Eisenbahnunfall von Breifoss

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Der Eisenbahnunfall von Breifoss war der Frontalzusammenstoß eines Personen- und eines Güterzuges auf der Bergenbahn bei Breifoss in Norwegen am 28. Februar 1944. Mehr als 25 Menschen starben.

Ausgangslage[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schwesterlokomotive der Maschine, die den Nachtzug von Oslo zog (Norwegisches Eisenbahnmuseum, Hamar)

Der Unfall ereignete sich während der deutschen Besetzung Norwegens im Zweiten Weltkrieg. Die Bergenbahn ist eine eingleisige Bahnstrecke. Zwei Züge waren an dem Unfall beteiligt:

  • Der Nachtzug Nr. 607 von Oslo V nach Bergen, gezogen an der Unfallstelle von der Dampflokomotive Nr. 403 der Baureihe 31b. Die Züge nach Bergen verkehrten während des Krieges vom Westbahnhof (Oslo V) aus, weil ab hier ein längerer Abschnitt mit Elektrolokomotiven zurückgelegt und so Kohle gespart werden konnte.[1]
  • In der Gegenrichtung verkehrte von Bergen nach Oslo der Güterzug Nr. 1428, gezogen von der Nr. 169 der Baureihe 39a. Der Güterzug bestand aus zehn Kesselwagen mit Dieselkraftstoff, zwei Wagen mit Fisch, zwei offenen Güterwagen und einem Güterzugbegleitwagen am Zugende, der mit einem Zugführer besetzt war.[1] Die Fahrzeuge waren eine Mischung norwegischer und deutscher Herkunft, die kriegsbedingt schlecht gewartet waren. Der Zug wog 460 t.

Die Fahrt des Güterzugs begann bei relativ gemäßigten Temperaturen und feuchtem Wetter an der norwegischen Westküste und verlief bis zum 1301 m hoch gelegenen Scheitelpunkt der Strecke, Taugevatn, völlig problemlos. Im Folgenden Gefälle bis Finse verhielt sich der Zug noch normal. Nach einem Halt im Bahnhof Finse setzte er seine Fahrt fort. Dort betrug die Temperatur allerdings −29 C°,[1] auf der Hardangervidda herrschte strenges Winterwetter.

Unfallhergang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Bahnhof Geilo hätte die Kreuzung der beiden Züge planmäßig um 3:10 Uhr stattfinden sollen. Allerdings versagten die Bremsen des Güterzuges noch im Gefälle vor dem Bahnhof. Als Grund dafür gab es mehrere Vermutungen:

  • In den Bremszylindern habe sich aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit in Bergen bei der Bergfahrt bis Taugevatn Kondenswasser gebildet, das, als der Zug in den Frost-Bereich jenseits des Scheitelpunkts einfuhr, gefror und die Bremsen blockierte.
  • Kriegsbedingt minderwertiges Schmieröl für die Bremsventile habe in Verbindung mit der großen Kälte verursacht, dass die Ventile nicht mehr ansprachen.[1]
  • Einige der Fahrzeuge seien mit Kunze-Knorr-Bremsen ausgestattet gewesen, die für die starken Gefälle auf der Bergenbahn nicht ausgelegt gewesen seien.[1]

Der Lokomotivführer gab Warnsignale, als er das Bremsversagen bemerkte, woraufhin der Zugführer den Zug entlangkletterte und vergeblich versuchte, die Handbremsen anzuziehen.[1] Lokomotivführer und Heizer sprangen von der Lokomotive ab, bevor der Zug den Bahnhof Geilo erreichte. Sie erlitten keine schwereren Verletzungen.[2][1]

Der Zug durchfuhr den Bahnhof, schnitt die Weiche vom Überholungsgleis zum Streckengleis in der Bahnhofsausfahrt auf und fuhr in den durch den entgegenkommenden Personenzug besetzten Streckenabschnitt ein. Das führte zur Frontalkollision der beiden Züge in der Nähe des ehemaligen Haltepunkts „Breifoss“[Anm. 1][3], wobei die Eisenbahnfahrzeuge – auch die Kesselwagen – schwer beschädigt wurden. Treibstoff lief aus und entzündete sich, wodurch mehrere der hölzernen Personenwagen in Brand gerieten.

Folgen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

25 Norweger und eine unbekannte Anzahl Wehrmachtsangehöriger[Anm. 2][1], die meisten im ersten Personenwagen, starben bei dem Unfall. Unter den Todesopfern befanden sich der Lokomotivführer und Heizer der Lokomotive des Zuges aus Oslo[1] und die 44-jährige Schriftstellerin Ingeborg Rolfsen Grieg, die Schwester von Nordahl Grieg. Drei weitere Menschen wurden darüber hinaus schwer verletzt. Die Strecke war drei Tage lang gesperrt.[2]

Die deutschen Besatzer vermuteten Sabotage, Lokführer und Heizer des Güterzuges wurden inhaftiert und später im Polizeihäftlingslager Grini interniert. Nach acht Monaten wurden sie freigelassen, als feststand, dass ein technischer Defekt die Ursache des Unfalls war.[4]

Die Lokomotive Nr. 403 wurde schwer beschädigt und 1946 verschrottet, während Nr. 169 repariert werden konnte.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Breifoss-ulykken. In: digitaltmuseum.no. Norsk Jernbanemuseum, abgerufen am 3. September 2023 (norwegisch, Fotos der Unfallstelle).
  • Trygve Johannesen: Breifoss-ulykken. Abgerufen am 3. September 2023 (norwegisch).
  • Espen Franck-Nielsen: Norwegian Rail Pages. The Breifoss Disaster. In: norwegian-railway.blogspot.com. 7. Dezember 2011, abgerufen am 3. September 2023 (englisch).

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Der Haltepunkt Breifoss am km 247,52 wurde am 1. Juli 1931 eingerichtet und bereits am 31. August 1931 wieder geschlossen. Am 8. September 1947 wurde der Haltepunkt nunmehr unter dem Namen Breidfoss wieder eröffnet und am 23. Mai 1971 erneut geschlossen. Die benachbarte 41 Meter lange Eisenbahnbrücke über die Usta trägt die Bezeichnung „Breidfossbrua“.
  2. Aufgrund kriegsbedingter Geheimhaltung gab es dazu keine genaueren Angaben. Die Bergens Tidende schrieb – unter den Zensurbedingungen – wahrheitswidrig, dass deutsche Soldaten nicht unter den Opfern seien.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g h i Espen Franck-Nielsen: Norwegian Rail Pages. The Breifoss Disaster. In: norwegian-railway.blogspot.com. 7. Dezember 2011, abgerufen am 3. September 2023 (englisch).
  2. a b Breifoss-ulykken. In: digitaltmuseum.no. Norsk Jernbanemuseum, abgerufen am 3. September 2023 (norwegisch, Fotos der Unfallstelle).
  3. Thor Bjerke, Finn Holom: Banedata 2004. Data om infrastrukturen til jernbanene i Norge. Hrsg.: Jernbaneverket, Norsk Jernbanemuseum und Norsk Jernbaneklubb Forskningsavdelingen. NJK Forskningsavdelingen, Hamar/Oslo 2004, ISBN 82-90286-28-7, S. 166, urn:nbn:no-nb_digibok_2011040708010 (norwegisch).
  4. Espen Rostrup Nakstad: Kode rød: Kampen for det vakre. Gyldendal 2021, S. 288–298. ISBN 978-82-05-54775-9

Koordinaten: 60° 33′ 15,5″ N, 8° 16′ 37,8″ O