Appellationsgericht (Bayern)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Appellationsgerichte waren im Königreich Bayern von 1809 bis 1879 die Appellations-, also Berufungsgerichte. Sie lösten damit die Hofgerichte ab, die seit 1802 bestanden.

1802 wurden aus dem Hofrat in München und den Regierungen in Straubing, Amberg und Neuburg vier Hofgerichte gebildet. Damit wurde die Trennung von Verwaltung und Rechtsprechung auf der mittleren Ebene umgesetzt. 1803 wurden die Hofgerichte Bamberg und Würzburg und 1804 ein Hofgericht für Schwaben eingerichtet. Damit bestanden folgende Hofgerichte:

Ende 1805 wurde Würzburg Kurfürstentum unter dem Erzherzog Ferdinand von Toskana, wodurch das Hofgericht Würzburg aufgelöst wurde. Durch das Organische Edikt über die Gerichtsverfassung vom 24. Juli 1808, Teil III[1] wurden die anderen Hofgerichte durch Appellationsgerichte ersetzt. Zum 1. Januar 1809 nahmen sie die Arbeit auf. Sie waren in Zivilgerichtsverfahren zweite und in peinlichen Gerichtsverfahren erste Instanz.

1810 wurde das Königreich aufgrund der Pariser Verträge in neun Kreise eingeteilt. Für jeden Kreis wurde ein Appellationsgericht eingesetzt. 1817 verringerte sich die Zahl der Kreise und damit der Appellationsgerichte auf acht. 1873 wurden die Appellationsgerichte für Oberpfalz und Mittelfranken in Nürnberg und die für Ober- und Unterfranken in Bamberg zusammengefasst.

Mit Gesetz vom 1. Juli 1856[2] wurde das Justizwesen in Bayern neu geordnet. Die bisherigen Kreis- und Stadtgerichte wurden aufgehoben und 34 neue Bezirksgerichte, nach dem Vorbild der Pfalz, traten an ihre Stelle. Damit wurden die Appellationsgerichte zur Berufungsinstanz für die Entscheidungen der Bezirksgerichte. 1879 wurde die zu diesem Zeitpunkt bestehenden Appellationsgerichte nach dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz mit der Ausnahme von Passau in Oberlandesgerichte umgewandelt.

Die Appellationsgerichte urteilten in Senaten mit jeweils fünf Mitgliedern. 1818 bis 1857 bestand ein gesonderter Senat für Fideikomißsachen, 1809 bis 1869 ein Senat für Bergrechtssachen und bis 1875 am Appellationsgericht in Bamberg ein (mit protestantischen Richtern besetzter) Senat für streitige Ehesachen von Protestanten und Dissidenten. Im 1817 gegründeten Appellationsgericht Zweibrücken (zuständig für die Pfalz) galt die französische Rechtsprechung (beim Zivilrecht bis 1900).

Liste der Appellationsgerichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Appellationsgericht Sitz Errichtet Aufgelöst Nachfolger Anmerkung
Appellationsgericht Amberg Amberg 1809 1873 Appellationsgericht Nürnberg Nach Nürnberg verlegt
Appellationsgericht Ansbach Ansbach 1809 1838 Appellationsgericht Eichstätt Nach Eichstätt verlegt
Appellationsgericht Aschaffenburg Aschaffenburg 1833 1873 Appellationsgericht Bamberg 1873 wurden die Appellationsgerichte für Ober- und Unterfranken in Bamberg zusammengefasst
Appellationsgericht Augsburg Augsburg 1870 1879 Oberlandesgericht Augsburg
Appellationsgericht Bamberg Bamberg 1809 1879 Oberlandesgericht Bamberg 1873 wurden die Appellationsgerichte für Ober- und Unterfranken in Bamberg zusammengefasst
Appellationsgericht Burghausen Burghausen 1810 1817 0 Der Salzachkreis wurde ab 1816 durch Abtretungen an Österreich erheblich verkleinert und schließlich im Jahre 1817 aufgelöst[3]
Appellationsgericht Eichstätt Eichstätt 1838 1871 0
Appellationsgericht Freising Freising 1839 1862 Appellationsgericht München Nach München verlegt
Appellationsgericht Innsbruck Innsbruck 1809 1814 0
Appellationsgericht Landshut Landshut 1826 1839 Appellationsgericht Freising Nach Freising verlegt
Appellationsgericht Memmingen Memmingen 1809 1817 0
Appellationsgericht München München 1809 1879 Oberlandesgericht München 1826 nach Landshut verlegt, wiedereröffnet 1862
Appellationsgericht Neuburg a.d. Donau Neuburg a.d. Donau 1809 1870 Appellationsgericht Augsburg Nach Augsburg verlegt
Appellationsgericht Nürnberg Nürnberg 1871 1879 Oberlandesgericht Nürnberg
Appellationsgericht Passau Passau 1839 1879 0
Appellationsgericht Straubing Straubing 1809 1839 Appellationsgericht Passau Nach Passau verlegt
Appellationsgericht Trient Trient 1809 1810 Berufungsgericht in Brescia Der Etschkreis wurde 1810 von Bayern an das Königreich Italien abgetreten
Appellationsgericht Würzburg Würzburg 1817 1832 Appellationsgericht Aschaffenburg 1833 verlegt nach Aschaffenburg[4]
Appellationsgericht Zweibrücken Zweibrücken 1817 1879 Oberlandesgericht Zweibrücken Für die Pfalz zuständig, mit französischen Rechtsgrundlagen[5]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. RBl. 1808, 1785, abgedruckt im Handbuch der Staats-Verfassung und Staats-Verwaltung des Königreichs Baiern, Band 4, 1810, S. 3–13, online
  2. RBl. 901
  3. F. Koller, H. Rumschöttel (Hrsg.): Vom Salzachkreis zur EuRegio, Bayern und Salzburg im 19. und 20. Jahrhundert. Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns/Salzburger Landesarchiv 2006.
  4. Sybille Grübel: Zeittafel zur Geschichte der Stadt von 1814–2006. In: Ulrich Wagner (Hrsg.): Geschichte der Stadt Würzburg. 4 Bände, Band I-III/2, Theiss, Stuttgart 2001–2007; III/1–2: Vom Übergang an Bayern bis zum 21. Jahrhundert. Band 2, 2007, ISBN 978-3-8062-1478-9, S. 1225–1247; hier: S. 1227.
  5. Sven Paulsen (Hrsg.): 175 Jahre pfälzisches Oberlandesgericht. Festschrift. Neustadt a. d. W., 1990.