Manuel Rodrigues Coelho

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Manuel Rodrigues Coelho (* um 1555 in Elvas; † um 1635 in Lissabon) war ein portugiesischer Komponist und Organist. [1] [2]

Leben und Wirken

Manuel Rodrigues Coelho, der auch den Priesterberuf ausübte, diente in den Jahren 1573 bis 1577 als stellvertretender Organist am Dom zu Badajoz in Spanien und wurde zwischen 1580 und 1589 Organist am Dom zu Elvas. Danach erhielt er einen Ruf als Kaplan und „Clavierist“ an den portugiesischen Königshof in Lissabon; dieses Amt nahm er im Jahr 1602 auf. Dort trat er am 13. Oktober 1633 in den Ruhestand. Von ihm ist das umfangreiche Sammelwerk Flores de musica pera o instrumento de tecla & harpa überliefert, erschienen in Lissabon im Jahr 1620.

Flores de musica, Titelblatt (1620)

Bedeutung

Die Sammlung Flores de musica ist der älteste überlieferte Druck portugiesischer Instrumentalmusik und besteht aus über 200 Folios (Blätter im historischen Papierformat 210x330 mm) mit Werken für Tasteninstrumente. Sie enthält 24 Tientos (Ricercare), etwa 100 Kyrie- und Magnificat-Versetten mit Singstimme, 4 Pange lingua und 4 „Suzanas“ (Bearbeitungen des Chansons Suzanne un jour von Orlando di Lasso). Das Werk lässt deutliche stilistische und formale Einflüsse der spanischen Tastenmusik der Renaissance, insbesondere von Antonio de Cabezón, erkennen. Es ist in einer Clavier-Partitur notiert, so wie die handschriftlich überlieferte Musik der weniger bekannten portugiesischen Vorgänger Coelhos.

Musikhistorisch besonders interessant sind in dieser Sammlung die Magnificat-Versetten (also die Nummern 32 bis 37 und 39), das Nunc dimittis (Nr. 38) und die Psalm-Versetten (Nr. 40 bis 47), in denen der zugrunde liegende gregorianische Choral zwar stets als Cantus firmus dient, aber auf einem zusätzlichen Notensystem mit unterlegtem Text notiert ist. Bei den Psalmvertonungen hingegen wandert der Choral als integraler Bestandteil von Stimme zu Stimme. Der abschließende Block der Sammlung bringt Vertonungen verschiedener Kyrie-Melodien in spezifischer Auswahl. Die Behandlung von Dissonanzen in der Sammlung Flores (übermäßige Quinten und Terzen, melodisch verminderte Quarten und übermäßige Primen) ist ebenfalls besonders interessant. Simultane harmonische Querstände sind derartig häufig, dass sie als besonderes Stilmerkmal der Musik von Manuel Rodrigues Coelho angesehen werden können. „Coelhos Fähigkeit, Anregungen in- und ausländischer Meister wie Antonio de Cabezón, Jan Pieterszoon Sweelinck oder Andrea Gabrieli in seinen Personalstil einzuschmelzen und die Form des Tientos in spontaner und unforcierter Weise anzureichern, verleiht den Flores de Musica große Bedeutung. Die hier vereinigten Stücke sind vor allem durch Reichtum an formgestaltenden Elementen, eine zurückhaltende Dissonanzbehandlung und einen gemäßigten Gebrauch von Spielfiguren und chromatischen Einfärbungen charakterisiert.“ (Gerhard Doderer, Lissabon)[3]

Literatur (Auswahl)

  • M. S. Kastner: Música hispánica, Lissabon 1936
  • Derselbe: Contribución al estudio de la música espagñola y portuguesa, Lissabon 1941
  • K. Speer: The Organ „Verso“ in Iberian Music to 1700, in: Journal of the American Musicological Society Nr. 11 (1958)
  • M. S. Kastner: Vestigios del arte de Antonio de Cabezón en Portugal, in: Anuario musical, Nr. 21 (1966), Seite 105
  • Willy Apel: Geschichte der Orgel- und Klaviermusik bis 1700, Kassel 1967
  • K. Speer: What is „tonus“ in Polyphonic Music, in: Essays in Musicology, Festschrift von Willy Apel, Bloomington/Indiana 1968
  • M. S. Kastner: Antonio und Hernando de Cabezón: eine Chronik dargestellt am Leben zweier Generationen von Organisten, Tutzing 1977

Weblinks

Quellen

  1. Die Musik in Geschichte und Gegenwart (MGG), Personenteil Band 4, Bärenreiter Verlag, Kassel und Basel 2000, ISBN 3-7618-1114-4.
  2. Honegger / Massenkeil: Das große Lexikon der Musik, Band 2, Herder Verlag, Freiburg im Breisgau 1979, ISBN 3-451-18052-9.
  3. Lexikon der Orgel, herausgegeben von Hermann J. Busch und Matthias Geuting, 2. Auflage, Laaber-Verlag Laaber 2008, Seite 154, ISBN 978-3-89007-508-2