„Dampfpflug“ – Versionsunterschied

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* [http://www.uni-hohenheim.de/agrartechnik/INST/Heucke.html Sehr detaillierte technische Beschreibung einer Dampfpfluglokomotive der Universität Hohenheim]
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Version vom 20. Dezember 2016, 14:37 Uhr

Ein Dampfpflug im Einsatz (Oderbruch, 1948)
Pfluglokomotive der Firma John Fowler & Co. im Einsatz. Unter dem Dampfmaschinenkessel die horizontale Seilzugtrommel mit der Wickelvorrichtung und von dieser abgehend das Stahlseil
Kipppflug eines Dampfpflugsatzes beim Stoppelumbruch
Grubber für Dampfpflug-Satz

Ein Dampfpflug ist ein mittels Dampfkraft angetriebener Pflug. Er wurde in der Mitte des 19. Jahrhunderts erfunden und war ein erster Schritt der Mechanisierung der Bodenbearbeitung in der Landwirtschaft, welche vorher ausschließlich mit tierischer bzw. menschlicher Muskelkraft verrichtet werden konnte.

Bestandteile

Ein arbeitsfähiger Dampfpflug-Satz bestand zumeist aus zwei selbstfahrenden Lokomobilen, auch Pfluglokomotiven genannt, die mit einer zunächst vertikal, später nur noch horizontal unter dem Dampfkessel angeordneten Seilwinde ausgestattet waren; weiter dem dazugehörigen Kipp-Pflug, einem Mannschaftswagen, zwei Wasserwagen und einer Mannschaft, bestehend aus bis zu zwölf Mann. Beim Dampfpflügen wurde mittels der Seilwinden der Pflug über den Acker gezogen. Die Pfluglokomotiven selbst bewegten sich nur über die Wege am Feldrand, dem sog. Vorgewende. Auf dem Pflug saßen anfangs zwei Mann, ein Lenker und ein Gehilfe zum Einsetzen und Kippen des Pfluges. Neben den Kipppflügen gab es noch weitere Bodenbearbeitungsgeräte zum Einsatz mit den Dampfpflugsätzen, insbesondere Grubber. Diese wurden zum Wechsel der Arbeitsrichtung nicht gekippt, sondern verfügten über eine Vorrichtung, die den Grubber beim Wechsel der Zugrichtung des Seiles wendete.

Nachteile

Das Verfahren war wegen der hohen Anschaffungskosten der Dampfpflugsätze und systembedingt wirtschaftlich nur auf großen Flächen einsetzbar, bot dann aber im Vergleich zur Gespannarbeit deutliche Kostenvorteile. Die Pfluglokomotiven waren im Vergleich zu modernen Ackerschleppern sehr schwer. Ein Befahren des Ackers zum direkten Ziehen des Pflugs, wie heute mit Traktoren üblich, war aufgrund der Beschaffenheit (Tiefgründigkeit) der europäischen Kulturböden daher nicht möglich. Auf den tragfähigeren Prärieböden in Amerika gab es hingegen vielfach auch Dampftraktoren, also selbstfahrende Lokomobile, die Ackergeräte oder Anhänger direkt, also ohne Seilzug, ziehen konnten.

Entwicklung

Abbildungen eines Dampfpflugs in der US-Zeitschrift Scientific American vom 2. Februar 1861

Der englische Ingenieur John Fowler entwickelte in den 1850er Jahren das sog. Zweimaschinensystem, bei dem je eine Lokomobile an jedem Feldende steht. Jede Maschine zog mit ihrer Winde den Kipppflug abwechselnd über das Feld. Erst durch diese Entwicklung trat der Dampfpflug seinen Siegeszug durch die ganze Welt an.

Die Seilspul-Vorrichtung, die den horizontalen Einbau der Winde ermöglichte, wurde, neben anderen Erfindungen um die Dampfpflugtechnik, von Max Eyth entwickelt.

Zu Anfang des Dampfpflügens gab es auch Einmaschinen-Systeme, die mit einer einzigen, anfangs nicht einmal selbstfahrenden Dampflokomobile auskamen und statt der zweiten Maschine Umlenkrollen und sogenannte Ankerwagen verwendeten. Dazu musste die Lokomobile jedoch mit zwei Winden ausgestattet sein.

Arbeitsweise

Das Pflügen geschah folgendermaßen. Die Maschine auf deren Ende des Ackers sich der Pflug befand, signalisierte mit einem Pfiff der Dampfpfeife die Bereitschaft. Darauf hin fuhr die andere Maschine ein Stück weiter vorwärts und begann darauf, den Pflug über den Acker zu ziehen. Das Seil der ersten Maschine blieb - vom Antrieb entkoppelt - mit dem Pflug verbunden, dadurch wurde das Seil abgespult und zusammen mit dem Pflug zum anderen Ende des Ackers gezogen. Dort angekommen, stoppte der Maschinist der ziehenden Maschine den Seilzug und der Pflug wurde für das Pflügen in die andere Richtung gekippt. Die Bauform des Kipp-Pfluges machte das Wenden des Pfluges überflüssig. Danach begann der Vorgang von neuem, diesmal in die entgegengesetzte Richtung.

Die kapitalintensiven Maschinensätze befanden sich in Westdeutschland meist nicht im Besitz der Landwirte, sondern wurden von eigenständigen Unternehmern oder Genossenschaften betrieben, die das Pflügen im Auftrag durchführten. Die Landwirte hatten dafür bestimmte Eigenleistungen zu erbringen, so z.B. das für den Betrieb der Dampfmaschinen nötige Wasser und Kohlen bereitzustellen. Auf ostdeutschen Gütern, z. B. in Pommern oder Ostpreußen gab es auch Betriebe, die eigene Dampfpflugsätze in Betrieb hatten.

Ein kompletter Dampfpflugsatz mit zwei Maschinen und einem fünfscharigen Kipppflug ist im Deutschen Landwirtschaftsmuseum in Hohenheim ausgestellt.

Hersteller

Bekannte Hersteller von Dampfpflug-Sätzen waren die Unternehmen John Fowler & Co., Borsig, A. Heucke, Kemna und Ottomeyer[1][2]

Weiterhin fertigten auch Assmann & Stockder, Henschel & Sohn, die Maschinenfabrik Esterer und einige weitere Hersteller Pflug-Lokomobilen.

Dampfpflüge in der Moorkultivierung

Mammutpflug im Moormuseum Hesepe
Dampfseilpflug-Lokomotive Heumar der Fa. Ottomeyer im Museumsdorf Cloppenburg. Baujahr 1929, 220 PS, 21 Tonnen Eigengewicht, Kohlenbedarf 160 kg/h, Wasserbedarf 1100 l/d.

Die Dampfpflug-Kultur endete in Deutschland erst in den 1970er Jahren. Zwar pflügte man bereits ab etwa 1920 kaum noch mit Dampfpflügen, jedoch blieben die Dampfmaschinen bei der Moorkultivierung (z.B. im Emsland) noch sehr lange in Betrieb.

Die Firma Ottomeyer in Bad Pyrmont entwickelte 1950 zur Moorkultivierung einen einscharigen Tiefpflug, der eine Arbeitstiefe bis 2,15 m erreichte. Dieser sog. Kuhlpflug, Typ Mammut, hatte ein Furchenrad von 4 m Durchmesser und auf der Gegenseite ein Raupenfahrwerk, um nicht im Moor zu versinken.

Mittels dieses Pfluges wurden nach dem Zweiten Weltkrieg im Emsland große Moorflächen in Sandmischkulturböden verwandelt. Der Mammut konnte nur von jeweils zwei starken Dampfmaschinen auf jeder Seite gezogen werden. Diese sehr modernen Dampfmaschinen hatten bereits etwa 500 PS pro Maschine, so dass auf einer Seite etwa 1000 PS am Pflug zogen.

Die Moorkultivierung mittels Dampfkraft endete nicht etwa wegen der Technik, sondern, weil aufgrund steigender Erträge im Ackerbau die weitere Erschließung von Moorböden zur Ernährungssicherung der Bevölkerung nicht mehr erforderlich war. Auch erkannte man zunehmend die ökologische Bedeutung der Moore und suchte die verbliebenen Moorflächen unter Naturschutz zu stellen.

Ein Kuhlpflug Mammut steht mit zwei der vier dazugehörigen Maschinen im Emsland Moormuseum Geeste-Groß-Hesepe.

Elektropflug

In Erwartung der von Max Eyth im Jahr 1890 erklärten zukünftigen Bedeutung der Elektrizität in der landwirtschaftlichen Kraftversorgung und einer Bewegung zur Installation von landwirtschaftlichen Kleinkraftwerken bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, experimentierten Elektrounternehmen wie Siemens oder AEG zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch mit Elektropflügen. Mit Ausnahme der Antriebsart wurde die Funktionsweise der Dampfpflüge übernommen.[3] Der Elektropflug konnte sich jedoch nicht durchsetzen, bereits in den 1920er Jahren wurden in Deutschland keine Elektropflüge mehr gebaut. Nachteilig waren die schwierig zu handhabenden notwendigen langen und schweren Stromkabel zu den Pflugmaschinen sowie der aufgrund hoher Elektrizitätspreise teure Betrieb.[4]

Rezeption in der Literatur

Der Heimatdichter Hermann Löns schreibt über die Arbeit eines Dampfpfluges in der Heide:

Der Dampfpflug. Die Haide wackelt; sie bebt in ihren Grundfesten. (...) Einer von den Männern geht hinter das eiserne Ungetüm, (...) die anderen Leute verteilen sich bei den Dampfmaschinen, die auf einmal heftig an zu arbeiten fangen, daß der Rauch über die Haide fliegt. Es klirrt, rasselt und klappert, und der Dampfpflug setzt sich in Bewegung. Mit zäher Kraft schiebt sich die gewaltige Schar durch den Boden. (...) Die Maschinen brummen, schwarzer Qualm und weißer Dampf flattern durch die Luft, und knirschend und knarrend frißt die Pflugschar sich durch den Boden.

Hermann Löns: Haidbilder (1913)

Literatur

  • M. Bach: Schlepper aus Berlin Domäne Dahlem, Verlag und Ökonomie, Berlin 1993. ISBN 3-9802192-4-0
  • U. Paulitz: 1000 Traktoren - Geschichte, Klassiker, Technik. Naumann & Göbel, Köln 2004. ISBN 3-625-10749-X
  • A. Kuntz: Der Dampfpflug Jonas Verlag, Marburg 1979.
  • G. Fischer, Landmaschinenkunde, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1928, S. 253 ff.
  • Joseph Bauer: Dampf-Grabe-Maschine. In: Die Gartenlaube. 1854, S. 94–96 (Volltext [Wikisource]).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Geschichte der Fa.Ottomeyer.
  2. Dampfpflug-Galerie der Fa. Ottomeyer.
  3. gem. Klaus Herrmann, Landwirtschaft und Energie im industriellen Zeitalter - ein agrargeschichtlicher Rückblick, Kap. 7: Elektrifizierung der Landwirtschaft, in: Claus Dalchow (Hrsg.), Landwirtschaft und Energie. Ein dauerhaftes Spannungsfeld, aus der Reihe: Thaer Heute, Fördergesellschaft Albrecht Daniel Thaer e.V., Band 7, ISBN 978-3-9812614-2-4, Möglin 2010, S. 82.
  4. Gustav Fischer: Landmaschinenkunde. Ulmer, Stuttgart 1928, Nachdruck durch Weltbild, Augsburg 2005, ISBN 3-8289-5400-6, S. 226.