Ehemalige Großherzogliche Wassermühle zu Bützow

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Wassermühle Bützow

Daten
Ort Bützow, Bahnhofstraße 2
Architekt Adolph Prahst
Baustil Backsteinarchitektur, Industriearchitektur
Baujahr 1894
Koordinaten 53° 50′ 49,3″ N, 11° 59′ 13,8″ OKoordinaten: 53° 50′ 49,3″ N, 11° 59′ 13,8″ O
Besonderheiten
Bützower Baudenkmal Nr. 0044

Die Ehemalige Großherzogliche Wassermühle in Bützow ist ein Backsteinbau und ein Technisches Denkmal der Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts.

Geschichte der Mühlen in Bützow[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

13. und 14. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

An Flüssen mit geringem Gefälle entstanden im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Wassermühlen in Mecklenburg. Schon die älteste Urkunde der damaligen Bischofsstadt Bützow aus dem Jahr 1229 trifft Bestimmungen über die Gründung von Mühlen und deren Abgaben.[1] Diese waren erst bischöflich, dann städtisch und zuletzt großherzoglich.[2]

Einen weiteren urkundlichen Nachweis des Bestehens einer Mühle im Land Bützow (Terra Butissowe) gibt es vom 24. Juli 1307. In der Urkunde ist die Rede vom Burgbau und von einer Mühle. Wo die Mühle sich befand, ist nicht belegt.[3]

16. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Durch die Stadtbrände von 1518, 1679 und 1716 ist der Hauptteil der ältesten Akten der Stadt Bützow verlorengegangen.[4] Schriftlich bekannt ist, dass Herzog Ulrich (Mecklenburg) am 9. März 1586 eine Genehmigung zum Bau einer Papiermühle in Bützow gab. Seine Bedingung war, dass die Papiermühle seinen Kornmühlen das Wasser nicht schmälern dürfe.[5]

Urkundlich bekannt ist auch, dass im 16. Jahrhundert eine Kornmühle am Rühner Tor (Vor dem Rühner Tor) und eine zweite Kornmühle am Wolkener Tor (Vor dem Wolker Tor) von dem Magistrat der Stadt, an Herzog Ulrich zu Mecklenburg abgeben wurden, weil die Stadt die notwendigen Reparaturen nicht mehr vornehmen konnte.[6]

17. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Grundriss Bützow 1688

Aus Akten des 17. Jahrhunderts erfahren wir, dass auf dem Amtsgebiet Bützow, in unmittelbarer Nähe der Stadt, sich vier Mühlen befanden. Die Kornmühle vor dem Wolkener Tor war von allen Mühlen des Stifts Schwerin die bedeutendste; sie allein mahlte mit vier Gängen. Die andere Kornmühle, vor dem Rühner Tor gelegen, mahlte mit zwei Gängen. Es wurde in beiden Mühlen Korn und Malz gemahlen. Nach einem Iventarium von 1634 mussten die Müller in Bützow, jährlich einige Schweine für das Amt fett machen.

Von einer gleichfalls beim Rühner Tor, nahe beim Bützower See gelegene Walkmühle die Klein- und Grobmacher (Tuchmacher) unterhalten, berichtet das Landbuch. Im 16. Jahrhundert gab es auch noch eine Sägemühle in Bützow; aber im 17. Jahrhundert kommt diese Mühle nicht mehr vor.

Da das Bestehen zweier Kornühlen, infolge der Wasserentnahme, unhaltbare Zustände schuf, wurde die Kornmühle am Rühner Tor in der Mitte des 19. Jahrhunderts abgetragen.[2]

19. Jahrhundert[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wolkener Tor 1870

Ab 1858 pachtete Franz Scheuermann den alten Mühlenkomplex am Wolkener Tor. Das Wohnhaus direkt an der Straße zum Bahnhof, einer Kornmühle, einer Ölmühle und ein Wirtschaftsgebäude gehörte zum Pachtland des Großherzogs. Die Mühle besaß zu der Zeit zwei Wasserräder an den Durchgängen von der Oberwarnow zur Unterwarnow. Das großherzogliche Finanzministerium, als Verpächter schob längst versprochene Sanierungen an der maroder werdenden Pachtsache immer wieder auf. Nur notwendigste Instandsetzungen an den Wasserrädern und Mahlwerken wurden ausgeführt. Scheuermann kündigte 1874 den Pachtvertrag. Durch den maroder Zustand der Mühle, fand sich monatelang keine Bewerber, schließlich gelang es dem damaligen Bützower Amtshauptmann Prehn, den Müllermeister Carl Propp als Pächter zu gewinnen. Propp war Besitzer einer schon über Generationen in Familienbesitz befindlichen Windmühle in Bernitt bei Bützow.[7] Carl Propp legte am 17. Januar 1876 den Bürgereid der Stadt Bützow ab.[8]

Geschichte der großherzoglichen Wassermühle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1894[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Sommer 1894, entschloss sich das großherzogliche Finanzministerium unter Großherzog Friedrich-Franz III., den gesamten Mühlenkomplex an der Warnow abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen. Mit der Architektur und Bauplanung wurde der Oberlandbaumeister Adolf Prahst beauftragt. Mehrere hundert Eichenpfähle von 2,5 Meter Länge wurden gerammt, nachdem zuvor schon 1,5 Meter tief einst aufgeschütteter Boden ausgehoben worden war. Nach der Fertigstellung des schweren Natursteinsockels übernahm Maurermeister Friedrich Nagel die Bauleitung über den Hochbau.

Im Juli 1895 war das gesamte Bauensemble fertig. Die beiden Fünfgeschosser zeichnen sich durch senkrechte Lisenen, Querriegel verschiedenster Muster und Ornamenten aus Backsteinen aus. Verdeckt hinter zwei Radkammern befanden sich die unterschlächtigen Wasserräder mit einer Nutzbreite von 5 Metern und einem Radius von 4,50 Metern. Von einer gusseisernen Antriebswelle gingen sternförmig Eisenträger ab, an denen lamellenartig Schaufeln aus Eichenholz befestigt waren.[9] Zu dem Komplex gehörten noch Pferdestallung, Hof und Uferbefestigung. Mit der größten Mahlanlage in Mecklenburg hatte die Mühle ab sofort ein Grundkontingent von 2000 Tonnen Roggen und 1000 Tonnen Weizen und war somit damals die größte Wassermühle Mecklenburgs.[7]

1900[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Müllermeister Carl Propp (1834–1895) verstarb plötzlich,[10] und der Pachtvertrag ging auf die Witwe Maria Propp über, die weiter unter dem Namen Carl Propp firmierte. Der Sohn August Propp (1876–1941) übernahm die Stelle des Vaters.

Nur eines der beiden Wasserräder konnte in den Sommermonaten stundenweise angetrieben werden. Propp einigte sich mit dem großherzoglichen Finanzministerium und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde ein Dampfkessel eingebaut. Der rechte Flügel vom symmetrisch angelegten Eingangsportal wurde abgerissen, die Wand zum Maschinenhaus aufgebrochen, der Dampfkessel aufgebaut und mit einem Maschinenhaus überbaut. Dazu kam ein 28 Meter hoher Stahlschornstein, der das Dach überragte. Der Zufluss zum Wasserrad am Giebel wurde zugeschüttet.

Die den Bützower Hafen anlaufenden Schiffe transportierten auf ihrer Rückfahrt zum Rostocker Stadthafen regelmäßig Mehl der Proppschen Mühle. Umgeladen auf Segler oder Dampferschiffe gelangte es in Häfen des gesamten Ostseeraums bis nach Helsinki.[7]

1918[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Abdankung von Großherzog Friedrich Franz IV. kam es zwischen dem Finanzministerium des jetzigen Freistaates Mecklenburg zu einem neuen Pachtvertrag. Propp hatte inzwischen die Carl Propp KG gegründet.[7]

1941[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 7. Juli 1941 kaufte Propp das Grundstück und den Mühlenkomplex. Als Kaufpreis wurden 150 000 Reichsmark vereinbart. Zusätzlich verpflichtete sich der Käufer, die gesamte Mühleneinrichtung innerhalb eines Zeitraumes von 20 Jahren, also bis 1961, in vier Bauabschnitten von je fünf Jahren vollständig zu erneuern. August Propp (1876–1941) starb 1941,[11] nun übernahmen Tochter Charlotte, ihr Mann Kurt Schröder und der Prokurist Hermann Fleischer.[7]

Nach 1945[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Alle Aktivitäten der privaten Unternehmen wurden in die Planwirtschaft einbezogen. Das Getreidekontingent wurde vom Rat des Kreises Güstrow zugeteilt. Einziger Lieferant wurde der Volkseigener Erfassungs- und Aufkaufbetrieb (VEAB). Die Auslieferung von Mehl und Schrot durfte nur an zugewiesene Lebensmittelbetriebe, Bäckereien und Einzelhändler erfolgen. Das Preismonopol sowohl für die Erzeuger- als auch Verbraucherpreise hatte die Landesregierung. Eine Ausnahme gab es in den ersten Nachkriegsjahren. Wer auf abgeernteten Feldern Ähren gesammelt hatte, durfte sie in der Mühle schroten lassen oder bekam Gutscheine für Mehl.[7]

1950–1970[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Aufgrund staatlicher Restriktionen mussten die Eigentümer den Mühlenbetrieb zum Jahresende 1958 aufgeben. Die Kesselanlage wurde verschrottet, sämtliche Mahltechnik, Elevatoren und Treibriemen ausgebaut, verkauft oder verschrottet. 1960 erfolgte eine Vermietung an den volkseigenen Großhandelsbetrieb Obst-Gemüse-Speisekartoffeln (OGS).[7]

1980–2023[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1980 wurde durch staatliche Auflage (Sollstellung) die Behausung des Wasserrads am Giebel zur Schleuse entfernt und mit Schneidbrenner die Wasserräder teilweise zerlegt. Nur eines der zwei Wasserräder ist erhalten. 1985 wurden die Reste der damaligen Schieferschindeln entfernt und das Dach mit Wellasbest neu eingedeckt. 1989 wurde der Rechtsträgerwechsel über die Mühle vollzogen. Neuer Rechtsträger des Volkseigentums wurde der VEB Dienstleistungen Bützow.[7] Ein Privateigentümer kaufte nach der Wende von 1989 das Objekt, es wurde gesichert und er bewahrte es vor dem Verfall. Am 5. Mai 2015 beschädigte ein Tornado in Bützow den Dachstuhl, Dach und einen der Türme. Der Inhaber und die Deutsche Stiftung Denkmalschutz behoben die Schäden.[12] 2019 gab es einen Eigentümerwechsel und 2020 erfolgte eine umfangreiche Sanierung der Wassermühle. Heute wird sie als Wohn- und Geschäftsgebäude genutzt.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Franz Schildt: Das Bisthum Schwerin in der evangelischen Zeit (I. Theil). In: Jahrbücher des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde. Band 47, 1882.
  • Friedrich von Hössle: Alte Papiermühlen der deutschen Küstenländer. In: Der Papierfabrikant. Band 20, Ausgabe 1, Heft 5 & 6, 1922.
  • C.Buhr Ratsbuchdrucker: Handel und Industrie im Wandel der Zeiten. In: 700 Jahre Bützow. 1929.
  • Hans Wilhelm Barnewitz: Von mecklenburgischen Mühlen. In: Ostmecklenburgische Heimat, Jahrg. 4. 1931.
  • Robert Beltz: Die Entwicklung unseres heimischen Mühlenwesens. In: Zeitschrift des Heimatbundes Mecklenburg. 10. 1935.
  • Jürgen Kniesz (Text) und Volker Schrader (Fotos): Mühlen in Mecklenburg-Vorpommern. Edition Temmen, Bremen 2006, ISBN 978-3-86108-054-1.
  • Fritz Hoßmann: Ehemaliege Großherzogliche Wassermühle zu Bützow. In: Broschüre. Bützow 2018.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Mühle Bützow – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Hans Wilhelm Barnewitz: Von Mecklenburgischen Mühlen. In: Ostmecklenburgische Heimat-Jahrg.4/Nr.3/S.1. Teterow 1. Februar 1931.
  2. a b C.Buhr Ratsbuchdrucker: Handel und Industrie im Wandel der Zeiten. In: 700 Jahre Bützow-S.75. 1929.
  3. Hartmut Böhnke - Architekt: Übersicht der Baugeschichtlichen Befunde des Krumme Hauses -Bützow 1998. In: Bützower Nachrichten Nr. 12, S.16. 1999.
  4. Stadt Bützow: Historisches Archiv. 2023 (buetzow.de).
  5. Wilhelm Stieda: Studien zur Geschichte des Buchdrucks in Mecklenburg. In: Archiv für Geschichte des Buchhandels. Band 17. Leipzig 1894, S. 17.
  6. Friedrich von Hößle: Alte Papiermühlen der deutschen Küstenländer. In: Der Papierfabrikant, Band 20, Ausgabe 1, Heft 5 & 6, S.152. 1922 (google.de).
  7. a b c d e f g h Fritz Hoßmann: Ehemalige Großherzogliche Wassermühle zu Bützow. In: Broschüre. Bützow 2018.
  8. Wolfgang Schmidtbauer: Bützower Bürgerlisten. Bützow 2000.
  9. Die ehemalige großherzogliche Wassermühle auf YouTube
  10. Hans Peter "Carl" Wilhelm Propp in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 21. Januar 2024 (englisch).
  11. August Hans Wilhelm Ludwig Propp in der Datenbank Find a Grave, abgerufen am 21. Januar 2024 (englisch).
  12. Carola Nathan: Die ehemalige Großherzogliche Mühle wurde gesichert-Schnelle Hilfe für Bützow. In: Das Magazin der Deutsche Stiftung Denkmalschutz. 2016 (monumente-online.de).