Hadopi

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Anti-Hadopi-Plakat der französischen Piratenpartei

Hadopi oder HADOPI (Haute Autorité pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur l’Internet; zu Deutsch Hohe Behörde für die Verbreitung von Werken und den Schutz von Internetrechten) bezeichnet eine durch ein französisches Gesetz von 2009[1] eingerichtete Behörde, die gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorgeht. Das Gesetz war seit Anfang 2010 in Kraft.[2] Von Oktober 2010 bis Juni 2013 versendete Hadopi über 1,2 Millionen Warnhinweise wegen Urheberrechtsverletzungen.[3] Am 1. Januar 2022 wurde die Hadopi mit dem CSA zur neuen Regulierungsbehörde Autorité de régulation de la communication audiovisuelle et numérique fusioniert.[4]

Vorgehensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Three-Strikes-Verfahren

Die hauptsächliche Aufgabe der Hadopi war die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Filesharing-Netzwerken, wobei hierbei das Three-strikes-Verfahren (deutsch Drewarufenverfahren) angewandt wurde. Der Verdächtigte wurde zunächst zweimal verwarnt, zuerst per E-Mail, bei Wiederholung per Einschreiben. wurde seine IP-Adresse ein drittes Mal erfasst, so wurde ein vereinfachtes Gerichtsverfahren eingeleitet, bei dem verschiedene Sanktionen ausgesprochen wurden konnten, insbesondere Geldstrafen und bis ins Jahr 2013 auch die zeitweilige Sperrung des Internetzugangs.

Bei einer Pressekonferenz im Jahr 2012 sagte Hadopi-Chefin Mireille Imbert-Quaretta: Bis heute hat Hadopi nur 14 Akten an Gerichte übergeben, obwohl andere der 340 folgen könnten, wenn sich Rechteinhaber innerhalb eines Jahres nach ihrer letzten Warnung erneut über sie beschweren. Keiner der 14 Fälle war bisher vor Gericht gegangen, obwohl Staatsanwälte die Hadopi-Behörde in vielen Fällen um weitere Informationen gebeten haben.[5]

Ermittlung der IP-Adressen

Ermittelt und bei der Behörde eingereicht wurden die IP-Adressen entweder durch die Staatsanwaltschaft oder durch berufsrechtliche Verbände. Im Bereich Videospiele waren dies vor allem die Verbände UECN und SELL, in der Musikindustrie insbesondere die SACEM.

Übermittlung der Klaradressen durch die Provider

Die Provider waren gesetzlich verpflichtet, die Klaranschriften der Internetnutzer an die Behörde herauszugeben. Hiergegen hatten sich einige Provider gewehrt, jedoch schienen diese ihren Widerstand aufgegeben zu haben.

Diskussion über die Abwicklung der Behörde im Jahr 2013[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juni 2013 gab die beigeordnete Ministerin für Information und digitale Wirtschaft, Fleur Pellerin, bekannt, dass die Hadopi abgewickelt werde und auch die damit einhergehende Praxis der Internetzugangssperren bei Urheberrechtsverletzungen auf dem Prüfstand stehe. Dieser Erklärung war bereits im Mai 2013 die Vorlage des Berichts einer von Staatspräsident François Hollande eingesetzten Kulturkommission mit Vorschlägen zur Kulturpolitik vorausgegangen, in der unter anderem auch die Abschaffung der Hadopi gefordert wurde. Das Hauptargument für die Abschaffung war, dass die Behörde mit ihren 60 Mitarbeitern (Stand: Mai 2013) und einem Budget von 12 Millionen Euro zu teuer und zu ineffizient sei. Von Oktober 2010 bis Juni 2013 seien bei über 1,2 Millionen angeschriebenen Nutzern gerade einmal drei Gerichtsverfahren mit einem Urteil abgeschlossen worden, davon nur eines mit einer Geldstrafe von 150 Euro, eines mit einer Verwarnung und eines mit einem Freispruch.[3] Der Vorschlag der Kulturkommission sah deshalb vor, das Three-strikes-Modell beizubehalten, aber in der dritten Stufe statt der Sperrung des Internetzugangs nur noch Geldbußen zu verhängen und die Aufsicht darüber der französischen Regulierungsbehörde für Fernsehen und Rundfunk (CSA) zu übertragen.[3] Im folgenden Monat wurden die Internetzugangssperren per Dekret zu Gunsten von Bußgeldzahlungen abgeschafft, die Hadopi selbst blieb aber weiterhin bestehen.

Abschaffung der Internetzugangssperren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Juli 2013 wurden die Internetzugangssperren per Dekret zu Gunsten von Bußgeldzahlungen abgeschafft. Statt der Kappung des Internetzugangs konnten nun im Zuge der dritten Verwarnung noch Bußgelder in Höhe von bis zu 1500 Euro verhängt wurden.[6][7] Laut einem Bericht von Euractiv wurden vom Start der Hadopi bis zum Jahr 2019 insgesamt Bußgelder in Höhe von 87.000 Euro verhängt, während die Kosten für den Betrieb der Behörde im gleichen Zeitraum 82 Millionen Euro betrugen.[8]

Fusion der Hadopi mit dem CSA zur Arcom[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Am 29. September 2021 beschloss die französische Nationalversammlung die Hadopi mit dem Conseil supérieur de l’audiovisuel (CSA) zur Autorité de régulation de la communication audiovisuelle et numérique (Arcom; zu Deutsch Regulierungsbehörde für audiovisuelle und digitale Kommunikation) zu fusionieren,[9] wobei die Fusion zum 1. Januar 2022 erfolgte.[10]

Die Arcom hält zum einen die Strategie der Hadopi zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen in Peer-to-Peer-Filesharing-Netzwerken mit Hilfe von Verwarnungen und Bußgeldern beibehalten, ergreift zum anderen aber nun auch Maßnahmen gegen illegale Streaming-, Download- und Link-Seiten, deren eventuelle Mirrors sowie die illegale Liveübertragung von Sportereignissen.[11][8]

Übertragung des Verfahrens auf Europa-Ebene[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf europäischer Ebene wurde am 23. September 2010 der Gallo-Bericht[12] verabschiedet, der sich ebenfalls für ein Three-strikes-Verfahren einsetzt. Das Verfahren soll einen Ausgleich zwischen den Interessen der Internetnutzer und den Inhabern der Urheberrechte herstellen und setzt auf einen Mittelweg zwischen einem Verzicht auf Strafverfolgung der Urheberrechtsverletzung und strengen strafrechtlichen Sanktionen.[13]

Im Juni 2012 legte die britische Medienaufsicht Office of Communications einen Entwurf für ein Copyright-Warngesetz vor, das dem Three-Strikes-System entspricht.[14]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Loi n°2009-669 du 12 juin 2009 favorisant la diffusion et la protection de la création sur internet
  2. Französisches „Three-strikes-Gesetz“ aktiv - ComputerBase
  3. a b c Axel Kannenberg: Frankreich rückt von Netzsperren ab. heise.de, 4. Juni 2013, abgerufen am 4. Juni 2013.
  4. Louise Bernard mit Alexis Patri: Le Conseil Supérieur de l'Audiovisuel va changer de nom pour fusionner avec Hadopi. In: europe1.fr. Europe 1, 27. Oktober 2021, abgerufen am 1. November 2021 (französisch).
  5. https://netzpolitik.org/2012/hadopi-bilanz-nach-zwei-jahren-24-millionen-euro-14-falle-bei-der-staatsanwaltschaft-keine-verurteilung/
  6. dpa: Frankreich entschärft Netzsperren für illegale Downloads. In: Heise online. 9. Juli 2013, abgerufen am 1. November 2021.
  7. Andy Maxwell: Three Strikes and You’re Still In – France Kills Piracy Disconnections. In: TorrentFreak. 9. Juli 2013, abgerufen am 1. November 2021 (englisch).
  8. a b Mathieu Pollet übersetzt von Charles Szumski: French government creates new online antipiracy body. In: Euractiv. 26. Oktober 2021, abgerufen am 1. November 2021 (englisch).
  9. Marina Alcaraz: La loi sur le piratage a été définitivement votée. In: Les Échos. 29. September 2021, abgerufen am 1. November 2021 (französisch).
  10. L’Arcom, fusion de la Hadopi et du CSA. In: Next. 25. September 2019, abgerufen am 24. Dezember 2023 (französisch).
  11. Andy Maxwell: Goodbye Hadopi: France Will Launch New ‘Arcom’ Anti-Piracy Agency in 2022. In: TorrentFreak. 29. Oktober 2021, abgerufen am 1. November 2021 (englisch).
  12. Verabschiedung des Gallo-Berichts im Europäischen Parlament, 23. September 2010.
  13. EU billigt private P2P-Polizei: Hadopi auch in Deutschland?
  14. Three Strikes - Britische Provider sollen Raubkopierer melden – Spiegel Online (26. Juni 2012)