Dom von Siena

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Dom von Siena
Cattedrale di Santa Maria Assunta
Cattedrale dell'Assunta
Außenansicht

Außenansicht

Daten
Ort Siena (SI)
Baumeister Giovanni Pisano, Camaino di Crescentino u.a.
Baujahr ca. 1263/ca. 1370
Höhe 77 m m
Koordinaten 43° 19′ 3,3″ N, 11° 19′ 43,3″ OKoordinaten: 43° 19′ 3,3″ N, 11° 19′ 43,3″ O

Der Dom von Siena (ital. Cattedrale di Santa Maria Assunta) ist die Hauptkirche der Stadt Siena in der Toskana. Heute ist das aus charakteristischem schwarzem und weißem Marmor errichtete Bauwerk eines der bedeutendsten Beispiele der gotischen Architektur in Italien.

Baugeschichte

Unvollendet gebliebene Fassade des geplanten „Duomo nuovo“ (Facciatone)

Der Dom entstand aus einer dreischiffigen romanischen Basilika. Heute präsentiert sich der Bau immer noch als solche, jedoch mit gotisch erhöhtem und eingewölbtem Mittelschiff, kompliziertem, mehrschiffigen Querhaus und einem gotischen Chor. Romanisch blieb die unregelmäßig sechseckige Kuppel über der Vierung, die für viele der Unregelmäßigkeiten des Baues verantwortlich ist. Baubeginn war 1229. 1263 wurde der Dom größtenteils fertiggestellt. Die Errichtung des rund 77 m hohen Glockenturms zog sich noch bis ins Jahr 1313 hin.

Eine letzte Vergrößerung wurde 1339 begonnen, aber wegen Geldmangel und Problemen mit der Statik nie zu Ende geführt; heute sind nur Nordseitenschiff und Fassade des „Duomo Nuovo“ zu sehen, die die Großartigkeit des unvollendeten Plans andeuten. Die Kirche, die den heutigen Dom als Querhaus weitergenutzt hätte, sollte in den Dimensionen Alt St. Peter, damals eine der größten Kirchen der Welt, übertreffen. 1357 wurden nach dem Wüten der Pest in Siena die Arbeiten an der Kathedrale eingestellt.

Der Dom während Renovierungsarbeiten im Sommer 2007

Als Gründe dafür werden in der Literatur Dürreperioden, Hungersnöte, Bankkonkurse und Seuchen, außerdem die Unzulänglichkeit des Bodens angegeben.[1][2]

Architektur

Fassade

Vorderansicht des Doms

Die dreiachsige Westfront mit spitzen Dreiecksgiebeln ist dekoriert durch eine Reihe von Säulen, Statuen und eingelegtem Marmor. Sie soll von Giovanni Pisano begonnen worden sein, datiert aber tatsächlich nach 1370. Sie wurde 1380 vollendet und erinnert an die frühere, von Orvieto begonnene Fassade 1310.

Die häufig in der Literatur zu lesende angebliche „Übernahme des französischen Skulpturenprogramms“ ist ohne weiteres so nicht stichhaltig. Das gotische Skulpturenprogramm in Frankreich und Deutschland ist auf die gesamte untere Hälfte der Fassade verteilt, mit Schwerpunkt an den Eingangsportalen, also auf der Bodenebene. Bei den italienischen gotischen Fassaden fangen die Figuren erst im Obergeschoss an und hängen dadurch über. Man hat fast den Eindruck als sei die Kirche als romanisches Bauwerk konzipiert und begonnen worden und man habe sich erst ab dem zweiten Obergeschoss entschieden, gotisch weiterzubauen.

Der Campanile stammt aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts und ist in Anlehnung an pisanisch-lombardische Glockentürme der Romanik gestaltet.

Ausstattung

Innenraum zur Apsis
Kanzel von Niccolò Pisano

Kanzel und andere bildhauerische Werke

Augenfällig unter den Kunstschätzen im Inneren ist die achteckige Kanzel von Niccolò Pisano (oder Nicola Pisano) von 1266 bis 1268. Sie ruht auf Säulen, die von Löwen gestützt werden. Zahlreiche Statuen und Bas-Reliefs von Renaissance-Künstlern, wie die Pecci-Grabplatte von Donatello, zieren die Altäre und Kapellen.

Der Piccolomini-Altar befindet sich im nördlichen Seitenschiff.

Mosaikfussboden

Der Bodenbelag der Kathedrale ist in seiner Art nahezu einmalig. Es handelt sich um kunstvoll gravierte Marmorplatten sowie Intarsienarbeiten in Farbe und Schwarzweiß. Vom 14. bis ins 16. Jahrhundert entstanden hier nach Entwürfen von 40 zum Teil heute noch berühmten Künstlern ihrer Zeit mehr als 50 Paneele, die den ganzen Fußboden des Doms bedecken. Es werden Szenen mit biblischen Themen, aber auch Allegorien zu Weisheit und Tugenden aus der Antike dargestellt, sowie auch Propheten und Sibyllen als gemeinsame Künder des Messias. Als eine der schönsten Arbeiten können unterhalb der Kuppeln die Szenen aus der Geschichte von Abraham, Moses und Elija gelten. Sie stammen von Domenico Beccafumi, der auch andere Szenen gestaltete.

Chorgestühl und Fenster

Das Chorgestühl ist ebenfalls erwähnenswert: die älteren Partien (aus dem originalen Chor) sind mit Intarsienarbeiten verziert; die anderen aus dem 16. Jahrhundert sind nach Zeichnungen von Riccio geschnitzt.

Das Chorfenster (heute befindet sich das Original im Dommuseum) wurde von Duccio di Buoninsegna entworfen.

Piccolomini-Bibliothek

Decke der Piccolomini-Bibliothek
In Piccolomini-Bibliothek

Die Piccolomini-Bibliothek, die an den Dom angrenzt, wurde von Kardinal Francesco Piccolomini (später Pius III.) zu Ehren seines Onkels Pius' II. gegründet. Hier befinden sich Pinturicchios berühmte Fresken mit Szenen aus dem Leben des späteren Papstes und eine Sammlung von Chorbüchern (auf gemeißelten Tischen) mit Malereien von Sieneser und anderen Künstlern.

Orgel

Orgelgehäuse (rechte Sängertribüne)

Die Orgel wurde 1966 von der Orgelbaufirma Tamburini erbaut, unter Wiederverwendung eines Großteils des Pfeifenmaterials der Vorgängerinstrumente. Das Instrument hat 72 Register auf vier Manualwerken und Pedal. Die Trakturen sind elektrisch. Die einzelnen Orgelwerke sind auf mehrere Orgelgehäuse in der Kathedrale verteilt: Hinter dem Hochaltar verborgen befindet sich das „Positivo“. Auf der linken Sängertribüne sind das Hauptwer (Grand'Organo) und das Pedal untergebracht; auf der rechten Sängertribüne befinden sich das Schwellwerk (Espressivo). Das Solowerk ist die Orgel in der Kapelle der Madonna del Voto.

I Positivo corale C-c4
nicht schwellbar
Principale 8'
Ottava 4'
XV 2'
Ripieno V 2'

schwellbar
Bordone 16'
Flauto a camino 8'
Flauto a cuspide 4'
Sesquialtera II 22/3'
Flautino 2'
Larigot 11/3'
Tromba armonica 8'
Cromorno 8'
Tremolo
II Grand'Organo C-c4
Principale 16'
Principale forte 8'
Principale dolce 8'
Ottava 4'
XII 22/3'
XV 2'
XIX-XXII 1'
Ripieno grave IV 2'
Ripieno acuto III 1'
Unda maris 8'
Flauto traverso 8'
Flauto in VIII 4'
Flauto in XII 22/3'
Tromba 16'
Tromba 8'
Chiarina dolce 4'
Tromba orizzontale 8'
Tromba orizzontale 4'
III Espressivo C-c4
Principale 8'
Fugara 4'
Ripieno V 2'
Bordone 16'
Clarabella 8'
Flauto ottaviante 4'
Nazardo 22/3'
Silvestre 2'
Flauto in XVII 13/5'
Flauto in XXII 1'
Viola dolce 8'
Coro viole IV 8'
Tremolo
Oboe 8'
Regale 8'
Campane
IV Solo C-c4
Manualwerk
Principale 8'
Ottava 4'
XV 2'
Ripieno IV 11/3'
Voce umana 8'
Flauto 8'
Flauto in VIII 4'
Ottavino 2'
Cornetto II 22/3'

Pedalwerk
Contrabbasso 16'
Basso 8'
Pedale C-f1
Principale 16'
Ottava 8'
XV 4'
Ripieno VI 22/3'
Controbombarda 32'
(Fortsetzung)
Trombone 16'
Trombone 8'
Tromba 8'
Clarone 4'
Claroncino 2'
(Fortsetzung)
Principale acustico 32'
Subbasso 32'
Contrabbasso 16'
Subbasso 16'
Bordone amabile 16'
(Fortsetzung)
Violone 16'
Bordone 8'
Bordone amabile 8'
Flauto 4'
Corno dolce 4'
Campane

Baptisterium

Das Taufbecken
Die Decke
Die Decke

In das Baptisterium San Giovanni, das in den Substruktionen des Domchores eingerichtet ist (1325 war der Anbau fertig), tritt man über eine äußere Flucht von Marmortreppen von 1451. Die schöne, aber unvollständige Fassade, wurde von Giovanni di Mino del Pellicciaio 1382 entworfen.

Im Inneren befindet sich ein Taufbecken mit Bronze-Reliefs von Donatello, Ghiberti, Jacopo della Quercia und anderen Bildhauern des 15. Jahrhunderts. Die Fresken der Gewölbe führte der Sieneser Maler Vecchietta aus.

Museo dell’Opera del Duomo

Die Opera del Duomo enthält neben dem Fenster des Domchores auch Duccio di Buoninsegnas berühmte Maestà, die 1308–1311 für die Kathedrale gemalt wurde, sowie andere Kunstwerke, die aus dem Kontext der Kathedrale stammen. Durch das Museum kann man die Fassade des „Duomo Nuovo“ betreten, der nie vollendet wurde (s.o.).

Literatur

  • Enzo Carli: „Der Dom von Siena und das Dommuseum“. Scala, Florenz 1999. ISBN 9788881174775
  • Bruno Santi: „Der Marmorboden des Domos von Siena“. Scala, 1982. ISBN 9788881174836
  • Alessandro Cecchi: „Die Libreria Piccolomini im Dom von Siena“. Scala, 1982.

Einzelnachweise

  1. Keller, Harald: Die Kunstlandschaften Italiens [1960]. Frankfurt a.M. 1983, S. 129 und S. 299: Im Pestjahr verlor Siena ¾ seiner Einwohner, u.a. den Dombaumeister
  2. Toman, Rolf (Hrsg.): Die Kunst der Gotik. Architektur – Skulptur – Malerei. Köln 1998, S. 254

Weblinks

Commons: Dom von Siena – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien