Schallplattenspieler

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Emil Berliner
elektrisches Grammophon des Herstellers Perpetuum Ebner
Philips-Radio Jupiter Phono-Super 465 mit Plattenspieler Typ HD 465 A (1957)
Telefunken HS 870 von 1984
Die Nadel des Tonabnehmers tastet die Platte ab
Tonabnehmer, Tonarm, Stroboskop

Als Schallplattenspieler, auch kurz Plattenspieler (englisch: Phonograph bzw. Turntable), wird ein elektrisches Gerät zum Abspielen von Schallplatten bezeichnet. Plattenspieler stellen ein elektrisches Analogsignal bereit, welches mittels eines Verstärkers und Lautsprechers wiedergegeben wird. Bis in die 1980er Jahre waren Plattenspieler eine der Standardkomponenten von Stereoanlagen, da aufgezeichnete Musik fast nur auf Schallplatte erhältlich war. Mit dem Siegeszug der Compact Disc in den 1980er Jahren verloren sie massiv an Bedeutung.

Auf niedrigem Niveau gibt es um 2015 wieder ein gewisses Ansteigen sowohl der Produktion von Schallplatten als auch von Plattenspielern.[1]

Geschichte

Vorläufer des Plattenspielers waren die um 1880 erfundenen, mechanischen Geräte Phonograph und Grammophon. Als Erfinder der Schallplatte und des Grammophons gilt Emil Berliner, der das Patent im Jahre 1887 anmeldete. Von ihm stammt auch der Name Schallplatte. Zur Zeit des Ersten Weltkrieges setzte sich das Grammophon gegen den Phonographen durch. Ab 1920 gab es elektrisch angetriebene Plattenteller, beispielsweise von Albert Ebner & Co.[2] Ab 1926 kamen die ersten elektrischen Tonabnehmer (beispielsweise von General Electric) auf, deren Signal man jetzt in den sich ebenfalls verbreitenden Radios verstärken konnte.[3] Diese Entwicklungen waren zunächst unabhängig voneinander: Es gab also Grammophone mit Elektromotor und mechanischer Tonerzeugung und auch Kurbelgrammophone mit – teils nachgerüsteten – elektrischen Tonabnehmern. Die ersten Abspielgeräte mit Elektromotor und elektrischem Tonabnehmer wurden nun „Elektrisches Grammophon“ genannt. Nachdem der elektrische Betrieb allgemein üblich wurde, etablierte sich der Ausdruck „Plattenspieler“.

Es war die große Zeit der Schellackplatten, sie liefen mit 78 min−1 (Umdrehungen pro Minute) und wurden in unvorstellbaren Stückzahlen in der ganzen Welt über 60 Jahre lang (von 1895 bis 1957) hergestellt. Noch heute existieren Millionen von Schellackplatten in Archiven und bei privaten Sammlern. Erst die Erfindung des Vinyls löste die schweren, zerbrechlichen Platten ab Mitte der 1950er-Jahre weltweit ab. Der neue Kunststoff machte die Schallplatten nicht nur leichter, man konnte jetzt dank seiner feinststrukturierten, extrem glatten Oberflächenstruktur ein Stereo-Signal (über h/v) zugleich an dieselbe Stelle in die Rille schreiben resp. pressen und damit eine große Steigerung an Tonqualität erreichen (Einführung der HiFi-Norm Anfang der 1960er Jahre), durch die Füllschrift viel mehr Modulation unterbringen und das auch noch bei den wesentlich geringeren Geschwindigkeiten 33⅓ min−1 bzw. 45 min−1.

In den 1950er Jahren verbreiteten sich Plattenwechsler mit der Möglichkeit, mehrere Platten gleichzeitig einzulegen und diese nacheinander abspielen zu lassen. Hierzu wurden die Platten auf eine verlängerte Mittelachse aufgesteckt und mit einem Mechanismus festgehalten. War eine Platte fertig gespielt, wurde die nächste auf den Plattenteller fallengelassen. Manche Modelle verfügten über eine Abtastfunktion, die den Durchmesser der Platten ermittelte und es somit ermöglichte, auch Platten unterschiedlicher Größe nacheinander abzuspielen. Nachteile waren jedoch, dass die Platten nicht umgedreht werden konnten und damit nur eine Seite pro Platte abgespielt werden konnte. Für einen optimalen Wechsel von Doppelalben auf Plattenwechslern ist die Plattenpressung hier 1-4, 2-3. Außerdem konnte die Abspielgeschwindigkeit nicht erfasst werden, weshalb man nur Platten mit derselben Geschwindigkeit einlegen konnte. Auch lagen die Platten aufeinander und wurden etwas unsanft von der Mittelachse fallen gelassen, wodurch eventuell leichte Beschädigungen und Kratzer auftreten konnten.

Von 1920 bis weit in die 1960er Jahre hatte die Schallplatte ein Quasi-Monopol als Tonträger, das erst durch die Compact Cassette (CC) und später durch die Compact Disc (CD) aufgebrochen wurde. Der Marktanteil der analogen Plattenspieler ist seit den 1990er Jahren nur noch gering, aber nicht ganz verschwunden. So betrug die Zahl der verkauften Plattenspieler im Jahr 2005 ungefähr 100.000, Tendenz steigend.[4] Im Jahr 2006 wurden etwa 170.000 nicht-tragbare CD-Spieler und 8,3 Millionen MP3-Abspielgeräte verkauft.[5]

Technik

Tonabnehmer und -arm

Beim Plattenspieler tastet eine Metall-, Saphir- oder Diamantnadel oder seit den 1990er Jahren auch ein Laser (Laserplattenspieler) die Rille der Schallplatte ab. Der mechanische Tonabnehmer wandelt die geringfügigen Schwingungen der Nadel in schwache elektrische Ströme um, die entzerrt und verstärkt werden müssen, um ein Tonsignal wiedergeben zu können. Beim Abtasten mittels Laser wird das gewonnene Signal ebenfalls auf ausschließlich analogem Weg verarbeitet.

Der Tonabnehmer hängt wiederum am Tonarm, der auf unterschiedliche Weise ausbalanciert werden kann. Am gebräuchlichsten ist das Ausbalancieren mit einem Gegengewicht. Mechanisch aufwändigere Konstruktionen werden mit einer einstellbaren Feder ausbalanciert. Die Qualität des Armes hängt wesentlich von Faktoren wie der Ausführung der Lagerung des Armes ab, von seiner Masse, seiner Steifigkeit, der Oberfläche und in Summe dieser und anderer Faktoren von seiner Eigenresonanz. Es wird zwischen Radialtonarmen (auch: Drehtonarm oder schlicht: Tonarm) und den seltenen Tangentialtonarmen unterschieden. Bei einem Tangentialtonarm bewegt sich der Tonkopf auf einer Schiene parallel zum Radius des Plattentellers.

In der Regel können Plattenspieler Schallplatten mit zwei Geschwindigkeiten abspielen: 33⅓ min−1 (Umdrehungen pro Minute) und 45 min−1. Seltener ist auch ein Abspielen von älteren Platten mit 78 min−1 oder 16⅔ min−1 möglich.

Antriebstechniken

Plattenspieler werden mit verschiedenen Antriebstechniken, also Arten, wie der Plattenteller in Drehung versetzt wird, hergestellt. Diese unterschiedlichen Antriebsarten sind zum Teil historisch bedingt, zum Teil aber auch entwickelt worden, um verschiedene technische Anforderungen zu erfüllen, z. B.:

  • Schnelles Hochlaufen des Plattentellers
  • Geringe Übertragung von Motorvibrationen auf den Plattenteller
  • Exakte Regelbarkeit der Plattentellerdrehzahl

Verbreitet sind oder waren der Direktantrieb, der Riemenantrieb und der Reibradantrieb.

Direktantrieb

Beim Direktantrieb ist die Achse des Plattentellers gleichzeitig die Achse des Antriebsmotors. Bei einigen Modellen, z. B. Technics SL-1210, ist der Plattenteller Teil des Motors. Hier wirken die Elektromagnete des Motors direkt auf den Plattenteller, bzw. der Plattenteller liegt auf dem Rotor des Motors auf. Die Änderung der Plattentellerdrehzahl wird direkt über die Drehzahländerung des Motors erreicht. Wird die Motordrehung über ein Zahnrad auf die Plattentellerachse übertragen, z. B. um einen Motor mit höherer Drehzahl einzusetzen, wird ebenfalls von Direktantrieb gesprochen.

Direkt angetriebene Plattenspieler sind vor allem im DJ-Bereich verbreitet. Sie können mit extrem kurzer Hochlaufzeit gebaut werden. Die verwendeten Motoren konnten bei einigen billigen Plattenspielern zur Übertragung eines Ruckelns führen, wenn der Läufer des Motors sich im Anker zur nächsten Position bewegt. Hochwertige direktangetriebene Rundfunklaufwerke wie z. B. der Elektromesstechnik Wilhelm Franz überboten die besten heute verfügbaren Laufwerke mit Riemenantrieb in allen relevanten Messdisziplinen. Ein Nachteil des Direktantriebes ist der sehr hohe Fertigungs- und Entwicklungsaufwand von Motor, Laufwerk und Steuerung mit PLL-Regelung. Bei den aktuell kleinen Stückzahlen insbesondere des High-End-Sektors wäre eine Entwicklung und Fertigung wirtschaftlich nur schwer darstellbar.

Riemenantrieb

Beim Riemenantrieb wird die Drehung der Motorachse mit einem Gummiriemen oder -band auf den Plattenteller übertragen. Diese Bauart ist weit verbreitet, da der Riemenantrieb eine mechanische Entkopplung zwischen Motor und Plattenteller zulässt, und somit unerwünschte Vibrationen im Plattenteller minimiert werden können.

Die Drehzahlsteuerung erfolgt beim Riemenantrieb entweder über die Steuerung der Motordrehzahl oder durch die Verwendung unterschiedlicher Übersetzungen zwischen Motorachse und Plattenteller. Das wird mit unterschiedlich großen Laufscheiben auf der Motorachse erreicht. Der Antriebsriemen muss zum Wechseln der Geschwindigkeit von einer Scheibe auf die andere umgehängt werden. Bei Dual-Plattenspielern mit Vario-Pulley erfolgt das Umlegen des Riemens automatisch, durch die segmentierte Antriebswelle veränderbaren Durchmessers ist sogar eine Drehzahlfeineinstellung (Pitch) möglich.

Vorteil des Riemenantriebs ist, dass auch mit geringem Entwicklungsaufwand Plattenspieler mit guten Laufeigenschaften konstruiert werden können. Nachteilig sind höhere Gleichlaufschwankungen, Geschwindigkeitsdrift aufgrund von Temperatur- oder Luftfeuchtigkeitsschwankungen, Geschwindigkeitsschwankungen durch die Modulation der Tonrille (laute Stellen werden wegen der Bremswirkung der Rille mit niedrigerer Tonhöhe abgespielt als leise) sowie Vibrationen durch den Schlupf des Riemens.

Diese Nachteile können konstruktiv gemindert werden, Masselaufwerke mit schweren Plattentellern gehen durch die Massenträgheit gegen kurzfristige Drehzahlschwankungen vor. Einige Konstruktionen wie z. B. Philips-Laufwerke der 1970er Jahre mit „direct control“ oder die Plattenspieler CS5000 und CS750 des Herstellers Dual sowie deren Abkömmlinge haben eine Regelelektronik, welche die Drehzahl direkt am Plattenteller erfasst. Die Dual-Modelle haben dazu 200 in den Subteller eingefräste Zähne, die durch eine Lichtschranke erfasst werden. Das daraus generierte Signal wird mit einer quarzbasierten Referenz verglichen und Drehzahlabweichungen sofort ausgeregelt. Auf diese Weise wird der sonst übliche Drift von Riemenlaufwerken vermieden.

Nachteilig bei dieser Lösung ist die wegen der Elastizität des Riemens notwendige hohe Zeitkonstante im Loop-Filter der PLL-Regelung. Im Gegensatz zum Direktantrieb kann die PLL-Regelung beim Riemenantrieb kurzzeitige Drehzahlschwankungen nicht ausgleichen.

Schallplattenspieler über Riemenantrieb werden heute noch von der Alfred Fehrenbacher GmbH in St. Georgen produziert. Jährlich werden zwischen 15.000 und 20.000 St. der Marke DUAL produziert und verkauft.

Reibradantrieb

Beim Reibradantrieb wird die Übertragung der Drehung an den zylindrischen Innenrand des Tellers durch ein Gummirad erreicht. Der schwingungsgedämpft montierte und häufig dauerhaft laufende Motor treibt über eine präzise Welle das nur temporär angedrückte Reibrad an, das wiederum die Drehung auf die Innenseite des Plattentellers überträgt. Dadurch kann eine sehr gute Übertragung des Drehmoments auf den Plattenteller und damit ein schnelles Hochdrehen des Tellers erreicht werden. Nachteilig ist jedoch die Gefahr, Vibrationen des Motors über die relativ starre Kopplung zwischen Motorachse und Plattenteller in den Teller einzukoppeln.

Die Drehzahlsteuerung erfolgt hier mittels unterschiedlicher Übersetzungen zwischen Motorachse (auch Stufenachse genannt) und dem Reibrad.

Reibradantrieb wird heute nur noch von wenigen Herstellern angeboten, und das nur bei Billiglaufwerken. In den 1950er- und 1960er-Jahren gebaute Klassiker sind z. B. EMT 927 und 930, Garrard 301 und 401 sowie der Thorens TD 124. Letzterer arbeitet mit einer Kombination aus Reibrad- und Riemenantrieb. Der Motor treibt über einen kurzen Riemen das den Plattenteller treibende Reibrad an. So wird eine Entkoppelung des Motors vom Plattenteller erreicht. Nahezu alle Hersteller wie z. B. Braun, Perpetuum Ebner (PE), Elac, Bang & Olufsen, Lenco und vor allem Dual bedienten sich in den 1950er- und 1960er-Jahren dieses Antriebskonzeptes.

Spezielle Bauformen

Telefunken V511 automatic Kofferschallplattenspieler mit Wechslerfunktion
Auto-Plattenspieler „Auto-Mignon“ von Philips, um 1960, im Volksmund auch „Plattensäge“ genannt

1949 zeigten auf der Leipziger Frühjahrsmesse die Magdeburger Polte-Werke einen „Dauerplattenspieler“, der als Plattenwechsler funktionierte und zudem die Platten umdrehte.

In den 1950er Jahren kamen tragbare Plattenspieler auf. Es handelte sich anfangs um handliche Geräte, die lediglich Platz für 7"-Singles boten, später meistens um baulich besonders große Radiorecorder, bei denen die Platte von vorn durch eine Klappe oder von oben durch einen Schlitz eingeschoben wurde. Möglich wurde das durch die Tangentialtechnik. Außerdem gab es noch Plattenspieler, die für den Einbau ins Auto gedacht waren.

Ziel dieser Geräte war, die eigene Plattensammlung unterwegs nutzen zu können, ohne die Vinylplatten auf Bänder überspielen zu müssen. Der hohe Preis (damals weit über 100 DM) sowie das Gewicht verhinderten jedoch einen Markterfolg. Dazu kam die Konkurrenz durch immer kleinere tragbare Cassettenspieler wie den Walkman.

Seit einiger Zeit gibt es auch wieder einen Vinylrecorder, mit dem man Platten aufnehmen kann, ohne sie zu pressen – hier werden die Platten selbst geschnitten, keine Vorlagen für Presswerkzeuge. Vorfahren dieses Gerätes waren die in den 1950er Jahren herausgebrachten Heim-Folienschneidegeräte mit 78 min⁻¹, die sich jedoch aufgrund des hohen Nadelrauschens qualitativ nicht gegen die frühen Heim-Tonbandgeräte behaupten konnten.

ELP-Laserplattenspieler (LT-2XA) und RME Fireface 800

Neben der üblichen mechanischen Abtastung mit Nadeln kann eine Schallplatte berührungslos optisch abgetastet werden. Laserplattenspieler nutzen einen Laserstrahl und sind im Highend-Bereich angesiedelt.[6]

Eine weitere Alternative ist die softwaregestützte „Abtastung“ eines hochauflösenden optischen Digitalisats in einem Computer. Dieses Verfahren wird bei der Rekonstruktion historischer Tonaufnahmen verwendet.[7][8]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Plattenspieler – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Plattenspieler – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. http://orf.at/stories/2317724/2317723/ Super 8 und Vinyl als Heilsbringer : Gestern ist das neue Morgen, orf.at, 9. Januar 2016, abgerufen 10. Januar 2016.
  2. [1], Aufgerufen am 9. Februar 2015.
  3. [2], Aufgerufen am 9. Februar 2015.
  4. Die Plattenspielerindustrie ist gut aufgelegt in Frankfurter Allgemeine Zeitung für Deutschlands Schulen, Aufgerufen am 29. Juni 2011.
  5. Mark-Werner Dreisörner: Für die Schallplatte gut aufgelegt. In: Die Rheinpfalz, 6. Dezember 2006.
  6. Dieter Dürand: Plattenspieler mit Laserabtastung. In: Wirtschaftswoche. 17. Februar 2008, abgerufen am 17. Februar 2014.
  7. Sound Reproduction R & D Home Page
  8. Werner Pluta: Telefonpionier Alexander Graham Bell spricht. In: Golem. 29. April 2013, abgerufen am 17. Februar 2014.