Roman Giertych

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. Juni 2016 um 10:41 Uhr durch MBq (Diskussion | Beiträge) (Änderungen von TaxonKatBot (Diskussion) auf die letzte Version von Boshomi zurückgesetzt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Roman Jacek Giertych (* 27. Februar 1971 in Śrem) ist ein polnischer Jurist und Politiker. Er war vom 5. Mai 2006 bis zum 13. August 2007 stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Volksbildung Polens. Vom 11. März 2006 bis zum 22. Oktober 2007 war er Parteivorsitzender der nationalklerikalen Partei Liga Polnischer Familien.

Jugend und Ausbildung

Roman Giertych stammt aus einer national-klerikalen Politikerdynastie. Sein Großvater Jędrzej Giertych war in der Zeit zwischen den Weltkriegen enger Mitarbeiter des Führers der nationalistischen Bewegung Narodowa Demokracja Roman Dmowski, sein Vater Maciej Giertych war 1989 Mitbegründer der Nationalen Partei (Stronnictwo Narodowe) und ist als Mitglied des Europäischen Parlaments nach wie vor in der Politik aktiv.

Giertych studierte Jura und Geschichte an der Universität Posen.

Politischer Werdegang

Als 18-Jähriger begründete Giertych nach dem Zusammenbruch des Kommunismus 1989 die Allpolnische Jugend (Młodzież Wszechpolska), eine rechte Studentenorganisation wieder.

2001 gehörte Giertych zu den Gründern der national-klerikalen Liga Polnischer Familien, für die er im gleichen Jahr in den polnischen Sejm einzog. Bald darauf gewann er große Bekanntheit im ganzen Land als hartnäckiger stellvertretender Vorsitzender des Parlamentsausschusses zur Klärung der Orlen-Affäre. 2005 wurde er erneut in den Sejm gewählt und zum Chef der Kommission für Fragen der Geheimdienste ernannt.

Am 11. März 2006 wurde er zum Vorsitzenden seiner Partei gewählt, am 5. Mai 2006 trat er mit ihr in die neue Koalitionsregierung von Kazimierz Marcinkiewicz ein, in der er stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Volksbildung wurde. Studierende in Polen reagierten mit Großdemonstrationen gegen die Ernennung Giertychs.[1]

Standpunkte

Giertych ist bekannt für eine kompromisslose Haltung in allen weltanschaulichen Fragen und als scharfer Kritiker Deutschlands und der Europäischen Union. Letztere sieht er als „zentralisierten, sozialistischen Superstaat“. Im Herbst 2006 forderte Giertych die Anwendung der Fünf-Prozent-Hürde auf die Parteien der deutschen Minderheit bei den polnischen Parlamentswahlen und damit faktisch deren Ausschluss aus dem Sejm.[2]

Giertych vertritt eine homophobe Einstellung, und ist Befürworter eines absoluten Abtreibungsverbots. Er verwendete in Bezug auf Homosexuelle den Begriff "krank" und sprach in diesem Zusammenhang sogar von "Umerziehungslagern"[3]. Am 1. März 2007 sagte er beim informellen EU-Bildungsministerrat in Heidelberg: "Homosexuelle Propaganda erreicht immer jüngere Kinder", dass schon Elfjährige an die Homosexualität gewöhnt würden sowie über Abtreibung: "Dieses von mehreren Parlamenten legalisierte Verbrechen ist eine neue Form der Barbarei." Des Weiteren: "Eine Nation, die ihre eigenen Kinder umbringt, ist eine Nation ohne Zukunft. Ein Kontinent von Menschen, die ihre eigenen Kinder ermorden, wird von jenen ersetzt werden, die sie nicht umbringen."[4]

Anfang Juni 2006 entließ er den Leiter des Zentrums für Lehrerfortbildung Mirosław Sielatycki, da dieser für die Veröffentlichung eines Handbuchs des Europarats mit dem Namen Kompas verantwortlich war, das sich mit Menschenrechtserziehung und unter anderem auch mit dem Umgang mit sexuellen Minderheiten beschäftigt. Dieses Handbuch wird in einer deutschsprachigen Version auch in Deutschland unter dem Titel "Kompass. Handbuch zur Menschenrechtsbildung für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit" benutzt. Die Entlassung Sielatyckis rief national und international Proteste hervor.

Die Teilnehmer des CSD in Warschau, unter ihnen mehrere Bundestagsabgeordnete aus Berlin sowie Abgeordnete aus anderen EU-Ländern bezeichnete Giertych als Päderasten.[5]

Giertych ist wie sein Vater Maciej Anhänger des Kreationismus, seine Partei LPR verlangt dessen Integration in die Lehrpläne polnischer Schulen.[6]

Wahlen 2007

Am 13. August 2007 kündete Ministerpräsident Jarosław Kaczyński Parlamentsneuwahlen für den Herbst 2007 an und kündigte gleichzeitig den Koalitionsvertrag, um mit einer Minderheitsregierung ausschließlich aus PiS-Ministern bis zu den Wahlen zu regieren. So verlor Roman Giertych seinen Ministerposten.[7]

Die Parlamentswahlen fanden am 21. Oktober 2007 statt und brachten einen deutlichen Sieg der Opposition. Die LPR, die mit zwei konservativen Kleinparteien ein Wahlbündnis einging, erreichte nur 1.5 % der Stimmen und scheiterte sehr deutlich an der 5 %-Hürde.

Am Tag nach der Wahlniederlage gab Roman Giertych bekannt, als Vorsitzender der LPR zurückzutreten und sich seiner Anwaltstätigkeit zu widmen.

Weblinks

Einzelbelege

  1. Schluss mit der Duldungsstarre. In: Spiegel Online. 14. Juni 2006, abgerufen am 29. November 2014.
  2. http://focus.msn.de/politik/ausland/polen_nid_35178.html
  3. Party unter brennendem Hakenkreuz. In: Spiegel Online. 6. Dezember 2006, abgerufen am 29. November 2014.
  4. Schwulenhatz und Kulturkampf - Eklat um polnische Politikerfamilie. In: Spiegel Online. 1. März 2007, abgerufen am 29. November 2014.
  5. queer:Giertych: CSD-Teilnehmer = Päderasten
  6. Giertych vs. Darwin heise online, 30. Oktober 2006
  7. Polen: Giertych entlassen - Bericht vom 14. August 2007 auf queer.de