Regalien
Als Regalien (lateinisch iura regalia ‚königliche Rechte‘; Singular: Regal ‚Königsrecht‘) bezeichnete man die Hoheits- und Sonderrechte eines Königs oder eines anderen Souveräns bzw. des Staates im Hoheitsgebiet, heute in der Schweiz das ausschließliche Betätigungs- und Nutzungsrecht durch den Staat (Kanton).
Historische Regalien
Mit diesen Worten wurden 1158 die königlichen Sonderrechte schriftlich festgehalten, die teils dem deutschen, teils dem römischen Recht entnommen waren. Diese Vereinbarung war von Kaiser Friedrich I. Barbarossa für den Reichstag von Roncaglia bei Rechtsgelehrten aus Bologna in Auftrag gegeben worden. Es handelte sich dabei um die alten kaiserlichen Vorrechte, die die lombardischen Städte in Zeiten der Schwäche des Reiches an sich gebracht hatten und die Barbarossa jetzt wiederherstellen und festigen wollte. Die constitutio betraf zunächst nur die Regalrechte in Italien, wurde aber später als Bestandteil des Corpus iuris civilis auch in Deutschland übernommen.
Wichtige Regalien waren:
- das Recht auf Besetzung der Bischofsämter und Einberufung von Synoden
- die Verfügung über Herzogtümer, Grafschaften, Markgrafschaften und herrenlose Territorien
- die Pflicht zur Wahrung des inneren Friedens
- Gewährung von Schutz für Personen, denen der Sippenschutz fehlt
- die Verfügbarkeit über die oberste Gerichtsgewalt
- Recht zur Erbauung von Pfalzen
- Recht zur Ernennung von Konsuln
- Hoheit über die Verkehrswege
- Befestigungsrecht
- Bergregal
- Bernsteinregal
- Eichenregal
- Fodrum (Leistungen zum Unterhalt des kaiserlichen Hofes)
- Forstregal
- Geleitrecht
- Jagd- und Fischereiregal
- Judenregal (Judenschutzrecht)
- Marktregal
- Mühlregal (bzw. Windrecht)
- Münzregal
- Salzregal und Salzschank
- Schatzregal (Recht auf gefundene Schätze, bis heute in fast allen Bundesländern in Kraft)
- Recht auf erbloses Gut (darunter das Spolienrecht)
- Strandregal
- Wasserregal
- Zollregal
In der im langobardischen Lehnsrecht ausgebildeten Regalienlehre wurde stets zwischen regalia maiora und minora unterschieden, also zwischen den eigentlichen Majestätsrechten und solchen Monopolen, die nur oder doch vorwiegend der Speisung der Reichskasse dienten (regalia fisci): zu diesen gehören das Bergregal, das Zollregal und das Recht des Kaisers auf gefundene Schätze. Das Münzregal gehörte je nach Blickwinkel zu den Majestätsrechten oder den fiskalischen Rechten: das ius cudendi monetam, der Münzgewinn, der aus dem Unterschied zwischen Metallwert und Kaufwert herrührte, wurde jedenfalls stets von der Reichsgewalt beansprucht und ausgebeutet.
Seit dem 13. Jahrhundert gingen die meisten dieser Rechtsansprüche durch Verleihung auf geistliche (Confoederatio cum principibus ecclesiasticis 1220) und weltliche (Statutum in favorem principum 1231/32) Fürsten über. Auch viele Städte gelangten durch eine einmalige Ablöse oder jährliche Pachtzahlungen in den Besitz von Regalien, wie zum Beispiel Zoll-, Geleit- oder Münzrechte. Die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. von 1356 weist die Salz-, Juden-, Zoll- und Münzregalien den Kurfürsten zu und bestätigt damit eine de facto bereits bestehende Ordnung. Dadurch wurde die staatliche Einheit faktisch aufgelöst und es fand eine Territorialisierung statt, bei der es zur Bildung zahlreicher Territorialstaaten kam.
Regalrechte im modernen Staat (Schweiz)
Im heutigen schweizerischen Staats- und Verwaltungsrecht versteht man unter Regalrechten das ausschließliche Nutzungsrecht durch den Staat, somit ein wirtschaftliches Hoheitsrecht oder Monopol des Staates.
Auf Bundesebene ist dies (infolge von Teilprivatisierungen nur noch stark eingeschränkt) das Postregal, auf kantonaler Ebene sind es in der Regel das Bergregal, das Fischereiregal, das Jagdregal und das Salzregal. In einigen Kantonen (etwa Bern und Aargau) spricht man auch vom Wasserregal (das Recht, Wasser zu fassen und nutzen) und vom Gebäudeversicherungsregal (etwa Aargau; in anderen Kantonen als Monopol bezeichnet).
Der Kanton kann das Regalrecht selbst wahrnehmen, an die politischen Gemeinden delegieren (so in Basel-Landschaft das Jagd- und Fischereiregal, in Graubünden das Bergregal) oder auf Dritte übertragen (so haben alle Kantone das Salzregal an die Vereinigten Schweizerischen Rheinsalinen abgetreten). Bestehende Privatrechte oder Rechte von Korporationen bleiben dabei unberührt.
Literatur
- Regalien, -politik, -recht. In: Lexikon des Mittelalters. Band 7, Sp. 556–561.
- Wolfgang Petke: Spolienrecht und Regalien – Recht im hohen Mittelalter und ihre rechtlichen Grundlagen. In: Sönke Lorenz, Ulrich Schmidt (Hrsg.): Von Schwaben bis Jerusalem. Facetten staufischer Geschichte. Thorbecke, Sigmaringen 1995, ISBN 978-3-7995-4247-0, S. 15–35.
- Michael Stolleis: Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland. Band 1. C. H. Beck, München 1988, ISBN 3-406-32913-6, S. 166 ff.
- Ernst Tremp: Regalien. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Wilhelm Wegener: Regalien. In: Adalbert Erler, Ekkehard Kaufmann (Hrsg.): Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte. Band 4: Protonotarius – Strafprozeßordnung. Erich Schmidt, Berlin 1999, ISBN 3-503-00015-1, S. 471–478.
Einzelnachweise