Matthias Joachim Maaß

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Matthias Joachim Maaß (2004)

Matthias Joachim Maaß (* 3. November 1958 in Heidelberg; † vermutlich am 13. Mai 2019 in Heidelberg, aufgefunden in seiner Wohnung am 18. Mai 2019)[1][2][3] war ein deutscher Zeichner und Maler.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Matthias Maaß war ein Sohn des Mathematikers Hans Maaß[4] und ein Enkel des Fotografen und Malers Heinrich Johannes Friedrich Maaß (* 7. Oktober 1880 in Lübeck; † 2. Februar 1919 in Lübeck). Nach seinem Abitur 1977 am Bunsengymnasium in Heidelberg studierte Matthias Maaß ab 1977 zunächst Arabistik und Philosophie an der Freien Universität in Berlin. Seit 1979 pflegte er eine Freundschaft mit Otfried Rautenbach[5], mit dem ihn zahlreiche Gemeinschaftsproduktionen verbinden. Zu seinem Freundeskreis zählten auch die Künstler Giuseppe Blasotta[6], Mohammed Massoudi[7] und Rolf Schneider.[8] Matthias Maaß begann in den 1980er Jahren professionell zu zeichnen und zu malen.[3] Den Beginn seines künstlerischen Schaffens datiert er selbst in einem Werk Der 6. Jahrestag des 8. August 1981. – Sechs Jahre Zeichnungen Matthias Maaß. auf den 8. August 1981; sein letztes Werk entstand wohl am 12. Mai 2019 (Im Blitzlicht, kolorierte Tuschezeichnung im Format DIN A4 hoch, Privatbesitz). Er führte seit einer Reise in die Schweiz ab 1983 ein Tagebuch.[2]

Mit Ofried Rautenbach unternahm Matthias Maaß immer wieder Reisen, insbesondere auch nach Köln und nach Berlin. Auf diesen Reisen lernte er etwa Michael von Biel, Hannes Jähn, Walther König und Kasper König, Jes Petersen, Barbara Wien oder Rudolf Zwirner kennen.[9]

1985 erhielt er den ersten Preis der Künstlergruppe 79 e.V., Heidelberg.[2][3] 1982 bis 2018 lebte Matthias Maaß im Haus seiner Eltern in Ziegelhausen,[10] nach dem Tod der Mutter zuletzt in einer Eigentumswohnung in Ziegelhausen.

Arbeitsweise und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Neben ausdrucksstarken, zumeist kleinformatigen mit Tusche gezeichneten und aquarellierten Porträts schuf Matthias Maaß serielle Arbeiten wie die „28.000 Todesopfer des Vendée-Aufstands 1793 in der Französischen Revolution“ oder die „43.800 Faschisten in Deutschland“. „Ich male zumeist Bilder als persönliche Erinnerung. Ein Großteil meiner Arbeiten ist auf Papier entstanden, weil ich mich zumeist an ein gängiges Format halte. Im Lauf der letzten sechs Jahre entstanden jedoch auch 5 Leinwandbilder aus dem Bedürfnis heraus, eine größere Fläche als das 70x100cm Format zu bemalen. Diese Arbeiten bekamen zumeist auch einen Titel. Als jedoch spätabends das Werk vom 12.01.90 vollendet war, fiel mir nicht viel ein als höchstens afrikanische Kunst, Steppenwolf oder später Herr Schomaker und ich betreten die Pinte unter dem Angesicht des Todes. – Es blieb also ohne Titel. (Entstehungsort war das Dachatelier Kl. Mantelgasse 21 in Heidelberg, das mein Freund Harro Lauter zur damaligen Zeit bewohnte. Es musste im Mai 1990 der Sanierung weichen.)

Ich selbst lebe im Haus meiner Eltern in Ziegelhausen. Es ist mir gegönnt, in einem 18 Quadratmeter großem Raum meine Zeit zu verbringen, wo schon viele Besucher waren. Manchmal kommen auch Bekannte oder Freunde zu mir, die sich in meinem Arbeiten anschauen möchten. Ein dicker Stapel Papier hat sich bei mir seit 1981 angehäuft. Ich bin dann auch gern bereit, mich von ein paar Sachen zu trennen, etwas günstiger zum Preis versteht sich. So lebe ich meist in den Tag hinein, beginne den Tag mit Lektüre, gegen Mittagszeit fange ich meist an zu zeichnen, manchmal auch bis spät in die Nacht hinein oder zu früher Stunde, wenn ich keinen Schlaf gefunden habe. Es sind dann meist auch Serien von Bildern, die entstehen. Einzelwerke von auserlesener Schönheit (R. R. Müller) entstehen jedoch nur an sehr bewegten und manchmal auch emotionsgeladenden Tagen.“[10]

Das Hauptwerk, wenn sich das für ein einzelnes Bild überhaupt sagen lässt, ist das 2,30 × 6,00 mtr. messende Ölbild „DAS TOTENΣAHL“ aus dem Jahr 1992: Wie auf dem Bild notiert, hat Matthias Maaß es in der St. Vitus-Kirche (Heidelberg-Handschuhsheim) am 9. Februar 1992 gemalt, und zwar innerhalb von 90 Minuten, als „Action Painting“. Den Rahmen bildete die Aktion „UMABGE-Requiem“ von Otfried Rautenbach. Vor dem Chor der Kirche, am Ort des Abendmahls, war die Leinwand aufgestellt, auf der Matthias Maaß „DAS TOTENΣAHL“ entstehen ließ – in einem Sommeranzug, den er anschließend wegwarf. Ein Walter Moos stand auf der Kanzel und rief unablässig unflätige Reime in den Raum, Otfried Rautenbach übertönte das mit lautem Spiel einer Tuba, während Hans Gercke, ehemals Leiter des Heidelberger Kunstvereins, fast unhörbar leise auf der Orgel spielte. „DAS TOTENΣAHL“ ist auf Dauer in der Kopfklinik des Universitätsklinikums Heidelberg im Ambulanz-Flurbereich der Radioonkologie ausgestellt, dort allerdings mit Rücksicht auf die Patienten als Werk „Ohne Titel“. Im November 2018 wurde das Werk im Beisein von Matthias Maaß anlässlich seines 60. Geburtstags in der Kopfklinik der Öffentlichkeit vorgestellt.[11] Das Akronym „UMABGE“ steht für „Ulrike Meinhof, Andreas Baader und Gudrun Ensslin“.[12] Matthias Maaß versuchte vor allem 1978/79 in linksgerichteten Kreisen Fuß zu fassen, auch auf der Suche nach menschlichen Kontakten, bemühte sich ohne Erfolg um Besuchserlaubnisse bei inhaftierten Terroristen. Der Titel „UMABGE-Requiem“ war auch seine Idee. Bestätigt werden diese Zusammenhänge durch einen Tagebucheintrag von Matthias, wenn er am 18. Oktober 1992 schreibt: „15 Jahre Stammheim sind vorbei. Das Requiem wurde im Frühjahr aufgeführt.“[13]

Der Kunsthistoriker und Leiter der Sammlung Prinzhorn Thomas Röske schreibt über Matthias Maaß, er sei der bekannteste Heidelberger Künstler mit Psychiatrie-Erfahrung.[14] Die Frage ist, was das für das Verständnis seiner Kunst bedeutet. Eigentlich nichts. In einem Zeitungsartikel (RNZ vom 28. November 2018[15]) heißt es, Matthias Maaß befasse sich eingehend mit dem Verhältnis zwischen Mann und Frau und setze sich überhaupt mit menschlichen Beziehungen auseinander. Seinen Arbeiten verlieh er oft einen spielerischen Ton und verrate dazu eine stilistische Prägung durch die Ecriture automatique. Er entwerfe Traumwelten und lasse auch mal ein Panoptikum mit absurden Gestalten auftreten, die durch originelle Gesten auf sich aufmerksam machen. Die Kunsthistorikerin Kristina Hoge schreibt in einer ersten Würdigung im Werkverzeichnis[16]: „Das künstlerische Schaffen diente Maaß als Ventil zur Verarbeitung krisenhafter Stimmungen, zur Reflektion über das Weltgeschehen, als Äquivalent 'erlebter Erinnerung'. Durch sein kontinuierliches Arbeiten eignete er sich im Laufe der Zeit einen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil und eine charakteristische Arbeitsweise an. … In schneller aber entschiedener Geste setzte er Linien auf das Papier, zunächst scheinbar ein abstraktes, arabeskes Gebilde, aus dem sich dann wie selbstverständlich Figuren, Köpfe, ganze Szenerien herauskristallisieren, als wären sie immer schon da gewesen. Mit Aquarellfarbe gesetzte Akzente, die oft nass in nass aufgetragen sind, schaffen spannungsreiche Kontraste zu den dezidierten, mal kantigen, mal weich fließenden Konturen der Tuschelinien.“ War er nun der kranke Künstler, und seine Kunst Art brut, die nur für sich steht, oder haben nicht einzelne Werke auch einen ausgeprägten realen Hintergrund. Die Reduzierung der Kunst von Matthias Maaß auf Art brut wird in meinen Augen dem Künstler nicht gerecht. Es wird beispielsweise die Frage aufgeworfen, ob ein Ölbild vom 10. März 1992 ein Familienbildnis ist (RNZ vom 30. November 2019[17]), und ob einzelne Personen auf dem Werk ausgemacht werden können (was die Schwester des Künstlers definitiv bejaht[18]). Und „DAS TOTENΣAHL“ muss in Zusammenhang mit seiner politischen Einstellung gesehen werden und hat einen ganz klaren Inhalt und Bezug.

Die Sammlung Prinzhorn besitzt rund 90 Werke von Maaß, darunter Zeichnungen, Tagebücher und auch ein 2,3 × 6 m großes Ölbild („DAS TOTENΣAHL“, 1992). Letzteres ist auf Dauer in der Kopfklinik des Universitätsklinikums Heidelberg (Erdgeschoss, Ambulanz-Flurbereich der Radioonkologie [Im Neuenheimer Feld 400, Heidelberg]), mit Rücksicht auf die Patienten allerdings als Werk ohne Titel, ausgestellt. Im November 2018 wurde das Werk im Beisein des Künstlers anlässlich dessen 60. Geburtstags in der Kopfklinik der Öffentlichkeit vorgestellt.[3][19]

Ausstellungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1981 Fensterausstellung bei Otfried Rautenbach, Heidelberg
  • 1984 Städtische Galerie Schwäbisch Hall; (Ankauf für die Städtische Sammlung); Faltblatt und Katalog
  • 1985 1. Preis für Zeichnung Künstlergruppe 79 e.V. Heidelberg
  • 1986 Ausstellung der Preisträger Künstlergruppe 79 e.V. Heidelberg; Konzert von Jörg Burkhard
  • 1987 Städtische Galerie im Kornhaus Kirchheim und Teck; Ankäufe für die Sammlung Doris Nöth und Sam Szembek
  • 1990 Deutsch-Amerikanisches Institut Heidelberg
  • 1990 – 1991 2. Kreiskulturwoche Rhein-Neckar Landratsamt Heidelberg Katalog; Kunsthaus Welker Heidelberg; Kulturraum Milbertshofen bei München
  • 1991 – 1992 3. Kreiskulturwoche Rhein-Neckar Landratsamt Heidelberg Katalog; Katalog und Ankauf
  • 1993 Galerie Linda Treiber Ettenheimmünster zu Gast in Basel; Ankauf Regierungspräsident Freiburg
  • 1994 Raum für neue Musik und Kunst Bremen[2]
  • 1994 Galerie Lieu AC, Heidenheim
  • 1995/96 Galerie Linda Treiber, Ettenheimmünster
  • 1998 drei tage grafik, Museum Haus Cajeth, Heidelberg
  • 2000 Kunst am Theaterplatz, Heidelberg
  • 2001 Deutsch-Amerikanisches Institut, Heidelberg
  • 2004 Galerie Linda Treiber, Ettenheimmünster; atelier unsichtbar, Stuttgart
  • 2007 Galerie Heidelbergerleben, Pfaffengasse 13, Heidelberg
  • 2009 Galerie Torfhaus Westfalenpark
  • 2010/2011 “Sexualität und Sehnsucht”; Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Dortmund
  • 2011 Landgericht Dortmund
  • 2014 Stadtgalerie Mannheim
  • 2017 Museum Sammlung Prinzhorn, Heidelberg
  • 2018 Museum Haus Cajeth, Heidelberg
  • 2018 Kopfklinik des Universitätsklinikums Heidelberg: Dauerleihgabe des Werkes „DAS TOTENΣAHL“ durch die Sammlung Prinzhorn
  • 2019 Galerie p13, Heidelberg; Galerie Linda Treiber, Ettenheimmünster; Museum Sammlung Prinzhorn, Heidelberg
  • 2023 Xylon-Museum, Schwetzingen, Retrospektive[20]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Katalog mit Radierungen von Maaß
  • Gedichtband: „Chasse de Neige“ (Rainer René Mueller, Frankreich, 1994)[3]
  • Autobiographie (1958–1982), bislang unveröffentlicht

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Matthias Maaß (1958–2019) zum 61. Geburtstag. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 13. Februar 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/heidelberg-aktuell.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  2. a b c d Matthias-Maaß-Collection
  3. a b c d e Sammlung Prinzhorn -Matthias Maaß. Abgerufen am 13. Februar 2020.
  4. https://matthias-maass-collection.de/artikel-malerei-aus-der-dunkelkammer-des-kopfes/
  5. http://www.s197410804.online.de/Personen/rautenbach.htm
  6. https://www.blasotta.de//
  7. https://www.massoudi-malerei.com
  8. Matthias Joachim Maaß, Autobiographie (1958–1982), bislang unveröffentlicht.
  9. Matthias Joachim Maaß, Autobiographie (1958–1982), bislang unveröffentlicht.
  10. a b Matthias Maaß 1991
  11. Thomas Röske, Matthias Maaß, seine Kunst und sein "Totenmahl", in: Matthias Maaß - Schuber 1, Heidelberg 2018, o. S., http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2021/7378
  12. Helen S. Maaß, Eine nicht gehaltene Rede, in: Matthias Maaß, Autobiographie (1958–1986), Anhang, bislang unveröfffentlicht.
  13. Dazu insgesamt Helen S. Maaß, Matthias Maaß: „DAS TOTENΣAHL“ – Eine Neuinterpretation, http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2023/8631
  14. Thomas Röske, Matthias Maaß, seine Kunst und sein "Totenmahl", in: Matthias Maaß - Schuber 1, Heidelberg 2018, o. S., http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2021/7378
  15. https://matthias-maass-collection.de/artikel-ziemlich-absurd-und-sehr-orginell/
  16. https://katalog.ub.uni-heidelberg.de/titel/69079638
  17. https://matthias-maass-collection.de/artikel-freundliche-zombies/
  18. Helen S. Maaß, Eine nicht gehaltene Rede, in: Matthias Maaß, Autobiographie (1958–1986), Anhang, bislang unveröffentlicht.
  19. https://matthias-maass-collection.de/artikel-malerei-aus-der-dunkelkammer-des-kopfes/
  20. Ausstellungen. In: Matthias Maaß Collection. Abgerufen am 17. Februar 2020.