Singlebörse

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Eine Singlebörse ist ein Internetportal, auf dem überwiegend Singles Lebens- oder auch Sexualpartner suchen. Der Begriff Kontaktbörse ist für solche Portale gebräuchlich, wenn die Suche nach einem Seitensprung-, Freizeit- oder Hobbypartner im Vordergrund steht. Einträge in diesen Börsen sind eine moderne Variante der Kontaktanzeigen.

Unterschied Singlebörsen und Partnerbörsen

In der Online-Dating-Branche ist eine Unterscheidung nach Ausrichtung hinsichtlich des Alters, der Intention der Nutzer und der Möglichkeiten der Suche üblich. Im Gegensatz zu den Partnerbörsen steht bei Singlebörsen der lockere Kontakt und Flirt im Vordergrund, die Suche ist meistens nach Kriterien wie Alter, Wohnort und weiteren Parametern frei wählbar und das Durchschnittsalter deutlich jünger als bei Partnerbörsen.[1] Bei Partnerbörsen kann die Suche eingeschränkt sein, und Kontakte werden meistens auf der Grundlage von Testfragen und interner Algorithmen vorgeschlagen. Partnerbörsen liegen zudem preislich auf einem höheren Niveau.[2]

Markt

Auf dem Markt existiert eine Vielzahl von Anbietern. Unterscheiden lassen sich große internationale Anbieter, nationale Anbieter sowie regionale und spezialisierte Anbieter. Angaben zu Mitgliederzahlen sind wenig aussagekräftig: Ein international agierender Anbieter, der Gesamtzahlen angibt, kann im deutschsprachigen Raum viel weniger Mitglieder vorweisen als ein nationaler Anbieter. Möglicherweise hat ein regionaler Anbieter in „seiner“ Region mehr Mitglieder als ein nationaler oder internationaler Anbieter.

2003 ergab eine Emnid-Studie,[3] dass Singlebörsen inzwischen als die drittwichtigste Möglichkeit zur Partnersuche angesehen werden – hinter Arbeitsplatz und Freundeskreis. Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) ermittelte, dass im Jahr 2006 insgesamt 6,8 Millionen Deutsche eine Singlebörse im Internet besucht haben. Der Umsatz der deutschen Singlebörsen soll im selben Jahr bei 65,6 Millionen gelegen haben und wuchs in den Folgejahren kontinuierlich. Im Jahr 2011 erzielte die Branche einen Umsatz von 202,8 Millionen Euro (inklusive Erotik-Singlebörsen).[4] Deutschland stellt damit nach UK (211 Mio. Euro) den zweitgrößten europäischen Markt, der insgesamt auf 811 Millionen Euro beziffert wurde.

Sozialwissenschaftler der Universität Bamberg ermittelten 2008 in einer repräsentativen Erhebung anhand von Profilen sowie 1800 Telefoninterviews: Suchende waren überwiegend Anfang 30 und zwei Drittel von ihnen waren männlich. Ihr Bildungsniveau wies erhebliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen auf: Männer hätten überdurchschnittlich oft einen Hauptschulabschluss, während Frauen mit Abitur überrepräsentiert waren. Die Forscher führten die Zusammensetzung der Partnersuchenden auf die Schwierigkeiten dieser beiden Gruppen bei der realen Partnerwahl außerhalb des Internets zurück, da Frauen und Männer unterschiedliche Ansprüche bei der Auswahl ihrer Partner hätten. Hochgebildete Frauen suchen demnach nach einem Partner mit ähnlichem Bildungsabschluss, während hochgebildete Männer ihre Partnerinnen nicht immer und unbedingt nach diesem Kriterium auswählen. So bestehe ein direkter Zusammenhang zwischen dem gestiegenen Bildungsniveau bei Frauen, dem gesunkenen Marktwert geringgebildeter Männer und dem Ergebnis der repräsentativen Erhebung, genau diese beiden Gruppen besonders häufig in Singlebörsen anzutreffen.[5]

Angebot

Die meisten Singlebörsen basieren auf Datenbanken, in denen sich die Teilnehmer übers Internet selbst eingetragen können. Neben üblichen Angaben wie Geschlecht, Alter, Größe, Gewicht kommen oft weitere Angaben hinzu, die den Suchenden genauere Vorstellungen geben sollen. In der Regel können ein oder mehrere Fotos eingestellt werden.

Die großen Singlebörsen bieten ein kostenloses Basisangebot, das sich darauf beschränkt, in der Datenbank zu suchen und das eigene Profil einzustellen. Eine Kommunikation zwischen den Beteiligten ist meist nur bei kostenpflichtiger Mitgliedschaft möglich. Da Singlebörsen meist einen deutlichen Männerüberschuss haben, bieten einige für Frauen den Leistungsumfang kostenlos, den Männer bei entgeltlicher Mitgliedschaft haben. Es gibt Anbieter, die auch in der kostenlosen Basis- oder Standardmitgliedschaft Kontakte zwischen ihren Mitgliedern erlauben. Die Anzahl dieser Anbieter hat in den letzten Jahren abgenommen. Die Vertragsbedingungen einer Singlebörse sind vielfältig und vor der Anmeldung eines kostenpflichtigen Abonnements zu bewerten. Dafür gibt es auch einige Portale die einen Vergleich anbieten.

Da der Wettbewerb zwischen den Singlebörsen immer größer wird, versuchen sich Anbieter qualitativ hervorzuheben. So werden psychologisch begründete Tests zur Persönlichkeit und Übereinstimmung mit potentiellen Partnern angeboten oder es werden bestimmte Zielgruppen (z.B. Akademiker) angesprochen. Einige Singlebörsen bieten in regelmäßigen Abständen durch automatischen Vergleich der Profile Partnervorschläge, dabei werden die Wünsche der Nutzer (Altersabstand, Kinder) teilweise berücksichtigt. Die qualitativen Unterschiede bestehen im Umfang der Angaben im Profil, die sich bis in Einzelheiten wie Lieblingsspeisen, Urlaubswünschen, sexuellen Präferenzen, Angaben zur Ausbildung und zu Sprachkenntnissen erstrecken. Dadurch soll eine differenzierte Partnersuche möglich und dabei Erfolg versprochen werden.

Kritik

Die Authentizität der Nutzer (Altersangabe) wird von den Anbietern auf unterschiedliche Weise, teilweise überhaupt nicht geprüft. Die Prüfung soll zum Beispiel auch die Mehrfachanmeldung einer Person mit ähnlichen oder unterschiedlichen Profilen unterbinden. Es kann jedoch nicht gewährleistet werden, dass alle angemeldeten Nutzer tatsächlich Singles auf Partnersuche sind. Bilder werden meist oberflächlich geprüft und gewährleisten nicht die Übereinstimmung mit der realen Person. Die Pflicht zu vollständigen Angaben (Motiv für die Suche, gegenwärtiger Beziehungsstatus) besteht bei vielen Anbietern nicht. Die Abgrenzung zwischen Partnersuche und Seitensprungvermittlung ist kaum möglich, auch wenn die Anbieter ihren Schwerpunkt nach außen deutlich darstellen. Auch professionelle Angebote (Prostitution) können im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden.

Die israelische Soziologin Eva Illouz meint, dass die Partnersuche über Internet den Körper und dadurch einen wesentlichen Punkt der Attraktion vernachlässigt, der vornehmlich über Intuition zugänglich ist. Die Wertschätzung einer Person als Entität geht verloren – die Auswahl, strukturiert nach Kriterien der Effizienz, bekommt einen höheren Stellenwert. Auch die Selbstsicht und die Umgangsformen können sich verändern.

In einer Untersuchung aus dem Jahre 2007 wurde festgestellt, dass neun von zehn Nutzern bei wenigstens einer Eigenschaft im Profil lügen und beim Körpergewicht am häufigsten unaufrichtige Angaben erfolgen.[6]

Viele Singlebörsen werben mit dem Versprechen schnell einen geeigneten Partner treffen zu können. Eine 2015 durchgeführte Umfrage besagt, dass es lediglich bei jedem vierten Mitglied der bekannten Singlebörsen zu einem Treffen gekommen ist. Bei sogenannten Casual Dating Portalen kommt es nur vereinzelt zu wirklichen Treffen unter Nutzern.[7]

Betrugsgefahr: Vorspiegelung einer Notsituation

Ein Problem in vielen Ländern ist das sogenannte Romance Scam, eine Betrugsform, bei der sich Kriminelle in Singlebörsen als Geschäftsmänner ausgeben, älteren Frauen Liebesschwüre senden und sie letztlich unter Vorspiegelung einer Notsituation um Geld bitten. Der weltweite Schaden wird auf jährlich über 100 Millionen Euro geschätzt, allein das FBI nahm im Jahr 2011 offizielle Schadensmeldungen von US-Bürgern über 50 Millionen US-Dollar auf.[8] Der Singlebörsen Scam Report zeigt, dass gerade große Singlebörsen und Social Dating Portale auch die meisten Probleme mit Romance Scam haben.[9]

Kosten

Die Nutzung der meisten Singlebörsen ist kostenpflichtig. Seiten wie etwa das englischsprachige OkCupid, wo Kosten nur für optionale Sonderleistungen anfallen, bilden in der Branche die Ausnahme. Bei anderen seriösen Anbietern bewegen sich die Preise für ein Monatsabonnement zwischen 10 und 80 Euro, je nach Laufzeit. Die Zahlung ist in der Regel per Lastschrift oder Kreditkarte im Rahmen etablierter Zahlungsabwickler möglich. Einige Singlebörsen ermöglichen die Zahlung per Telefonanruf, SMS, Sofortüberweisung oder mit Paypal.

Neben den seriösen Anbietern gibt es zahlreiche „Schwarze Schafe“.[10] SMS-Dating-Anbieter setzen z.B. „Animateure“ ein, um die Nutzer zur teuren Antwort-SMS zu bewegen.[11]

Zwischen seriösen, oft sogar kostenlosen, und den offensichtlich betrügerischen Anbietern gibt es einen großen „Graubereich“. Das Abonnement mit mäßigen Kosten endet nur bei aktiver Kündigung, die volle Leistung erschließt sich nach Zahlung eines niedrigen Anmeldetarifs erst durch eine teure Premium-Mitgliedschaft oder ein sogenannter Probezugang für kurze Zeit wird automatisch in eine Jahresmitgliedschaft verlängert. „Wenn ich von […] dauerhaft profitieren möchte, brauche ich nichts weiter zu tun. Zu einem monatlichen Preis von […] kann ich dann als Mitglied jederzeit […] zugreifen. Die Mitgliedschaft kann ich jederzeit zum Ende eines Bezugsjahres kündigen.“ Die Verbraucherschutzzentrale ist eine Möglichkeit Hilfe bei derartigen Fragen zu erhalten.[9]

Rechtslage

Nach der deutschen Rechtsprechung[12] sind Abonnements, welche fortlaufende Zahlungspflichten begründen, unzulässig. Wer sich von einer Singlebörse lösen möchte, kann dementsprechend den Abonnementvertrag, der auf Partnervermittlung gerichtet ist, nach § 627 BGB[13] kündigen und die Zahlungen nach § 656 BGB[14] einstellen.

Bei internationalen Singelebörsen ergibt sich das Problem unterschiedlicher Gesetze (z.B. zulässiges Mindestalter) und die jeweilige Zuständigkeit bei Straftaten, die sich aus dem Wohnsitz des Betreibers der Datenbank oder des jeweiligen Nutzers ergeben kann. Dies gilt insbesondere bei Nutzern, die einen Begleitservice oder Besuchsprostitution anbieten. In vielen Ländern ist Prostitution verboten (siehe Prostitution nach Ländern).

Einzelnachweise

  1. Online Dating 2011: Eine Boom-Branche wird erwachsen. (PDF; 2,8 MB) Online-Partnersuche.de, abgerufen am 14. Oktober 2011.
  2. Online-Dating Studie 2012 / Prognose 2013
  3. TNS EMNID-Studie 2003 (PDF; 49 kB)
  4. Der Online-Dating-Markt 2011–2012 (PDF; 1,9 MB) Abgerufen am 26. November 2012
  5. Gemeinsam einsam: Fisch trifft Fahrrad, Spiegel Online, 8. Juli 2008, abgerufen am 30. Dezember 2015
  6. Hancock, Jeffrey (2007). The truth about lying in online dating profiles
  7. https://www.aboalarm.de/blog/online-dienst/sex-bots-fakeprofile/
  8. $50 Million Lost To Online Romance Scammers Annually. Bericht auf FastCompany.com, abgerufen am 29. Oktober 2012
  9. a b Die Liebesfalle: Wie einsame Herzen im Internet abgezockt werden, ARD, 21. Juli 2014
  10. Stiftung Warentest: Singlebörsen im Test – Wo sich die Suche lohnt, in: test, Heft 03/2011, abgerufen am: 3. Januar 2013
  11. Der Schmu mit den Singlebörsen, FAZ, 2013, Wer in den AGB einen Passus findet, der in etwa lautet: „Der Anbieter setzt Controller/innen ein, die unter mehreren Identitäten Dialoge führen können“, muss damit rechnen, dass die Traumfrau in der Realität nicht existiert.
  12. BGH, Urt. v. 17. Januar 2008 - III ZR 239/06 -
  13. § 627 BGB
  14. § 656 BGB