Altes Rathaus (Hannover)

Das Alte Rathaus war das erste Rathaus der Stadt Hannover. Es befindet sich in der Altstadt und ist der älteste Profanbau der Stadt. Die ältesten Gebäudeteile am Marktplatz und an der Marktstraße bilden zusammen mit der Marktkirche die südlichste Gebäudegruppe der Norddeutschen Backsteingotik.
Vorgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Rat der Stadt Hannover tagte vor Errichtung des Rathauses an verschiedenen Orten. Belegt ist, dass er ab 1303 im Theater, auf dem Marktkirchhof oder bei der Gerichtslaube zusammenkam.[1]
Baugeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Erste Gebäudeteile wurden im Jahr 1410 errichtet. Danach erfuhr das Gebäude mehrere Umbauten und Erweiterungen. Das ursprüngliche Erdgeschoss wurde durch spätmittelalterliche Verunreinigungen und Aufschüttungen „Am Markte“ zum heutigen Kellergeschoss. Laut der „Hannoverschen Chronik“ wurden im Jahr 1607 zwei neue Gefängnisse im Rathaus eingerichtet.[2] Im Jahr 1844 fand eine Sanierung der Flügel statt. Als zum Ende des 19. Jahrhunderts das Gebäude abgerissen werden sollte, formierte sich eine Bürgerinitiative. Das Gebäude blieb letztlich verschont. Der Architekt Conrad Wilhelm Hase ließ das Gebäude 1877 bis 1891 renovieren und dabei den angenommenen Zustand aus der Entstehungszeit wiederherstellen, da dieser als „reiner“ Baustil galt (siehe Rathäuser in der Hannoverschen Architekturschule). Im 19. Jahrhundert wurde jedoch der Apothekerflügel, ein Fachwerkbau des 16. Jahrhunderts, abgebrochen und durch den sogenannten Dogenpalast ersetzt, ein Neorenaissance-Gebäude, in dem sich heute das Standesamt befindet. Hase ließ auch einen vierten, den Häuserblock des Rathauses abschließenden Flügel im Stil der Neogotik am Durchbruch der Karmarschstraße errichten.
Die Luftangriffe auf Hannover führten 1943 zur teilweisen Zerstörung des Gebäudekomplexes, vor allem seiner ältesten Teile. 1953 fanden Wiederherstellungen statt und 1964 wurde der Schaugiebel an der Westseite rekonstruiert. Während einer umfangreichen Sanierung im Jahr 1999 wurde auch der Innenhof umgestaltet und mit einem Glasdach versehen.
Nutzungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Der Rat tagte nach Errichtung des neuen Gebäudes in einem Festsaal im 1. Stock. Darunter befand sich im Erdgeschoss ein Saal, in dem eingeführte Waren eingelagert waren und der später als Ratskeller diente. Das durch Aufschüttungen erhöhte Bodenniveau hatte den Saal zum Keller werden lassen. 1863 verließ die Stadtverwaltung das Alte Rathaus und zog in das Wangenheimpalais. Erst 1913 wurde das in diesem Jahr fertiggestellte Neue Rathaus Sitz der Stadtverwaltung.
Um 1900 hatten in den Fensterbuchten des ehemaligen Erdgeschosses Marktfrauen ihre Stände. Heute befinden sich in der erweiterten Gebäudegruppe des Alten Rathauses auch Restaurationen und Läden. Für Aufsehen sorgte am 19. Juni 2001 ein tödlicher Unfall im Gebäude, bei dem in einer Gastronomie ein Kleinkind von einer umgestürzten Statue erschlagen wurde.
Die ehemals an das Alte Rathaus angrenzenden Gebäude an der Köbelingerstraße, kolorierter Stich von 1827 nach Robert Batty
Der Marktplatz mit dem Alten Rathaus im Hintergrund 1834. Lithografie von Rudolf Wiegmann.
Blick durch die Marktstraße auf die ehemaligen an das Alte Rathaus angrenzenden Gebäude im Juni 1872 vor deren Abbruch zugunsten des neuen Flügels von Conrad Wilhelm Hase
In der Mitte die Marktkirche, rechts daneben das Alte Rathaus, um 1895
Der alte Marktflügel nach Umbau durch Conrad Wilhelm Hase um 1900, rechts angebaut der "Dogenpalast", Foto von Karl Friedrich Wunder
Ruine des Alten Rathauses nach Luftangriffen, 1943, von innen: links Markfassade mit Lukarnen
Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- Conrad Wilhelm Hase. Baumeister des Historismus. Ausstellungskatalog. Historisches Museum am Hohen Ufer, Hannover 1968, S. 24–26: Restaurierung 1877–1891.
- Helmut Knocke: Altes Rathaus. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.) u. a.: Stadtlexikon Hannover. Von den Anfängen bis in die Gegenwart. Schlütersche, Hannover 2009, ISBN 978-3-89993-662-9, S. 21f.
- Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover Bd. 1, H. 2, Teil 1: Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Schulzes Buchhandlung, Hannover 1932, S. 345–369 (Digitalisat im Internet Archive); Nachdruck: Wenner, Osnabrück 1979, ISBN 3-87898-151-1.
- Gerd Weiß, Marianne Zehnpfennig: Rathaus. In: Hans-Herbert Möller (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Baudenkmale in Niedersachsen, Stadt Hannover, Teil 1, Band 10.1. ISBN 3-528-06203-7, S. 54ff.
Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
- ↑ Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. Bd. 1, H. 2, Teil 1: Denkmäler des „alten“ Stadtgebietes Hannover. Selbstverlag der Provinzialverwaltung, Schulzes Buchhandlung, Hannover 1932, S. 345–369, hier S. 345.
- ↑ Art. Gefängnisse. In: Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.): Stadtlexikon Hannover, Schlütersche, Hannover 2009, S. 206
Koordinaten: 52° 22′ 17″ N, 9° 44′ 9″ O