Monte-Carlo-Simulation

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Die Kreiszahl Pi wird mit der Monte-Carlo-Methode angenähert bestimmt durch das Vierfache der Wahrscheinlichkeit, mit der ein innerhalb des Quadrats zufällig gewählter Punkt in den Kreis fällt. Aufgrund des Gesetzes der großen Zahlen sinkt mit der Anzahl von Experimenten zum einen die Varianz des Ergebnisses und zum anderen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Ergebnis entspricht.

Monte-Carlo-Simulation oder Monte-Carlo-Studie, auch MC-Simulation, ist ein Verfahren aus der Stochastik, bei dem eine sehr große Zahl gleichartiger Zufallsexperimente die Basis darstellt. Es wird dabei versucht, analytisch nicht oder nur aufwendig lösbare Probleme mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitstheorie numerisch zu lösen. Als Grundlage ist vor allem das Gesetz der großen Zahlen zu sehen. Die Zufallsexperimente können entweder – etwa durch Würfeln – real durchgeführt werden oder in Computerberechnungen über Erzeugung geeigneter Zufallszahlen.

Zu den Pionieren der Monte-Carlo-Methode in den 1940er Jahren gehören Stanislaw Ulam, Nicholas Metropolis und John von Neumann.

Überblick

Anwendungen der Monte-Carlo-Simulation sind beispielsweise:

  • als Alternative zur analytischen Lösung von Problemen rein mathematischer Herkunft,
    • die Approximation der Zahl Pi mit Hilfe des Buffonschen Nadelproblems oder durch die zufällige „Beregnung“ eines Quadrats auf dem Einheitskreis mit Zufallspunkten (hier ist der Anteil der Punkte, die im Einheitskreis liegen, etwa π/4).
    • in Verallgemeinerung die Berechnung des Integrals einer Funktion über dem Intervall [0;1] (Flächeninhalt) und dann auch höherdimensionaler Integrale (Volumen).
  • Verteilungseigenschaften von Zufallsvariablen unbekannten Verteilungstyps,
  • die Nachbildung von komplexen Prozessen, die nicht direkt analysiert werden können,

Mit der Monte-Carlo-Methode kann man Probleme mit statistischem Verhalten simulieren. Diese Methode hat deshalb besonders in der Physik wichtige Anwendungen gefunden, und zwei Bücher des Autors Kurt Binder gehören zu den meistzitierten Veröffentlichungen in dieser Wissenschaftssparte.

  • Es lässt sich der Weg eines einzelnen Regentropfens simulieren, der mit zufällig verteilten anderen Tropfen kollidiert. Nach der Simulation von mehreren konkreten Tropfen sind Aussagen über die durchschnittliche Tropfengröße möglich oder auch zu Temperatur und Tröpfchendichte, bei denen Schnee oder Hagel entstehen.
  • Für das Galtonbrett lässt sich die Verteilung der Kugeln auf die Fächer mittels der Gaußverteilung berechnen, falls für die Hindernisse die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kugel nach rechts fällt, jeweils genau 50 % ist. Falls dies nicht gegeben ist, lässt sich das Gesamtexperiment in einer Monte-Carlo-Simulation modellieren. Hierzu wird für jedes Hindernis eine geeignete Wahrscheinlichkeit angenommen und eine hohe Anzahl von Kugelwürfen entsprechend dieser Wahrscheinlichkeiten simuliert.
  • Wenn keine analytische Formel für die Bewertung eines Finanzproduktes bekannt ist, lassen sich durch Monte-Carlo-Simulation geeignete Verteilungsannahmen der relevanten Zufallsgrößen finden und auf einfache Art komplexe Finanzkontrakte (wie „exotische“ Optionen) bepreisen.

Geschichte und Herkunft der Bezeichnung

Enrico Fermi hatte in den 1930er Jahren die ersten Ideen zu Monte-Carlo-Simulationen. Ausgeführt wurden diese 1946 von Stanislaw Ulam und dem von ihm deshalb kontaktierten John von Neumann.[1] Dies geschah während der Arbeit an dem damals geheimen Projekt am Los Alamos Scientific Laboratory, für das ein Codename vergeben werden musste. Von Neumann wählte den Namen „Monte Carlo“ in Anspielung auf die Spielbank Monte Carlo im gleichnamigen Stadtteil des Stadtstaates Monaco.[2][3][4]

Mathematik

Mathematisch ist das System ein wahrscheinlichkeitsgewichteter Weg im Phasenraum (allgemein Zustandsraum). Monte-Carlo-Simulationen sind besonders geeignet, um statistische Mittelwerte einer Größe ,

oder hochdimensionale Integrale (Monte-Carlo-Integration) wie

zu berechnen. soll in diesem Zusammenhang ein normiertes statistisches Gewicht (etwa ein Boltzmanngewicht) sein. ist der Wert der Größe im Zustand . Die Summation bzw. Integration verläuft hier über einen Raum , also der Phasenraum der Teilchen im System.

Häufig ist der Raum so groß, dass die Summation nicht vollständig durchgeführt werden kann. Stattdessen erzeugt man nun eine Markow-Kette von Zuständen in , deren Häufigkeit wie das vorgegebene Gewicht verteilt ist. Bereiche des Raumes mit hohem Gewicht sollen also häufiger in der Markow-Kette vertreten sein als Bereiche mit niedrigem Gewicht. (Man spricht hier von Importance Sampling.) Gelingt dies, so lassen sich die Erwartungswerte einfach als arithmetisches Mittel der Größe zu diesen Zuständen der Markow-Kette berechnen, also als

Dieser Zusammenhang basiert auf dem Gesetz der großen Zahlen. Je nach physikalischem System kann es schwierig sein, diese Markow-Kette zu erzeugen. Insbesondere muss man sicherstellen, dass die Markow-Kette tatsächlich den gesamten Raum bedeckt und nicht nur einen Teil des Raumes abtastet. Man sagt, der Algorithmus muss ergodisch sein.

Methoden

Metropolis-Monte-Carlo

Der von Nicholas Metropolis publizierte Metropolisalgorithmus zur Untersuchung statistisch-mechanischer Systeme mittels Computersimulation leitet sich von der Monte-Carlo-Integration ab.

Sequentielle Monte-Carlo-Methode (SMC)

Sequentielle Monte-Carlo-Methoden eignen sich zur Bayesschen Zustandsschätzung von dynamischen Systemen. Ziel ist es, den Systemzustand als Funktion der Zeit auf Basis einer Reihe von Beobachtungen des Systems und A-priori-Kenntnissen der Systemdynamik zu schätzen. Dazu wird die komplizierte Wahrscheinlichkeitsdichte des Zustandes diskret durch eine Menge von Partikeln approximiert. Sequentielle Monte-Carlo-Methoden werden auch Partikelfilter genannt.

Quanten-Monte-Carlo-Methoden (QMC)

Quanten-Monte-Carlo-Methoden werden zur Berechnung von physikalischen Observablen in quantenfeldtheoretischen Modellen benutzt. Beispiele sind Modelle aus der theoretischen Festkörperphysik wie das Hubbard-Modell oder das tJ-Modell.

kinetische Monte-Carlo-Methode

Die kinetische Monte-Carlo-Methode erlaubt es den zeitlichen Fortschritt eines Systems zu simulieren.

MCE, MCS und MCR Methode

Die von Klaus Bernhard Gablenz entwickelte Version eines Monte-Carlo-Simulationsverfahren unter Einbeziehung normierter Wertermittlungsverfahren (Monte-Carlo-Ertragswert, Monte-Carlo-Sachwert und Monte-Carlo-Residualwertmethode)

Verbreitete Programmpakete mit Monte-Carlo-Methoden

  • PYTHIA ist ein Simulationsprogramm für die Teilchenphysik und simuliert Kollisionen und dabei entstehende Teilchen.
  • SHERPA ist ein Simulationsprogramm für die Hochenergie-Teilchenphysik. Entstanden an der TU Dresden, wird es inzwischen von einer international verteilten Arbeitsgruppe um Frank Krauss entwickelt.
  • MCNP (Monte-Carlo N-Particle Transport Code) ist ein in Kerntechnik und Kernfusionstechnik sehr viel verwendetes Simulationsprogramm.[5]
  • SPICE ist ein Simulationsprogramm für analoge, digitale und gemischte elektronische Schaltungen. Mit der Monte-Carlo-Simulation ist es möglich, die Auswirkungen der Streuung der Bauteilewerte innerhalb der angegebenen Toleranz zu berechnen.

Siehe auch

Literatur

  • Kurt Binder, Monte Carlo methods in statistical physics, Springer, Berlin [u. a.] 1979, ISBN 3-540-09018-5.
  • Kurt Binder, Applications of the Monte Carlo method in statistical physics, Berlin, Springer 1984, ISBN 3-540-12764-X.
  • Metropolis et al.: Equation of State Calculations by Fast Computing Machines. In: The Journal of Chemical Physics. Volume 21, Number 6, Juni 1953, S. 1087–1092.
  • Klaus Bernhard Gablenz, Monte Carlo hilft bei Unsicherheiten, Immobilienzeitung vom 26. Juli 2007 (Ausgabe 29, Seite 6)

Weblinks

Commons: Monte-Carlo-Simulation – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christophe Andrieu, Nando de Freitas, Arnaud Doucet, Michael I. Jordan: An Introduction to MCMC for Machine Learning (PDF, 1,0 MB), In: Machine Learning 2003, Vol. 50, Band 1–2, S. 5–43.
  2. Douglas Hubbard: How to Measure Anything: Finding the Value of Intangibles in Business. John Wiley & Sons, 2007, S. 46.
  3. Charles Grinstead, J. Laurie Snell: Introduction to Probability. American Mathematical Society, 1997, S. 10–11.
  4. H. L. Anderson: "Metropolis, Monte Carlo and the MANIAC. (PDF, 829 kB) Los Alamos Science, Nr. 14, 1986, S. 96–108, 1986.
  5. J.F. Briesmeister (ed.): MCNP – A General Monte Carlo N-Particle Transport Code – Version 4C. Report LA-13709-M, Los Alamos National Laboratory (March, 2000)