Dschāmi

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Nur ad-Din Abdur Rahman Dschami (persisch نورالدین عبدالرحمن جامی, DMG Nūr od-Dīn 'Abd or-Raḥmān Ǧāmi; auch Jami und mit Titel Maulānā; * 18. August 1414 im Gebiet von Dscham in Chorasan, heute in Afghanistan; † 19. November 1492 in Herat) war ein persischer Mystiker und Dichter (siehe auch Sufismus). Er gehörte der Naqschbandi-Tariqa an, die zu jener Zeit im Gebiet des heutigen Afghanistan und Zentralasien eine politisch und kulturell wichtige Rolle spielte, und gilt als der letzte klassische Dichter des klassischen Persien.

Leben

Aus Dschamis Autobiographie geht hervor, dass er schon in sehr jungen Jahren eine Schule besuchte. Neben Lesen und Schreiben studierte er dort auch den Koran, anschließend Linguistik, Logik, Philosophie, Mathematik, Astronomie, Islamisches Gesetz (Schari'a) und die Hadith-Literatur. Die Herkunft seines Dichternamens erklärt er selbst so:

مــولدم جــام و رشــــحــهٔ قـلـمـم
جرعهٔ جام شیخ الاسلامی است
لاجـــرم در جـــریـــدهٔ اشـــعــار
به دو معنی تخلصم جامی است
Geboren bin ich in Dscham, und meine Feder
Hat vom Wissen des Scheich Ahmad-e Dschami getrunken
Deshalb ist im Buch der Dichtung
Mein Dichtername als „Dschami“ bekannt.

Später ließ er sich in der Stadt Samarkand nieder und verfolgte dort weitere Studien bei dem damals bekannten Gelehrten Tabrizi. Durch dessen Gesellschaft erregte Dschami die Aufmerksamkeit der Prominenz von Samarkand und seine Werke fanden so zu einem hohen Bekanntheitsgrad.

Nach neun Jahren kehrte er nach Herat zurück und bekleidete einen Lehrstuhl an einer von König Shahrukh errichteten Schule. Man sagt, Dschami beherrschte jeden Wissenschaftszweig seiner Zeit und sei zudem ein geachteter Verfasser von Kommentaren gewesen.

Sein Wissen umfasste auch den Sufismus, wobei man ihn nicht selten mit dem berühmten Sheikh Ibn Arabi († 1240) vergleicht. Tatsächlich verfasste er sogar eine Reihe kritischer Kommentare und Erklärungen zu einem seiner Werke.

Ungefähr im Alter von 60 oder 64 Jahren begab er sich auf die Pilgerreise nach Mekka. Anschließend besuchte er Syrien, Ägypten und Irak.

Dschami durchschritt die schwierigen Stufen auf dem Pfad des Naqschibandi-Ordens in relativ kurzer Zeit und erreichte einen hohen Grad an Vollkommenheit. Nach dem Tod seines Sheikhs Kashghari wurde er von Khwaja Ahrar unterwiesen. Diese beiden Sufis scheinen ihn in seiner Spiritualität am meisten beeinflusst zu haben.

Der Nachwelt hinterlässt Dschami insgesamt 81 Werke über verschiedenste Themen, darunter Gedichtsammlungen, Geschichten, Erläuterungen zu Werken anderer bekannter Sufis, philosophische und philologische Traktate und sogar ein Buch über Rätsel, die in der damaligen persischsprachigen Welt sehr beliebt waren.

Dschamis bescheidenes Grab in Herat wird bis heute von gläubigen Muslimen aus aller Welt besucht.

Literarische Werke

Illustration zu Vater und Sohn in Dschamis Haft Aurang
  • Nafahāt al-uns (Hauche der Vertrautheit): Biographie der wichtigsten islamischen Heiligen
  • Lavā'ih (Lichtblitze): Ein bekannter Traktat zur Mystik
  • Bahāristān (Der Frühlingsgarten): Anekdoten in Vers und Prosa, nach Saadis Rosengarten.
  • Divān-e sigāna (Der dreifache Diwan): Sammlung von Gedichten aus Dschamis Jugend, Erwachsenenzeit und Alter
  • Haft Aurang (Sieben Throne), ein siebenteiliger, zwischen 1468 und 1485 entstandener Epenzyklus[1], der zum Teil auf den Fünf Epen des Nizāmī aufbaut:
    • Silsilat az-zahab (Die Kette von Gold): moralische Anekdoten
    • Subhat ul-abrār (Der Rosenkranz der Frommen): weitere Anekdoten, nach Nizāmis Schatzkammer der Geheimnisse
    • Salamān und Absal: Tragische Liebesgeschichte eines Prinzen und seiner Amme.
    • Tuhfat ul-ahrār (Das Geschenk der Freien)
    • Yūsuf und Zulaikha: Die koranische (und biblische) Liebesgeschichte von Josef, dem Sohn des Patriarchen Jakob, und der Frau des Potifar. Dieses Epos wurde besonders berühmt. In der Tradition der islamischen Mystik erscheint hier Josef als die göttliche Schönheit in Person und Zulaikha als wahre Liebende, die ihre Vernunftehe loswerden muss.
    • Lailā und Madschnūn: Die unglückliche Liebe zweier Araber, deren Stämme verfeindet sind, nach Nizāmi. Dschami deutet die Geschichte jedoch eindeutig als Allegorie der Liebe der Seele zu Gott
    • Kheradnāma-yi Iskandarī (Das Buch von der Vernunft Alexanders), nach Nizāmis Alexanderbuch.

Ausgaben

  • XVI Century Miniatures Illustrating Manuscript Copies of the Works of Jami from the USSR Collections. Moskwa (Moskau)
  • Salman and Absal of Abd-al-Rahman Jami. Academy of Sciences and the Writer's Association. Tajik SSR 1977

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Stuart Cary Welch: Persische Buchmalerei aus fünf königlichen Handschriften des sechzehnten Jahrhunderts. Prestel-Verlag, München 1976, 2. Aufl. 1978 (ISBN 3-7913-0388-0), S. 98–137; S. 98