Stephen Toulmin

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Stephen Edelston Toulmin (* 25. März 1922 in London; † 4. Dezember 2009 in Los Angeles[1]) war ein amerikanischer Philosoph britischer Herkunft und einer der meistrezipierten Argumentationstheoretiker. Sein 1958 publiziertes Werk The Uses of Argument trug maßgeblich zur Abkehr vom Logizismus in der Disziplin bei.

Leben

Toulmin war im Laufe seiner akademischen Karriere Professor an diversen Universitäten, unter anderem der University of Southern California, Northwestern University und Stanford University. Der Philosoph war Mitglied des Committee for the Scientific Investigation of Claims of the Paranormal.

1989 wurde Toulmin in die American Academy of Arts and Sciences gewählt. 2006 wurde ihm vom österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst überreicht.

Werk

In seiner Promotionsschrift bemühte Toulmin sich um einen praktisch-rationalen Ansatz, dem zufolge ethisches Verhalten sich durch die „guten Gründe“ rechtfertigt, die für es vorgebracht werden können, nicht dagegen durch allgemeine Prinzipien und besonders nicht durch ethische Gefühle. Damit wandte er sich gegen den damals im angelsächsischen Raum dominierenden ethischen Emotivismus. In seinen späteren Studien stieß er auf die Tradition des kasuistischen Denkens, in dem es nicht um eine Prinzipientheorie der Moral geht, sondern um die Abwägung der Entscheidungsgründe in ethischen Einzelfällen auf der Basis von Präzedenzfällen und generellen argumentativen Prinzipien.

Sein Buch The Uses of Argument von 1958 gilt als wegweisendes Standardwerk der Argumentationsanalyse. In der Arbeit entwickelt der Philosoph ein aus sechs Komponenten bestehendes Schema, das als einflussreichster Beitrag auf dem Gebiet gilt,[2] aus und wendet sich gegen das bis dato dominierende universalistische Modell. Der Ansatz wurde von ihm fortlaufend weiterentwickelt und fachlich breit rezipiert.

Wissenschaftstheoretisch wandte Toulmin sich mit einer evolutionaristischen Konzeption konzeptioneller Veränderungen gegen den Ansatz von Thomas S. Kuhn, dessen revolutionsorientiertes Modell er in Human Understanding (1972) scharf kritisierte.

Werke

  • An Examination of the Place of Reason in Ethics. 1953.
  • The Philosophy of Science: An Introduction. Hutchinson's University Library, 1953.
  • The Uses of Argument. Cambridge Univ. Press, 1958; updated edition 2003, ISBN 978-0-521-53483-3 (Paperback). (deutsch: Der Gebrauch von Argumenten. Beltz Athenäum, Weinheim 1996, ISBN 3-89547-096-1.)
  • Metaphysical Beliefs, Three Essays. 1957 (mit Ronald W. Hepburn und Alasdair MacIntyre)
  • The Riviera. 1961.
  • Foresight and Understanding: an Enquiry into the Aims of Science. 1961 (deutsch: Voraussicht und Verstehen - Ein Versuch über die Ziele der Wissenschaft. Suhrkamp Verlag, 1968)
  • The Architecture of Matter. 1962 (mit June Goodfield)
  • The Fabric of the Heavens: the Development of Astronomy and Dynamics. 1963 (mit June Goodfield)
  • Night Sky at Rhodes. 1963.
  • The Discovery of Time. 1966 (mit June Goodfield)
  • Physical Reality. 1970.
  • Human Understanding: The Collective Use and Evolution of Concepts. 1972, ISBN 0-691-01996-7. (deutsch: Kritik der kollektiven Vernunft. Suhrkamp, Frankfurt 1983)
  • Wittgenstein’s Vienna. 1973 (mit Allan Janik)
  • Knowing and Acting: An Invitation to Philosophy. 1976.
  • An Introduction to Reasoning. 1979 (mit Allan Janik und Richard D. Rieke)
  • The Return to Cosmology: Postmodern Science and the Theology of Nature. 1985.
  • The Abuse of Casuistry: A History of Moral Reasoning. 1988 (mit Albert R. Jonsen)
  • Cosmopolis: The Hidden Agenda of Modernity. 1990.
  • Social Impact of AIDS in the United States. 1993 (mit Albert R. Jonsen)
  • Return to Reason. 2001.

Literatur

  • J. C. Cooley: On Mr. Toulmin's Revolution in Logic. In: The Journal of Philosophy. Bd. 56 Nr. 7 (März. 26, 1959), S. 297-319.
  • Charles W. Kneupper: Teaching Argument: An Introduction to the Toulmin Model. In: College Composition and Communication. Bd. 29 Nr. 3 (Okt., 1978), S. 237-241.
  • Alan G. Gross: A Comment on the Uses of Toulmin. In: College English. Bd. 46 Nr. 3 (März, 1984), S. 310-314.
  • David Hitchcock, Bart Verheij: The Toulmin Model Today: Introduction to the Special Issue on Contemporary Work using Stephen Edelston Toulmin’s Layout of Arguments. In: Argumentation. Bd. 19 Nr. 3 (2005), S. 255-258.
  • William Keith, David Beard: Toulmin's Rhetorical Logic: What's the Warrant for Warrants? In: Philosophy & Rhetoric. Bd. 41 Nr. 1 (2008), S. 22-50.

Weblinks

Belege

  1. Todesanzeige In: The Times. 9. Dezember 2009
  2. Ronald P. Loui: A Citation-Based Reflection on Toulmin and Argument In: David Hitchcock, Bart Verheij: Arguing on the Toulmin Model: New Essays in Argument Analysis and Evaluation. Springer, Berlin u. a. 2006, ISBN 978-1-4020-4938-5, S. 31–38.