Gefleckte Taubnessel

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Gefleckte Taubnessel

Gefleckte Taubnessel (Lamium maculatum)

Systematik
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Lippenblütler (Lamiaceae)
Unterfamilie: Lamioideae
Gattung: Taubnesseln (Lamium)
Art: Gefleckte Taubnessel
Wissenschaftlicher Name
Lamium maculatum
(L.) L.

Die Gefleckte Taubnessel[1][2] (Lamium maculatum) ist eine Pflanzenart, die zur Gattung der Taubnesseln (Lamium) innerhalb der Familie der Lippenblütengewächse (Lamiaceae) gehört. Sie ist nicht mit der Brennnessel verwandt. Namensgebend sowohl für das wissenschaftliche Artepitheton maculatum als auch ihren deutschsprachigen Trivialnamen gilt die gefleckte Unterlippe.[3]

Illustration aus Flora Batava, Volume 9
Die Kronröhre ist aufwärts gebogen
Die Staubbeutel sind bebärtet

Erscheinungsbild

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Die sehr variable Gefleckte Taubnessel wächst meist als ausdauernde,[4] selten als einjährige krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von meist 30 bis 50[4] (20 bis 80[3]) Zentimetern. Sie ist sommergrün[1] oder wintergrün.[3] Die Blühfähigkeit ist bereits im ersten Wuchsjahr gegeben.[3] Sie bildet ober- und bleiche unterirdische Ausläufer. Der nur am Grunde verzweigte, vierkantige,[1] hohle Stängel ist im unteren Bereich oft kahl, sonst spärlich abstehend weiß flaumig behaart und häufig rot angelaufen.[4] Die vier Stängelkanten sind durch Kollenchym versteift.[3]

Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter[5] sind in Blattstiel und -spreite gegliedert. Der relativ dünne Blattstiel ist 1,5 bis 3 oder 4 Zentimeter[4][6] lang, wobei die unteren Laubblätter länger gestielt sind als die oberen.[3] Die weich behaarte Blattspreite ist dunkelgrün und bilden in ihrer Blattmitte, besonders im Winter, einen weißlichen Längsstreifen aus.[1] Die einfache Blattspreite ist bei einer Länge von meist 2,5 bis 5[4] (1 bis 8[6]) Zentimetern sowie einer Breite von meist 2 bis 3 (1,5 bis 7) Zentimetern eiförmig, eiförmig-dreieckig bis herzförmig mit fast gestutzter bis breit-keilförmiger Spreitenbasis und zur Blattspitze verläuft die Spreite lang zugespitzt.[1][4] Der Blattrand ist grob doppelt gezähnt.[1]

Blütenstand und Blüte

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Die Blütezeit reicht in Mitteleuropa gewöhnlich von April bis November.[6] Die Scheinquirle stehen in den Blattachseln der oberen Blattpaare gewöhnlich in drei bis acht Etagen übereinander.[7] Meist acht (zwei bis zwölf) Blüten sind in einem Scheinquirl angeordnet.[4][5] Die Deckblätter sind bei einer Länge von 2 bis 3 Millimetern linealisch und bewimpert.[4]

Die zwittrige Blüte ist zygomorph und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind glockenförmig verwachsen.[4] Der grüne, 10 bis 35 Millimeter lange[4] Kelch ist fünfrippig, bis auf die behaarten Nerven kahl[4] und ist an seiner Basis ungefleckt.[1] Die fünf fast annähernd gleichen Kelchzähnen[5] sind gerade oder ausgebreitet und bei einer Länge von 5 bis 6 Millimetern linealisch-lanzettlich mit bewimperten Rand.[4] Die fünf Kronblätter sind verwachsen.[4] Die tiefrosa- bis purpurfarbene, selten weiße Krone ist 20 bis 25, selten bis zu 30 Millimeter lang.[4][6] Die an ihrer Basis etwa 2 Millimeter breite Kronröhre[4] besitzt eine charakteristische Aufwärtskrümmung. Innen ist sie mit einem waagrechten Haarring versehen.[5] Die helmförmige Oberlippe ist gerade und bei einer Länge von etwa 7 Millimetern länglich mit gewelltem Rand und im unteren Bereich verschmälert sowie etwa gebogen.[4] Die dreizipfelige Unterlippe besitzt ein auffälliges Fleckenmuster, das teilweise als Saftmal gedeutet, den Weg zum Nektar weist.[3] Die Unterlippe besitzt zwei kleine fast kreisförmige Seitenlappen,[4] die in einen pfriemlichen Fortsatz endenden.[6] Der große Mittellappen ist ausgerandet und gezähnelt.[6] Die vier Staubblätter, zwei längere und zwei kürzere, überragen die Kronoberlippe nicht, sie enden dicht unter ihr.[5] Die Staubfäden neigen sich gewöhnlich zusammen. Die dunkel-purpurfarbenen[4] oder violett-braunen Staubbeutel enthalten orangefarbenen bis roten Pollen.[3][1] Zwei Fruchtblätter sind zu einem oberständigen Fruchtknoten verwachsen, der durch eine echte und falsche Scheidewand fast bis zum Grund in vier kahle Fächer geteilt, zwischen denen sich der scheinbar grundständige Griffel gekrönt von zwei Narben[5] befindet.

Die Klausenfrucht zerfällt bei Reife in vier einsamige Teilfrüchte, die als Klausen bezeichnet werden. Diese besitzen einen basalen Ölkörper.[3] Die Klausen sind etwa 3 Millimeter lang, olivgrün und glatt.[6]

Chromosomenzahl

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Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 9; es liegt Diploidie mit einer Chromosomenzahl von 2n = 18 vor.[1][2][8][9]

Die Gefleckte Taubnessel wächst meist als ausdauernder, oft wintergrüner Hemikryptophyt und Schaftpflanze, selten auch als Spreizklimmer. Die optimale Lichtnutzung wird dadurch erreicht, dass die unteren Blätter länger als die oberen gestielt sind.[3]

Bestäubungsökologie

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Scheinquirl mit zygomorphen Blüten

Die Blüte der Gefleckten Taubnessel zählt blütenbiologisch zum Typ der homogamen Eigentlichen Lippenblume.[3] Signalwirkung auf Bestäuber besitzt die stark duftende und mit Saftmalen versehene Unterlippe.[3] Die Saftmale weisen zum Blütenzentrum, wo an der Basis der Kronröhre zuckerreicher Nektar (42 %) abgegeben wird, der nur langrüsseligen Insekten zugänglich ist. Als typische Bestäuber fungieren Hummeln. Erdbienen beißen die Kronröhre bisweilen seitlich an, um an den Nektar zu gelangen. Als Nektarräuber dienen sie nicht der Bestäubung.[3] Beim Einkriechen des Bestäubers in die Kronröhre verschiebt sich die Oberlippe gelenkartig nach hinten. Narbe und Staubbeutel berühren so nacheinander den Rücken des Insekts.[3]

Ausbreitungsökologie

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Die Klausen werden gewöhnlich von Ameisen, die vom ölhaltigen Anhängsel, dem Elaiosom, angelockt werden, aufgesucht und verschleppt. Neben der Ameisenausbreitung verfügt die Gefleckte Taubnessel auch über die Möglichkeit der Selbstausbreitung. Durch den bei Fruchtreife trocken werdenden Kelch werden in der Fruchtwand Spannungen erzeugt, so dass Selbstausstreuung stattfindet.[3]

Über ihre Ausläufer breitet sich die Gefleckte Taubnessel auch vegetativ aus.[5]

Die Gefleckte Taubnessel steht scharenweise an Wegrändern in lichten Wäldern

Die Gefleckte Taubnessel ist in ganz Mittel- und Südeuropa, sowie West-, Kleinasien und China verbreitet.[10] Es gibt Fundortangaben für Belgien, die Niederlande, Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien, Frankreich, das nördliche Spanien, Portugal, die ehemalige Tschechoslowakei, das ehemalige Jugoslawien, Ungarn, Polen, den europäischen Teil von Russland, die Ukraine, Albanien, Bulgarien, Rumänien, Griechenland, die Türkei, den Libanon, das westliche Syrien, Aserbaidschan, Georgien, das Kaukasusvorland, Dagestan[11] und die chinesischen Provinzen Gansu sowie Xinjiang.[4][10]

Die Gefleckte Taubnessel bevorzugt frische bis feuchte Ruderalstellen. Man findet sie im Halbschatten von Gebüschen und Hecken, an Waldsäumen, Mauern und Straßengräben sowie in frischen Edellaubwäldern. Sie ist von der Ebene bis in Höhenlagen von etwa 2000 Meter anzutreffen.[3] In den Allgäuer Alpen steigt sie am Westfuß der Krottenspitzen in Bayern bis zu 2120 m Meereshöhe auf.[12] Sie steigt in Tirol bis in eine Höhenlage von 1600 Metern und in den Walliser Alpen bis etwa 2000 Metern auf.[6] Sie ist in Mitteleuropa eine Charakterart des Verbands Aegopodion podagrariae, kommt aber auch in anderen Pflanzengesellschaften der Unterklasse Galio-Urticenea vor.[8]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Ellenberg sind: Lichtzahl 5 = Halbschattenpflanze, Temperaturzahl = indifferent, Kontinentalitätszahl 4 = gemäßigtes Seeklima zeigend, Feuchtezahl 6 = Frische- bis Nässezeiger, Feuchtewechsel = keinen Wechsel der Feuchte zeigend, Reaktionszahl 7 = Schwachbasenzeiger, Stickstoffzahl 8 = ausgesprochenen Stickstoffreichtum zeigend, Salzzahl 0 = nicht salzertragend, Schwermetallresistenz nicht schwermetallresistent.[1]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 3+ (feucht), Lichtzahl L = 3 (halbschattig), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 3+ (unter-montan und ober-kollin), Nährstoffzahl N = 5 (sehr nährstoffreich bis überdüngt), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch).[2]

Die Erstveröffentlichung der Gefleckten Taubnessel erfolgte 1753 durch Carl von Linné als Lamium album var. maculatum. 1763 erhob sie Linné in der zweiten Auflage von Species Plantarum auf Seite 809 in den Rank einer Art. Synonyme für Lamium maculatum (L.) L. sind: Lamium album var. maculatum L., Lamium laevigatum auct., Lamium maculatum var. kansuense C.Y.Wu & S.J.Hsuan.[13] Das Artepitheton maculatum leitet sich vom lateinischen Wort maculatus für gefleckt ab.

Sorte ‘Beacon Silver’

Die vegetativen Pflanzenteile der Gefleckten Taubnessel können als gehaltvolles Wildgemüse verzehrt werden. Die Sorten werden als Zierpflanzen in Parks und Gärten verwendet, eignen sich auch für Anpflanzungen in naturnahen Gärten[3] und es gibt zu diesem Zweck zahlreiche, z. B. panaschierte, Kultursorten.[14]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j Lamium maculatum L., Gefleckte Taubnessel. auf FloraWeb.de
  2. a b c Lamium maculatum (L.) L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 27. Januar 2023.
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q Ruprecht Düll, Herfried Kutzelnigg: Taschenlexikon der Pflanzen Deutschlands. Ein botanisch-ökologischer Exkursionsbegleiter zu den wichtigsten Arten. 6., völlig neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2005, ISBN 3-494-01397-7, S. 263 ff.
  4. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s Xi-wen Li, Ian C. Hedge: Lamiaceae: In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China, Volume 17: Verbenaceae through Solanaceae. Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 1994, ISBN 0-915279-24-X. Lamium maculatum., S. 158 - textgleich online wie gedrucktes Werk.
  5. a b c d e f g Eckehart Jäger (Autor), Klaus Werner: Rothmaler: Exkursionsflora von Deutschland, Grundband. 18. Auflage, 2002, Spektrum Akademischer Verlag, ISBN 3-8274-1359-1, S. 417ff.
  6. a b c d e f g h Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 1. Auflage, unveränderter Textnachdruck Band V, Teil 4. Verlag Carl Hanser, München 1964. S. 2447–2450.
  7. Steinbachs Naturführer. Ulmer Verlag, ISBN 978-3-8001-7567-3, S. 166.
  8. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 803–804.
  9. Lamium maculatum bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  10. a b Datenblatt Lamium maculatum bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  11. Lamium maculatum im Germplasm Resources Information Network (GRIN), USDA, ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland.
  12. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 396.
  13. Lamium maculatum bei Tropicos.org. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  14. Gordon Cheers (Hrsg.): Botanica. Das ABC der Pflanzen. 10.000 Arten in Text und Bild. Könemann Verlagsgesellschaft, 2003, ISBN 3-8331-1600-5, S. 508.
Commons: Gefleckte Taubnessel (Lamium maculatum) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien