Lutherkirche (Berlin-Schöneberg)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. April 2016 um 10:05 Uhr durch Z thomas (Diskussion | Beiträge) (HC: Ergänze Kategorie:Bauwerk von Johannes Otzen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Lutherkirche, 2015
Lutherkirche, 1905

Die Lutherkirche ist eine Backsteinkirche am Dennewitzplatz im Berliner Ortsteil Schöneberg. Die dreischiffige Hallenkirche mit Querhaus wurde von 1891 bis 1894 nach Entwürfen von Johannes Otzen in städtebaulich exponierter Lage errichtet und steht unter Denkmalschutz. Der im historisiertem gotischen Stil ausgeführte Sakralbau ist mit seinem schlanken seitlichen Turm axial auf den Generalszug des Hobrechtschen Plans ausgerichtet.

Die Bülowstraße um 1897 mit der Lutherkirche im Hintergrund
Etwa gleiche Perspektive mit der 1902 eröffneten Hochbahnstation Bülowstraße, 2007

Geschichte

Die Initiative, eine Kirche zu errichten, ging auf die benachbarte Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde zurück. Um 1880 wohnten 31.000 Evangelische im Einzugsbereich der Gemeinde. Dafür war die eigene Kirche schon zu klein geworden. Mit einer zusätzlichen Kirche sollte dem weiteren Anstieg der Bevölkerungszahlen Rechnung getragen werden. Die Volkszählung von 1895 ergab für die neugegründete Gemeinde 40.383 evangelische Seelen. Erst nach dem vierten Antrag genehmigte die Berliner Stadtverordnetenversammlung (das Gebiet um die Kirche war als Schöneberger Vorstadt bereits 1861 von Schöneberg nach Berlin umgegliedert worden) am 1. Juni 1887 den Bau der Lutherkirche. Die Bausumme wurde zwar auf 473.000 Mark festgelegt, mit 580.000 Mark aber deutlich überschritten. Am 18. April 1891 erfolgte die Grundsteinlegung im Beisein des Kaisers Wilhelm II. und seiner Frau Auguste Viktoria, am 5. Mai 1894 wurde die Luther-Kirche in Anwesenheit der Kaiserin und des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen eingeweiht. Bauleiter der Kirche war Johannes Otzens Mitarbeiter Moritz Korn.

Die Kirche wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, als sie in der Nacht vom 22. auf den 23. November 1943 bei Luftangriffen der Alliierten von Brandbomben getroffen wurde. Nach dem Krieg wurde die beschädigte Kirche zunächst mit provisorischen Maßnahmen wieder hergerichtet. Später wurde der Innenraum einfach und modern wiederhergestellt.

Die Lutherkirche wurde von November 2002 an für fünf Jahre an die American Church in Berlin zunächst vermietet und ist 2007 in deren Eigentum übergegangen.

Bauwerk

Die in einer Mischung aus Neoromanik und Neogotik von Johannes Otzen 1889 entworfene Lutherkirche auf dem Schöneberger Dennewitzplatz war aufwendig gestaltet. Ihr zentralisierender Grundriss folgt dem geläufigen Schema der Thomas-, Zions- und Heilig-Kreuz-Kirche. Der rechteckige Eingangsvorbau liegt in der Hauptachse. Das weiträumige, von Sterngewölben überspannte Innere aus weitem Hauptschiff und schmalen gangartigen Seitenschiffen hatte 1500 Sitzplätze. Die dreiseitige Empore ist zweifach nach innen abgeknickt. Aus städtebaulichen Gründen ist der 88 Meter hohe Turm im Winkel zwischen dem polygonalen Chor und einem polygonalen Querschiff angeordnet, sodass er weithin sichtbar in der Achse zwischen Wittenbergplatz und Südstern liegt. Im 2011/13 eröffneten Park am Gleisdreieck wurden der Generalszug in Verlängerung der Bülowstraße und die Sichtachse auf den Turm wiederhergestellt.

Die drei Gussstahlglocken, die vom Bochumer Verein 1893 hergestellt wurden, haben beide Weltkriege überstanden, weil die Behörden an Stahlguss kein Interesse hatten.

Glocke Schlagton Gewicht
(kg)
Durchmesser
(cm)
Höhe
(cm)
Inschrift
1. Glocke ho 2204 177 135 EINE FESTE BURG IST UNSER GOTT.
2. Glocke dis′ 1410 149 129 DAS WORT SIE SOLLEN LASSEN STAHN.
3. Glocke fis′ 0853 126 109 DAS REICH MUSS UNS DOCH BLEIBEN.

Für Otzen besonders typisch ist sein kühner Eklektizismus mit seinen willkürlich aneinandergereihten Architekturmotiven.

Seine Bauten weisen einen auffallenden Mangel an Proportionalität der einzelnen Bauteile auf. Zum Beispiel wirkt der Turm in Bezug auf das polygonale Querschiff als zu massiv. Die Baudetails aus dem Repertoire der späten Romanik und der Spätgotik sind bisweilen willkürlich vermengt. Allerdings zeigte sich Otzen flexibler in der Wahl verschiedener Bautypen als die meisten zeitgenössischen Kirchenarchitekten. Aus diesem Grund war er einer der meistbeschäftigten Kirchenbaumeister seiner Zeit.

Der Mauerwerksbau ist mit roten Backsteinen und dunklen Glasursteinen verblendet, schmückende Teile sind aus Sandstein. Das Äußere ist reich gegliedert. Über den Strebepfeilern und den großen Spitzbogen-Maßwerkfenstern befinden sich teilweise Wimperge. Der Hauptturm mit seinem spitzen oktogonalen Helm ist mit Statuen geschmückt. Das hohe Glockengeschoss hat jeweils dreiteilige spitzbogige Arkaden. Beiderseits des Eingangsvorbaues befinden sich Treppentürme.

Nach Beseitigung der Kriegszerstörungen wurde die Kirche 1959–1960 umgebaut. Die ursprünglichen Seitenemporen wurden nicht wiederhergestellt, der Altarbereich sowie das Hauptportal wurde verändert und die Turm-Eingangshalle neu gestaltet. Eine Restaurierung des ursprünglichen Zustands war vor dem Hintergrund knapper finanzieller Mittel nicht möglich. Die Anzahl der Sitzplätze betrug nun rund 400 im Hauptschiff und 50 Sitzplätze auf der Orgelempore. Für die im Krieg zerstörte Orgel wurde 1964 eine neue eingeweiht.

Literatur

  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin: Berlin und seine Bauten. Teil VI. Sakralbauten. Berlin 1997.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978.
  • Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Band Berlin. München/Berlin 2006.
  • Klaus-Dieter Wille: Die Glocken von Berlin (West). Geschichte und Inventar. Berlin 1987.

Weblinks

Commons: Luther-Kirche (Berlin-Schöneberg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Koordinaten: 52° 29′ 47,1″ N, 13° 21′ 58,8″ O