Modalpartikel

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Modalpartikeln (auch Abtönungspartikeln, Abtönungswörter oder MP) sind eine zu den Partikeln gehörende Wortart. Sie dienen unter anderem dazu, die Einstellung eines Sprechers hinsichtlich der Satzaussage auszudrücken oder sie zu beurteilen. Sie sind ein Phänomen der gesprochenen Sprache. Das Deutsche gilt als eine an Modalpartikeln äußerst reiche Sprache, was nicht selbstverständlich ist. In vielen Sprachen existieren nur wenige (z. B. Französisch) bis gar keine Partikeln dieser Klasse, sodass sie eine Herausforderung an Übersetzer darstellen. Aufgrund ihrer hohen Frequenz fallen sie auch beim Erlernen des Deutschen für Nicht-Muttersprachler ins Gewicht. Dies ist besonders deshalb problematisch, weil die Bedeutung sowohl der Klasse als auch der einzelnen Modalpartikeln nicht einfach fassbar ist. Andere Sprachen, in welchen Modalpartikeln eine größere Rolle spielen, sind z. B. Griechisch, Indonesisch, Japanisch und Niederländisch.

Definition

Die Modalpartikeln gehören in der deutschen Sprache neben z. B. den Fokuspartikeln oder Steigerungspartikeln zur Klasse der Partikeln im engeren Sinne, also den generell unflektierbaren Wortarten, die nicht den Präpositionen, Adverbien oder Konjunktionen zugerechnet werden können. Da alle Partikeln unflektierbar sind, müssen, wenn man eine Unterklassifikation vornehmen will, Unterschiede im Verhalten der einzelnen Partikeln im Satz berücksichtigt werden. Über die genauen Merkmale, die Modalpartikeln ausmachen, gab und gibt es eine lange sprachwissenschaftliche Diskussion. Als allgemein anerkannt gelten die folgenden Kriterien zum Erkennen der deutschen Modalpartikeln:

  • Sie sind unflektierbar (wie alle Partikeln).
  • Sie ändern die Wahrheitsbedingungen einer Äußerung nicht.
  • Modalpartikeln können nicht negiert werden.
  • Sie können nicht alleine als Antwort auf eine Frage fungieren. (A: „Der hat vielleicht einen schönen Pullover!“ B: „Was hat er?“ Eine Antwort mit „vielleicht“ im Sinne der Modalpartikel ist nicht möglich.)
  • Sie können nicht am Anfang eines Hauptsatzes vor dem finiten Verb stehen (sie sind nicht vorfeldfähig).
  • Modalpartikeln haben Homonyme in anderen Wortarten.
  • Modalpartikeln sind nicht koordinierbar, das heißt, sie sind nicht mit und oder oder verbindbar.

Zur Bedeutung ausgewählter Kriterien

Auffällig an der angeführten Liste ist, dass die meisten Kriterien Negativ-Merkmale darstellen („sie können nicht ...“). Daher ist es schwierig, eine einfache Definition zu geben, was eine Modalpartikel ist. Genauer kann dafür gesagt werden, was sie nicht sind. In diesem Abschnitt wird ausführlicher auf einige wichtige Punkte der Liste eingegangen.

Modalpartikeln bewirken keine Änderung der Wahrheitsbedingungen

Zur Illustration dieses Punktes kann die Modalpartikel aber dienen. Die folgenden zwei Beispiele zeigen denselben Satz, einmal ohne und einmal mit Modalpartikel. Ist die Tatsache, dass Peter großen Hunger hat, während des Äußerungszeitpunktes des ersten Satzes wahr, so gilt dies auch für den zweiten

  • „Peter hat großen Hunger.“
  • „Peter hat aber großen Hunger.“

Diese Beobachtung ist sprachwissenschaftlich betrachtet nicht unbedeutend, da in diesem Fall das Hinzufügen bzw. Weglassen eines Wortes in einem Satz nichts an dessen Kernaussage ändert. Vereinfacht gesagt bezeichnet man die Aussage, die mit einem Satz gemacht wird, als dessen Proposition, diese kann (unter bestimmten Situationsbedingungen) wahr oder falsch sein. Modalpartikeln fügen also der Proposition nichts hinzu, sondern stehen sozusagen über ihr. Sie geben dem Hörer Hinweise darauf, wie er die Satzaussage einordnen soll.

Modalpartikeln können nicht negiert werden

Aus diesem Zusammenhang heraus, dass sie nicht Teil der Proposition sind, lässt sich auch verstehen, warum Modalpartikeln nicht im Wirkungsbereich einer Negation stehen können, denn Negationen haben einen Einfluss auf Wahrheitswerte. Die Nichtnegierbarkeit der Modalpartikeln spiegelt sich grammatisch darin, dass es sich bei ihnen nicht um Satzglieder handelt.

Modalpartikeln sind nicht vorfeldfähig

Im sogenannten Feldermodell des deutschen Satzes werden Sätze durch die Positionen des Verbs, die sogenannte Satzklammer, in drei Teile gegliedert: Vorfeld, Mittelfeld und Nachfeld, wie in den folgenden Beispielen. Die Modalpartikel findet sich jeweils im Mittelfeld:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
Er wird ja gemerkt haben dass mir das nicht gefällt.
Sie braten wohl gerade Fisch in der Mensa.
Peter hat aber großen Hunger gehabt wie es scheint!

Die Partikeln ja, wohl, aber können nicht ins Vorfeld gestellt werden, allenfalls ergeben sich andere Bedeutungen:

Vorfeld linke Klammer Mittelfeld rechte Klammer Nachfeld
* Ja wird er gemerkt haben dass mir das nicht gefällt
* Wohl braten sie gerade Fisch in der Mensa.
# WOHL braten sie gerade Fisch in der Mensa!
# Aber -- hat Peter großen Hunger gehabt? (* wie es scheint)

Im ersten Beispiel oben ist die Voranstellung der Modalpartikel ja ins Vorfeld unakzeptabel (durch einen *Stern markiert), im zweiten Beispiel ist die Voranstellung unakzeptabel, wenn die Modalpartikel, wie üblich, unbetont ist; das dritte Beispiel zeigt, dass ein betontes wohl zwar im Vorfeld stehen kann, aber eine andere Bedeutung vorliegen muss (markiert durch das #Doppelkreuz): Dieses ist nicht die Modalpartikel, die sich mit „wahrscheinlich“ umschreiben ließe, sondern ein andersartiges Element (ein Adverb), das Widerspruch zu einer vorhergehenden Äußerung markiert. Im letzten Beispiel kann der Satz mit vorangestelltem aber nur als Fragesatz interpretiert werden, so dass der Zusatz des wie-Satzes nicht mehr möglich ist. Folglich ist es ein Verb-Erst-Satz mit aber nicht als Partikel, sondern als Konjunktion in der linken Peripherie des Satzes (im sogenannten Anschlussfeld). Insgesamt ist also zu sehen, dass Modalpartikeln nicht im Vorfeld vorkommen können.

Die Hauptklasse der Modalpartikeln

Zu der Hauptklasse der Modalpartikeln – die gelegentlich auch Abtönungspartikeln genannt werden – zählen aber, auch, bloß, denn, doch, eben, eigentlich, etwa, halt, ja, mal, nur, schon, vielleicht und wohl. Eines der Kriterien aus der Liste besagt, dass Modalpartikeln Homonyme in anderen Wortarten haben. Das bedeutet, dass gleich klingende und geschriebene Wörter in anderen Funktionen im Satz auftreten können. So kann z. B. ja als Antwort auf eine Frage fungieren und gehört in diesem Fall zu den sogenannten Antwortpartikeln. Vielleicht kann z. B. als Satzadverb („Vielleicht ist der Termin morgen“) verwendet werden und so allein im Vorfeld stehen. Diese Homonyme weisen also z. T. ein gänzlich anderes Verhalten auf als in der Kriterienliste beschrieben. In diesen Fällen haben sie jedoch auch eine andere Bedeutung.

Die periphere Klasse der Modalpartikeln

Daneben existiert noch eine Klasse von Modalpartikeln (manchmal ‚Partikeln mit abtönender Bedeutung‘ oder ‚abtönungsfähige Partikeln‘ genannt), die oft ebenfalls zu den Modalpartikeln gezählt werden, jedoch vorfeldfähig sind. Dazu gehören z. B. fein, ganz, gerade, gleich, einfach, erst, immerhin, schließlich, überhaupt und ruhig. Die Bedeutung dieser Partikeln ändert sich nicht, ob sie im Vor- oder im Mittelfeld stehen; daher müssen sie auch keine Homonyme in anderen Wortarten haben.

Restriktionen

Modalpartikeln unterliegen einer Reihe von schwer beschreibbaren Restriktionen. So können Modalpartikeln oft nicht beliebig kombiniert werden. So ist zwar

  • Er ist aber auch ungeschickt.

möglich. Nicht jedoch die umgekehrte Variante:

  • *Er ist auch aber ungeschickt.

Weiterhin können die jeweiligen Partikeln nur in bestimmten Satzmodi vorkommen. So lässt sich vielleicht zwar in Ausrufen verwenden („Hat der vielleicht ein schönes Auto!“), jedoch nicht in echten Fragen („*Hat der vielleicht ein schönes Auto?“).

Die Bedeutung der Modalpartikeln

Grundlagen der Bedeutung

Um genau zu verstehen, was Modalpartikeln bedeuten, ist es wichtig, sich klarzumachen, was genau Bedeutung ist. Dabei wurde zwischen zwei Ebenen der Bedeutung unterschieden (siehe z. B. Sprechakttheorie). Auf der einen Seite steht der schon angedeutete, sozusagen wörtlich zu nehmende Satzinhalt: die Proposition. Auf der anderen Seite steht die sogenannte Illokution, der Handlungszweck einer Äußerung oder einfacher: was mit der Äußerung eines Satzes ausgedrückt werden sollte. Dieser Unterschied ist deshalb wichtig, weil mit ein und demselben Satz in unterschiedlichen Kontexten Verschiedenes gemeint sein kann. Während der Großteil der Wörter einer Sprache zur Proposition beiträgt, gibt es auch Wörter (wie die Modalpartikeln), die sozusagen auf einer Metaebene nicht zur Proposition gehören, sondern im illokutiven Bereich wirken. In vielen theoretischen Ansätzen wird daher zur Erklärung ihrer Bedeutung auf Modelle des gemeinsamen Wissens (Common Ground) Bezug genommen.[1] Maria Thurmair fasst die Bedeutung der Modalpartikeln für die illokutive Ebene wie folgt zusammen:

„Im wesentlichen dienen die Modalpartikeln dazu, eine Äußerung in den Interaktionszusammenhang einzubinden. Mit ihnen kann auf den Gesprächspartnern gemeinsames Wissen verwiesen werden, auf Annahmen oder Erwartungen von Sprecher oder Hörer, es kann ein bestimmter Bezug zu einer vorangegangenen Äußerung angezeigt werden, oder es kann der Stellenwert, den der Sprecher der Äußerung beimißt, gekennzeichnet werden.“[2]

So kann mit der Modalpartikel ja darauf verwiesen werden, dass das im Satz ausgedrückte Wissen als bereits geteilt und damit als vorausgesetzt betrachtet wird, oder mit der Partikel halt angezeigt werden, dass es sich um Wissen handelt, über welches nicht weiter diskutiert werden muss.[3]

Bedeutung einzelner Modalpartikeln

Beispiele für deutsche Modalpartikeln sind:

denn
Bedeutung besonderen Interesses, z. B. in „Was ist das denn?“
doch
  • Verwunderung über Informationsdefizit, z. B. in „Ich bin doch vorhin schon einmal da gewesen.“ (impliziert: „Wie du eigentlich wissen müsstest.“)
  • Abmilderung eines Imperativs, z. B. in „geh doch noch einmal zurück!“, „Lies doch noch einmal, was ich dir geschrieben habe“ anstatt „geh noch einmal zurück“, „Lies noch einmal, was ich dir geschrieben habe.“ Einer Aufforderung kann durch die Partikel so ihre Schärfe genommen werden.
eben
Ausdruck einer unter Umständen lästigen Konsequenz, z. B. in „Dann musst du eben morgen wiederkommen.“
eh
  • (oberdeutsch, ersetzt „sowieso“ immer häufiger): Ausdruck zuvor überschätzter Wichtig- bzw. Dringlichkeit: „Dann ist das ja eh hinfällig / unwichtig / erst morgen nötig.“
  • in österreichischen Dialekten und der österreichischen Hochsprache kann „eh“ aber auch zur Bekräftigung dienen: „X is eh guad z’ Fuass“: „X ist aber wirklich gut zu Fuß.“
fei (oberdeutsche Dialekte)
  • Markierung, dass es sich um einen Hinweis des Sprechers handelt (im Hochdeutschen meist unmarkiert), z. B. „Des is fei wichtig, dass die Blumen jeden Tag gegossen werden.“
  • Im Thüringischen übernimmt „ge“ (oberdeutsche und südwestmitteldeutsche Dialekte und Umgangssprachen auch „gell“) diese Funktion (immer nachgestellt am Satzende): „Es ist wichtig, dass die Blumen jeden Tag gegossen werden, ge.“
gar, rein
Verstärkung, die Vollständigkeit andeutet, z. B. in „Er wusste rein gar nichts davon.“
ja
  • Andeutung, dass Adressat vielleicht schon über die Information verfügt „Ich bin ja vorhin schon einmal da gewesen.“
  • Verstärkung freudiger wie negativer Verwunderung: „Das ist ja super / eklig!“
halt (oberdeutsch, ersetzt „eben“ immer häufiger)
Implikation, dass etwas bereits früher möglich gewesen wäre, z. B. in „Ich bin halt vorhin schon einmal da gewesen“ oder in „Das ist halt der Punkt.“ (impliziert: „Die Einsicht, die ich dir seit Jahren klarmachen will.“)
mal (umgangssprachliche Kurzform von „einmal“)
  • Implikation, dass man selber einer Sache (im Moment) nicht nachkommen kann, z. B. in „Kannst du das mal machen?“ („Ich habe gerade keine Hand frei.“)
  • Implikation eines Versäumnisses des Adressaten, z. B. in „Machst du das endlich mal?“ („Wie lange muss man noch warten?“)
schon
Negierung der eigenen Wichtigkeit an einer Sache: „Was kann ich da schon ausrichten?“
vielleicht (rheinisch, umgangssprachlich)
Bekräftigung einer Meinung, z. B. in „Ich bin vielleicht ein Tollpatsch.“

Übersicht der Modalpartikel

Übersicht über die wichtigsten Modalpartikel im Deutschen, deren Charakteristikum die Polyfunktionalität ist

Wort Modalpartikel Gliederungspartikel[4] Steigerungspartikel Temporaladverb Konjunktionaladverb Koordinierende Konjunktion Adverbiale Bestimmung Vergleichspartikel Adjektiv Satzadverbial
ja ja ja unklar nein nein nein nein nein nein nein
eben ja ja ja ja nein nein nein nein ja nein
halt ja nein nein nein nein nein nein nein nein nein
auch ja nein ja nein ja nein nein nein nein nein
doch ja ja nein nein ja ja ja nein nein nein
schon ja ja ja ja nein nein nein nein nein nein
denn ja nein nein nein nein ja ja ja nein nein
etwa ja nein ja nein nein nein nein nein nein nein
nur ja nein ja nein ja nein nein nein nein nein
bloß ja nein ja nein ja nein nein nein ja nein
aber ja nein nein nein nein ja ja nein nein nein
vielleicht ja nein nein nein nein nein nein nein nein ja
wohl ja nein nein nein nein nein nein nein nein ja

modifiziert nach Min-Jae Kwon (2005), S. 10[5]

Über die Geschichte der Modalpartikelforschung

Die Erforschung der Modalpartikeln begann in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vor der Publikation von Harald Weydts Buch Abtönungspartikeln. Die deutschen Modalwörter und ihre französischen Entsprechungen 1969 wurden Modalpartikeln als „inhaltslose Redefüllsel“[6] oder als „Flickwörter“[7] abgetan. Ludwig Reiners bezeichnete sie gar als „Läuse im Pelz der Sprache“[8] Mit Harald Weydt und einer Dissertation über Modalpartikeln von 1963[9] begann eine umfangreiche linguistische Erforschung der Modalpartikeln.

Literatur

Weblinks

Wiktionary: Abtönungspartikel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: fei – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: gell – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. W. Abraham: Sprecherdeixis und Merkmaldistributionsdifferential deutscher Modalitätselemente. In: Deutsche Sprache. Zeitschrift für Theorie, Praxis, Dokumentation 40 (2012), S. 72–95; F. Bross: German modal particles and the common ground. In: Helikon. A Multidisciplinary Online Journal 2 (2012), S. 182–209.
  2. M. Thurmair: Modalpartikeln und ihre Kombinationen. Tübingen 1989, S. 2.
  3. Fabian Bross: German modal particles and the common ground. (PDF; 1,5 MB). In: Helikon. A Multidisciplinary Online Journal 2 (2012), S. 182–209.
  4. Gliederungspartikel
  5. modifiziert nach Min-Jae Kwon: Modalpartikeln und Satzmodus Untersuchungen zur Syntax, Semantik und Pragmatik der deutschen Modalpartikeln. (PDF) Dissertation, Ludwig-Maximilians-Universität, München 2005, S. 10
  6. A. Lijndqvist: Satzwörter. Göteborg 1961, S. 24.
  7. H. Moser: Umgangssprache. In: Zeitschrift für Mundartforschung, 27, 1960, S. 224.
  8. L. Reiners: Stilkunst. Ein Lehrbuch deutscher Prosa. München 1959, S. 183.
  9. A. F. Krivonosov: Die modalen Partikeln in der deutschen Gegenwartssprache. Kümmerle, Göppingen 1977 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik 214).