Retigabin

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Strukturformel
Struktur von Retigabin
Allgemeines
Freiname Retigabin
Andere Namen
  • N-[2-Amino-4-(4-fluorbenzylamino)-phenyl]carbaminsäureethylester
  • 2-Amino-4-(4-fluorbenzylamino)-1-ethoxycarbonyl-aminobenzen
  • Ezogabine (USAN)
Summenformel C16H18FN3O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 150812-12-7
PubChem 121892
Wikidata Q2146170
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N03AX21

Wirkstoffklasse

Antikonvulsivum

Wirkmechanismus

KCNQ2/3-Öffner

Eigenschaften
Molare Masse 303 g·mol−1
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung
keine Einstufung verfügbar[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Retigabin ist ein Arzneistoff mit krampflösender Wirkung. Im März 2011 wurde Retigabin unter dem Handelsnamen Trobalt EU-weit zugelassen zur Zusatztherapie bei fokalen Krampfanfälle bei Patienten mit Epilepsie, bei denen andere Kombinationen mit anderen geeigneten Arzneimitteln unzureichend wirkten oder nicht vertragen wurden.

Trobalt wurde in Zusammenarbeit von dem US-amerikanischen Pharmaunternehmen Valeant Pharmaceuticals International und dem britischen Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline entwickelt.

Pharmakologie

Eigenschaften

Retigabin hat eine Plasmaproteinbindung von 80 %. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 7,4–9,2 h, arzneilich wird das Dihydrochlorid verwendet. Die Applikation erfolgt oral. Strukturell und funktionell eng verwandt ist es mit dem Schmerzmittel Flupirtin.

Wirkmechanismus

Durch Retigabin erfolgt eine hochspezifische Aktivierung der spannungsabhängigen Kaliumkanäle KCNQ2/KCNQ3 vom M-Typ im Gehirn. Untereinheiten dieser Kanäle sind für die selektive Steuerung der Erregbarkeit von Nervenzellen verantwortlich. Eine Aktivierung wirkt sowohl antikonvulsiv, als auch gegen die Parkinson-Krankheit und neuroprotektiv. Bei einer Mutation dieser Kalium-Kanäle ist die Impulsweiterleitung im Gehirn gestört. Retigabin öffnet diese Kanäle und stabilisiert so die depolarisierten Nervenzellen.

An GABAA-Rezeptortypen mit Delta-Untereinheiten verstärkt es die Wirkung des Neurotransmitters GABA, was zusätzlich zur antikonvulsiven Wirkung beiträgt.[2]

Nebenwirkungen

In amerikanischen Postmarketing-Studien stellte sich heraus, dass Retigabin bei 6,3 % der Teilnehmer der ehemaligen Zulassungsstudie bei Langzeiteinnahme zu einer Blaufärbung der Haut führte, vorwiegend im Bereich der Lippen und Nägel. Derzeit ist noch unbekannt, ob die Verfärbung reversibel ist. Die betroffenen Patienten hatten das Medikament im Durchschnitt über mehr als vier Jahre eingenommen. Zudem kann es zu einer Pigmentstörung der Retina kommen, die auch eine möglicherweise irreversible Sehschärfeminderung mit sich bringen kann.[3]

Zulassung als Medikament

Im März 2011 wurde Retigabin unter dem Handelsnamen Trobalt EU-weit zugelassen. In Deutschland kam der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Mai 2012 zu der Einschätzung, dass Retigabin trotz deutlicher Wirkung bei einem Teil der Patienten insgesamt keinen Zusatznutzen gegenüber den Vergleichssubstanzen Lamotrigin und Topiramat hat. Die Firma GlaxoSmithKline kündigte daraufhin an, das Medikament zunächst in Deutschland vom Markt zu nehmen.[4]

Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)

Retigabin wird oral angewendet und besitzt eine durch fettreiche Nahrung beeinflussbare Resorption bei allgemein geringer Bioverfügbarkeit. Zusammen mit seiner schnellen Kinetik erschwert dies die Einstellung stabiler Wirkspiegel. Aufgrund von Nebenwirkungen ist eine Überdosierung zu vermeiden. Retigabin muss daher bei jedem Patienten individuell schrittweise aufdosiert werden. Daher ist die Durchführung eines TDM empfehlenswert.[5]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Dieser Stoff wurde in Bezug auf seine Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  2. M. Treven, X. Koenig, E. Assadpour, E. Gantumur, C. Meyer, K. Hilber, S. Boehm, H. Kubista: The anticonvulsant retigabine is a subtype selective modulator of GABAA receptors. In: Epilepsia. Band 56, Nummer 4, April 2015, S. 647–657, doi:10.1111/epi.12950, PMID 25779225, PMC 4949651 (freier Volltext).
  3. Potiga (Ezogabine): Drug Safety Communication - Linked To Retinal Abnormalities And Blue Skin Discoloration. Meldung der FDA vom 26. April 2013.
  4. Frank A. Miltner: Epilepsie: Medikament mit innovativem Wirkmechanismus (Retigabin) "ohne Zusatznutzen" eingestuft. Deutsche Gesellschaft für Neurologie, Pressemitteilung vom 4. Juni 2012 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 24. August 2015.
  5. Analysen-Spektrum Retigabin. labor-lademannbogen.de, Stand 26. April 2013.