Georg von Detten (SA-Mitglied)

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Georg von Detten (um 1932).

Georg Friedrich Philipp Maria von Detten (* 9. September 1887 in Hagen; † 1. Juli oder 2. Juli 1934 in Berlin-Lichterfelde) war ein deutscher Offizier, Politiker (NSDAP) und SA-Führer.

Leben

Jugend und Erster Weltkrieg

Georg von Detten war das vierte und jüngste Kind des Landgerichtsrates Georg von Detten und dessen Ehefrau Maria (* 19. April 1853 in Osthof; 10. November 1923 in Paderborn), geborene Freiin von Morsey. Sein ältester Bruder war der spätere Ministerialdirektor Hermann von Detten.

Er besuchte Gymnasien in Paderborn, Brilon und Soest und machte schließlich in Duderstadt seine Reifeprüfung. Danach folgten der Besuch der Kriegsschule Potsdam und sein Eintritt in das Infanterie-Regiment „Herwarth von Bittenfeld“ (1. Westfälisches) Nr. 13 der Preußischen Armee in Münster. Im März 1914 wurde Detten in das in Neuhaus bei Paderborn stationierte Husaren-Regiment „Kaiser Nikolaus II. von Russland“ (1. Westfälisches) Nr. 8 versetzt. Mit diesem Regiment nahm Detten am Ersten Weltkrieg teil, in dem er bis 1918 an der Westfront kämpfte.[1] Während des Krieges ließ Detten sich zum Jagdflieger ausbilden und war bei Kriegsende Rittmeister.[2]

Weimarer Republik und Zeit des Nationalsozialismus

Nach seiner Rückkehr aus dem Krieg heiratete Detten am 2. September 1919 Renata Krug von Nidda und von Falkenstein (* 22. Dezember 1897 in Dresden). Aus der Ehe ging der Sohn Georg-Friedrich Clemens Johann Hermann Constanz (* 22. Juni 1920 in Dresden) hervor. Beruflich verdiente er seinen Lebensunterhalt bis 1928 nacheinander als Landwirt, Bankangestellter und Leiter eines Verkehrsunternehmens. Nach widersprüchlichen Angaben trat er 1922[3] oder 1924[4] in die NSDAP ein.

In den späten 1920er Jahren begann Detten, der als konservativ galt, eine steile Karriere in der SA, der Privatarmee der NSDAP: 1929 wurde er zum SA-Führer in Dresden ernannt, wo er zunächst als Stabsführer der SA-Gruppe Mitte und später in der Gruppe Sachsen wirkte. 1932 wurde er zum SA-Gruppenführer befördert.

Nach dem Regierungsantritt der NSDAP im Januar 1933 wurde Detten zum Polizei-Oberpräsidenten in Sachsen ernannt. Später im selben Jahr wurde er zum Leiter des Politischen Amtes der Obersten SA-Führung in der Berliner Tiergartenstraße berufen und gleichzeitig zum Chef aller SA-Kommissare in Preußen bestellt. In der SA-Führung war er vor allem für außenpolitische Fragen zuständig.[5]

Am 5. März wurde Detten für den Wahlkreis 28 (Dresden-Bautzen) als Abgeordneter für die NSDAP in den Reichstag gewählt, dem er bis zu seinem Tod 1934 angehörte. Nach Dettens Tod wurde sein Mandat von Ernst Ittameier übernommen. Einige Autoren wie Walther Hofer[6] und Uwe Backes[7] sehen Detten als einen der Hauptbeteiligten an einer eventuellen, von den Nationalsozialisten ausgehenden Brandstiftung im Zusammenhang mit dem Reichstagsbrand im Februar 1933. Besonders häufig in Verbindung gebracht wird er in diesem Zusammenhang mit den Namen Goebbels und Rudolf Diels.

Georg von Detten (ganz links) im Kreis führender Nationalsozialisten im Herbst 1933: Außer ihm im Bilde Heinrich Sahm (Oberbürgermeister von Berlin), August Wilhelm Prinz von Preußen, Hermann Göring (Preußischer Ministerpräsident), Lippert, Karl Ernst (Führer der Berliner SA-Gruppe) und Artur Görlitzer (stellvertretender Gauleiter von Berlin).

Ermordung

Am 30. Juni 1934 wurde Detten im Zuge der als „Röhm-Putsch“ bekannt gewordenen politischen Säuberungswelle, in deren Verlauf Hitler und andere nationalsozialistische Führer ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Gegner und Rivalen in den Reihen der SA ausschalteten, in Bad Wiessee verhaftet und in die SS-Kaserne Berlin-Lichterfelde verschleppt. Dort wurde er verhört, einigen Quellen zufolge gefoltert, und schließlich gemeinsam mit seinem Stellvertreter Hans-Joachim von Falkenhausen erschossen. Über den Todeszeitpunkt bestehen widersprüchliche Angaben: Während einige Autoren die Nacht vom 30. Juni auf den 1. Juli angeben,[8] wird zum Teil auch die darauffolgende Nacht vom 1. auf den 2. Juli[9] als Hinrichtungszeitpunkt genannt. Schumacher, Lübbe und Schröder geben sogar den 30. Juni als Todeszeitpunkt an.[10] Die präzisesten Angaben liefert Höhne, der unter Berufung auf die Aussagen eines Augenzeugen, des SA-Führers Karl Schreyer, 2:30 Uhr am Morgen des 2. Juli als Zeitpunkt der Exekution nennt.[11]

Als Hauptverantwortlicher für die Ermordung Dettens wird meist Goebbels gesehen. So wird berichtet, dass Detten im Juni 1934 Hitler eine „Goebbels belastende Akte“ übergeben habe, weswegen das Wort die Runde gemacht habe, dass Goebbels der „Initiator ihrer [Dettens und Falkenhausens] Erschießung“ gewesen sei, da er „jener Akte eingedenk, offenbar Sorge gehabt“ hätte.[12] Der ehemalige NS-Funktionär und rechtsextreme Autor Erich Kern[13] oder Robert Melvin Spector[14] weisen zudem auf Dettens Nähe zum konservativen Widerstand hin. So wird er mit der Gruppe um Edgar Jung und dem ehemaligen Minister Gottfried Treviranus (1891–1971) in Verbindung gebracht. Spector sieht in ihm sogar einen Mitverfasser der Marburger Rede Franz von Papens.[15]

Heinrich Bennecke, ein hoher SA-Funktionär der die Röhm-Affäre überlebte, berichtete nach dem Zweiten Weltkrieg, dass Dettens Witwe am 9. Juli 1934 von Rudolf Heß aufgesucht worden sei. Dieser habe der Frau versichert, dass er von der Erschießung ihres Mannes nichts gewusst habe und ihr zugleich versprochen, sich um eine Ehrenrettung für den Toten zu bemühen. Diese sei kurz darauf - wenngleich in einer für den Außenstehenden kaum fassbaren Form - in der Reichstagsrede vom 13. Juli 1934 erfolgt, in der Hitler grundsätzlich Stellung zu den Ereignissen der Röhm-Affäre nahm. Der entscheidende Passus in diesem Zusammenhang sei die Ausführung Adolfs gewesen:

„[...] Die Notwendigkeit des eigenen Vorgehens der SA [= eines gewaltsamen SA-Putsches] wurde begründet mit dem Hinweis auf meine Entschlussunfähigkeit, die erst dann behoben sein würde, wenn Tatsachen geschaffen wären. Vermutlich unter diesen unwahren Vorwänden wurde die außenpolitische Aktion Herrn Detten übertragen.“

Bennecke erklärte hierzu, dass dies insofern eine - freilich nur für Eingeweihte als solche erkennbare - Rehabilitierung Dettens gewesen sei, weil er von Hitler als einziger aus dem Kreis der allgemein beschuldigten SA-Führer herausgehoben wurde. Detten sei als einzigem der damals umgebrachten SA-Führer von Hitler mit den Worten „vermutlich unter diesen unwahren Vorwänden wurde die Aktion Herrn Detten übertragen“ die Möglichkeit eines Irrtums zugebilligt worden. Für den Rahmen der Rede sei zudem die Titulierung Dettens als „Herr von Detten“ außergewöhnlich gewesen.[16]

Persönlichkeit

Die überlieferten Urteile über Dettens Persönlichkeit fallen deutlich positiver aus als über die meisten hohen SA-Führer:

Der erste Chef der Gestapo, Rudolf Diels, charakterisiert Detten und seinen Stabsführer Falkenhausen sowie den schlesischen SA-Führer Eberhard von Wechmar in seinen Memoiren als „rechtschaffene SA-Führer“, die „nicht nur gegen die Schandtaten in ihren eigenen Reihen vorgegangen“ seien, sondern „auch den Kurs der Gewalttätigkeit überhaupt“ verdammt hätten.[17]

Literatur

Nichtwissenschaftliches Schrifttum:

  • Baldur von Schirach: Georg von Detten, in: Ders.: Die Pioniere des Dritten Reiches, 1933, S. 41ff.

Sekundärliteratur

  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt/M 2005.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Baldur von Schirach: Die Pioniere des Dritten Reiches, 1933, S. 41f.
  2. Matthias Schmettow: Gedenkbuch des deutschen Adels. 1967, S. 70.
  3. Gerhard Schulz: Zwischen Demokratie und Diktatur. Verfassungspolitik und Reichsreform in der Weimarer Republik, 1992, S. 132.
  4. Baldur von Schirach: Die Pioniere des Dritten Reiches, S. 41, Biographie im Handbuch des Reichstags
  5. Edouard Calic: Reinhard Heydrich. Schlüsselfigur des Dritten Reiches, S. 147.
  6. Walther Hofer: Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation, 1978, S. 329.
  7. Uwe Backes: Reichstagsbrand, Aufklärung einer historischen Legende 1986, S. 184.
  8. Walther Hifer: Der Reichstagsbrand. Eine wissenschaftliche Dokumentation. 1978, S. 360.
  9. Matthias Schmettow: Gedenkbuch des Adels., S. 70. Oder: Der Monat. 1979, S. 82.
  10. Martin Schumacher, Katharina Lübbe, Wilhelm Heinz Schröder: M.d.r., die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des. 1991, S. 175.
  11. Heinz Höhne: Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS. 1967, S. 121.
  12. Der Monat, 1979, S. 82.
  13. Erich Kern: Adolf Hitler und das Dritte Reich. Der Staatsmann. Preußisch Oldendorf 1981, S. 118.
  14. Robert Melvin Spector: World Without Civilization. Mass Murder and the Holocaust, History and Analysis. 2005, S. 235.
  15. Robert Melvin Spector: World Without Civilization. 2005, S. 235.
  16. Heinrich Bennecke: Reichswehr, S. 72.
  17. Rudolf Diels: Lucifer ante Portas. Zwischen Severing und Heydrich, 1949, S. 301.