Anatole Mallet

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Jules T. Anatole Mallet (* 23. Mai 1837 in Carouge, † 10. Oktober 1919 in Paris) war ein schweizerischer Ingenieur und seinerzeit einer der erfolgreichsten Dampflokomotiven-Konstrukteure.

Mallet studierte und lehrte zunächst an der Pariser ‘’Ecole Centrale des Arts et Manufactures’’ und begann später mit der Konstruktion und Planung von Hafenanlagen unter anderem für den Sueskanal.

Im Jahre 1867 befaßte er sich erstmals mit der Konstruktion von Dampfmaschinen und entwickelte die Idee der Verbundmaschine. Er versuchte diese Prinzip auch für Dampflokomotiven anzuwenden. Im selben Jahr und in engen Zusammenhang mit dem ersten Patent stand die Patentierung einer Anfahrvorrichtung, die es ermöglichte Frischdampf in die Niederdruckzylinder der Verbunddampfmaschine einzuleiten und so bei einer Lokomotive den Anfahrvorgang zu beschleunigen.

Die erste Verbundlokomotive bei der Bayonne-Biarritz-Bahn

Aufsehen erregte Mallet 1877, als er bei Lokomotiven der Eisenbahn Bayonne - Biarritz zwei Tenderlokomotiven mit einer Zweizylinder-Verbundmaschine in den Dienst stellte. Die Lokomotiven funktionierten prinzipiell, hatten jedoch bei höheren Geschwindigkeiten einen unruhigen Lauf aufgrund der nicht völlig ausgeglichenen Leistungsunterschiede des Hochdruck- und des Niederdruckzylinders. Mallet konnte seinerzeit die Bahngesellschaften nicht vom Verbundprinzip überzeugen. Auch nach später gelungeneren Konstruktionen mit paarweisen Hoch- und Niederdruckzylindern war die Komplexität der Maschinen eher abschreckend für die Mehrheit der Bahngesellschaften. Die später entwickelte Dampfüberhitzung zeigte sich als erfolgreicherer Weg der Dampfausnutzung anstelle des Verbundprinzips.

Die Entwicklung der „Mallet-Lok“

Der zunehmende Einsatz von schmalspurigen Eisenbahnen erschloß Mallet ein anderes Wirkungsfeld. Diese Bahnen benötigten stärkere und damit größere Maschinen als es die Kurven der Schmalspurstrecken zuließen. Die einzige Lösung schienen hier Lokomotiven mit schwenkbaren Fahrwerken. Dazu waren bereits die Bauarten von Fairlie und von Meyer verbreitet, die jeweils schwenkbare Maschineneinheiten verwendeten. Diese wurden mit Dampf über flexible Verbindungen gespeist, die sich stets als Schwachpunkt der Maschinen zeigten. Mallet entwicklelte stattdessen eine Bauart mit zwei Fahrwerken, von denen nur das vordere, unter der Rauchkammer befindliche Fahrwerk schwenkbar gelagert war. Heute findet man in Deutschland Dampflokomotiven der Bauart Mallet z. B. auf den Gleisen der Harzer Schmalspurbahn teilweise noch im täglichen Einsatz nach Fahrplan.

Für Mallet war der wesentlichste Unterschied, dass damit eine perfekte Anwendung eines Verbundtriebwerkes gegeben war. Der Frischdampf mit hohem Druck wurde zunächst zu den Hochdruck-Zylindern des fest gelagerten Fahrwerks geleitet und nach dem Auslaß in die Niederdruck-Zylinder des vorderen beweglichen Fahrwerks. Dort war die bewegliche Dampfleitungs-Verbindung wegen des geringeren Drucks besser beherrschbar als bei reiner Frischdampf-Versorgung. Diese Bauart ließ Mallet sich 1884 patentieren. Die erste auf diese Art gebaute „Mallet-Lokomotive“ wurde 1888 in Belgien für Paul Decauville's 60cm - Schmalspurbahn auf der Pariser Ausstellung 1889, die dort über sechs Millionen Besucher beförderte. Später wurden weitere mit diesem Prinzip erfolgreiche Schmalspur-Lokomotiven gebaut, zumeist mit der Achsfolge B’B, also mit zwei jeweils zweiachsigen Triebwerken.

Nordamerikanische Lokomotive mit "Mallet"-Fahrwerk

1904 führte die Baltimore & Ohio Railroad das Mallet-Konzept in den USA ein mit einer Bestellung einer “C’C-“Loktype bei der American Locomotive Company 1911 gab es in den USA bereits mehr als 500 „Mallets“. Während des Ersten Weltkriegs brachte die Virginian Railway das ursprüngliche Mallet-Konzept zum Höhepunkt mit einer Bestellung von Maschinen der Achsfolge (1’E) E1’, deren Niederdruckzylinder 48 Zoll (=120 cm) Durchmesser hatten. Damit wurden aber auch die Grenzen des Mallet-Konzepts sichtbar. Der Überhang des Kessels war groß und die Niederdruckzylinder waren so groß, dass es kaum möglich war, geeignete Ventile für sie zu entwickeln, sie konnten nur bei niedrigen Geschwindigkeiten betrieben werden.

Bei späteren größere Lokomotiven, weiterhin „Mallets“ genannt, wurde auf das Verbund-Prinzip der getrennten Fahrwerke verzichtet und beide Fahrwerke mit Frischdampf versorgt. Weitere Verbesserungen wurden durchgeführt, um die Maschinen auf den regelspurigen Gleisen mit höherer Geschwindigkeit fahren zu lassen. Diese Bauart brachte in den USA die größten je gebauten Dampflokomotiven hervor.

Anatole Mallet selbst beteiligte sich nicht an den weiteren Verbesserungen, da er sein Prinzip vorrangig für den Einsatz der Verbundmaschine verfolgte. Mallet entwarf um 1888 noch die originalen Lokomotiven für die Lartigue-Einschienenbahn.

Im 20. Jahrhundert stellte Mallet sozusagen den “Grand Old Man” der französischen Ingenieure dar, der gelegentliche Abhandlungen über Lokomotiven für die Annalen der französischen Gesellschaft der Zivilingenieure verfaßte.

Über den Menschen Mallet jenseits seiner maschinenbaulichen Erfolge ist wenig bekannt, obwohl er als einer der drei wichtigsten Lokomotivbau-Ingenieure nach der Ära von Stephenson gilt.


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