Weißbauchamazilie

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Weißbauchamazilie

Weißbauchamazilie (Elliotomyia chionogaster)

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Ordnung: Seglervögel (Apodiformes)
Familie: Kolibris (Trochilidae)
Gattung: Elliotomyia
Art: Weißbauchamazilie
Wissenschaftlicher Name
Elliotomyia chionogaster
(Tschudi, 1846)

Die Weißbauchamazilie (Elliotomyia chionogaster, Syn.: Amazilia chionogaster) ist eine Vogelart aus der Familie der Kolibris (Trochilidae). Das Verbreitungsgebiet dieser Art umfasst Teile der Länder Peru, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Argentinien. Der Bestand wird von der IUCN als „nicht gefährdet“ (least concern) eingeschätzt.

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Weißbauchamazilie erreicht eine Körperlänge von etwa 9 bis 12 cm, wobei die Männchen etwa 4,9 bis 6,7 g und die Weibchen 4,5 bis 6 g wiegen. Der gerade, mittellange Schnabel ist am Oberschnabel schwärzlich und am Unterschnabel rötlich mit schwarzer Spitze. Die Oberseite, die Seiten der Brust und die Flanken sind hell brillantgrün. Die Unterseite ist in der Mitte weißlich mit spärlichen goldgrünen Flecken am Kinn und den Kehlseiten. Die Unterschwanzdecken sind weißlich, manchmal an der Basis goldgrün. Die inneren Steuerfedern sind gräulich brillant- bis goldgrün gefärbt. Die weißliche Färbung der äußeren Steuerfedern zieht sich bis zu den Innenfahnen. Die Weibchen sind an Kinn und Kehle hell cremefarben, wobei die Kehle etwas grüner gefleckt ist. Bei Jungvögeln zieht sich die Cremefarbe bis zum Bauch, und die Färbung auf der Unterseite wirkt generell etwas grüner.[1]

Verhalten und Ernährung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Den Nektar holen Weißbauchamazilien von den Blüten verschiedener Pflanzenfamilien. So gehören Hülsenfrüchtler, Ritterspornbäume, Malvengewächse, Riemenblumengewächse, Trompetenbaumgewächse, Wollbaumgewächse, Passionsblumengewächse und Bananengewächse zu ihren Nahrungsquellen. Zu ihrer Nahrung gehören außerdem kleine Insekten.[1]

Lautäußerungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Gesang der Nominatform E. c. chionogaster wiederholt sich in kurzen Takten, die sich typischerweise aus drei piepsigen Lauten zusammensetzen. Diese klingen wie tsit-tschu-tschip...tsit-tschu-tschip.... Bei der Unterart E. c. hypoleuca hört sich der Gesang wie ein einzelnes hellklingendes und durchdringendes psik an, dem gelegentlich ein leiseres und schnelleres tsi-tsi-tsi-tsi folgt. Die Rufe enthalten gelegentlich hellklingende siik- sowie eine Reihe abnehmender holpriger Laute.[1]

Verbreitung und Lebensraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verbreitungsgebiet der Weißbauchamazilie

Die Weißbauchamazilie lebt an Waldrändern, in Sekundärvegetation, in baumreichen Schluchten, Gestrüpp, Cerrado, Plantagen und Gärten. Sie bevorzugt relativ trockene, buschige Gebiete mit Kakteengewächsen wie Agaven, sowie Haine mit Erlen und Eukalypten. Meist trifft man sie in submontanen Gebieten, in den feuchten bis zu den oberen tropischen Zonen in Höhenlagen zwischen 400 und 2000 Metern. Selten ist sie auch bis 2800 Meter präsent.[1]

Fortpflanzung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Brutsaison dauert von Januar bis März. Das kelchartige Nest wird aus Pflanzenwolle und Moos gebaut und außen mit Flechten verziert. Es wird in Gestrüpp oder an den unteren Ästen kleinerer Bäume wie z. B. Lithraea ternifolia in 2 bis 5 Metern über dem Boden angelegt. Der Außenradius beträgt 48 bis 50 mm, der Innenradius 30 bis 32 mm und die Tiefe 25 bis 28 mm. Das Gelege besteht aus zwei Eiern. Ein Ei hat eine Größe von 13 mal 8,5 mm. Die Brutzeit variiert zwischen 14 und 15 Tagen, wobei nur das Weibchen brütet. Mit etwa 19 bis 22 Tagen werden die Nestlinge flügge.[1]

Migration[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Weißbauchamazilie gilt als Standvogel. Aus Argentinien wurde von einzelnen lokalen Wanderbewegungen berichtet.[1]

Unterarten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Es sind zwei Unterarten bekannt:[2]

  • Elliotomyia chionogaster chionogaster (Tschudi, 1846)[3] – die Nominatform kommt an den Osthängen der Anden im nördlichen und zentralen Peru vor.
  • Elliotomyia chionogaster hypoleuca (Gould, 1846)[4] – diese Unterart ist in den östlichen Anden vom Südosten Perus über Bolivien bis in den Nordwesten Argentiniens verbreitet. Sichtungen gab es möglicherweise in Paraguay und im östlichen Zentralbrasilien. Die Färbung der Unterseite ist deutlich cremefarbener als in der Nominatform. Das Weiß der äußersten Steuerfedern ist nur an der Basishälfte der Innenfahnen vorhanden. Die Weibchen haben einen terminalen weißen Fleck an den äußeren drei Steuerfedern.[1]

Die von Władysław Taczanowski 1874 beschriebene Art Leucippus pallidus wird heute als Synonym zur Nominatform gesehen.[5]

Etymologie und Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ursprünglich beschrieb Johann Jakob von Tschudi die Weißbauchamazilie unter dem Namen Trochilus leucogaster.[6] Als er bemerkte, dass der Name bereits für die Hellbauchamazilie (Amazilia leucogaster (Gmelin, JF, 1788)) verwendet wurde, änderte er den Namen in Trochilus chionogaster um.[7] Lange wurde die Art unter der im Jahr 1843 von Lesson eingeführten neuen Gattungsnamen Amazilia eingeordnet.[8] 2017 trennten Frank Garfield Stiles III, James Vanderbeek Remsen, Jr. und der Phylogenetiker[9] Jimmy Adair McGuire die Art von der Gattung Amazilia und stellten sie in die Gattung Elliotia.[10] Sie übersahen dabei, dass der Gattungsname Elliotia bereits 1856 durch Johannes Werner Theodor Nietner für die Käferart Elliotia pallipes (heute Pentagonica pallipes) verwendet wurde und Walter Elliot (1803–1887) gewidmet war.[11] So korrigierten Stiles und Vanderbeek Remsen den Gattungsnamen im Jahr 2019 in Elliotomyia.[12] Amazilia stammt aus einem Roman von Jean-François Marmontel, der in Les Incas, ou La destruction de l'empire du Pérou von einer Inkaheldin namens Amazili berichtet.[13] Elliotomyia ist eine Ehrung an Daniel Giraud Elliot mit dem griechischen Zusatz μυῖα myîa für „Fliege“.[12] Der Artname ist ein Wortgebilde aus dem griechischen χιών, χιόνος chiṓn, chiónos für „Schnee“ und γαστήρ, γαστρός gastḗr, gastrós für „Bauch“.[14] Hypoleuca setzt sich aus den griechischen Wörtern ὑπό hypó für „unterhalb“ und λευκός leukós für „weiß“ zusammen.[15]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • John Gould: On twenty new species of Trochilidae or Humming-birds. In: Proceedings of the Zoological Society of London. Band 14, Nr. 164, 1846, S. 85–90 (biodiversitylibrary.org).
  • James A. Jobling: Helm Dictionary of Scientific Bird Names. Christopher Helm, London 2010, ISBN 978-1-4081-2501-4.
  • René Primevère Lesson, Prosper Garnot: Voyage autour du monde exécuté par Ordre du Roi, sur la Corvette de Sa Majesté, La Coquille pendant les années 1822, 1823, 1824 et 1825, sous le ministère et conformément aux instructions de S. E. M. Marquis de Clermont-Tonnerre, ministre de la marine; et publié sou les auspices de son excellence Mgr le Cte de Chabrol, ministre de la Marine et des colonies, par M. L. Dupppery, capitaine de frégate. chevalier de Saint-Louis et membre de la legion d'honaire, commandant de l’expédition (= Zoologie. Band 1, Nr. 2). Arthus-Bertrand, Paris 1828 (biodiversitylibrary.org).
  • René Primevère Lesson: Complément à l’histoire naturelle des oiseaux-mouches. In: L’Echo du Monde Savant (= 2). Band 10, Nr. 32, 1843, S. 755–758 (biodiversitylibrary.org).
  • Johannes Werner Theodor Nietner: Entomological papers—being descriptions of new Ceylon Coleoptera, with such observations on their habits as may appear interesting. In: Journal of the Asiatic Society of Bengal. Band 25, Nr. 6, 1856, S. 523–554 (biodiversitylibrary.org).
  • Frank Garfield Stiles III, James Vanderbeek Remsen Jr, Jimmy Adair McGuire: The generic classification of the Trochilini (Aves: Trochilidae): Reconciling taxonomy with phylogeny. In: Zootaxa. Band 4353, Nr. 3, 2017, S. 401–424, doi:10.11646/zootaxa.4353.3.1.
  • Frank Garfield Stiles III, James Vanderbeek Remsen Jr.: The generic nomenclature of the Trochilini: a correction. In: Zootaxa. Band 4691, Nr. 2, 2019, S. 195–196, doi:10.11646/zootaxa.4691.2.10.
  • Władysław Taczanowski: Liste des Oiseaux recueillis par M. Constantin Jelskidans la partie centrale du Pérou occidental. In: Proceedings of the Scientific Meetings of the Zoological Society of London for the Year 1874. Nr. 1, 1874, S. 501–565 (biodiversitylibrary.org).
  • Johann Jakob von Tschudi: Avium conspectus quae in Republica Peruana reperiuntur et pleraeque observatae vel collectae suut in itinere. In: Archiv für Naturgeschichte. Band 10, Nr. 1, 1844, S. 262–317 (biodiversitylibrary.org).
  • Johann Jakob von Tschudi: Untersuchungen über die Fauna Peruana. Druck und Verlag von Scheitlin und Zollikofer, St. Gallen 1846 (biodiversitylibrary.org).
  • André-Alexander Weller, Peter Boesman, Guy Maxwell Kirwan: White-bellied Hummingbird (Amazilia chionogaster). In: Josep del Hoyo, Andrew Elliott, Jordi Sargatal, David Andrew Christie, Eduardo de Juana (Hrsg.): Handbook of the Birds of the World Alive. Lynx Edicions, Barcelona 4. März 2020 (englisch, hbw.com).

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Weißbauchamazilie (Elliotomyia chionogaster) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d e f g André-Alexander Weller u. a.
  2. IOC World Bird List Hummingbirds
  3. Johann Jakob von Tschudi, S. 31 & 247, Tafel 22, Figur 2.
  4. John Gould (1846), S. 90.
  5. Władysław Taczanowski, S. 542.
  6. Johann Jakob von Tschudi (1844), S. 297.
  7. Johann Jakob von Tschudi (1846), S. 248.
  8. René Primevère Lesson u. a. (1843), Spalte 757.
  9. The McGuire Lab – Jim McGuire. In: The McGuire Lab. Museum of Vertebrate Zoology, University of California Berkeley, 2022, abgerufen am 21. Dezember 2022 (englisch).
  10. Frank Garfield Stiles III (2017) u. a. S. 401–424
  11. Johannes Werner Theodor Nietner (2017) u. a. S. 524–526
  12. a b Frank Garfield Stiles III (2019) u. a. S. 195–196.
  13. René Primevère Lesson u. a. (1827), S. 683 (Tafel 3).
  14. James A. Jobling, S. 101.
  15. James A. Jobling, S. 199.