Chinesische Engelwurz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Angelica sinensis)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Chinesische Engelwurz

Abbildung der Chinesischen Engelwurz(当归) (Angelica sinensis) in einem illustrierten Kompendium der Materia Medica. Republik China 1911

Systematik
Euasteriden II
Ordnung: Doldenblütlerartige (Apiales)
Familie: Doldenblütler (Apiaceae)
Unterfamilie: Apioideae
Gattung: Engelwurzen (Angelica)
Art: Chinesische Engelwurz
Wissenschaftlicher Name
Angelica sinensis
(Oliv.) Diels

Die Chinesische Engelwurz (Angelica sinensis 当归) ist eine Pflanzenart aus der Gattung Engelwurzen (Angelica) innerhalb der Familie Doldenblütler (Apiaceae). Diese Heilpflanze stammt aus China.[1]

Erscheinungsbild, Wurzel und Blatt

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chinesische Engelwurz wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 0,4 bis 1 Metern. Die zylindrische Hauptwurzel verzweigt sich in viele sukkulente Seitenwurzeln und alle Wurzeln sind stark aromatisch. Der purpurfarben-grüne, gestreifte Stängel ist im oberen Bereich verzweigt.[1]

Die wechselständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind in Blattscheide, Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Bei den Grundblättern und den unteren Stängelblättern sind die Blattstiele 5 bis 20 Zentimeter lang.[1]

Generative Merkmale

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht in China von Juni bis Juli. Im endständigen, doppeldoldigen Blütenstand stehen viele Blüten zusammen.[1]

Die Früchte reifen in China zwischen Juli und September. Die Doppelachäne zerfällt in zwei Teilfrüchte, die bei einer Länge von 4 bis 6 Millimetern sowie einem Durchmesser von 3 bis 4 Millimetern ellipsoid oder fast kreisförmig sind.[1]

Chromosomenzahl

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 22.[2]

Die zwei Varietäten gedeihen wild oder kultiviert in Wäldern und im Gebüsch in Höhenlagen von 2500 bis 3000 Metern in den chinesischen Provinzen Sichuan, Gansu, Hubei, Shanxi und Yunnan.[1]

Chinesische Engelwurz in der Traditionellen Chinesischen Medizin

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schon im ältesten chinesischen Heilpflanzenbuch, dem Shennong ben cao jing, wurden die Wurzeln der Chinesischen Engelwurz (当归) prominent behandelt. Als Hauptwirkung wurde der Aufbau und die Harmonisierung des Blutes (补血活血) angegeben. Dadurch sollte vor allem die weibliche Fruchtbarkeit positiv beeinflusst werden.[3][4][5]

Die aktuell gültigen chinesischen Arzneibücher empfehlen die Droge bei folgenden Erkrankungen: Welk-gelbe Gesichtsfarbe bei Blut-Leere, Schwindel und Herzklopfen, Menstruationsbeschwerden, Ausbleiben der Regelblutung, Leere-Kälte-Bauchschmerz, Darm-Trockenheits-Stuhlverstopfung, Wind-Feuchtigkeits-Rheuma, Unfallverletzungen, Geschwüre.[6] Die Einnahme der chinesischen Heilpflanze erfolgt meistens in Form von Tee oder Kapseln.

Jean-Baptiste Du Halde

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chinesische Engelwurz wurde im 18. Jh. durch den Jesuitenmissionar und Sinologen Jean-Baptiste Du Halde in Europa bekannt gemacht.[7][8]

Unter dem Namen «Eumenol» vertrieb die Darmstädter Firma E. Merck von 1899 bis 1962 Drogenauszüge aus der Wurzel der Chinesischen Engelwurz als „ungiftiges Emmenagogum“. 1899–1959 als «Eumenol-Flüssigkeit» (Fluidextrakt), 1914–1962 als «Eumenol-Tabletten». Als Indikationen des «Eumenol» wurden angegeben: zu seltene Menstruationsblutung, zu schwache Menstruationsblutung, Ausbleiben der Menstruationsblutung und Menstruationsbeschwerden. Von 1899 bis 1910 wurden vier klinische Fallstudien veröffentlicht, in denen über die Wirkung der Gabe von dreimal täglich 5 ml eines Fluidextrakts der Wurzel von Angelica sinensis («Eumenol») bei Menstruationsstörungen berichtet wurde.[9][10][11][12][13][14]

Nach 1960 wurden Hormone zur Behandlung der Krankheiten eingesetzt, für die von 1899 bis 1962 das «Eumenol» verschrieben wurde.[15]

In einer randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Studie zeigten Dang-gui-Extrakte bei der Behandlung von Hitzewallungen in der Menopause keine besseren Resultate als Placebo.[16] Andererseits werden die Östrogen- und Serotonin-Aktivitäten von Zubereitungen aus Dang gui kontrovers diskutiert.[17] Dang gui enthält eine Butylidenephthalide genannte Verbindung, die in vitro krampflösend wirkt und die Krämpfe der Gebärmuttermuskulatur lösen könnte.[18] Diese Vermutung muss noch durch klinische Versuche überprüft werden.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f Pan Zehui, Mark F. Watson: Angelica.: Angelica sinensis, S. 168 - textgleich online wie gedrucktes Werk, In: Wu Zheng-yi & Peter H. Raven (Hrsg.): Flora of China, Volume 14 - Apiaceae through Ericaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis, 2005. ISBN 1-930723-41-5.
  2. Angelica sinensis bei Tropicos.org. In: IPCN Chromosome Reports. Missouri Botanical Garden, St. Louis
  3. Zitiert nach Bencao Gangmu, Buch 14 (Kommentierter Reprint, VR China 1975, Band II, S. 833).
  4. George Arthur Stuart: Chinese Materia Medica. Vegetable Kindom. Shanghai 1911, S. 133: Cryptotaenia canadiensis (Digitalisat)
  5. George Arthur Stuart: Chinese Materia Medica. Vegetable Kingdom. American Presbyterian Mission Press, Shanghai 1911, S. 133–134: Cryptototaenia canadensis. Tang-kuei (Digitalisat)
  6. Zitiert und übersetzt nach: Pharmakopoe der VR China 1985. Band I, S. 105.
  7. Du Halde: Description géographique, historique, chronologique, politique, et physique de l’Empire de la Chine et de la Tartarie Chinoise. Henri Scheurleer, Bd. 3, Den Haag 1736, S. 612: Du tang coue (Digitalisat)
  8. Du Halde: Ausführliche Beschreibung des Chinesischen Reichs und der grossen Tartarey. Johann Christian Koppe, Band 3, Rostock 1749, S. 522: Von der Wurzel Tang coue (Digitalisat)
  9. Friedrich Hirth: Ein chinesisches Amenorrhoicum und Dysmenorrhoicum. Extractum Radicis Tang-kui. In: Münchener Medizinische Wochenschrift, Jg. 46 (1899), S. 769 – 770 (Digitalisat)
  10. Arthur Mueller: Versuche über die Wirkungsweise des Extrakts des chinesischen Emmenagogon Tang-kui (Man-mu) oder Eumenol-Merck. In: Münchener Medizinische Wochenschrift, Jg. 46 (1899), S. 796–798 (Digitalisat).
  11. H. Lange: Beobachtungen bei der Verwendung einiger neuer Medikamente. Eumenol, Dionin und Stypticin. In: Therapeutische Monatshefte, Jg. 15 (1901), S. 363–365 (Digitalisat)
  12. Richard Palm: Erfahrungen mit Eumenol. In: Münchener Medizinische Wochenschrift, Jg. 57 (1910), S. 23–25 (Digitalisat)
  13. P. Buck: Un nouveau remède spécifique contre la dysmenorrhée: l’eumenol. In: Belgique médicale, 2, 1899, S. 363–365.
  14. Wolfgang Schneider: Lexikon zur Arzneimittelgeschichte. Govi Verlag, Frankfurt am Main Band 4 (1969): Geheimmittel und Spezialitäten, S. 128 (Nr. 594): Eumenol (Digitalisat)
  15. Erika Hickel: Die Arzneimittel in der Geschichte. Bautz, Nordhausen 2008, S. 527.
  16. Janie D Hirata: Does dong quai have estrogenic effects in postmenopausal women? A double-blind, placebo-controlled trial. In: Fertil Steril. 68. Jahrgang, Nr. 6, Dezember 1997, S. 981–6, doi:10.1016/s0015-0282(97)00397-x, PMID 9418683.
  17. Atieh Hajirahimkhan: Botanical Modulation of Menopausal Symptoms: Mechanisms of Action? In: Planta Med. 79. Jahrgang, Nr. 7, Mai 2013, S. 538–53, doi:10.1055/s-0032-1328187, PMID 23408273.
  18. Ko WC: A newly isolated antispasmodic--butylidenephthalide. In: Jpn J Pharmacol. 30. Jahrgang, Nr. 1, Februar 1980, S. 85–91, PMID 7401411.
Commons: Chinesische Engelwurz (Angelica sinensis) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Essential Medicines and Health Products Information Portal. A World Health Organisation resource. Digitalisat
  • U.S. National Library of Medicine. Medline Plus. Digitalisat