Lied

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Lied (aus mhd. liet, „Strophe“) ist der Sammelbegriff für kleinere, knapp gegliederte gesungene Kompositionen aus Musik und Liedtext[1]. Diese Kurzform findet sich in allen Kulturen.

Geschichte

Das Lied ist die ursprünglichste und schlichteste Form der Lyrik, in der das menschliche Gefühl in seinen Stimmungen und Beziehungen eine reine und intensive Ausdrucksmöglichkeit findet. Die Volksballade war im Mittelalter ein volkstümliches, episches und strophisches Lied aus ritterlichen Kreisen, das später zum Volksgut wurde. Hierzu gehört das „Lied auf die Abschiedsszene zwischen Elisabeth und Ludwig von Thüringen“ aus 1227 beim Aufbruch Ludwigs zum Kreuzzug. Jörg Widmann lobt in „Ain schönes lied von Vilshofen“ 1504 die Verteidiger der Stadt. Hans Umperlin verfasste 1516 ein Gedicht, in welchem er am Schluss von sich selbst sagt: „Der uns das liedlin newes singt / der nennt sich Hans Umperlin / hat er zwelf lebendige kind…“[2] Um 1518 erschien beim Kölner Buchdrucker Arnd von Aich die älteste deutsche Liedersammlung unter dem Titel „75 hubscher lieder myt Diskant, Alt, Bas und Tenor“ (75 hübsche Lieder mit Sopran, Alt, Bass und Tenor).[3]

Das Wort „Volkslied“ stammt von Johann Gottfried Herder, der damit Begriffe wie „Gassenhauer“, „Bauerngesang“ und „Cantio rusticalis“ verdrängte.[4] Beim Volkslied war eine singbare Melodie eine wesentliche Voraussetzung, damit es jedermann ohne besondere Stimmausbildung nachsingen konnte. Durch die 1778 von Herder herausgegebenen Sammlungen „Stimmen der Völker in Liedern“ fokussiert sich die Aufmerksamkeit erstmals auf das Volkslied in Europa.[5] Von Beginn der Frühromantik an gilt das Volkslied als die Reflexion des „Volksgeistes“, zusammengefasst in berühmten Sammlungen (Clemens Brentano, Des Knaben Wunderhorn; 1806). Es war ein im Volk entstandenes oder von ihm aufgegriffenes Lied. Das Volkslied wurde vielfach wegen seiner strophischen Form und der eingängigen Melodik als idealtypische Liedform angesehen.[6]

Durch Franz Schubert wurde das Lied zu einer komplexeren Kunstform, was etwa 1830 zu einer Spaltung in ernste und unterhaltende Liedformen führte. Daraus entwickelte sich die spätere Unterteilung in E-, U- und F-Musik, die ihren Ursprung im Bestreben der GEMA hatte, anspruchsvolle, aber nicht lukrative Kunst zu fördern.[7] Die kontrovers diskutierte Aufteilung wird nur noch durch die GEMA vorgenommen. Sie führt dazu, dass ein Komponist der E-Musik die achtfachen Tantiemen eines U-Musikkomponisten bei Veröffentlichung erhält.[8]

Arten

Die überschaubar gegliederte Liedform hat historische Dimensionen und besitzt regionale und stilistische Vielfalt vom schlichten Volkslied bis zum begleiteten Kunstlied.[9] Das Lied kann nach seinem Text, seiner Satztechnik, Besetzung und seinem ästhetischen Anspruch in verschiedene Liedgattungen unterteilt werden.

Der Liedtext behandelte seit jeher die unterschiedlichen Alltagssituationen des Menschen, seine Umwelt, die Natur und andere Themen. Hauptvertreter dieser Form ist das Volkslied. Der satztechnische Aufbau stimmt in der Regel mit dem Strophenaufbau überein, damit beim Strophenende auch der Teilsatz endet. Dieser Teilbereich gehört zur Metrik als der Lehre vom musikalischen Satzbau. Deutsche Volkslieder sind meist auftaktig strukturiert, weil ihr Text mit unbetonten Silben beginnt.[10] Auf allen Ebenen des Satzbaus gilt das jeweils folgende Element als bedeutender als das vorangegangene („Auftaktigkeit“). Bei chorischer Besetzung spricht man vom Chorlied, Klavier und Gesang heißen Kunstlied mit oft durch Intervallsprünge verzierten Melodien. Es ist das „Vortragslied ausgebildeter Stimmen und Begleiter“.[11] Musikästhetisch wird oft zwischen Liedern der E-, U- und F-Musik unterschieden, einer umstrittenen Einteilung, die nur noch von der GEMA strikt befolgt wird.

Lieder können mündlich überliefert sein (wie Volkslieder, religiös-kultische, Kampf- oder Tanzlieder) oder als musikalisches Werk auf Komponisten zurückgehen. Sie bestehen aus mehreren gleich gebauten, meist gereimten Strophen oder einer auskomponierten variierenden Melodie für jede Strophe.

Ein Lied kann von einem Solisten, einem Ensemble, einem Chor, a cappella oder von Musikinstrumenten begleitet vorgetragen werden.

Eigenschaften

Im Vordergrund steht die singbare, im Tonumfang meist begrenzte, rhythmisch-metrisch meist dem Sprachfluss des Textes folgende Melodik, die einer Text-Ton-Beziehung folgt.[12] Bis auf das Kunstlied ist ein Lied ohne besondere Stimmausbildung reproduzierbar. Ein Lied ist somit nicht kompliziert aufgebaut und weist einfache Melodien und Formen auf. Die typische Liedform ist dreiteilig (A-B-A). Den ersten Takten (A) folgt ein melodisch neuer Teil (B), an den sich die Melodie des ersten Teils (A) anschließt. Deshalb gehören zu dieser Liedform auch die heutigen Schlager und die gesamte Popmusik.

Liedarten

Lied – Chanson – Song

Das Wort Lied existiert auch als Fremdwort in einigen europäischen Nachbarländern und wird mit deutscher Kultur assoziiert (le lied in Frankreich, the lied in Großbritannien).

Umgekehrt wurden fremdsprachliche Wörter für Lied (französisch chanson; englisch song, tune oder hymn) teilweise in die deutsche Sprache übernommen, insbesondere Chanson und Song zur Bezeichnung französischer bzw. angelsächsischer Werke.

Siehe auch

Literatur

  • Hermann Danuser (Hrsg.): Musikalische Lyrik. 2 Bände. Band 1: Von der Antike bis zum 18. Jahrhundert, Band 2: Vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart – Außereuropäische Perspektiven. (= Handbuch der musikalischen Gattungen, Band 8,1 und 8,2) Laaber, Laaber 2004, ISBN 3-89007-131-7 / ISBN 3-89007-596-7.
  • Otto Holzapfel: Liedverzeichnis. Die ältere deutschsprachige populäre Liedüberlieferung. Band 1–2. Hildesheim 2006 [CD-ROM Update 2009; vollständiges Schriftenverzeichnis]. [zus.] 1578 S., ISBN 3-487-13101-3 und ISBN 3-487-13102-1.
  • Hartmut Krones: Lied. In: Oesterreichisches Musiklexikon. Online-Ausgabe, Wien 2002 ff., ISBN 3-7001-3077-5; Druckausgabe: Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3045-7.
  • Dieter Lohmeier (Hrsg.): Weltliches und Geistliches Lied des Barock. Rodopi, Amsterdam / Svenskt Visarkiv, Stockholm 1979 (Daphnis 8.1) ISBN 90-6203-651-1.
  • Günther Müller: Geschichte des deutschen Liedes. Vom Zeitalter des Barock bis zur Gegenwart. Drei-Masken-Verlag, München 1925, DNB 453484387.
  • Karl Riha: Moritat, Bänkelsong, Protestballade. Kabarett-Lyrik und engagiertes Lied in Deutschland. 2. Auflage, Athenäum, Königstein im Taunus 1979, ISBN 3-7610-2100-3.

Weblinks

Commons: Songs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Lied – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Lied – Zitate
Wikisource: Musikbelletristik – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Meyers Großes Konversationslexikon online: Lied
  2. Hedwig Heger, Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock, 1994, S. 188 f.
  3. Rochus Freiherr von Liliencron/Franz Xaver von Wegele, Allgemeine deutsche Biographie: Van der Aa - Baldamus, Band 1, 1875, S. 165
  4. Norman Lloyd, Großes Lexikon der Musik, 1987, S. 658
  5. Karl Heinrich Wörner/Wolfgang Gratzer/Lenz Meierott, Geschichte der Musik, 1993, S. 442 ff.
  6. Karl Heinrich Wörner/Wolfgang Gratzer/Lenz Meierott, a.a.O., S. 443
  7. Mandy Risch-Kerst/Andreas Kerst, Eventrecht kompakt, 2009, S. 293
  8. Mandy Risch-Kerst/Andreas Kerst, a.a.O., S. 293
  9. Wieland Ziegenrücker/Peter Wicke, Sachlexikon Popmusik, 1987, S. 219
  10. Wieland Ziegenrücker/Peter Wicke, a.a.O., S. 30
  11. Peter Hahnen, Das 'Neue Geistliche Lied' als zeitgenössische Komponente christlicher Spiritualität, 1998, S. 212
  12. Wieland Ziegenrücker/Peter Wicke, a.a.O., S. 219