Joachim Werneburg

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Joachim Werneburg (* 15. Juli 1953 in Erfurt) ist ein deutscher Schriftsteller, der hauptsächlich Lyrik und Kurzprosa verfasst. Hauptberuflich ist er im öffentlichen Dienst tätig und lebt in Weimar.

Leben

Joachim Werneburg ist der Sohn des bildenden Künstlers Walter Werneburg. Sein jüngerer Bruder Ralf Werneburg ist Paläontologe. J. W. studierte von 1973 bis 1977 Theoretische Elektrotechnik an der Technischen Hochschule Ilmenau und hielt dort erste Lesungen in Studentenklubs. In seinen Gedichten erschafft er für Thüringen eine Mythologie in Geologie, Pflanzen- und Tierwelt. Er entwirft poetische Exkursionen in vorgeschichtliche und mittelalterliche Zeiten und entdeckt diesen Landstrich im schöpferischen Konflikt zwischen slawischer Einwanderung (die Wenden) und westlicher Eroberung (durch die Merowinger). Den DDR-Zeitgeist hielt er in einigen Epigrammen fest (Thüringer Meer).

In späteren Arbeiten erweiterte Werneburg den ‚zentraleuropäischen‘ Ansatz des Thüringer Meers, etwa um böhmische Steine, die Welt der Skythen oder – nach dem Fall der Mauer – um die Landschaften der Provence und Cornwalls. Pulsierend kehrte er mit seinen Arbeiten nach Thüringen zurück (Das Zeitalter der Eidechse).

Dieses Wechselspiel führte Werneburg in den Arbeiten seit 1997 fort, sie thematisieren Landschaften im antiken Mittel- und Süditalien, auf griechischen Inseln oder dem altkeltischen Wales. Ein andalusischer Gedichtzyklus bezieht islamische Motive ein; die Fahrt auf dem unterweltlichen Nil zeigt das Alte Ägypten. Naturlyrische Elegien führen in das Lebensumfeld des Autors zurück (Die Klage der Gorgonen).

Die Dichtungen der Jahre 2008 bis 2013 zeigen ein Paradies im Atlantik, sardische Krieger und einen tanzenden Derwisch. Der Brahmane, der Gelbe Drache, sie träumen; die Libelle tritt als Regisseurin eines -Spiels auf, das Landschaften Japans, Shintō und Buddha vereint (Die Wiederkehr des Delphins).

In den Jahren 1988/89 näherte sich Joachim Werneburg dem Werk des chinesischen Dichters Pe-lo-thien (Bai Juyi, 772–846, Tang-Dynastie) an, entdeckte ihn als seinen Verwandten und stieß auf vergleichbare existentielle Erfahrungen (Die Reise nach Südost).

Der Vater des Autors, Walter Werneburg, schuf von 1979 bis 1994 zu 21 Gedichtzyklen farbige Druckgraphiken, die in zahlreichen Ausstellungen vorgestellt wurden. Das gemeinsame Werk erschien 2010 vollständig in dem Band "Die Rabenfibel". In Wort und geschwungene Linie (1997/2010) wird über die Zusammenarbeit berichtet.

Joachim Werneburg führte, während er die Untiefen des „Thüringer Meers“ befuhr, im Kontext des DDR-Alltags ein Logbuch: Das Kupferbergwerk (Aufzeichnungen aus den Jahren 1977 bis 1989). Die Notizen auf der Felswand stammen aus der Nachwendezeit (1990 bis 1995) und reflektieren die veränderte Situation des Autors unter den Bedingungen des realen Kapitalismus.

Nach 1990 war J. W. zeitweise Sprecher der Thüringer Verfassungsschutzes und in dieser Position zahlreichen Anfeindungen ausgesetzt.

Werke

Gedichtbände
  • Thüringer Meer, Scidinge Hall, Zürich 2012
  • Die Schlangenfüßige Göttin, Engelsdorfer Verlag, Leipzig 2009
  • Das Zeitalter der Eidechse, Goldhelm Verlag, Manebach 2002
  • Die Klage der Gorgonen, Scidinge Hall, Zürich 2015
  • Die Rabenfibel, mit Walter Werneburg, Scidinge Hall, Zürich 2010
  • Die Wiederkehr des Delphins, Scidinge Hall, Zürich 2013
Gedichtzyklen (Auswahl)
  • Worte. Lutherisch. In: Blätter aus dem Baumbachhaus, herausgegeben von Walter Werner, Staatliche Museen Meiningen 1985
  • Kupferberg. In: Braegen, 1988 Heft 1, Berlin, herausgegeben von Vrah Toth (Pseudonym für Henryk Gericke), Samisdat-Publikation [1]
  • Erfurter Sage. Ein Epigramm-Zyklus. In: Eintragung ins Grundbuch. Thüringen im Gedicht, ausgewählt von Wulf Kirsten, Hain Verlag Rudolstadt & Jena 1996
  • Etruskisches Tarot. In: Wandern über dem Abgrund. Jakob van Hoddis nachgegangen, herausgegeben von Wulf Kirsten, quartus-Verlag, Bucha bei Jena 1999
  • Phantasie über die fünfblättrige Rose. In: Palmbaum - Literarisches Journal aus Thüringen 11/2003 H 1+2
  • Die Burg des Zaunkönigs. In: Palmbaum - Literarisches Journal aus Thüringen 16/2008. H 1
  • Der Aurorafalter. In: Arnshaugk. Ein Lesebuch, herausgegeben von Klaus Gauger, Edition Arnshaugk, München 2009
  • Die Merwigslinde. In: Das Lindenblatt. Jahresschrift für Schöne Literatur, Arnshaugk Verlag 2013
  • Sardischer Brunnen - Gedichtzyklus. In: Palmbaum - Literarisches Journal aus Thüringen 22/2014 H1
  • Maurisches Tor - Gedichtzyklus, mit Einführung zur dichterischen Verfahrensweise Der Spiegel der Leila. In: Palmbaum - Literarisches Journal aus Thüringen 24/2016 H1
Nachdichtungen
  • Die Reise nach Südost. Gedichte nach Pe-lo-thien, Edition Arnshaugk, München 1991
Prosa
  • Das Kupferbergwerk. Fragmente von 1977 bis 1989, Scidinge Hall, Zürich 2011
  • Notizen auf der Felswand. Aus den Jahren 1990 bis 1995, Scidinge Hall, Zürich 2016
  • Wort und geschwungene Linie. Aufzeichnungen über die künstlerische Zusammenarbeit mit Walter Werneburg, Scidinge Hall, Zürich 2010
  • Die Insel der Medusa, in: Diktynna. Jahrbuch für Natur und Mythos, Edition Arnshaugk, München 2009

Literatur (Auswahl)

  • Fechner, Dieter, H. Völkerling H. (Hrsg.): Thüringer Autoren der Gegenwart. Quartus-Verlag, Bucha 2003.
  • Agthe, Kai: Das Hohelied des Mythos. In: Palmbaum - Literarisches Journal für Thüringen 2/2008
  • Agthe, Kai: Zu Gedichten von Joachim Werneburg. In: Schüly, W. Natursprache. Deutsche Dichter der Nachkriegszeit, Arnshaugk, München 2009
  • Wolf, Dieter: Wort und geschwungene Linie. In: Das Lindenblatt. Jahresschrift für Schöne Literatur 2011 [2]
  • Kirsten, Wulf. In: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-bibliographisches Handbuch, Bd. 31, De Gruyter, Berlin/Bosten 2012
  • Fried, Jo: Werk im Wachsen. In: Palmbaum. Literarisches Journal für Thüringen 2/2013
  • Roewer, Helmut: Bücher von Vater und Sohn. In: Das Lindenblatt. Jahresschrift für Schöne Literatur 2014 [3]
  • Geipel, Ines & Walther, Joachim. Gesperrte Ablage. Unterdrückte Literaturgeschichte in Ostdeutschland 1945–1989, Lilienfeld Verlag, Düsseldorf 2015

Weblinks