Transeuropäische Suturzone

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Die Tornquistzone (TZ) und ihr Umfeld

Die Tornquistzone (benannt nach dem deutschen Geologen Alexander Tornquist, andere Bezeichnungen sind Tesseire-Tornquist-Zone oder Tornquist-Linie) ist eine geologische Deformationszone (Sutur) im Norden und Osten Mitteleuropas. Sie ist der plattentektonische Grenzbereich zwischen dem Baltischen Schild Skandinaviens (Baltika) und dem östlichen Mitteleuropa[1] und trennt als geologische Schwächezone zwei Bereiche der großen Eurasischen Kontinentalplatte.

Lage

Die Zone besitzt eine Breite von bis zu 100 km und erstreckt sich von der Dobrudscha, durch Polen und die südliche Ostsee via Bornholm, Süd-Schweden, Nordsjælland, das Kattegat bis nach Vendsyssel und Thy in Dänemark. Nördlich von Rügen spaltet sie sich in einen nördlichen Ast, die Sorgenfrei-Zone oder Sorgenfrei–Tornquist-Zone, und einen südlichen Ast, der zusammen mit der Tornquistzone die Transeuropäische Suturzone (auch Dobrudscha-Nordsee-Lineament) bildet. Zwischen den beiden Ästen befindet sich ein Gebiet, in dem das Grundgebirge nur durch relativ dünne jüngere Schichten verdeckt wird, das so genannte Ringköbing-Fünen-Hoch.[2][3]

Geologische Hintergründe

Die Tornquist-Zone entstand durch die Kollision der beiden Kontinente Avalonia und Baltica. Der Zeitpunkt der Kollision ist umstritten. Sie fand frühestens im obersten Ordovizium statt und war wahrscheinlich bis zum Ende des Silurs abgeschlossen. Das höchstmögliche Alter der Tornquistzone liegt somit bei etwa 460 Millionen Jahren vor heute.[2]

Die Tornquistzone trennt zwei Bereiche unterschiedlichen Aufbaus der Erdkruste: im Osten besitzt die Erdkruste eine Dicke von etwa 45 km und ist im Wesentlichen im Präkambrium entstanden; im Westen besitzt sie eine mittlere Mächtigkeit von etwa 30 km und wurde bei der variskischen Gebirgsbildung im Karbon zu einem Ganzen verschweißt. An der Erdoberfläche ist die Tornquistzone fast nur durch geophysikalische Methoden wie Schweremessungen oder Seismik nachzuweisen, da sie durch teilweise mächtige jüngere Ablagerungen überdeckt wird. Direkte Aufschlüsse der tieferen Erdkruste sind mit Ausnahme einiger isolierter Vorkommen (z.B. das Heiligkreuzgebirge, die Sudeten und die Dobrudscha) nur durch die zahlreichen Tiefbohrungen gegeben, die die von der ordovizischen Kollision betroffenen Schichten erreicht haben. Nachgezeichnet wird die Zone durch eine Reihe von geologischen Sedimentbecken, in denen sich mächtige mesozoische Sedimente angesammelt haben. Von Nordwesten nach Südosten sind dies das Norwegisch-Dänische Becken, der Dänische Trog sowie der Polnische Trog.[3] Entlang der Südgrenze von Polen und in Rumänien ist die Tornquistzone von der Gebirgsbildung der Karpaten betroffen.[2]

Heutige Aktivität

Zwischen Dänemark und Schweden treten auch heute noch häufig schwache, kaum spürbare Erdbeben auf, die auf diese Plattengrenze zurückgeführt werden. Am 15. Juni 1985 trat ein Beben der Magnitude 4,5 im dänischen Nordsjælland auf, das Epizentrum wurde im Meer nördlich Gilleleje bestimmt. 2008 trat am 16. Dezember um 06:20 Uhr ein Beben mit Epizentrum östlich von Malmö im südschwedischen Skåne der Magnitude 4,8 auf.[4] Historisch ist ein kräftiges Erdbeben in Thy belegt. Bedingt durch die Unterschiede in der Dicke der Erdkruste ist der Wärmefluss aus dem Erdinnern zu beiden Seiten der Tornquistzone deutlich verschieden.[2]

Einzelnachweise

  1. Tornquistzonen (Memento vom 9. Februar 2006 im Internet Archive) Geologisches Institut, Universität Lund, Schweden, letzte Aktualisierung 27. Oktober 2004.
  2. a b c d Trans-European Suture Zone: Phanerozoic Accretion and the Evolution of Contrasting Continental Lithosphere. EUROPROBE, archiviert vom Original am 23. Juli 2012; abgerufen am 6. Januar 2010 (s. auch das verlinkte pdf-Dokument für detailliertere Informationen).
  3. a b Roland Walter et al.: Geologie von Mitteleuropa. 5. Auflage. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1992, ISBN 3-510-65149-9, S. 4–5.
  4. Jordskalv i Skåne (Memento vom 4. Juni 2009 im Internet Archive) Schwedischer geologischer Dienst: Sveriges geologiska undersökning, publiziert 16. Dezember 2008.