Wolfgang Schieder

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Wolfgang Schieder (* 2. September 1935 in Königsberg) ist ein deutscher Historiker.

Leben und Wirken

Wolfgang Schieder auf dem Göttinger Historikertag 2014

Wolfgang Schieder wurde geboren als Sohn des Historikers Theodor Schieder und dessen Ehefrau Eva, geb. Rogalsky, und wuchs in Königsberg auf. Anfang 1944 flüchtete die Familie nach Bayern. Schieder besuchte die Schulen in Kempten (Allgäu) und Köln, wo er 1954 das Abitur ablegte. Im selben Jahr begann er ein Studium der Geologie an der Universität zu Köln, das er nach zwei Semestern jedoch aufgab. Er stieg auf Geschichte und Germanistik um und studierte zwei Semester an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, danach an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster u. a. bei Werner Conze, dem er 1957 an die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg folgte. 1959 bestand er das Staatsexamen für Gymnasien in den Fächern Geschichte und Germanistik.

Es folgte eine Anstellung als Assistent am Historischen Seminar der Universität Heidelberg von 1960 bis 1967. 1962 wurde er mit den Fächern Mittlere und Neuere Geschichte, Neuere Deutsche Literaturwissenschaft und Wirtschaftsgeschichte und der Schrift Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung: Die Auslandsvereine im Jahrzehnt nach der Julirevolution von 1830 promoviert. In den Jahren 1965 bis 1967 war er, beurlaubt vom Historischen Seminar, am Deutschen Historischen Institut in Rom tätig. Von 1968 bis 1970 forschte er mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

1970 wurde Schieder als Professor für Neuere Geschichte an die Universität Trier berufen, wo er bis 1991 lehrte. In diesen Jahren nahm er Forschungsaufenthalte in Berlin, Japan und an der Universität Jerusalem wahr. 1991 folgte er einem Ruf auf eine Professur für Neuere und Neueste Geschichte an die Universität zu Köln und lehrte dort bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2000.

1993 weilte er als Gastprofessor an der Universität Aarhus. Von 1997 bis Ende 2005[1] leitete er mit Reinhard Rürup im Auftrag des Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft die Kommission zur Erforschung der Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. Im März 2003 wurde er von der Bundesministerin Edelgard Bulmahn zum Vorsitzenden des Stiftungsrates der neu gegründeten Stiftung Deutsche Geisteswissenschaftliche Institute im Ausland (DGIA) bestellt und in dieser Funktion im November 2006 bestätigt. 2009 wurde Schieder Co-Vorsitzender der neu geschaffenen deutsch-italienischen Historikerkommission.

1995 wurde Schieder mit einem Ehrendoktorat der Universität Bologna ausgezeichnet. 2009 erhielt er das Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland. 2012 wurde ihm das Offizierskreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik verliehen.[2]

Zu den Schwerpunkten der wissenschaftlichen Arbeit Wolfgang Schieders zählen italienische Zeitgeschichte, vergleichende Faschismusforschung sowie deutsche und europäische Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. Er hat mit seinen Arbeiten wesentlich dazu beigetragen, dass das Fach der Sozialgeschichte einen anerkannten Rang in der deutschen Geschichtswissenschaft eingenommen hat.

Schriften

  • Anfänge der deutschen Arbeiterbewegung. Die Auslandsvereine im Jahrzehnt nach der Julirevolution von 1830 (= Industrielle Welt. Band 4, ZDB-ID 504104-1). Klett, Stuttgart 1963, (Zugleich: Heidelberg, Universität, Dissertation, 27. Juli 1962, Überarbeitung).
  • als Herausgeber: Erster Weltkrieg. Ursachen, Entstehung und Kriegsziele (= Neue wissenschaftliche Bibliothek. 32, Geschichte. ISSN 0548-3018). Kiepenheuer & Witsch, Köln u. a. 1969.
  • als Herausgeber mit Christof Dipper: Der Spanische Bürgerkrieg in der internationalen Politik (1936–1939). 13 Aufsätze (= Nymphenburger Texte zur Wissenschaft. Modelluniversität. 23). Nymphenburger Verlags-Handlung, München 1976, ISBN 3-485-03223-9.
  • als Herausgeber: Faschismus als soziale Bewegung. Deutschland und Italien im Vergleich (= Historische Perspektiven. 3). Hoffmann und Campe, Hamburg 1976, ISBN 3-455-09199-7 (2. Auflage. (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1492). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-33485-0).
  • als Herausgeber mit Wolfgang Frühwald: Leben im Exil. Probleme der Integration deutscher Flüchtlinge im Ausland, 1933–1945 (= Historische Perspektiven. 18). Hoffmann & Campe, Hamburg 1981, ISBN 3-455-09253-5.
  • als Herausgeber: Liberalismus in der Gesellschaft des deutschen Vormärz (= Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 9). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1983, ISBN 3-525-36408-3.
  • als Herausgeber: Literatur und Sozialgeschichte (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 9, Heft 1). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 1983.
  • als Herausgeber: Faschismus in autoritären Systemen (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 12, Heft 2). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 1986.
  • als Herausgeber mit Volker Sellin: Sozialgeschichte in Deutschland. Entwicklungen und Perspektiven im internationalen Zusammenhang. 4 Bände. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986–1987;
    • Band 1: Die Sozialgeschichte innerhalb der Geschichtswissenschaft (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1517). 1986, ISBN 3-525-33520-2;
    • Band 2: Handlungsräume des Menschen in der Geschichte (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1518). 1986, ISBN 3-525-33521-0;
    • Band 3: Soziales Verhalten und soziale Aktionsformen in der Geschichte (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1523). 1987, ISBN 3-525-33528-8;
    • Band 4: Soziale Gruppen in der Geschichte (= Kleine Vandenhoeck-Reihe. 1531). 1987, ISBN 3-525-33539-3.
  • als Herausgeber: Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte (= Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 11). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1986, ISBN 3-525-36410-5.
  • als Herausgeber: Hexenverfolgung in der dörflichen Gesellschaft (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 16, Heft 1). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 1990.
  • Karl Marx als Politiker. Piper, München u. a. 1991, ISBN 3-492-03220-6.
  • als Herausgeber: Evangelische Kirche nach dem Nationalsozialismus (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 18, Heft 1). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 1992.
  • als Herausgeber: Die NSDAP als faschistische „Volkspartei“. (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 19, Heft 2). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 1993.
  • als Herausgeber: Italien im 19. und 20. Jahrhundert – ein „Sonderweg“? (= Geschichte und Gesellschaft. Jg. 26, Heft 2). Vandenhoeck & Ruprecht, Goettingen 2000.
  • als Herausgeber mit Dietrich Papenfuß: Deutsche Umbrüche im 20. Jahrhundert. Böhlau, Köln u. a. 2000, ISBN 3-412-08500-6.
  • als Herausgeber mit Alexander Nützenadel: Zeitgeschichte als Problem. Nationale Traditionen und Perspektiven der Forschung in Europa (= Geschichte und Gesellschaft. Sonderheft 20). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-36420-2.
  • als Herausgeber mit Achim Trunk: Adolf Butenandt und die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. Wissenschaft, Industrie und Politik im „Dritten Reich“ (= Geschichte der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus. 7). Göttingen 2004, Wallstein, Göttingen 2004, ISBN 3-89244-752-7.
  • Faschistische Diktaturen. Studien zu Italien und Deutschland. Wallstein, Göttingen 2008, ISBN 978-3-8353-0358-4 (Rezension).
  • Der militärisch-industriell-wissenschaftliche Komplex im „Dritten Reich“. Das Beispiel der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft. In: Noyan Dinçkal, Christof Dipper, Detlev Mares (Hrsg.): Selbstmobilisierung der Wissenschaft. Technische Hochschulen im „Dritten Reich“. WBG, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23285-7, S. 47–62.
  • Der italienische Faschismus. 1919–1945 (= Beck'sche Reihe 2429 C. H. Beck Wissen). Beck, München 2010, ISBN 978-3-406-60766-0.
  • Mythos Mussolini. Deutsche in Audienz beim Duce. Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-70937-7 (Rezension).
  • Benito Mussolini (= C. H. Beck Wissen. 2835). Beck, München 2014, ISBN 978-3-406-66982-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Siehe Seite der Kommission KWG im Nationalsozialismus am MPI für Wissenschaftsgeschichte, Berlin, die Arbeit der Kommission wurde Ende 2005 beendet, bis 2007 sind noch Veröffentlichungen in der Reihe der Kommission im Wallstein-Verlag erschienen.
  2. Schieder Prof. Wolfgang, Website des Präsidenten der Republik, abgerufen am 26. September 2015.