„Gemeinschaft Sant’Egidio“ – Versionsunterschied

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Seit 1998 setzt sich die Gemeinschaft für ein weltweites Moratorium der Todesstrafe ein. Dazu wurde ein Appell verfasst, für den bis November 2007 über 5 Millionen Unterschriften auf allen Kontinenten gesammelt wurden. Nach Auffassung der Gemeinschaft hat dieser Einsatz dazu beigetragen, dass der Menschenrechtsausschuss der UNO-Vollversammlung am 15. November 2007 mit großer Mehrheit für eine Resolution stimmte, die weltweit ein Moratorium fordert.<ref>Vgl. Artikel über die Übergabe der Unterschriften: http://www.santegidio.org/pdm/news2007/pdm20071103.htm und Artikel über die Abstimmung: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,517803,00.html</ref>
Seit 1998 setzt sich die Gemeinschaft für ein weltweites Moratorium der Todesstrafe ein. Dazu wurde ein Appell verfasst, für den bis November 2007 über 5 Millionen Unterschriften auf allen Kontinenten gesammelt wurden. Nach Auffassung der Gemeinschaft hat dieser Einsatz dazu beigetragen, dass der Menschenrechtsausschuss der UNO-Vollversammlung am 15. November 2007 mit großer Mehrheit für eine Resolution stimmte, die weltweit ein Moratorium fordert.<ref>Vgl. Artikel über die Übergabe der Unterschriften: http://www.santegidio.org/pdm/news2007/pdm20071103.htm und zwei Artikel über die Abstimmung: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,517803,00.html, auch mit ausdrücklicher Erwähnung von Sant'Egidio: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=167795</ref>


=== Interreligiöser Dialog und Friedensarbeit ===
=== Interreligiöser Dialog und Friedensarbeit ===

Version vom 5. Dezember 2007, 10:29 Uhr

Die Kirche Sant'Egidio in Rom.

Die Gemeinschaft Sant'Egidio ist eine als „Öffentlicher Verein von Gläubigen in der Kirche“[1] von der Römisch-Katholischen Kirche anerkannte Geistliche Gemeinschaft, die 1968 von Andrea Riccardi in Rom als Laienbewegung von Schülern und Studenten gegründet wurde und heute weltweit verbreitet ist. Sie ist nach ihrem Hauptsitz, dem ehemaligen Kloster Sant'Egidio im römischen Stadtteil Trastevere benannt. Die Bewegung wird durch den Theologen, Journalisten und Autoren Sandro Magister im italienischen L'espresso wegen der Art ihrer Selbstdarstellung und der inneren Struktur, in verschiedenen Artikeln erheblich kritisiert.

Selbstverständnis

Die Mitglieder der Gemeinschaft betrachten als zentral die Auseinandersetzung mit der Bibel, das Gebet, die „Weitergabe des Evangeliums“, die Freundschaft mit den Armen, die Ökumene, den interreligiösen Dialog und den Einsatz für Frieden und Menschenrechte. Die Mitglieder leben dabei nicht in klösterlicher Gemeinschaft zusammen.

Das Gebet

Die Gemeinschaften kommen möglichst jeden Abend in einer Kirche zu einem offenen Gebet zusammen, das außer Psalmen, Fürbitten und Gesang jeweils die Beschäftigung mit einer Bibelstelle beinhaltet, die als Impuls für das tägliche Leben gesehen wird. Am Sonntag bildet die Eucharistiefeier "Quelle und Höhepunkt" des gemeinschaftlichen Lebens.

Soziales Engagement

Den sozialen Einsatz bezeichnet die Gemeinschaft Sant'Egidio als Freundschaft mit den Armen, um die persönliche Beziehung zu den Menschen auszudrücken, an die sich der Einsatz wendet. Dazu gehören:

Kinder und Jugendliche

Für Kinder und Jugendliche organisiert die Gemeinschaft in ca. 70 Ländern sogenannte Schulen des Friedens. Dort sollen die Kinder Lesen und Schreiben lernen und Werte der Menschlichkeit, des Friedens und des Zusammenlebens auf der Grundlage des christlichen Glaubens vermittelt werden.

Das Land des Regenbogens ist eine weltweite Bewegung der Gemeinschaft, in der sich Kinder für die Rechte von Kindern weltweit einsetzen sollen.

Alte Menschen

Besonders in Europa richtet die Gemeinschaft ihr Augenmerk auf die Aktion Freundschaft mit alten Menschen, die einsam und verlassen sind. Dies geschieht durch Besuche und Begleitung von Senioren, die allein in ihrer Wohnung oder in Heimen leben. Es wird versucht, den alten Menschen zu helfen, ihren Lebensabend in der gewohnten Umgebung der eigenen Wohnung zu verbringen. Die Gemeinschaft gründete in den 90er Jahren die Bewegung Es lebe, wer alt ist und versucht, die Rechte der alten Menschen durch zahlreiche Initiativen und Öffentlichkeitsarbeit zu vertreten.

Mensa für Obdachlose und Bedürftige

In vielen Orten hat die Gemeinschaft sogenannte Mensen für Obdachlose, Alleinstehende und Bedürftige eröffnet, an denen nicht nur warme Mahlzeiten, sondern auch eine freundschaftliche Atmosphäre angeboten werden sollen.

Louis-Massignon-Schule

Die Louis-Massignon-Schule, benannt nach dem französischen Orientalisten Louis Massignon, bietet Ausländern, Flüchtlingen und Asylbewerbern kostenlose Kurse in der Sprache der jeweiligen Gastländer an, um die Integration zu fördern.

Frieden

Die Bewegung Menschen des Friedens ist ein Zusammenschluss von Menschen aus verschiedenen Völkern, Kulturen und Religionen, die einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben, zu Dialog und Gastfreundschaft sowie zu einer toleranten und offenen Gesellschaft leisten möchten.

Die Gemeinschaft war als Moderatorin oder Beobachterin an zahlreichen erfolgreichen Friedensverhandlungen beteiligt, etwa für Guatemala, den Kosovo, die Elfenbeinküste, den Südsudan)[2], ohne Ergebnis in Algerien.[3] Ihr bedeutendster diplomatischer Erfolg ist die Vermittlung eines Friedensvertrags für Mosambik am 4. Oktober 1992, der einen sechzehnjährigen Bürgerkrieg beendete; hier arbeitete sie mit der UN und zahlreichen Staaten zusammen.[4][5]

Dream-Programm

Das DREAM-Programm hat seit 2002 die Bekämpfung von AIDS in Afrika zum Inhalt. Es gewährt eine kostenlose und qualitätsmäßig dem europäischen Niveau entsprechende antirethrovirale Therapie. Das Programm entwickelt sich zunehmend zu einem modellhaften Projekt, in dem die Afrikaner selbst hauptsächliche Träger sind, die von Europäern lediglich finanziell unterstützt werden.


Einsatz zur Abschaffung der Todesstrafe

Seit 1998 setzt sich die Gemeinschaft für ein weltweites Moratorium der Todesstrafe ein. Dazu wurde ein Appell verfasst, für den bis November 2007 über 5 Millionen Unterschriften auf allen Kontinenten gesammelt wurden. Nach Auffassung der Gemeinschaft hat dieser Einsatz dazu beigetragen, dass der Menschenrechtsausschuss der UNO-Vollversammlung am 15. November 2007 mit großer Mehrheit für eine Resolution stimmte, die weltweit ein Moratorium fordert.[6]

Interreligiöser Dialog und Friedensarbeit

Die Arbeit von Sant'Egidio für Ökumene und Interreligiösen Dialog bündelt sich in den jährlich stattfindenden Friedenstreffen der Weltreligionen, die auf das 1986 von Papst Johannes Paul II. erstmals veranstaltete Friedensgebet in Assisi zurückgehen. Im Oktober 2007 hat Papst Benedikt XVI. beim 21. Internationalen Friedenstreffen, das Sant'Egidio wie jedes Jahr organisierte und das in diesem Jahr unter dem Thema "Für eine Welt ohne Gewalt - Religionen und Kulturen im Dialog" stand, diesen Einsatz der Gemeinschaft gewürdigt und durch seinen Besuch vor Ort in Neapel die Bedeutung des Anliegens unterstrichen (Wortlaut der Ansprache des Papstes an die Religionsvertreter[2]).

Sant'Egidio ist auch am Leitungskomitee des überkonfessionellen Bündnisses christlicher Bewegungen und Gemeinschaften „Miteinander für Europa“ beteiligt.[7]

Mitgliederzahl und Verbreitung

Die Zahl der Mitglieder kann nur ungefähr geschätzt werden, da es keine förmliche Mitgliedschaft gibt und die Gemeinschaft auch die von ihr begleiteten Personen wie alte Menschen, Kinder, Ausländer und Menschen mit Behinderung, als Teil der Gemeinschaft ansieht, wenn diese sich ihr zugehörig fühlen. Die Angaben schwanken zwischen 50.000 Menschen in ca. 70 Ländern nach eigenen Schätzungen[8] bis zu lediglich 1.200 nach einem Artikel im Sonntagsblatt im Jahr 2000[9].

Im deutschsprachigen Raum gibt es Gemeinschaften unter anderem in Würzburg, Nürnberg, München, Berlin, Mönchengladbach, Aachen und Wien.

Auszeichnungen

Auswahl von Auszeichnungen[10]:

Im Januar 2002 hat die italienische Abgeordnetenkammer einen Antrag an die italienische Regierung gestellt, die Gemeinschaft Sant'Egidio für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen.[17][18] Auch die Quäker-Vereinigung American Friends Service Committee (AFSC)[19] hat die Gemeinschaft Sant'Egidio für den Friedensnobelpreis nominiert.

Kritik

Der Theologe, Journalist und Autor Sandro Magister erhebt in der italienischen Wochenzeitschrift "L'Espresso" unter Berufung auf ehemalige Mitglieder [20] der Gruppierung den Vorwurf, diese sei sektenähnlich, praktiziere unter anderem Kastenwesen und habe eine totalitäre innere Struktur und Führung. Die Mitglieder von Sant'Egidio müssten sich in ihren Versammlungen für ihr Handeln und den Weg, den sie innerhalb der Gemeinschaft gehen, verantworten. Neumitglieder und Mitglieder ohne Leitungsfunktionen werden über die innere Struktur nicht aufgeklärt, solange diese noch Kontakte außerhalb dieser Gruppierung hätten. Riccardi bestimme unter anderem auch die Wahl des Partners unter Mitgliedern oder wer zum Priester berufen sei.[21] Weiter behauptet Magister, Riccardi selbst habe des Öfteren zu seinen Anhängern gesagt: "Wir müssen so auftreten als ob wir mehr wären, als wir wirklich sind. Das ist unser Wunder: Der große Bluff."[22]

Literatur

  • Albert Franz (Hrsg.): Weltreligionen für den Frieden. Die Internationalen Friedenstreffen von Sant'Egidio. Paulinus Verlag, Trier 1996, ISBN 3790200956
  • Andrea Riccardi: Sant'Egidio - Rom und die Welt. Gespräche mit Jean-Dominique Durand und Régis Ladous. EOS Verlag, St. Ottilien 1998, ISBN 388096453X
  • Rudolf Schnackenburg: Predigt in der Gemeinschaft Sant'Egidio.. Echter, Würzburg 2003, ISBN 342902546X
  • Gemeinschaft Sant'Egidio: Jesus als Freund. Mit geistig behinderten Menschen auf dem Weg des Evangeliums. Echter, Würzburg 2004, ISBN 3-429-02642-3

Einzelnachweise

  1. Codex iuris canonici (1983), can. 312; Kirchenrecht der lateinischen Kirche in der gültigen Fassung von 1983([1]
  2. Christoph Albrecht: Die Gemeinschaft Sant' Egidio und ihr Friedensschaffen, friZ – Zeitschrift für Friedenspolitik, 5/2000
  3. Sandro Magister: Sant'Egidio "Ad Extra": Disaster in Algeria, L'espresso, 9. April 1998 (engl.)
  4. Roberto Morozzo della Rocca. Mosambik. Frieden schaffen in Afrika. Echter, Würzburg 2003. ISBN 3429025826
  5. International Balzan Foundation. Würdigung des Werks der Gemeinschaft Sant'Egidio – DREAM Programm. Balzan-Preisträger 2004 für Humanität, Frieden und Brüderlichkeit unter den Völkern.
  6. Vgl. Artikel über die Übergabe der Unterschriften: http://www.santegidio.org/pdm/news2007/pdm20071103.htm und zwei Artikel über die Abstimmung: http://www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,517803,00.html, auch mit ausdrücklicher Erwähnung von Sant'Egidio: http://www.oecumene.radiovaticana.org/ted/Articolo.asp?c=167795
  7. Miteinander für Europa:Zeichen der Hoffnung setzen (doc), Pressemitteilung vom 26. Februar 2006
  8. Gemeinschaft Sant’Egidio: Entstehung
  9. Strenge Engel Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 8. September 2000 Nr. 36/2000
  10. Comunità di Sant’Egidio: Premi e riconoscimenti
  11. UNESCO: Prizewinners of the Félix Houphouët-Boigny Peace Prize
  12. Landkreis Dillingen: "Gemeinschaft St.'Egidio" erhält Europäischen St.-Ulrichs-Preis, Pressemitteilung 28. April 2003
  13. Stadt Goch, Bürgermeister: Die Gemeinschaft Sant’ Egidio und ihr Gründer Andrea Riccardi erhalten den ersten, mit 15.000 Euro dotierten Arnold-Janssen-Preis der Stadt Goch (pdf), 26. September 2003
  14. Internationale Balzan Stiftung: Balzan-Preisträger für 2004 ernannt (pdf), 7. September 2004
  15. Search for Common Ground: Search for Common Ground Announces the 2004 Common Ground Awards Honoring Individuals and Organizations’ Achievements in Peacebuilding, Februar 2004
  16. Die Tagespost: SantEgidio erhält Wissenschafts-Preis, 17. April 2006
  17. Repubblica Italiana – Camera dei Deputati: Mozione Ciani ed altri N. 1-00027 concernente la Comunità di Sant'Egidio, Seduta n. 88 del 29/1/2002
  18. Repubblica Italiana – Camera dei Deputati: Resoconto stenografico dell'Assemblea, Seduta n. 88 del 29/01/2002
  19. American Friends Service Committee: AFSC Nominates Community for Nobel Peace Prize, 11. Januar 2002
  20. Twenty-Five Years in the Community of Sant'Egidio : A Memoir di Giuliano Fiorese, ex appartenente alla Comunità di Sant'Egidio
  21. Strenge Engel Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt, 8. September 2000 Nr. 36/2000
  22. Sandro Magister: The Story of Sant’Egidio. The Great Bluff.

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