Anschlag von Kongsberg

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Beim Anschlag von Kongsberg in Südnorwegen tötete am 13. Oktober 2021 ein Mann fünf Menschen mit einem scharfen Gegenstand. Drei weitere Personen wurden bei dem Amoklauf verletzt. Der Täter wurde rund 45 Minuten nach Beginn der Tat festgenommen.

Tat[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In der etwa 70 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Oslo liegenden Kleinstadt Kongsberg schoss ein Angreifer am 13. Oktober 2021 um 18:13 Uhr[1] Ortszeit (MESZ) in einem Supermarkt im Stadtteil Vestsiden auf Menschen. Laut Berichten der Polizei nutzte er neben Pfeil und Bogen auch weitere Waffen. Nach dem Angriff im und vor dem Supermarkt flüchtete der Täter. Die Polizei setzte um 18:28 Uhr eine Warnung an die im Umkreis lebende Bevölkerung ab, ihre Häuser nicht zu verlassen.[2] Sie suche in einem relativ großen Gebiet nach dem Täter.[3]

Der Täter wurde um 18:47 Uhr festgenommen[4] und in die Haftanstalt in der Nachbarstadt Drammen gebracht. Der örtliche Polizeichef Øyvind Aas gab nach der Festnahme des Verdächtigen bekannt, dass die Polizei zunächst von einem Einzeltäter ausgehe. Der norwegische polizeiliche Inlandsgeheimdienst PST wurde in die Ermittlungen einbezogen.[5]

Während man anfangs einen islamistischen Terrorakt als eine mögliche Erklärung untersuchte, so gingen Polizisten nach den ersten Verhören von einer psychischen Erkrankung als Tatursache aus.[6]

Opfer[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Dem Anschlag fielen fünf Menschen im Alter zwischen 52 und 78 Jahren zum Opfer, vier Frauen und ein Mann, darunter auch die seit Längerem in Norwegen lebende deutsche Staatsangehörige Andrea Haugen.[7] Drei weitere Personen wurden verletzt.[8] Unter den Verletzten befand sich auch ein Polizist, der zur Tatzeit nicht im Dienst war.

Täter[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei dem Verdächtigen handelt es sich um den 37-jährigen dänischen Staatsbürger Espen Andersen Bråthen.[9], der in Kongsberg lebte.[1] Er wurde in Norwegen geboren und hat dort auch sein gesamtes Leben verbracht.[10] Nach Polizeiangaben war er zum Islam übergetreten.[11] Unmittelbar nach seiner Festnahme wurde er drei Stunden verhört und machte umfangreiche Angaben zu seiner Tat. Die Polizeistaatsanwältin Ann Irén Svane Mathiassen sagte, es handle sich bei ihm um einen polizeibekannten Mann, der auch mehrfach mit dem norwegischen Gesundheitsdienst in Kontakt gestanden habe.[2]

Nach weiteren Ermittlungen am Tag nach der Tat erklärte die Polizei, sie gehe von einem terroristischen Hintergrund aus. Der Täter wurde 2019 und 2020 wegen Verdacht auf salafistische Radikalisierung von norwegischen Sicherheitsbehörden überwacht.[12][13] Er hatte außerdem mehrere Vorstrafen wegen Einbrüchen, Cannabisbesitz und Drohungen gegen Familienmitglieder.[9]

Verhöre und Ermittlungsarbeiten ergaben, dass der Mann psychisch erkrankt sei.[6]

Prozess[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Prozess begann am 11. Mai 2022 am Bezirksgericht Buskerud und war für 29 Verhandlungstage angesetzt[14] Bråthen wurde des fünffachen Mordes, elffach versuchten Mordes sowie mehrerer schwerer Bedrohungen angeklagt.[15] Drei forensisch-psychiatrische Gutachter kamen zu dem Schluss, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt an chronischer paranoider Schizophrenie litt. Am 24. Juni 2022 wurde Bråthen wegen des Angriffs für schuldig erklärt. Das Gericht befand jedoch, dass er aufgrund einer chronischen paranoiden Schizophrenie nach norwegischem Recht nicht strafmündig sei und ordnete daher die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Das Urteil entspricht damit gleichermaßen den Forderungen der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung.[16]

Falschmeldungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kurz nach der Tat kursierten auf Twitter Nachrichten, in denen der Vor- und Zuname eines aus Deutschland stammenden und als Drachenlord bekannten YouTubers, der mit der Tat nichts zu tun hat, als angeblicher Täter genannt wurde, samt Fotos und Videos, die ihn unter anderem beim Bogenschießen zeigen sollten. Sein bürgerlicher Name wurde für die gezielten Falschmeldungen so verändert, dass sie dem Stereotyp eines skandinavischen Nachnamens entsprachen. Diese Falschmeldungen wurden, unzureichend geprüft, von Nachrichtenseiten in Norwegen, Frankreich, Polen, Ungarn, Rumänien, Griechenland, Albanien und Japan übernommen; durch die Aufnahme der Falschmeldungen durch die italienische Nachrichtenagentur ANSA kamen Name, Fotos und Videos des angeblichen Täters auch auf sehr viele Internetseiten in Italien, wie RAI, Il Sole 24 Ore, Corriere della Sera und Euronews Italia.[17][18][19][20]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Espen A. Eik, Lauren Lewis: Five people confirmed killed by killer armed with a bow and arrows. In: Daily Mail. 13. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  2. a b Tidslinje - Drapene på Kongsberg. In: NRK. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021 (norwegisch).
  3. Kongsberg: Five dead in Norway bow and arrow attack. In: BBC News. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021 (englisch).
  4. Vasco Cotovio, James Frater, Lianne Kolirin: Several killed in suspected bow and arrow attack in Norway. In: CNN. 13. Oktober 2021, abgerufen am 13. Oktober 2021 (englisch).
  5. Norwegen: Bogenschütze tötet fünf Menschen und verletzt zwei weitere. In: Der Spiegel. 13. Oktober 2021, abgerufen am 13. Oktober 2021.
  6. a b tagesschau.de: Angriff in Kongsberg: Norwegen trauert um die Opfer. Abgerufen am 18. Oktober 2021.
  7. Auch eine Deutsche in Kongsberg getötet. In: Tagesschau. Norddeutscher Rundfunk, 16. Oktober 2021, abgerufen am 16. Oktober 2021.
  8. The incident in Kongsberg. Politiet, 15. Oktober 2021, abgerufen am 15. Oktober 2021 (englisch).
  9. a b Ola Mjaaland: Espen Andersen Bråthen siktet for drapene i Kongsberg. In: NRK. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021 (norwegisch).
  10. Kongsberg-siktet (37) truet faren på livet – ilagt besøksforbud. Abgerufen am 16. Oktober 2021 (norwegisch (Bokmål)).
  11. Angreifer in Norwegen möglicherweise radikalisiert. In: BR24. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  12. Polizei geht von Terrorakt aus. In: Tagesschau.de. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  13. Kongsberg: Bow and arrow attack appears to be terrorism - officials. In: BBC News. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021 (englisch).
  14. Cecilie Valentine Brekke: Kongsberg-drapene: Siktede Espen Andersen Bråthen har en psykisk lidelse. In: NRK. 18. Februar 2022, abgerufen am 23. März 2022 (norwegisch).
  15. Christina Quist, Vilde Elgaaen, Helge Mikaelsen: Bråthen om Kongsberg-angrepet: − Jeg angrer veldig. In: www.vg.no. Verdens Gang, abgerufen am 19. Mai 2022 (norwegisch).
  16. Norwegian man convicted of killing 5 in bow-and-arrow attack. AP NEWS, 24. Juni 2022, abgerufen am 24. Juni 2022 (englisch).
  17. Patrick Gensing: Kongsberg: Medien verbreiten falschen Täternamen. In: tagesschau.de. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  18. Joscha Weber, Kathrin Wesolowski: Faktencheck: Nein, „Rainer Winklarson“ ist nicht der Attentäter von Kongsberg. In: Deutsche Welle (www.dw.com). 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  19. Norwegen: Nein, Youtuber „Drachenlord“ ist nicht Attentäter von Kongsberg. In: correctiv.org. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.
  20. Nach tödlicher Attacke in Norwegen: Drachenlord-Hater verbreiten falschen Täternamen. In: nordbayern.de. 14. Oktober 2021, abgerufen am 14. Oktober 2021.

Koordinaten: 59° 39′ 53″ N, 9° 38′ 47″ O