Nutzbremse

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Toyota Prius, erster Großserien-Pkw mit Nutzbremse
Ende der 1970er-Jahre entwickelte Drehstromlokomotive der DB-Baureihe 120.0: Rückspeisung der Bremsenergie in die Oberleitung

Die Nutzbremse oder Rekuperationsbremse gewinnt beim Bremsen eines Fahrzeugs Bewegungsenergie als elektrische Energie zurück. Verwendet wird sie z. B. für Elektroautos, Hybridelektrokraftfahrzeuge und Verbrenner-Pkw mit Stromspeicher, Elektrofahrräder, elektrische Lokomotiven, Triebwagen, Oberleitungsbusse, Förderbändern im Bergbau und Seilbahnen, insbesondere Erztransport- und Materialseilbahnen.

Eine Nutzbremse arbeitet verschleißfrei. Die Bremswirkung kommt meist zustande, indem Antriebs-Elektromotoren als elektrische Generatoren betrieben werden. Im Gegensatz zur reinen Widerstandsbremse geht die aus der Bewegungsenergie zurückgewonnene elektrische Energie bei der Nutzbremse nicht verloren. Eine solche Nutzbremse ist eine besondere Form der elektromotorischen Bremse. Die Energie wird entweder in einen Speicher im Fahrzeug, beispielsweise einen Akkumulator oder Hochleistungs-Kondensator, oder bei Bahnen in das Oberleitungsnetz zurückgespeist.

Schienenfahrzeuge

Elektrischer Antrieb

SBB Ce 6/8 „Krokodil“ mit Nutzbremse
Die Straßenbahn Pesa Jazz Duo speichert Bremsenergie in Superkondensatoren

Schon in der Anfangszeit der elektrischen Eisenbahnen wurden einige Lokomotiven mit Nutzbremsen ausgerüstet, zum Beispiel die SBB Ce 6/8 „Krokodil“. Beim Bremsen werden die Fahrmotoren zu Generatoren umgeschaltet. Der produzierte Strom wird bei alten konventionellen Lokomotiven und Triebwagen, die mit Wechselstrom betrieben werden, über komplexe Schaltungen wieder zum Transformator geleitet und in die Fahrleitung eingespeist. Mit dieser Technik war anfangs eine Rückgewinnung von nur etwa fünf Prozent der verbrauchten Energie möglich, die Bremskraft war zudem schwach und unregelmäßig.

Mit Traktionsstromrichtern ausgestattete moderne Fahrzeuge können die Bremsenergie viel besser ausnutzen. Die Fahrmotoren der Lokomotive speisen dabei die Stromrichter mit Drehstrom. Diese wiederum wandeln die Energie in Wechselstrom um, der hochtransformiert und in die Fahrleitung eingespeist wird. Diese Schaltung funktioniert im gesamten Geschwindigkeitsbereich und bis zur vollen Leistung der Fahrmotoren und erlaubt die Rückgewinnung von etwa 25 bis 30 Prozent der zum Antrieb benötigten Energie.

Bei Drehstromeisenbahnsystemen, besonders dem norditalienischen Netz von etwa 1902 bis 1976, aber auch einigen Bergbahnen wie Gornergrat bei Zermatt, wurden wesentlich höhere Rückspeisegewinne (um 50 %) bei einer sehr zuverlässigen Bremskraft mit einfachen Asynchronmotoren erreicht (siehe Geschichte des elektrischen Antriebs von Schienenfahrzeugen (Italien)).

Wechselstrom-Oberleitungsnetze können den von Triebfahrzeugen produzierten Strom im Normalfall immer aufnehmen, da sie rückspeisefähig sind und der Strom im gesamten Bahnstromnetz verwendet werden kann (lediglich bei massiven weiteren Störungen kann es zu Überlastungen und damit zu einem Stromausfall kommen, so etwa in der Schweiz am 22. Juni 2005). Gleichstromnetze sind nur bedingt aufnahmefähig, da sie oft nicht rückspeisefähig sind; der eingespeiste Strom kann dann nur lokal verwendet werden – wenn kein Strom gebraucht wird, kann auch keiner eingespeist werden – die Oberleitungsspannung würde ansonsten unzulässig ansteigen. Um auch in Gleichstromnetzen eine Zwischenspeicherung der elektrischen Energie zu ermöglichen, gibt es Versuche beispielsweise mit Schwungrädern (Straßenbahnnetz Hannover) oder Superkondensatoren (Straßenbahn Warschau).[1][2] Moderne Gleichstrom- und Mehrsystemlokomotiven verfügen über Bremswiderstände, damit auch in Situationen, in denen die elektrische Energie nicht rückgespeist werden kann, die verschleißfreien elektrischen Bremsen genutzt werden können.

Straßenbahnen können die Bremsenergie auch in Kondensatoren (Doppelschichtkondensatoren) an Bord speichern, um sie beim nächsten Anfahren zu nutzen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, Kondensator-Stationen an den Strecken zu errichten, um die Energie aufnehmen zu können.

Kolbenmotor-Antrieb

Sogenannte Dampfspeicherlokomotiven besaßen eine feuerlose Dampfmaschine und „tankten“ Dampf, der in Industriegebieten beziehungsweise in der Nähe von Kraftwerken zur Verfügung stand. Sie wurden im Rangierbetrieb in Industriegebieten eingesetzt. Diese, wie auch die ähnlichen, nur mit Druckluft angetriebenen Versuchsmodelle, konnten ihre Maschine zum Bremsen als Kolbenpumpe umsteuern und so einen Teil der Bremsenergie in den Kessel zurückführen. Die Effizienz ist durch die thermodynamischen Gesetze prinzipiell begrenzt.

Straßenfahrzeuge

Ein Tesla Model S, der durch seine Nutzbremse mit über 60 kW bremst. Der Leistungsindikator wird dabei grün

Autos mit Elektro-, Hybrid- oder Gyroantrieb sind meist zur Nutzbremsung in der Lage. Sie führen die Bremsenergie in ihre Akkumulatoren, in Akkumulatoren puffernde Superkondensatoren oder in ein Schwungrad zurück.[3]

Auch Elektrofahrräder sind vereinzelt zur Nutzbremsung in der Lage.

BMW hat im Jahr 2007 unter dem Schlagwort Efficient Dynamics u. a. eine Bremsenergierückgewinnung für einen Großteil seiner Benzin- und Dieselfahrzeuge eingeführt. Dabei handelt es sich nicht um eine Rückgewinnung im eigentlichen Sinne, sondern das Laden der Bordbatterie wird (soweit möglich) nur bei Schubbetrieb (Motorbremse) des Fahrzeugs durchgeführt. Hierdurch wird im Reisebetrieb der Energieverbrauch des Generators und damit der Treibstoffverbrauch verringert.

Auto-Rennsport

Nutzbremse (hinter der Felge) beim Porsche 911 GT3 R Hybrid

In der Formel 1 wird seit der Saison 2009 eine Variante der Nutzbremse, das sogenannte Kinetic Energy Recovery System, eingesetzt. Porsche hat beim Rennwagen 911 GT3 R Hybrid (2010) eine Nutzbremse eingebaut, bei der die gewonnene Energie in einen Schwungradspeicher eingespeist wird.[4][5][6]

Siehe auch

Predictive Energy Control

Einzelnachweise

  1. Produkte: Jazz Website von Pesa, abgerufen am 12. Oktober 2015.
  2. Jazz Duo dotrą za rok do stolicy auf kurierkolejowy.eu (polnisch), 21. März 2013, abgerufen am 12. Oktober 2015.
  3. Energierückgewinnung eines Prius Plugin während der Bergabfahrt Zeitraffer Youtube Video abgerufen am 15. August 2015
  4. Porsche 911 GT3 R Hybrid - Auto der Woche. Classic Driver, abgerufen am 27. Februar 2010.
  5. Porsche: Hybrid-GT-Wagen mit Williams-Technologie. Abgerufen am 5. Juli 2010.
  6. Porsche 911 GT3 R Hybrid 2010. hybridmarkt.com, archiviert vom Original am 9. März 2010; abgerufen am 23. Februar 2010.