Kleinit

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Kleinit
Dunkelgelber Kleinit-Kristallrasen aus der McDermitt Mine, Nevada, USA (Gesamtgröße: 9,8 cm × 6,4 cm × 3,8 cm)
Allgemeines und Klassifikation
Chemische Formel (Hg2N)(Cl,SO4)·nH2O[1]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Halogenide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

III/D.06
3.DD.35
10.04.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem hexagonal
Kristallklasse; Symbol dihexagonal-dipyramidal; 6/m 2/m 2/m
Raumgruppe (Nr.) P63/mmc[2] (Nr. 194)
Gitterparameter a = 6,76 Å; c = 11,07 Å[2]
Formeleinheiten Z = 2[2]
Häufige Kristallflächen {1010}, {2021}, and {0001}[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 3,5 bis 4
Dichte (g/cm3) gemessen: 7,9 bis 8,0; berechnet: [7,87][3]
Spaltbarkeit undeutlich nach {0001}, unvollkommen nach {1010}[3]
Bruch; Tenazität uneben; spröde
Farbe hellgelb, kanariengelb, orange, auch zoniert
Strichfarbe schwefelgelb
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Glanz Diamantglanz (rein gelbe Varietäten) bis Fettglanz (orange Varietäten)[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 2,190
nε = 2,210[5]
Doppelbrechung δ = 0,020[5]
Optischer Charakter einachsig negativ, einachsig positiv ≥ 130 °C, isotrop ≥ ≈ 190 °C[3]
Achsenwinkel 2V = bis 80°[3]
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhalten löslich in HCl, HNO3, NH4Br[6]
Besondere Merkmale Photochromie

Kleinit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Halogenide“. Es kristallisiert im hexagonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung (Hg2N)(Cl,SO4)·nH2O[1], ist also ein wasserhaltiges Quecksilber-Stickstoff-Chlorid, dass strukturell zu den Doppelhalogeniden gehört. Das in den runden Klammern angegebene Element Chlor und das Sulfat-Anion SO4 können sich in der Formel jeweils gegenseitig vertreten (Substitution, Diadochie), stehen jedoch immer im selben Mengenverhältnis zu den anderen Bestandteilen des Minerals.

Kleinit ist durchsichtig bis durchscheinend und entwickelt nur kleine, isometrische bis kurzprismatische Kristalle von bis zu drei Millimetern Länge und ist meist in Form von „Kristallrasen“ und krustigen Überzügen auf anderen Mineralen oder Muttergestein zu finden. In reiner Form ist Kleinit von hellgelber bis kanarien oder schwefelgelber Farbe. Durch Fremdbeimengungen von Quecksilberoxid kann er auch eine orange Farbe annehmen und auch zonierte Kristalle mit gelbem Kern und orangem Rand sind bekannt. Der Glanz auf den Kristalloberflächen reicht von einem eher mattem Fettglanz bei orangen Varietäten bis zu einem kräftigen Diamantglanz bei rein gelben Varietäten.

Mit einer Mohshärte von 3,5 bis 4 gehört Kleinit zu den mittelharten Mineralen, die sich ähnlich wie das Referenzmineral Fluorit (4) leicht mit einem Taschenmesser ritzen lassen.

Besondere Eigenschaften

Kleinit ist positiv photochrom, das heißt im Tageslicht intensiviert sich seine Farbe und im Dunkeln nimmt er wieder seine Originalfarbe an.[3]

Die optische Eigenschaft der Doppelbrechung von Kleinit ist temperaturabhängig. So ist das Mineral bei Normaltemperatur einachsig negativ, beim Erhitzen auf über 130 °C einachsig positiv und beim Erhitzen auf über 190 °C.

In kalter Salzsäure (HCl) löst sich Kleinit nur schwer, in warmer Salz- und Salpetersäure (HNO3) dagegen ohne Rückstand. In Ammoniumbromid (NH4Br) aufgelöst entsteht Ammoniak (NH3).[6]

Etymologie und Geschichte

Erstmals entdeckt wurde Kleinit auf einer Mineralprobe aus der Quecksilber-Lagerstätte nahe Terlingua im Brewster County des US-Bundesstaates Texas, die zunächst fälschlich als Terlinguait ausgezeichnet war. Arthur Sachs[7] erhielt diese Probe zur näheren Untersuchung von Carl Hintze der zu dieser Zeit Direktor des Krantzschen Mineralien-Kontors war. Seine Untersuchungsergebnisse zum neuen Mineral publizierte Sachs 1905 in den „Sitzungsberichten der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften“ und schlug den Namen Kleinit vor, zu Ehren des deutschen Professors der Mineralogie Carl Klein (1832–1907).[8]

Typmaterial des Minerals wird in der Harvard University in Cambridge, Massachusetts und im National Museum of Natural History in Washington, D.C. (Katalog-Nr. 86639–86641, 86647) in den USA aufbewahrt.[3]

Klassifikation

Bereits in der veralteten, aber teilweise noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kleinit zur Mineralklasse der „Halogenide“ und dort zur Abteilung der „Oxihalogenide“, wo er zusammen mit Aurivilliusit, Comancheit, Eglestonit, Gianellait, Hanawaltit, Kadyrelit, Mosesit, Pinchit, Poyarkovit, Tedhadleyit, Terlinguacreekit, Terlinguait, Vasilyevit die „Terlinguait-Eglestonit-Gruppe“ mit der System-Nr. III/D.06 bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Kleinit in die erweiterte Abteilung der „Oxihalogenide, Hydroxyhalogenide und verwandte Doppel-Halogenide“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach den in der Verbindung vorherrschenden Kationen, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „mit Hg“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe 3.DD.35 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kleinit in die Klasse der „Halogenide“ und dort in die Abteilung der „Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe 10.04.03 innerhalb der Unterabteilung „10.04 Oxihalogenide und Hydroxyhalogenide mit der Formel A2(O,OH)Xq“ zu finden.

Bildung und Fundorte

Schwefelgelbe Kleinitkristalle aus der McDermitt Mine, Nevada, USA (Sichtfeld 4 mm)
Seltener Fund gut entwickelten, nadeligen Kleinitkristallen auf Quarz aus der McDermitt Mine (Größe: 5,3 cm × 4 cm × 4 cm)

Kleinit bildet sich in der Oxidationszone von hydrothermal gebildeten Quecksilber-Lagerstätten. Als Begleitminerale können neben anderen Quecksilbermineralen wie beispielsweise Montroydit, Mosesit, Kalomel und Terlinguait unter anderem noch Baryt, Calcit und Gips auftreten.

Das Mineral konnte bisher (Stand 2014) nur in wenigen Proben von weniger als 10 Fundorten nachgewiesen werden. Neben seiner Typlokalität Terlingua und der nahe gelegenen Mariposa Mine (California Mountain Mine) in Texas fand man Kleinit noch in der Quecksilbermine McDermitt bei Opalite im Humboldt County (Nevada) in den Vereinigten Staaten und am Moschellandsberg bei Obermoschel (Rheinland-Pfalz) in Deutschland.[9]

Kristallstruktur

Kleinit kristallisiert hexagonal in der Raumgruppe P63/mmc (Raumgruppen-Nr. 194) mit den Gitterparametern a = 6,76 Å und c = 11,07 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[2]

Siehe auch

Literatur

  • A. Sachs: Der Kleinit, ein hexagonales quecksilberoxychlorid von Terlingua in Texas. In: Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. 1905, S. 1091–1094 (PDF 250,6 kB)

Weblinks

Commons: Kleinite – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b IMA/CNMNC List of Mineral Names; Marchi 2014 (PDF 1,5 MB)
  2. a b c Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. 9. Auflage. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 181.
  3. a b c d e f g Kleinite, In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America, 2001 (PDF kB)
  4. A. Sachs: Der Kleinit, ein hexagonales quecksilberoxychlorid von Terlingua in Texas. In: Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. 1905, S. 1094 (PDF 250,6 kB)
  5. a b Mindat - Kleinite
  6. a b Mineralienatlas:Kleinit
  7. worldcat.org - Arthur Sachs: Der Kleinit, ein hexagonales Quecksilberoxychlorid von Terlingua in Texas
  8. A. Sachs: Der Kleinit, ein hexagonales quecksilberoxychlorid von Terlingua in Texas. In: Sitzungsberichte der Königlich Preussischen Akademie der Wissenschaften. 1905, S. 1091–1094 (PDF 250,6 kB)
  9. Fundortliste für Kleinit beim Mineralienatlas und bei Mindat