Hirnödem

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Klassifikation nach ICD-10
G93.6 Hirnödem
P11.0 Hirnödem durch Geburtsverletzung
S06.1 Traumatisches Hirnödem
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Ausgedehntes Hirnödem der rechten Hirnhälfte (im Bild links) in der Computertomographie. Das Ödem ist im Vergleich zum gesunden Hirngewebe dunkler dargestellt. In diesem Fall ist durch die Schwellung auch eine Verlagerung der Mittellinie auf die andere Seite zu erkennen. Ursache war hier ein Meningeom des Keilbeins.

Beim Hirnödem (Oedema cerebri), gemäß Reichardt (1904) eine Form der Hirnschwellung (Hirnvolumensvermehrung),[1] kommt es durch Schädigung der Blut-Hirn-Schranke oder der Blut-Liquor-Schranke zum Ödem, also zur Flüssigkeitseinlagerung im Gehirn.[2]

Ursachen

Das Hirnödem stellt eine Komplikation von pathologischen Prozessen (z. B. Tumoren, Entzündungen, Vergiftungen, Gefäßprozessen) bzw. nach Verletzungen, Operationen und nach erfolgreich behandeltem Kreislaufstillstand[3] auftretende Störung des Wasser-Elektrolyt-Haushaltes des Gehirns dar. Die Flüssigkeitsansammlung erfolgt vorwiegend intrazellulär in den Astrozytenfortsätzen.[4]

Ein Hirnödem kann auch durch den Einfluss von großer Höhe und den damit einhergehenden verringerten Sauerstoffpartialdruck der Atemluft, insbesondere beim Höhenbergsteigen, entstehen. Siehe hierzu Höhenhirnödem (HACE).[5]

Diagnostik

Bei quantitativen Bewusstseinsstörungen und allgemeinen Zeichen des gesteigerten Hirndrucks bietet sich nach der Anamneseerhebung und neurologischen Untersuchung eine Ophthalmoskopie an, die bei positivem Ausfall eine Stauungspapille zeigen würde. Sicherheit gibt die bildgebende Untersuchung des Schädelinneren durch eine Computertomographie oder Kernspintomographie.

Formen

Ein Hirnödem kann perifokal, also lokalisierte Gehirnschädigungen umgebend, oder auch generalisiert auftreten. Ursächlich werden das vasogene, das zytotoxische und das interstitielle Hirnödem unterschieden:[2]

Die vasogene Form beruht auf einer Permeabilitätsstörung der Blut-Hirn-Schranke bzw. einer gesteigerten Durchlässigkeit der Kapillargefäße, was zum Flüssigkeitseinstrom in das Interstitium führt. Als Grunderkrankungen kommen hier das Schädel-Hirn-Trauma, Infektionen, Abszesse und Hirntumoren in Frage.[6][7]

Beim zytotoxischen Hirnödem vergrößert sich infolge eines teilweisen lokalen Zusammenbruchs der Natrium-Kalium-Pumpe der intrazelluläre Raum des Gehirns, da Natrium in die Zellen übertritt und Chlorionen und Wasser mit sich zieht. Verursacher sind globaler oder lokaler Sauerstoffmangel, Leberversagen und die hypotone Hyperhydratation sowie die Spätphase eines Schädel-Hirn-Traumas.

Ein interstitielles Hirnödem ist durch eine Abflussbehinderung des Liquors[7] oder ein schnelles Absinken des Glucose-, Natrium- oder Harnstoffspiegels im Blut bedingt.[6]

Folgen

Da das Gehirn durch den es umgebenden knöchernen Schädel wenig Möglichkeiten hat, sich auszudehnen, ist ein Hirnödem meist eine ernste Erkrankung, zumal das quellende Gehirn auch die Sinus, die für den Blutabfluss vom Gehirn sorgen, komprimieren kann. Der Hirndruck steigt an, was zur Senkung des zerebralen Perfusionsdrucks und damit der Gehirndurchblutung führt. Ein Ischämischer Schlaganfall mit Folge der Infarzierung und ein andauernder Hirnschaden bis hin zum Hirntod kann die Folge sein.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Behandlungsmöglichkeiten richten sich an der Senkung des erhöhten Hirndrucks aus und beziehen sich meist auf einen beatmeten Intensivpatienten.

Ältere Literatur

Commons: Hirnödem – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. Friedrich Unterharnscheidt: Pathologie des Nervensystems VI.C: Traumatologie von Hirn und Rückenmark Traumatische Schäden des Gehirns (forensische Pathologie). Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1994, ISBN 3-642-78265-5, S. 148 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. a b Hirnödem. In: Pschyrembel, Klinisches Wörterbuch. 261. Auflage.
  3. Verena Kollmann-Fakler: Prognosekriterien und Outcome der hypoxischen Hirnschädigung nach Herz-Kreislauf-Stillstand. (PDF; 0,7 MB) München 2011.
  4. Heinz Bechtelsheimer u. a.: Lehrbuch der allgemeinen Pathologie und der pathologischen Anatomie. 32. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 1986, ISBN 3-662-00683-9, S. 495 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Hackett, Roach: High Altitude Cerebral Edema. (PDF) In: High Altitude Medicine & Biology, Volume 5, Number 2, 2004.
  6. a b Stefan Silbernagl, Florian Lang: Taschenatlas der Pathophysiologie. 4. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-13-102194-6, S. 384 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. a b Hans Walter Striebel: Operative Intensivmedizin: Sicherheit in der klinischen Praxis; mit 229 Tabellen. Schattauer, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-7945-2480-8, S. 508 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. a b c d e f Lothar Ulrich (Hrsg.): Thiemes Intensivpflege und Anästhesie. Thieme, Stuttgart 2005, ISBN 3-13-130910-5, S. 387 f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  9. a b Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinie zum intrakraniellen Druck (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.awmf.org 2012, S. 10.
  10. Deutsche Gesellschaft für Neurologie: Leitlinie zum intrakraniellen Druck (Memento des Originals vom 23. September 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.awmf.org 2012, S. 7.