Schloss Winsen

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Blick auf das Winsener Schloss
Epitaph für Dorothea von Braunschweig-Lüneburg (1911 errichtet)

Das Schloss in Winsen (Luhe) im nördlichen Niedersachsen ist das bedeutendste profane Bauwerk der Stadt. Das zum Teil über 700 Jahre alte Gebäude beherbergt heute das Amtsgericht.

Geschichte

Das Schloss entstand aus einer Burg an einem Übergang der Luhe und wurde erstmals 1315 urkundlich erwähnt.[1] Eine andere Urkunde aus dem Jahr 1277 deutet aber darauf hin, dass das Schloss wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt bereits existiert hat.[2][3] Zu Beginn des Lüneburger Erbfolgekrieges 1371 war Herzog Magnus II. gezwungen, die Großvogtei Lüneburg nach Winsen zu verlegen. Das Winsener Schloss diente fortan als Großvogtei Winsen und verwaltete die welfischen Güter im Nordteil des Fürstentums Lüneburg, das ein Teilfürstentum des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg war. Im 14. und 15. Jahrhundert wurde das Schloss samt den dazugehörigen Ländereien durch die Herzöge mehrfach verpfändet. So gehörte es 1374 bis 1389 dem Rat der Stadt Lüneburg, ging 1396 an Hamburg und Lübeck, war von 1434 mit Unterbrechungen wieder im Besitz von Lüneburg und ging von 1493 bis 1523 sogar an die Kurfürsten von Sachsen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts war das Schloss Schauplatz mehrerer Hexenprozesse.[4] Schulz-Egestorf beziffert die Zahl der in Winsen in den Jahren 1611-1614 „vom Richter zum Feuertode“ verurteilten und schließlich vor dem „Luhdorfer Tore“ verbrannten „sogenannte[n] Hexen“ auf dreißig[5].

Von 1593 bis 1617 wurde das Gebäude durch Dorothea von Braunschweig-Lüneburg, der Witwe Wilhelm des Jüngeren als Altersitz bewohnt. In dieser Zeit, in der Dorothea die Verwaltung des Amtes Winsen übernommen hatte, fanden die oben genannten Hexenprozesse statt.[6] Sie ließ den Umbau der Schlosskapelle im einzig erhaltenen Turm des Schlosses vornehmen. Im Zuge des Dreißigjährigen Krieges wurden die Befestigungsanlagen des Schlosses verstärkt, 1628 diente es kurze Zeit als Hauptquartier für Tilly und seinen Stab. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Schloss nur noch als Sitz der Amtmänner des Amtes Winsen genutzt. 1852 zog das Amtsgericht in die Räume, ab 1885 beherbergte das Schloss auch die Kreisverwaltung des Kreises Winsen bis zur Kreisreform 1932, wo der Kreis Winsen in den Landkreis Harburg aufging und der Sitz der Kreisverwaltung in die Kreisfreie Stadt Harburg ging.[7] Durch die kriegsbedingte Zerstörung des Landratsamtes in Harburg, wurde die Kreisverwaltung 1944 wieder in das Winsener Schloss und in vier Baracken im Schlosspark verlegt.[8] Dort blieb die Kreisverwaltung, bis sie 1961 in einen Neubau in unmittelbarer Nachbarschaft des Schlosses zog. Für einige Zeit verblieb das Katasteramt noch im Schloss, bis es in den neunziger Jahren in ein eigenes Gebäude umzog. Heute ist das Amtsgericht Winsen alleiniger Nutzer des Schlosses.

Architektur

Blick in den Hof auf den Kapellenturm

Das Schloss, obwohl von seinen Befestigungsanlagen befreit, hat bis heute seinen wehrhaften Charakter behalten. Die vorhandenen Bauteile entstammen zu einem Großteil der Renaissance. Der Bau aus Backstein mit Fachwerkelementen steht innerhalb eines aufgestauten Teichs an der Luhe und besteht aus einem unregelmäßigen, dreiflügeligen Baukörper mit einem offenen Hof. Der Hof wurde einst von einem vierten Flügel geschlossen, dieser wurde jedoch bereits um das 18. Jahrhundert abgebrochen. Die Schauseite des Schlosses zur Stadt wird vom Kapellenturm und dem Tor betont, die übrigen Außenfassaden sind relativ schmucklos.

Die langwährende Bautätigkeit am Schloss lässt sich noch heute in vielen Baudetails nachvollziehen. Im Kellergeschoss hat sich ein gotisches Sterngewölbe aus der Zeit um 1500 erhalten. In der Renaissance wurde das Schloss dem Zeitgeschmack angepasst, eine Galerie in den Hof eingezogen und verschiedene Verschönerungen vorgenommen. Da das Schloss lange Zeit als Amtssitz diente, fanden sich schon früher weniger höfische Repräsentationsräume als mehr Verwaltungszimmer in dem Gebäude. Lediglich unter Dorothea wurde im Schloss länger Hof gehalten, wovon unter anderem die Ausstattung der Schlosskapelle kündet.

Heutige Nutzung

Eigentümer des Schlosses ist heute das Land Niedersachsen. Von 1994 bis 2016 wurde es umfassend saniert. Seit 2008 ist ein kleines Museum im Schlossturm eingerichtet. Bedingt durch die Nutzung des Schlosses als Gerichtsgebäude sind die Räume in der Regel nicht zu besichtigen, Ausnahmen finden unter anderem am „Tag des Denkmals“ statt. In der Schlosskapelle finden verschiedene kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte statt. Auch kann sie für Trauungen durch den Standesbeamten der Stadt Winsen(Luhe) gemietet werden.

Kanone im Hof

Kanone im Hof

Die im Hof befindliche Kanone diente nie zur Verteidigung des Schlosses. Sie wurde 1863 im belgischen Lüttich hergestellt und wurde vom damaligen Landrat Friedrich Ecker 1917 als Dekoration aufgestellt.

Umgebung

Der Schlosspark und der Hof sind für Besucher frei zugänglich. Die ehemaligen Befestigungsanlagen wurden nach deren Abbruch in einen Landschaftspark umgewandelt. Der Schlossgarten wurde 2006 in die Winsener Landesgartenschau mit einbezogen. In Sichtweite des Schlosses befindet sich das große Gebäude des in Fachwerk errichteten Marstalls. Dieser beherbergt heute die Stadtbücherei, die Tourist-Information und ein Museum.[9]

Literatur

  • Ernst Andreas Friedrich: Das Schloß Winsen (Luhe), S.166-168, in: Wenn Steine reden könnten, Band III, Landbuch-Verlag, Hannover 1995, ISBN 3-7842-0515-1.

Weblinks

Commons: Schloss Winsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. H. Sudendorf, Urkundenbuch zur Geschichte der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg und ihrer Lande Band I (Hannover 1859), Nr. 279, Urkunde vom 28. November 1315
  2. W. F. Volger, Urkundenbuch der Stadt Lüneburg bis zum Jahre 1369 (Hannover 1872), Nr. 122, Urkunde vom 10. April 1277
  3. Flyer über die Stadt Winsen (Luhe), Touristinformation.
  4. Schlossgeschichte auf der Homepage der Stadt Winsen
  5. Heinrich Schulz-Egestorf: Chronik von Sahrendorf im Kreise Harburg. Geschichte der unter der Grundherrschaft des Michaelisklosters in Lüneburg stehenden Höfe (= Veröffentlichungen des Helms-Museumserein Naturschutzpark e. V. Nr. 15). Selbstverlag, Hamburg-Harburg 1963, S. 32.
  6. Dorothea von Dänemark (1546–1617)#Witwenschaft
  7. Dirk Stegmann (Hrsg.) - Der Landkreis Harburg 1918-1949, Kapitel III, 2, Kreisreform 1932 von Autor Günter Könke, Seite 84, Christians Verlag
  8. Dirk Stegmann - Der Landkreis Harburg 1918-1949, Kapitel XIII, 2, Der Landkreis Harburg im Zweiten Weltkrieg, Seite 425, Christians Verlag
  9. Ilona Johannsen - Der Marstall und seine Nutzung, Niedersachsenbuch 2008 Winsen (Luhe), Nieders. Ministerium für Inneres und Sport, S. 32, 33.

Koordinaten: 53° 21′ 47,1″ N, 10° 12′ 15,3″ O