Pallium

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Innozenz III. mit Pallium im spätantik-byzantinischen Stil
Entwicklung des Palliums
Der Mainzer Erzbischof Peter von Aspelt mit einem Pallium, wie es seit dem Hochmittelalter üblich war
Pallium des hl. Johannes XXIII. im Museum der Erzdiözese Gniezno, Polen
Johannes Paul II. mit Pallium, gut sichtbar die Ziernadeln
Benedikt XVI. mit Pallium der ursprünglichen Art, 15. Mai 2005

Das Pallium ist ein Amtsabzeichen des Papstes, das er regelmäßig an die Metropoliten der Lateinischen Kirche verleiht. Es ist heute ein ringförmiges, ca. 5 bis 15 cm breites Band, eine Art Stola, und wird über dem Messgewand getragen. Üblicherweise sind in einem Pallium sechs schwarze Seidenkreuze eingestickt.

Ursprung und Geschichte

Bis ins 3. Jahrhundert war das Pallium Teil der Bekleidung hoher römischer Beamter. Nach der Anerkennung des Christentums als Staatsreligion im Jahr 380 wurde es auch an hohe Geistliche (Patriarchen) verliehen. In den Ostkirchen wird es Omophorion genannt und gehört dort zur gewöhnlichen Amtstracht von Bischöfen. Seit dem 7. Jahrhundert sind Verleihungen des Palliums durch den Papst an einzelne Erzbischöfe der Westkirche überliefert. So überreichte Papst Sergius I. dem Friesenmissionar Willibrord bei seiner Weihe am 21. November 695 das Pallium als Zeichen seiner neuen Würde. Seit der Mitte des 11. Jahrhunderts bekommt das Pallium zunehmende rechtliche Bedeutung, es wird nun zu einer erzbischöflichen Insignie. Ab 1049 sollte jeder Erzbischof zur Verleihung nach Rom kommen und einen Treueid ablegen. Doch im Vorfeld des Investiturstreits folgt noch bis 1074 kein deutscher Bischof der Aufforderung zum Pallieneid.[1]

Herstellung und Segnung

Das Pallium wird aus der Wolle zweier Lämmer gefertigt, die vom Papst im Vorjahr am Tag der Hl. Agnes (21. Januar) gesegnet wurden.[2] Da deren Wolle heute nicht mehr für alle neu ernannten Metropoliten ausreicht, wird andere Wolle hinzugefügt. Gesponnen und gewoben werden die Pallien von den in strenger Klausur lebenden Nonnen des Klosters Santa Cecilia in Trastevere. Am Vorabend des Hochfestes Peter und Paul werden die neuen Pallien in der Confessio des Petersdoms, dem Grab des Heiligen Petrus unter dem Hauptaltar, in einem goldenen Behältnis aufbewahrt, wodurch sie zu einer Berührungsreliquie werden. Ihre Aufbewahrung gibt diesem Ort die Bezeichnung Palliennische. Fälschlich wird die goldene Schatulle, in der die Pallien aufbewahrt werden, oft für den Reliquienbehälter der Gebeine des Heiligen Petrus gehalten. In die Enden des Palliums sind Bleistücke zur Beschwerung eingenäht. Drei der aufgestickten Kreuze können mit Nadeln[3] durchstochen werden, die die drei Kreuzesnägel symbolisieren. Ehemals dienten diese Nadeln zur Fixierung des Palliums auf der Kasel.

Bedeutung und rechtliche Würdigung

Das Pallium galt als Zeichen der Teilhabe des Metropoliten an der Hirtengewalt des Papstes (in partem sollicitudinis), dem es als Insigne seiner Vollgewalt (plenitudo potestatis) per se zusteht. Die Pallien werden am Hochfest der Apostel Petrus und Paulus (29. Juni) in Rom verliehen. Die feierliche Übergabe ist mit einem Treueschwur des Metropoliten gegenüber dem Papst und seinen Nachfolgern verbunden. Das kanonische Recht der lateinischen Kirche bestimmt, dass „ein Metropolit gehalten ist, innerhalb von drei Monaten nach Empfang der Bischofsweihe oder, falls er bereits geweiht ist, nach der kanonischen Amtsübertragung, persönlich oder durch einen Vertreter vom Papst das Pallium zu erbitten, das nämlich Zeichen jener Gewalt ist, mit welcher der Metropolit in Gemeinschaft mit der Römischen Kirche in der eigenen Provinz vom Recht ausgestattet wird.“[4] Damit gilt es heute als Zeichen der seinem Amt eigenen Hirtengewalt eines Metropoliten in Kirchengemeinschaft mit dem Papst in Rom. Er darf es allerdings nur in den Kirchen seiner Kirchenprovinz tragen. Im Früh- und Hochmittelalter war das Tragen des Palliums auf wenige Tage im Jahr beschränkt. Im Laufe des 11. Jahrhunderts wurden die Tage, an denen der Erzbischof sich diesem Insigne bedienen durfte, durch päpstliche Pallienprivilegien vermehrt.

Der Papst kann sich überall dort, wo er einer Eucharistiefeier vorsteht, des Palliums bedienen. Nach dem Corpus Iuris Canonici der lateinischen Kirche war es nicht erlaubt, in Gegenwart des Papstes ein Pallium zu tragen. Da diese Regelung nicht mehr in Kraft ist, kam es in Gebrauch, dass der Metropolit, in dessen Kirchenprovinz der Papst weilt, ebenfalls sein Pallium anlegt.

Das Pallium ist nicht übertragbar und wird daher mit dem verstorbenen Erzbischof begraben. Wechselt ein Metropolit auf einen anderen Metropolitansitz, so benötigt er ein neues Pallium.[5] Beim Begräbnis wird das Pallium, das er zuerst erhalten hat, unter seinem Nacken zusammengefaltet deponiert, während er jenes, das er zuletzt empfangen hat, entsprechend der üblichen Trageweise angelegt bekommt.

Fallweise wird das Pallium auch Nicht-Metropoliten verliehen. So empfing Angelo Sodano als Dekan des Kardinalskollegiums von Papst Benedikt XVI. das Pallium, ebenso wie der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger von Papst Johannes Paul II.

Im Januar 2015 wurde durch den Vatikan bekanntgegeben, dass zukünftig Metropoliten das Pallium in Rom nach der Segnung durch den Papst am Hochfest Peter und Paul nur noch überreicht und später in einem eigenen Festgottesdienst in der jeweiligen Erzdiözese durch den apostolischen Nuntius angelegt wird.[6][7] Die Hl. Messe zur Übergabe des Palliums im Petersdom am 29. Juni 2014 war der vorläufig letzte Anlass mit Ausnahme von Papstbesuchen, zu dem mehrere Bischöfe gleichzeitig ein Pallium trugen.

Gegenwärtiger päpstlicher Gebrauch

Im Zuge der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils kam es zu Bestrebungen, die mit der Zeit verkümmerte Form des Palliums zu erneuern. Papst Johannes Paul II. trug kurzzeitig (1999/2000) ein Pallium der langen Art, wie es die obige Abbildung für Erzbischof Peter Aspelt von Mainz zeigt. Aus Gründen seines Gewichts und, besonders für einen altersgebeugten Träger, unvorteilhaften Schnitts wurde es nicht beibehalten. Die Situation änderte sich mit Amtsantritt von Papst Benedikt XVI. Er trug in den ersten Jahren seines Pontifikats ein mit fünf roten Kreuzen versehenes Pallium der ursprünglichen Art und Trageweise – also nicht, wie in den letzten Jahrhunderten üblich, verkürzt und verschmälert in Y-Form auf Brust und Rücken endend, sondern wie in Spätantike und Frühmittelalter, die Enden des in V-Form gebildeten Kragens über die linke Schulter hängend (vgl. die Abbildung von Innozenz III. und das erste Bild von Benedikt XVI. rechts). Man interpretierte dies als einen Schritt auf die getrennten Kirchen der Orthodoxie hin, die das Omophorion in ähnlicher Form kennen. Eine entsprechende Änderung des Palliums der Metropoliten war im Gespräch.[8]

Seit dem Hochfest Peter und Paul 2008 trug Papst Benedikt XVI. ein neues Pallium, das nicht nach der Form seines Vorgängers sowie der Pallien der Erzbischöfe gestaltet war. Es sieht dem flach anliegenden Pallium aus der Zeit der Tridentinischen Reform (16./17. Jahrhundert) ähnlich.[9] Dieser Schritt erfolgte aus Gründen deutlich sichtbarer Kontinuität sowie wegen der unbequemen Trageweise der „Zwischenform“, so der päpstliche Zeremonienmeister Guido Marini in einem Interview.[10] Das Pallium des Papstes ist seit Benedikt XVI. größer und breiter als das der Erzbischöfe und mit sechs roten statt schwarzen Kreuzen bestickt. Mittlerweile wurde auch das Papstmosaik Benedikts XVI. in Sankt Paul vor den Mauern entsprechend geändert.

Das Pallium, das Papst Franziskus zur Amtseinführung am 19. März 2013 vom Kardinalprotodiakon Jean-Louis Tauran umgelegt wurde, war laut Vatikansprecher Federico Lombardi dasselbe Pallium, das bereits Benedikt XVI. getragen hatte. Dieses Pallium ist ein rundgewebtes römisches Pallium mit sechs roten Kreuzen auf dem ca. 9 cm breiten weißen Schafwollstoff und soll an den guten Hirten erinnern, der das verlorene Lamm auf seinen Schultern trägt.[11][12] Seit dem Hochfest der Apostel Petrus und Paulus 2014 trägt Franziskus wieder ein Metropolitenpallium mit sechs schwarzen Kreuzen.[13]

Literatur

  • Joseph Braun: Handbuch der Paramentik. Herdersche Verlagshandlung, Freiburg im Breisgau u. a. 1912, S. 164–172.
  • Robert Lesage: Liturgische Gewänder und Geräte (= Der Christ in der Welt. Eine Enzyklopädie. Reihe 9: Die Liturgie der Kirche. Bd. 7, ZDB-ID 2272297-X). 2. Auflage. Paul Pattloch, Aschaffenburg 1962, S. 116–119.

Weblinks

Commons: Pallium – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Werner Goez: Das Erzbistum Hamburg-Bremen im Investiturstreit. In: Heinrich Schmidt u. a.: Stadt-Kirche-Reich. Neue Forschungen zur Geschichte des Mittelalters anlässlich der 1200 Wiederkehr der ersten urkundlichen Erwähnung Bremens. Bremen 1983, S. 29–48.
  2. Benedikt XVI. segnete zwei Lämmer. Kath.net, 21. Januar 2007, abgerufen am 29. Juni 2015.
  3. Das Pallium. Sammlung Philippi, abgerufen am 29. Juni 2015 (Bilder verschiedener Pallien, Webarten und Palliennägel (spilloni dal pallio (ital.); aciculae (lat.))).
  4. can. 437 §1 CIC
  5. can. 437 §3 CIC
  6. http://en.radiovaticana.va/news/2015/01/29/pope_modifies_and_enriches_pallium_investiture_ceremony_/1120538 Radio Vatican. abgerufen am 30. Jänner 2015
  7. domradio.de: Drei deutsche Erzbischöfe erhalten Ehren-Stola Pallium vom Papst, abgerufen am 24. Juni 2015
  8. Cindy Wooden: Pope's pallium noticeably different from ones he'll give archbishops. Catholic News Service, 22. Juni 2006, abgerufen am 29. Juni 2015 (englisch).
  9. http://www.newliturgicalmovement.org/2008/06/new-papal-pallium.html
  10. Il pallio papale tra continuità e sviluppo – Interview mit Guido Marini, Zeremonienmeister für die Liturgischen Feiern des Papstes. L’Osservatore Romano, 26. Juni 2008, abgerufen am 26. Juni 2008 (italienisch).
  11. Ablauf der Amtseinführung des Papstes im Detail. 18. März 2013, abgerufen am 24. März 2013.
  12. Klerikale Feinheiten – das Pallium. Sammlung Philippi, abgerufen am 24. März 2013.
  13. http://de.radiovaticana.va/storico/2014/06/29/papst_an_erzbischöfe_„verliert_keine_zeit_in_nutzlosem_gerede/ted-810095