Erbamt
Ein Erbamt war im Heiligen Römischen Reich ein Erzamt, das Adelsfamilien in Stellvertretung der Kurfürsten bei offiziellen Anlässen (etwa Krönungen) ausübten. Diese Ämter hat man ursprünglich nur auf Lebenszeit vergeben, doch seit dem Beginn des 13. Jahrhunderts wurden sie vererblich.
Erzerbämter des Heiligen Römischen Reiches
Zuletzt hatten folgende Familien die Ämter inne:
- Erbmarschallamt: die Grafen von Pappenheim
- Erbtruchsessenamt: zunächst die Grafen von Nordenberg, dann die Grafen Truchsess zu Waldburg
- Erbkämmereramt: Hohenzollern, davor die Grafen von Falkenstein
- Erbschenkamt: die Grafen zu Limpurg, bis 1713. Nach dem Erlöschen dieser Familie wurden vom Reichserzschenken (König von Böhmen) die österreichischen Grafen Althan mit diesem Amt beliehen.
- Erbküchenmeisteramt: die Grafen Truchsess zu Waldburg
- Erbschatzmeisteramt: die Grafen zu Sinzendorf
- Erbjägermeisteramt: die Grafen von Schwarzburg bis 1708
- Erbstallmeisteramt: die Grafen von Schwarzburg
- Erbtürhüteramt: die Grafen von Werthern
- Erbgeneral- oder Oberpostmeisteramt im römischen Reich und in den Niederlanden: die Grafen von Thurn und Taxis
- Das kaiserliche Obrist-Hof- und Feldpostamt: die Grafen von Paar
- Erbbanneramt: die Herzöge von Württemberg
- Das Recht der Vorstreit zwischen Rhein und Weser: die Grafen von Werl-Arnsberg, zuletzt an das Haus Nassau.
Diese Familien führten meistens das Symbol ihres Amtes im Wappen.
Bei der Krönung eines Kaisers oder Römischen Königs hatten Vertreter dieser Familien in Stellvertretung der Kurfürsten die Insignien zu tragen und vor bzw. beim anschließenden Krönungsmahl symbolische Handlungen zu setzen:
- Der Erbmarschall trug das Reichsschwert und ritt beim Krönungsmahl mit seinem Pferd in einen aufgeschütteten Haferhaufen, der dem Pferd bis zum Bauch reichen musste.
- Der Erbkämmerer trug das Reichszepter und reichte beim Krönungsmahl dem Kaiser einen Krug mit Wasser und ein Tuch zum Hände waschen.
- Der Erbmundschenk brachte dem Kaiser einen silbernen Becher mit Wein.
- Der Erbtruchsess trug den Reichsapfel und schnitt beim Krönungsmahl eine Scheibe von einem auf dem Platz vor dem Römer in Frankfurt gebratenen Ochsen ab und überreichte sie dem Kaiser.
- Der Erbbannerträger trug das Reichsbanner und die Reichssturmfahne.
- 1658 zur Krönung Leopolds I. versah erstmals der Erbschatzmeister sein Amt, indem er Gedenkmünzen ins Volk warf. Er trug bei der Krönung dann die Reichskrone. Dieses Amt wurde nach 1648 verliehen, um ein entsprechendes Erbamt, in Anlehnung an die achte Kurwürde der Pfalzgrafen bei Rhein zu schaffen, denen das Erzschatzmeisteramt verliehen wurde.
Nach diesen Zeremonien wurden Hafer, Wein und Ochse dem Volk gegeben, was regelmäßig zu Tumulten führte.
Nicht alle Erbämter hatten Bestand. Graf Rainald II. von Geldern bekam 1339 zusammen mit der Herzogswürde den Titel von Erzgarderobemeister (Protovestiarius), doch konnte sich das entsprechende Amt angeblich nicht durchsetzen.
Weitere Erz- und Erbämter
Neben diesen Reichserbämtern bestanden aber auch Erbämter der einzelnen Reichsfürsten. Schon Kaiser Konrad II. hatte den Reichsfürsten das Recht erteilt, nach dem Muster der Reichserzämter Hofämter zu errichten. Diese Hofämter, nachmals beträchtlich vermehrt und teilweise mit einträglichen Pfründen ausgestattet, wurden ebenfalls in gewissen Familien erblich. Sie waren als angenehme Sinekuren gesucht. Mit der Auflösung des Reiches hörten auch dessen Erbämter auf; diejenigen in den einzelnen Ländern blieben zum Teil erhalten, neue Erblandeshofämter kamen hinzu.[1] Ihre Errichtung war Sache des Landesherrn, ihre Inhaber hatten bei besonders feierlichen Gelegenheiten nach den Zeremonialvorschriften bestimmte Ehrendienste zu leisten.
Österreich
In der Habsburgermonarchie gab es in den zum früheren Deutschen Bund gehörenden Ländern zahlreiche Erbhofämter. In den Erblanden bestanden von Beginn an die vier Erbämter: Erbtruchsess, Marschall, Erbschenk und Erbkämmerer, in Kärnten auch das Pfalzgrafenamt. [2]
Preußen
Auch in Preußen waren in den verschiedenen Landesteilen vielfach Erblandeshofämter geschaffen worden. So bestanden in Ostpreußen vier solcher Ämter:
- der Landhofmeister
- der Oberburggraf
- der Kanzler
- der Obermarschall
Bayern
Im Königreich Bayern wurden durch die Verfassungsurkunde vom 1. Mai 1808 vier lehnbare Reichskronämter geschaffen. Von diesen Würden bekleidet das des Kronobersthofmeisters der Fürst von Öttingen-Öttingen und Öttingen-Spielberg, die des Kronoberstkämmerers der Fürst von Hohenlohe-Schillingsfürst und das Amt des Kronoberstmarschalls der Fürst von Fugger-Babenhausen. Der vierte Kronbeamte des Reichs wae der Kronoberstpostmeister, der zeitweiseunbesetzt war. Die Inhaber dieser Ämter waren Mitglieder der Kammer der Reichsräte.
Königreich Hannover
Im Königreich Hannover war 1814 ein Erblandmarschallamt errichtet und dem Grafen von Münster übertragen worden.
Württemberg
Auch im Königreich Württemberg wurden 1808 vier lehnbare Kronerbämter geschaffen:
- der Reichserbmarschall (Hohenlohe-Öhringen)
- der Reichserboberhofmeister (Waldburg-Zeil-Wurzach)
- der Reichserboberkämmerer (Löwenstein-Wertheim) und
- der Reichserbpanner (Zeppelin).
Die aus älterer Zeit stammenden Erbämter des Erbkämmerers (Freiherr von Gültlingen) und des Erbmarschalls (Freiherr Thumb von Neuburg) gehören nicht zu den Kronerbämtern Württembergs.
Literatur
- Art. 'Erbämter'. In: Deutsche Encyclopädie oder Allgemeines Real-Wörterbuch aller Künste und Wissenschaften, Bd. 8, Frankfurt am Main 1783, S. 585-592
- Julius von Ficker, 'Die Reichshofbeamten der staufischen Periode'. In: Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der kaiserlichen Akademie der Wissenschafften 40 (1862), S. 447-559
- Irmgard Latzke: Hofamt, Erzamt und Erbamt im mittelalterlichen deutschen Reich. Diss. Frankfurt 1970
Einzelnachweise
- ↑ Erbämter, In: Meyers Konversationslexikon, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892
- ↑ Alois Niederstätter, Die Herrschaft Österreich, 1278–1411, Fürst und Land im Spätmittelalter, Wien 2001, S. 307f, in: Herwig Wolfram (Hrsg), Österreichische Geschichte, ISBN 3-8000-3526-X