Grasberg-Mine

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Satellitenbild der Mine (2005)
Blick auf den Tagebau (2007)

Die Grasberg-Mine ist die größte Goldmine und gleichzeitig die Kupfermine mit den niedrigsten Förderkosten der Welt. Sie liegt in dem zu Indonesien gehörenden Westneuguinea (Westpapua). Der Minenrand liegt auf einer Höhe von etwa 3.900 m, die tiefste Stelle der Grube auf etwa 3.600 m. Der Durchmesser des fast kreisrunden Loches beträgt 1,5 bis 2,0 km. Die Mine ist die zentrale Ressource von Freeport-McMoRan. Sie ist Quelle des größten Reichtums und zugleich der größten Langzeitumweltzerstörung in Westneuguinea und Indonesien. Kritiker der Mine reichen von der papuanischen Urbevölkerung über NGOs, Umwelt- und Menschenrechtsgruppen bis zu finanzstarken Anlegern wie dem Government Pension Fund of Norway.

Lage

Freeport Gebiet mit angrenzendem Lorentz Nationalpark. Violett: Abraumhalde

Die Grasberg-Mine liegt in Westneuguinea, Indonesien, bei den Koordinaten 4° 3′ 10″ S, 137° 6′ 57″ OKoordinaten: 4° 3′ 10″ S, 137° 6′ 57″ O im Pazifischen Feuerring auf 4.270 m Höhe in unmittelbarer Nähe des höchstens Berges Ozeaniens, der Carstensz-Pyramide (Puncak Jaya). Das Konzessionsgebiet wird nach Osten und Norden durch den Lorentz-Nationalpark begrenzt, nach Süden durch die Arafurasee. In derselben geologischen Verwerfung wie Grasberg liegen auch die Minen Ok Tedi, Lihir, Porgera und Panguna[1].

Die Niederschläge in dieser Region tropischen Regenwalds sind extrem hoch: 4.000–5.000 mm jährlich im Minenkomplex und bis zu 11.000 mm im Flachland. Die Regenzeit dauert von September bis Mai.

Geschichte

Entdeckung

Entdeckt wurde die Lagerstätte 1936 von dem niederländischen Geologen Jean-Jacques Dozy, der für Shell Erdölquellen erforschte, bei dem Versuch, die Gipfel der Jayawijaya-Berge zu besteigen. In 3.700 Meter Höhe entdeckte er in einer Berglandschaft aus hellem Kalkstein einen etwa 130 Meter hohen, auffällig schwarzen Berg in Form eines Zahnes aus goldhaltigem Kupfererz, den er Erzberg (niederländisch „Ertsberg“) nannte. In einem unzugänglichen Hochtal, 120 km von der Küste entfernt, war dieses Kupfervorkommen wie ein „Berg von Gold auf dem Mond“.

Durch den Zweiten Weltkrieg gerieten die Aufzeichnungen in Vergessenheit, und erst 20 Jahre später wurde der Bericht von dem Geologen Forbes Wilson wiederentdeckt. Wilson suchte für Freeport nach Nickelvorkommen. Bei seiner Expedition mit Del Flint wurden 1960 die großen Kupfervorkommen des Ertsberges wiederentdeckt. Der Kupfergehalt betrug beachtliche 2,5 Prozent mit 0,75 Gramm Gold und 9 Gramm Silber je Tonne Erz. Insgesamt wurden später 32 Millionen Tonnen Erz abgebaut.

Aufschluss

Mit Erlaubnis der indonesischen Regierung für den Abbau von Kupfer wurde 1973 eine Mine im Tagebau eröffnet. Die durch die Firma Bechtel gebaute 100 km lange Zufahrtsstraße ist eine technologische Meisterleistung, sie war das schwierigste Projekt der größten US-Baufirma. Erst der Vietnamkrieg hatte die Helikoptertechnologie (Bell 204) Mitte der 1960er Jahre so weit gebracht, dass das Projekt technisch möglich wurde. Zum Bau der Straße wurden Holzfäller durch die Baumkronen abgeseilt, um Lichtungen zu schlagen, auf denen danach kleine, in Einzelteile zerlegte Bulldozer zur Befahrbarmachung des Urwaldes abgesetzt wurden. Zu den technischen Schwierigkeiten gehörten Hubschrauberabstürze, und schweres Gerät versank in den Sümpfen. Zwei Tunnel mit insgesamt 1.700 Meter Länge mussten gebaut werden. Freeport war mehrere Male kurz vor der Aufgabe. Die Presse nannte das Projekt Freeports „Mission Impossible“, die unmögliche Mission. Für die Minenarbeiter wurde 10 Kilometer unterhalb der Mine in 2062 m Höhe die Stadt Tembagapura (Kupferstadt) errichtet. 1995 eröffnete Suharto das für 500 Millionen Dollar mitten im Dschungel für 20.000 Einwohner gebaute Kuala Kencana (Goldfluss).

Zu den ersten Abnehmern des Erzkonzentrates gehörte neben Japan auch die Aurubis AG (früher Norddeutsche Affinerie AG).

1988 begann der Abbau des schon von Dozy entdeckte Grasberg-Vorkommens in 4270 Meter Höhe, zwei Kilometer vom Ertsberg entfernt; über eine Milliarde Tonnen Erz mit 1 Prozent Kupfer und 1,2 Gramm Gold je Tonne Erz. Freeport besitzt seitdem eine Mine von Weltformat mit den größten Goldreserven der Welt. Die technischen Herausforderungen waren wieder enorm. Die Erzproduktion konnte bis auf 238.000 Tonnen täglich (2005) kontinuierlich gesteigert werden. Neben Chuquicamata ist Grasberg eine der größten Kupferminen der Welt.

Einschließlich nicht-erzhaltigen Abraums werden täglich über 700.000 Tonnen Material bewegt. Bei dieser Rate wäre die auf 6,25 Millionen Tonnen geschätzte Cheops-Pyramide in neun Tagen abgetragen.

2005 brachten geförderte 660.000 Tonnen Kupfer 2,7 Milliarden US-Dollar ein. 79.000 Kilogramm gefördertes Gold ergaben 1,277 Milliarden Dollar. Von den Gesamteinnahmen entfielen somit zwei Drittel auf den Erlös von Kupfer und ein Drittel auf Gold.

Ende Februar 2006 blockierten mehrere hundert Papua den Haupteingang zur Mine. Sie forderten eine Erlaubnis, die Abfälle durchsuchen zu dürfen. Indonesiens Präsident Yudhoyono gab darauf eine Anweisung heraus, 300 Polizisten und eine 700 Mann starke Abteilung des indonesischen Militärs TNI in die Region zu schicken.[2]

Kritik

Die Grasberg-Mine war Anschlägen der Befreiungs- und Unabhängigkeitsbewegung Organisasi Papua Merdeka (OPM) ausgesetzt, da die Mine zu den wichtigsten Einnahmequellen in Westneuguinea gehört. Freeport ist der größte Steuerzahler Indonesiens, hält sich aber weder an amerikanische noch an indonesische Umweltgesetze, sondern vergiftet Flüsse und Seen direkt neben dem Lorentz-Nationalpark. Weder im ersten Minenvertrag von 1967 noch in den Nachfolgeverträgen von 1991 und 1994 sind Umweltauflagen enthalten. Lange Zeit gab es keine Entschädigungen für die traditionellen Landeigentümer, die Stämme der Amungme und Mimika.

Zahlungen an örtliche indonesische Militärs, die Freeport zu seiner Sicherheit durchgeführt haben will, gerieten in die Kritik. Freeport wird dadurch in indirekten Zusammenhang mit den Menschenrechtsverletzungen der TNI und KOPASSUS in Westneuguinea gebracht.

Umweltverschmutzung

Freeport’s Konzessionsgebiet. Violett im Fluss: Minen-Abraum (2003)

Mehr als 238.000 Tonnen giftiger Abraum werden täglich durch die Flüsse Aghawagon und Otomona abtransportiert und in den Ajkwa-Fluss wie in einen riesigen Absinkweiher entsorgt. Kupfer schädigt insbesondere Wasserlebewesen, es blockiert biochemische Prozesse der Kiemenatmung. Freeport hält eine Gleichsetzung mit der Mine Ok Tedi in Papua-Neuguinea, die eine Umweltkatastrophe verursacht hat, für unbegründet, da nur 128 km Flusslauf und 450 km² Fläche betroffen seien, ein Damm gebaut wurde, nur 500 Menschen in dem betroffenen Gebiet gelebt hätten und kein Zyanid zur Erzaufbereitung verwendet wird. Die Praxis der Flussentsorgung (englisch „riverine disposal“) ist in den USA und anderen Bergbau betreibenden Industriestaaten wegen ihrer Langzeit-Umweltschäden verboten.[3] Auch Indonesien hat 2001 ein solches Verbot erlassen. Während im Falschfarben-Satellitenbild der Akjwa nur an einigen Stellen die violette Abraumfärbung aufweist, ist aus dem Flugzeug nur eine einzige beton-graue Fläche zu sehen, auf der nichts wächst.[4] Während Freeport Pipelines für Treibstoff und Erzkonzentrat zwischen Hafen und Mine betreibt, sei es wegen Erdrutschgefahr nicht möglich, eine Pipeline für den Abraum zu bauen, argumentiert die Firma.

Neben dem Abraum stellt Acid Mine Drainage (saurer Haldenabfluss) das Hauptumweltproblem dar. Bei der Verwitterung von Erzen wie dem kupferhaltigen Chalkopyrit wird Schwefel zu Schwefelsäure oxidiert. Die Ertsberg-Mine ist heute ein mit kupferhaltigem saurem, türkisfarbenem Wasser gefüllter Tagebaurestsee. Die Verwitterung der Halden stellt eine Altlast dar. Verschmutzt wurde bereits der Wanagan-See der Amungme. Auch im Lorentz-Nationalpark wurden Grundwasserverschmutzungen gemessen.

Verschärft wird der saure Haldenabfluss durch Praxis des „High-Grading“: Nur die reichhaltigsten Kupfer- und Goldgehalte werden verwertet. Das verringert die Förderkosten und verbessert den Profit. Wegen des überdurchschnittlich hohen Metallgehaltes der Grasberg-Erze ist auch der Restgehalt an Kupfer, Gold und Säure erzeugendem Sulfid besonders hoch.

Journalisten und unabhängige Beobachter erhalten keinen Zutritt zur Mine und zu den Abraum entsorgenden Flüssen. Daher gibt es keine unabhängigen Messwerte. Eine von Freeport in Auftrag gegebene Studie von 2002 wird der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht. Nur das Indonesische Umweltschutzministerium soll seit 2005 Zutritt zum Konzessionsgebiet haben.

Wegen der ernsthaften und irreversiblen Umweltverschmutzung, der Verletzung internationaler Gesetze und Freeports mangelnder Transparenz hält der Government Pension Fund of Norway den Besitz von Freeport-Aktien in ihrem Portfolio seit 2006 für ethisch nicht vertretbar.[5] Die gleiche Kritik hatte schon 1994 die staatliche US-amerikanische Overseas Private Investment Corporation geäußert[6] und eine Absicherung von 100 Millionen Dollar zurückgezogen.[7] Am 10. September 2008 gab das norwegische Finanzministerium bekannt, Aktien im Wert von 500 Millionen Pfund der Rio Tinto Group, die mit 40 Prozent an dem Betrieb der Mine beteiligt ist, aus dem Pensionsfonds wegen aktiver Beteiligung an der Verschmutzung der Umwelt verkaufen zu wollen.[8]

Unfälle, Streik und Blockade

Im Juli 2011 forderte die Gewerkschaft indonesischer Minenarbeiter die Erhöhung ihrer Löhne von etwa 1,50 Dollar/Stunde, um sie denen der Ausländer anzugleichen. Der Streik hielt die Produktion für eine Woche an und Abbaustellen begannen mit Wasser vollzulaufen. Laut Analysten ließ dieser Streik zusammen mit schlechtem Wetter und Arbeitskämpfen in Chile den Preis für Kupfer weltweit steigen. [9]

Im Mai 2013 kamen beim Einsturz eines Bergwerktunnels 28 Menschen in der Grasberg-Mine ums Leben.

Am 1. Oktober 2014 blockierten 2000 Demonstranten den Mineneingang und forderten von der Geschäftsführung für mehr Sicherheit zu sorgen, nachdem am 27. September beim Zusammenstoss eines Autos mit einem Riesen-Lkw 4 Bergarbeiter gestorben waren.[10]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Leith: The Politics of Power. 2002, S. 38. Panguna auf Bougainville war bei ihrer Schließung 1989 der größte Kupfertagebau der Welt.
  2. Wieder Stammeskämpfe in West Neuguinea. 18. Oktober 2007 auf Wikinews
  3. Die einzig bekannten anderen Minen mit Flussentsorgung außerhalb von Russland und China sind Ok Tedi und Porgera in Papua-Neuguinea.
  4. Mining for the Future. (PDF) Grasberg Riverine Disposal Case Study 2002.
  5. odin.dep.no
  6. austinchronicle.com (PDF) Salt Lake City, September 1994
  7. moles.org
  8. BBC: Norway blacklists miner Rio Tinto (10.September 2008)
  9. http://www.bbc.co.uk/news/world-asia-pacific-14117964 Indonesia: Papuan copper miners end Freeport strike, BBC News, 13. July 2011
  10. http://orf.at/#/stories/2247880/ Bergarbeiter blockieren riesige Mine in Indonesien, ORF.at, 1. Oktober 2014