Argonnenkaserne
Die Argonnenkaserne war von 1937 bis 1945 und von 1963 bis 1993 eine militärisch genutzte Anlage in Weingarten.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1934 erfolgte die Planung und der Baubeginn einer Kasernenanlage auf einem ehemaligen Exerziergelände der Garnison Weingarten. Die Liegenschaft wurde 1937 bezogen und diente ab 1939 als Reservelazarett. Stationiert waren u. a. Teile des Infanterieregiments Nr. 14.[1] Die Namensgebung erfolgte im Hinblick auf die Verwendung der bis 1918 in Weingarten stationierten württembergischen Truppen des 6. Württembergischen Infanterieregiments Nr. 124 im Ersten Weltkrieg im Bereich der Argonnen.[2] Der Namen der Argonner-Kaserne in Hanau hat den gleichen Hintergrund.
Durch einen Luftangriff US-amerikanischer Kräfte am 17. April 1945 wurden Teile der Anlage zerstört. Dabei starben 51 Menschen.[3][4][5][6]
Nach 1945 dienten die Gebäude zunächst als Standort für verschiedene Behörden[7] und als Übergangswohnheim für DDR-Flüchtlinge[8] und Heimatvertriebene.[9][10][11]
Nach entsprechenden Umbauten ab 1956 bezogen mit dem Fernmeldebataillon 765 (spätere Umbenennung in Fernmeldebataillon 870) im Jahr 1963 die ersten Einheiten der Bundeswehr die Gebäude.[12] Im Jahr 1994 wurde die Argonnenkaserne als Standort aufgelöst.
Im Rahmen der Konversion siedelten sich verschiedene Unternehmen an, u. a. die Druckerei der Schwäbischen Zeitung und das regionale Postverteilzentrum der Deutschen Post. Ab 2002 entstand das Wohngebiet Wohnen im Argonnenpark.[13], bei dem auch verschiedene Gebäude abgerissen wurden. Der Umbau erforderte mehrfach Zuschüsse der Stadt Weingarten.[14] Ebenso siedelte das Körperbehinderten-Zentrum Oberschwaben (KBZO) einige Einrichtungen dort an, u. a. eine Schule und eine Werkstatt für behinderte Menschen.
Dem Angedenken an die Argonnenkaserne und den dort stationierten Einheiten widmete sich ein mittlerweile aufgelöster Traditionsverein Argonnenkaserne e.V. Die in der Argonnenkaserne ansässige Bundeswehr-Reiterabteilung Weingarten (ein Reitsportverein der in Weingarten stationierten Soldaten und ihrer Angehöriger) löste sich 2017 auf,[15][16][17] die Sportler selbst wechselten zum Reit- und Fahrverein Waldburg.[18]
Stationierte Einheiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stationiert waren u. a.[19][20]
- Verteidigungskreiskommando 543 für die Landkreise Bodenseekreis, Ravensburg und Sigmaringen (1956–1994), mit verschiedenen zugeordneten Geräteeinheiten
- Fernmeldebataillon 870 (1963 als mittleres Fernmeldeverbindungsbataillon 765 aufgestellt, in mFmBtl. 870 und nochmals 1978 umbenannt, bis 1989)[21][22][23]
- Fernmeldeausbildungskompanie 871 (1963–1989)
- Fernspähkompanie 200 (seit 1964, 1993 in die Welfenkaserne verlegt, 1997 nach Pfullendorf verlegt)[24]
- Jägerausbildungszentrum 55/5 (1986–1989)
- Bundeswehrfachschulkompanie
- Standortverwaltung Weingarten
Trivia
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1963 wurde von Max Ackermann für das Kantinengebäude ein Majolika-Kunstwerk geschaffen. Beim Abriss des Gebäudes im Jahr 2002 übernahm die Stadt Weingarten das Kunstwerk und stellte es im Stadtpark auf.[25][26], wo es teilweise als Fußballtor für Freizeitkicker dient.[27]
1982 berichtete die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit über einen Totalverweigerer, der zum Wehrdienst in die Argonnenkaserne einberufen wurde.[28]
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Peter Eitel: Geschichte Oberschwabens im 19. und 20. Jahrhundert, Band 3, Thorbecke-Verlag Ostfildern 2022, S. 312.
- ↑ Hans-Günther Behrendt, Erinnerungsorte der Bundeswehr, Carola Hartmann Miles-Verlag Berlin, 2020, S. 206.
- ↑ Nicolai Kapitz, Am frühen Abend heulten die Sirenen, Schwäbische Zeitung, 17. April 2015.
- ↑ Britta Zimmermann/Pressestelle der Stadt Weingarten, Wegweiser Weingarten - Ausgabe 2013, Mediaprint-Verlag Mering bei Augsburg, 2013.
- ↑ Markus Repper, Kriegsende in Weingarten - als die Franzosen kamen, Schwäbische Zeitung, 8. Mai 2020
- ↑ Peter Eitel: Geschichte Oberschwabens im 19. und 20. Jahrhundert, Band 3, Thorbecke-Verlag Ostfildern, 2022, S. 369f.
- ↑ Landesarchiv Baden-Württemberg, Weingarten, ehemalige Argonnenkaserne Block III: Wiederaufbau für das Versorgungsamt Ravensburg Kap. 4/14 Ausgaben: DM 276.699 , einsehbar in der Abt. Staatsarchiv Sigmaringen, Wü 128/3 T 1-2 Nr. 1689
- ↑ Andrea Kühne, Entstehung, Aufbau und Funktion der Flüchtlingsverwaltung in Südwürttemberg-Hohenzollern 1945-1952, J. Thorbecke-Verlag Stuttgart 1999, S. 136.
- ↑ Elena Bitterer, Heimat im Glas, UVK-Verlag Konstanz und München 2014, zgl. Diss., Ludwigs-Maximilians-Universität München 2013
- ↑ Peter Eitel: Oberschwäbische Geschichte im 19. und 20. Jahrhundert, Band 3, Thorbecke-Verlag Ostfildern, 2022, S. 417.
- ↑ Andrea Kühne: Entstehung, Aufbau und Funktion der Flüchtlingsverwaltung in Württemberg-Hohenzollern 1945-1952 (=Schriftenreihe des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde, Band 9), Jan Thorbecke Stuttgart 1999, S. 136ff., 163ff.
- ↑ Südwestfunk: Neue Garnisonsstadt Weingarten, SWF-Abendschau vom 27. Mai 1964, unter https://www.ardmediathek.de/video/swr-retro-abendschau/neue-garnisonsstadt-weingarten/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzExNzA4MTc.
- ↑ Redaktion Schwäbische Zeitung, Wohnen im Argonnenpark, Schwäbische Zeitung, 28. Oktober 2014
- ↑ Oliver Linsenmaier, Argonnenkaserne kostet noch einmal rund 750.000 Euro, Schwäbische Zeitung, 9. Februar 2018, www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-ravensburg/weingarten_artikel,-argonnenkaserne-kostet-noch-einmal-rund-750000-euro-_arid,10816508.html
- ↑ o. V., Bundeswehr-Reiterabteilung Weingarten löst sich auf, Fernsehbeitrag vom 18. Dezember 2017, www.regio-tv.de/mediathek/video/bundeswehr-reiterabteilung-weingarten-löst-sich-auf/
- ↑ Redaktion Schwäbische Zeitung, Bundeswehr-Reiterabteilung Weingarten löst sich auf, Schwäbische Zeitung, 18. Dezember 2017, www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-ravensburg/weingarten_video,-bundeswehr-reiterabteilung-weingarten-loest-sich-auf-_vidid,142657.html
- ↑ Oliver Linsenmaier: Ein Stück Garnisionsgeschichte geht zu Ende Schwäbische Zeitung, Ausgabe Ravensburg, 19. Dezember 2017, www.schwaebische.de/regional/oberschwaben/weingarten/ein-stueck-garnisonsgeschichte-geht-zu-ende-415535
- ↑ Martin Slowakei, 40 Jahre Pferdesport, Schwäbische Zeitung, 9. September 2021, S. 18
- ↑ Landtag von Baden-Württemberg, Drucksache 10/6142 Nutzungsmöglichkeiten militärischer Liegenschaften in Weingarten (Württ.), vom 28. Oktober 1991
- ↑ neomedia Verlag (Hrsg.): Weingarten, Baienfurt, Baindt, neomedia-Verlag Reken 1991, S. 102
- ↑ Nicolei Kapitz, 1993 - Das Fernmeldebataillon 870 verlässt die Stadt, Schwäbische Zeitung vom 17. April 2015.
- ↑ Martin Stellberger, Erinnerungen an die Garnisionszeit gefordert, Schwäbische Zeitung, 28. Juli 2013
- ↑ Martin Stellberger, Erinnerung an die Garnisionszeit gefordert, Schwäbische Zeitung, 28. März 2013, www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-ravensburg/weingarten_artikel,-erinnerung-an-garnisonszeit-gefordert-_arid,5475240.html
- ↑ Uwe Walter, Das II. Korps und seine Korpstruppen, Eigenverlag/Books on Demand Norderstedt 2015/2022, Norderstedt, S. 26.
- ↑ Regio-Kunstwerke, Majolika-Wandbild von Max Ackermann (DE), Beitrag ohne Datum, https://regio-kunstwege.eu/kunstwerk/majolika-wandbild-von-max-ackermann
- ↑ Britta Zimmermann, Pressestelle der Stadt Weingarten, Wegweiser Weingarten 2013, Regio-Media Verlag Mering, 2013, S. 25. www.total-lokal.de/city/weingarten/data/88243_50_08_13.pdf
- ↑ Stefanie Rebhan: Weingarten - Kinder nutzen Kunstwerk als Fußballtor, Schwäbische Zeitung, Regionalausgabe Ravensburg, 27. September 2022, www.schwaebische.de/landkreis/landkreis-ravensburg/weingarten_artikel,-kinder-ignorieren-verbote-am-kunstwerk-_arid,11558705.html
- ↑ Horst Bieber, Der Anti-Rekrut, in: Die Zeit, Nr. 44/1982.