nicht als Sozialkritik. Der Beruf der Prostituierten „dürfte nur Metapher für ihre äußerliche Einsamkeit und Erniedrigung sein.“[3]

Der US-amerikanische Journalist Joshua Klein pries den Film als „Klassiker“. Fellini mache aus Cabirias Geschichte keine „Mitleidsstory“. „Sie ist eine starke, stolze Frau, die kämpft und sich nach jedem Rückschlag wieder aufrafft und den Marsch in ein neues, besseres Leben von vorn beginnt.“[4]

Ende der 90er Jahre erschien eine restaurierte Fassung des Films, die unter anderem eine Szene enthält, die seinerzeit der italienischen Zensur zum Opfer fiel. In dieser führt ein guter Samariter („Mann mit Sack“) die Titelfigur zu Menschen, die in Höhlen im Untergrund leben und von ihm mit Essen versorgt werden. Die als religiöser Vorwurf verstandene, „mysteriöse“ Szene wurde daraufhin auf Betreiben von römisch-katholischen Behörden aus dem Film entfernt, so die US-amerikanische Kritikerin Janet Maslin (The New York Times), obwohl es viele davon in dem Film gäbe.

Auszeichnungen

1957 erhielt Giulietta Masina bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes den Darstellerpreis, während Federico Fellini um die Goldene Palme konkurrierte, aber gegenüber der US-amerikanischen Produktion Lockende Versuchung das Nachsehen hatte. Im selben Jahr wurde Giulietta Masina beim San Sebastián International Film Festival als Beste Darstellerin sowie Dino De Laurentiis mit einem David di Donatello für die Beste Produktion geehrt.

1958 gewann der Film den Oscar als bester fremdsprachiger Film, nachdem im Jahr zuvor Fellinis La Strada – Das Lied der Straße triumphiert hatte. Das Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani, die Vereinigung der italienischen Filmjournalisten, zeichnete Die Nächte der Cabiria mit Auszeichnungen in den Kategorien Beste Hauptdarstellerin (Giulietta Masina), Bester Regisseur (Frederico Fellini), Beste Produktion (Dino De Laurentiis) sowie Beste Nebendarstellerin (Franca Marzi) aus.

1959 folgten Nominierungen für die British Film Academy Awards in den Kategorien Bester Film und Beste ausländische Darstellerin (Giulietta Masina) sowie der CEC Award in der Kategorie Bester ausländischer Film. Auch gab es 1959 für den Film den katalanischen Filmpreis Sant Jordi in den Kategorien Beste ausländische Schauspielerin (Giulietta Masina), Bester ausländischer Regisseur (Frederico Fellini), Bester ausländischer Film (Frederico Fellini) sowie Bestes ausländisches Drehbuch (Ennio Flaiano, Tullio Pinelli, Pier Paolo Pasolini).

Adaptionen

Der Stoff des Films wurde 1966 von Neil Simon zum Musical Sweet Charity verarbeitet und am Broadway aufgeführt. 1969 wurde dieses wiederum von Bob Fosse mit Shirley MacLaine verfilmt.

Literatur

  • Federico Fellini: Die Nächte der Cabiria. (Originaltitel: „Le notti di Cabiria“). In: Federico Fellini: Filmszenarien. Band 1: La Strada, Die Nächte der Cabiria, La Dolce Vita, 8 1/2, Amarcord. Verlag Volk und Welt, Berlin 1983.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Kritik in: film-dienst, 43/1957.
  2. zitiert nach: film-dienst, 43/1957.
  3. vgl.: Dieter Krusche: Reclams Filmführer. 13., neubearbeitete Auflage. Reclam, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-15-010676-1, S. 514.
  4. vgl.: Joshua Klein: Die Nächte der Cabiria. In: Steven Jay Schneider (Hrsg.): 1001 Filme. Die besten Filme aller Zeiten. 2. Auflage. Ed. Olms, Hombrechtikon/Zürch 2005, ISBN 3-283-00525-7, S. 342.