Polaribacter

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Polaribacter
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Bacteroidetes
Klasse: Flavobacteriia
Ordnung: Flavobacteriales
Familie: Flavobacteriaceae
Gattung: Polaribacter
Wissenschaftlicher Name
Polaribacter
Gosink et al. 1998

Polaribacter ist eine Gattung von Bakterien. Der Name deutet auf den Fundort hin, die ersten gefundenen Stämme dieser Gattung wurden aus polarem Eis isoliert.

Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Zellen von Polaribacter sind Stäbchen, leicht gekrümmte Stäbchen oder sie bilden lange Filamente. Auch Kokken können in alternden Kulturen gebildet werden. Bei den bis zum Jahr 2010 beschriebenen Arten variiert die Zelllänge je nach Form zwischen 0,8 bis 48 μm und die Breite zwischen 0,25 und 1,6 μm, abhängig von der jeweiligen Art, dem Wachstumsmedium, der Temperatur und dem physiologischen Zustand der Kultur. Die meisten Arten sind nicht beweglich. Einige Arten bilden Gasvesikel. Sporen werden nicht gebildet. Die Gram-Färbung verläuft negativ.

Die Kolonien produzieren gelbe, orange, lachsfarbene oder rosa Pigmente. Hierbei handelt es sich aber nicht um Flexirubine, die von vielen anderen verwandten Gattungen produziert werden. Die Bakterien wachsen gut in marinen Medien oder in Medien, die mit Natriumchlorid (NaCl) ergänzt wurden.

Stoffwechsel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Arten von Polaribacter sind heterotroph und nutzen somit organische Verbindungen als Energiequelle und zum Aufbau zelleigener Stoffe. Weiterhin sind sie auf Sauerstoff angewiesen (aerob).

Sie können eine Vielzahl von Kohlenhydraten, organischen Säuren und einige Aminosäuren nutzen. Stärke wird hydrolysiert. Sie lassen sich auch auf Hefeextrakt kultivieren. Der Oxidase-Test und der Katalase-Test verlaufen positiv. Das dominierende Chinon ist das Menachinon 6 (MK-6). Einige Arten besitzen das Membranprotein Proteorhodopsin. Hiermit wird an der Cytoplasmamembran ein Protonengradient aufgebaut. Das Protein nutzt hierfür Lichtenergie und pumpt Protonen nach außen, die gebildete protonenmotorische Kraft wird dann für die Bildung von ATP genutzt. Arten mit diesen Proteinen besitzen meist eine helle orange Färbung, da hierfür noch β-Carotin benötigt wird. Beispiele hierfür sind Polaribacter filamentus, P. irgensii und P. dokdonensis.

System[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Polaribacter wird innerhalb der Systematik zu der Familie der Flavobacteriaceae gestellt und zählt somit zu der sogenannten Cytophaga-Flavobacterium-Bacteroides Gruppe. Die erste beschriebene Art (Typusart) ist Polaribacter filamentus. Sie wurde von John J. Gosink und Mitarbeitern im Jahr 1998 eingeführt.[1] Es folgt eine Liste einiger Arten (Stand: 22. August 2020):[2]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die meisten Arten tolerieren tiefe Temperaturen, sie sind psychrotolerant (von altgriechisch psychrós „kalt“). So zeigt die Art Polaribacter filamentus noch Wachstum bei Temperaturen um −1,5 °C. Es sind auch „salzliebende“ (halophile) und stenohaline (tolerieren nur geringe Schwankungen des Salzgehaltes der Umgebung) Arten vorhanden. Vorkommensgebiete sind Meere und Salzwasserseen. Funde stammen zum Beispiel aus polaren Salzseen, Meeresboden und von marinen Tieren und Pflanzen. Polaribacter ist eine der häufigsten Gattungen in polaren Gewässern.[3]

Viren[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Phylogenetischer Baum verschiedener Viren, die Flavobacteriia infizieren.
Siphoviren (Klasse Caudoviricetes), die Polari­bacter-Stämme infizieren: Spezies Incheonv­irus P12002L (Polari­bacter-Phage P12002L, a) und Spezies Incheon­virus P12002S (Polari­bacter-Phage P12002S, b). Die Kapsids erscheinen rund und dunkel, die Schwänze sieht man aus den Kapsiden herausragen.

Es sind nur zwei Arten von lytischen Phagen bekannt, die Mitglieder dieser Gattung infizieren. Beide haben doppelsträngige DNA mit Virionen, die isometrische Köpfe und nicht-kontraktile Schwänze aufweisen (Klasse Caudoviricetes, Morphotyp: Siphoviren).[4]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. JJ Gosink, CR Woese, JT Staley: Polaribacter gen. nov., with three new species, P. irgensii sp. nov., P. franzmannii sp. nov. and P. filamentus sp. nov., gas vacuolate polar marine bacteria of the Cytophaga-Flavobacterium-Bacteroides group and reclassification of ‘Flectobacillus glomeratus’ as Polaribacter glomeratus comb. nov. In: International Journal of Systematic Bacteriology (1998), Band 48, Ausgabe 1, S. 223–235, doi:10.1099/00207713-48-1-223.
  2. J. P. Euzéby: List of Prokaryotic Names with Standing in Nomenclature – Polaribacter. (Stand: 21. August 2020).
  3. Marta Royo-Llonch, Pablo Sánchez, Clara Ruiz-González, Guillem Salazar, Carlos Pedrós-Alió, Marta Sebastián, Karine Labadie, Lucas Paoli, Federico M. Ibarbalz, Lucie Zinger, Benjamin Churcheward, Tara Oceans Coordinators, Samuel Chaffron, Damien Eveillard, Eric Karsenti, Shinichi Sunagawa, Patrick Wincker, Lee Karp-Boss, Chris Bowler und Silvia G. Acinas: Compendium of 530 metagenome-assembled bacterial and archaeal genomes from the polar Arctic Ocean In: Nature Microbiology Band 6, S. 1561–1574 (2021) doi:10.1038/s41564-021-00979-9
  4. Ilnam Kang, Hani Jang, Jang-Cheon Cho: Complete genome sequences of bacteriophages P12002L and P12002S, two lytic phages that infect a marine Polaribacter strain. In: Standards in Genomic Sciences. 10. Jahrgang, Nr. 1, Dezember 2015, S. 82, PMID 26500718, PMC 4615864 (freier Volltext) – (biomedcentral.com).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John P. Bowman: Polaribacter. In: Bergey’s Manual of Systematics of Archaea and Bacteria. Wiley Online Library, 19. November 2018, doi:10.1002/9781118960608.gbm00333.pub2.
  • The Bacteroidetes, Spirochaetes, Tenericutes (Mollicutes), Acidobacteria, Fibrobacteres, Fusobacteria, Dictyoglomi, Gemmatimonadetes, Lentisphaerae, Verrucomicrobia, Chlamydiae, and Planctomycetes. In: Noel R. Krieg u. a. (Hrsg.): Bergey’s Manual of Systematic Bacteriology. 2. Auflage. Band 4. Springer, New York 2010, ISBN 978-0-387-68572-4, S. 106–314.